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Klaus Sander, Torsten Ziebertz: Personzentrierte Beratung

Rezensiert von Dipl. Soz.-Päd. Gerd Schweers, 03.03.2022

Cover Klaus Sander, Torsten Ziebertz: Personzentrierte Beratung ISBN 978-3-7799-3170-6

Klaus Sander, Torsten Ziebertz: Personzentrierte Beratung. Ein Lehrbuch für Ausbildung und Praxis. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2021. 2., erweiterte und überarbeitete Auflage. 276 Seiten. ISBN 978-3-7799-3170-6. D: 24,95 EUR, A: 25,60 EUR.
Reihe: Edition Sozial.

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Thema

Das Buch befasst sich mit dem derzeitigen Stand des Personzentrierten Ansatzes – unter besonderer Berücksichtigung der Beratung in der Sozialen Arbeit. Der Begriff der Beratung, die Entwicklung der Personzentrierten Beratung und die konkrete Anwendung in Arbeitsfeldern sozialer Arbeit werden thematisiert, Probleme und Herausforderungen in diesen Arbeitsfeldern benannt

Autoren

Klaus Sander, Prof.(em.) Dr. phil., Diplompsychologe, war Professor für klinische Psychologie und Beratungspsychologie am Fachbereich Sozialpädagogik der Fachhochschule Düsseldorf, ehemaliges Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der GwG

Dr. phil. Thorsten Ziebertz, Inhaber und Geschäftsführer des Ziebertz-Institutes für Fortbildung, Supervision und Beratung, Ausbilder für Personzentrierte Beratung und Personzentrierte Familientherapie (GwG), Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der GwG

Entstehungshintergrund

Das Buch ist die 2. Auflage einer gleichnamigen Veröffentlichung aus dem Jahr 2010. Die Veränderungen betreffen neben Formatierungsveränderungen von Text und Tabellen nur zwei Kapitel:

  • Unterkapitel 2.8 - inhaltlich verändert, in der Neuauflage auf das Thema Familientherapie konzentriert, und
  • Unterkapitel 5.4 - in der 2. Auflage weggelassen.

Aufbau und Inhalt

Das Buch gliedert sich in fünf Hauptteile:

  • Kapitel 1 führt zunächst allgemein in das Thema Beratung -in der Sozialen Arbeit- ein, nimmt jedoch im Rahmen dieser allgemeinen Einführung immer wieder Bezug auf Personenzentrierte Beratung. Neben einer differenzierten Darstellung der Unterschiede von Psychotherapie und Beratung wird ein Typenschema eingeführt, das anhand von „Problemerfahrungsfeldern“ und „Vorgehensweisen“ eine differenzierte Typologie von neun Handlungsformen entwickelt, in der sich die Bandbreite Sozialer Arbeit wiederspiegelt. Das Kapitel endet mit der Vorstellung eines Modells von Beratungsverläufen, dass bereits in den siebziger Jahren entwickelt wurde und einem ersten Exkurs zur Bedeutung des Inkongruenzerlebens, das als Begriff in den letzten Jahren in der Personenzentrierten Psychotherapieforschung sehr viel Aufmerksamkeit erfuhr und das auch in der Beratung gut nutzbar ist.
  • Im Kapitel 2 werden zentrale Themen und Begriffe des Personenzentrierten Ansatzes und seine Entwicklung dargestellt, ergänzt durch Praxisbeispiele, die Verbindung mit anderen Ansätzen und andere Anwendungsfelder, in denen der Personenzentrierte Ansatz genutzt wird.
  • In dem bereits erwähnten, überarbeiteten Kapitel 2.8 werden die Grenzen des Personzentrierten Ansatzes in der Arbeit mit Paaren und Familien, also komplexeren, aus mehreren Personen bestehenden Systemen thematisiert. Vorgestellt wird danach die Personzentrierte Familientherapie sowohl in ihren Grundannahmen über das System Familie, situativen Besonderheiten im Umgang mit Familien und konkreten Interventionen. Die Darstellung fällt angesichts des Umfangs dieser Publikation zwangsläufig knapp aus
  • In Kapitel 3 werden sieben Beratungsgespräche durch Gesprächstransskripte dokumentiert. Grundsätzlich handelt es sich um für Soziale Arbeit repräsentative Situationen. In einigen Beispielen wird aber deutlich, wenn das Setting durch die Situation von (studentischen) Ausbildungsteilnehmern geprägt ist, die diese Gespräche im Rahmen ihrer Ausbildung führen müssen. Typisch für diese Konstellation sind unklare Ziele und Gesprächskontrakte „aus Gefälligkeit oder Sympathie“ für persönlich bekannte Kursteilnehmer, was im Rahmen sozialer Arbeit, die häufig durch Machtgefälle und Widerstand gekennzeichnet ist, eher selten sein dürfte.
  • In Kapitel 4 geht es um unproduktive und produktive Beratungsprozesse. Vorgestellt werden zahlreiche Fallbeispiele, die sich an der bereits erwähnten Typologie orientieren. Alle Beispiele sind sorgfältig transkribiert und werden kommentiert bzw. diskutiert. Über die Realisierung der Therapeutenvariablen hinausgehende Aspekte des Beraterverhaltens werden vorgestellt und diskutiert.
  • In Kapitel 5 wird erörtert, wie Beraterinnen und Berater ihre Gespräche erleben. Grundlage der Darstellung und Diskussion sind Befragungen von Kursteilnehmern in Personenzentrierter Beratung – Studenten und Berufsanfänger. Die in der 1. Aufl. noch vorgestellte Studie über die Einschätzung der Personzentrierten Ausbildung durch Berufsroutiniers (das bereits erwähnte Kapitel 5.4) entfällt in der 2. Aufl.

Diskussion

Ein Lehrbuch über Personzentrierte Beratung kann sowohl unter den Gesichtspunkten der inhaltlichen Qualität der Theorievermittlung wie auch der didaktischen Konstruktion beurteilt werden. Für die Zielgruppen „Studierende“ und „Berufspraktiker mit abgeschlossener Ausbildung“ gab es verschiedene Veränderungen

Im Bereich der hochschulgebundenen Ausbildung für Sozialarbeiter war besonders relevant, dass neben der Verkürzung des Studiums und des Anerkennungsjahres durch den sogenannten Bolognaprozess andere Schwerpunkte (u.a. Sozialpolitik, strukturtheoretische Aspekte sozialer Arbeit) gegenüber der „klassischen“ methodischen Schwerpunktsetzung (Gestaltung des Kontakts zum Klienten in unterschiedlichen Settings), deutlich an Gewicht gewonnen haben. Der vielfach zitierte „Psychoboom“ in der Sozialen Arbeit mit der Differenzierung und Diskussion von verschiedenen Ansätzen psychosozialer Beratung ist Geschichte. Für ein Lehrbuch erwarte ich aus diesen Gründen eine allgemeine Einbindung in die Methodik sozialer Arbeit einerseits wie eine praxisorientierte, aber theoretisch qualifizierte Darstellung des Ansatzes

Das Buch ist hier von besonderem Wert, da es sowohl eine Darstellung des Themas Beratung (in der Sozialen Arbeit) im Allgemeinen vornimmt, wie auch eine kompakte und sehr fundierte Darstellung des Entwicklungsstandes Personzentrierter Beratung. Die Praxisbeispiele sind durch die Breite der Auswahl sowohl für Studierende wie auch für Berufsroutiniers gut nutzbar. In der Darstellung der Personzentrierten Familienberatung (2.8) hätte ich mir angesichts der dominierenden Stellung systemischer Ansätze eine deutlichere Bezugnahme darauf und eine klare Darstellung systemischer Quellen und Begriffe gewünscht Die Kapitel drei und vier dagegen überzeugen dabei sowohl durch eine praxisnahe Erläuterung und Nutzung der zentralen Begriffe des Ansatzes wie auch durch eine angemessene Erweiterung durch gut begründete, analytisch nutzbare Begriffe wie „Passung“ und „Commitment“. Hinsichtlich der didaktischen Konstruktion scheint mir klar zu sein, dass eine bloße Lektüre ohne eine entsprechende Einbettung in einen förderlichen Kontext (entsprechende Veranstaltungen im Studium bzw. Kursformate für Berufsanfänger und Routiniers) in ihrer Wirkung wahrscheinlich auf der Ebene von Konfrontation und Anregung verbleibt. Verhaltensveränderungen sind eher in anderen Lernzusammenhängen zu erwarten, was aber nicht nur für den Personzentrierten Ansatz gilt, denn „Wissen bedeutet noch nicht Können“ (Otto von Leixner), eine Einsicht, die gerade im Hochschulbereich wenig verankert scheint.

Fazit

Als Lehrbuch Personzentrierte Beratung ist das Buch sowohl in seiner theoretischen Fundierung wie auch in der Darstellung und Analyse typischer Praxissituationen gut gelungen und gut geeignet. Die Verknüpfung einer ansatzübergreifenden Darstellung von Beratung mit dem aktuellen Stand des Personzentrierten Ansatzes macht es sowohl für Studierende wie auch für Berufspraktiker gut nutzbar.

Rezension von
Dipl. Soz.-Päd. Gerd Schweers
Systemischer Familientherapeut, Ausbilder der GwG (GF, SV) .
Lehrer für besondere Aufgaben (Theorien und Methoden der Sozialarbeit) i.R.
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Es gibt 20 Rezensionen von Gerd Schweers.

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ISSN 2190-9245