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Agnes Kaiser Rekkas: Die poetische Sprache der Hypnose

Rezensiert von Peter Schröder, 31.01.2022

Cover Agnes Kaiser Rekkas: Die poetische Sprache der Hypnose ISBN 978-3-8497-0362-2

Agnes Kaiser Rekkas: Die poetische Sprache der Hypnose. Therapeutisch wirksame Trance in ihrer sinnlichsten Form. Carl-Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2020. 455 Seiten. ISBN 978-3-8497-0362-2. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR.
Reihe: Hypnose, Hypnotherapie.

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Thema

Trancearbeit oder „Hypnose“ ist einer der Königswege in der Psychotherapie. Sie ermöglicht eine Kommunikation mit dem klugen und hilfreichen Unbewussten und lädt es ein, den Klienten/die Klientin bei der Lösung der anstehenden Fragen und Aufgaben zu unterstützen. So werden die (immer vorhandenen) Selbstheilungskräfte aktiviert und genutzt. Deshalb gehört Hypnose zum vertrauten methodischen Repertoire für Therapeutinnen und Therapeuten, das durch die Arbeit des „Vaters“ der modernen Hynotherapie, Milton H. Erickson, entscheidende neue Wendungen erfahren hat.

Auf der Grundlage der Arbeit von Milton H. Erickson hat Steve de Shazer die Lösungsfokussierte Kurztherapie entwickelt, die in Haltung und Methoden hypnotherapeutisch orientiert ist, wenn sie auch selten mit ausdrücklicher Trance arbeitet. Häufig sind aber „hypnotische Sprachmuster“, die verwendet werden. Nicht zufällig heißt ein zentrales Werk de Shazers: „Worte waren ursprünglich Zauber“. (Carl-Auer Heidelberg 20102)

Dass Worte eine Form von „Zauber“ sind, nutzt Agnes Kaiser Rekkas in ihrem Buch und betont das „Zauberhafte“ durch eine poetische Sprachgestaltung. „Worte können zaubern“, schreibt sie selbst in ihrem Vorwort. (S. 13) Und da die Seele „wortwörtlich“ hört, ist es wichtig, sehr genau auf die verwendete Sprache zu achten und hilfreiche, anreichernde Bilder zu verwenden – und bildreich ist eine poetische Sprache allemal.

Die Autorin

Agnes Kaiser Rekkas (vgl. www.kaiser-rekkas.de) ist Diplompsychologin und approbierte Psychotherapeutin sowie Physiotherapeutin. Sie arbeitet in privater Praxis an verschiedenen Standorten und ist Dozentin und Supervisorin der Deutschen Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie (DGH) sowie Referentin Europäischer Hypnosegesellschaften. Viele ihrer Hypnosetexte sind auch auf CDs erschienen, die über den Carl-Auer Verlag bezogen werden können.

Aufbau und Inhalt

Das Vorwort überschreibt Kaiser Rekkas mit „Worte können zaubern“. Sie beschreibt ihre eigenen Zugänge zum Thema Hypnose, die unter anderem inspiriert wurden durch ihren Großvater, der auch als Schriftsteller gearbeitet hat, und durch einen ebenfalls dichtenden Onkel sowie durch die familiären Impulse, die sie von Kindheit an erhalten hat. Dass dann auch weitere fachliche Impulse weitere Zugänge bahnten, ist selbstverständlich.

Das Buch umfasst drei Teile, der erste ist betitelt mit: „Poetik im hypnotischen Raum“. Hier zeigt die Autorin erste Beispiele für das, was sie die „poetische Sprache in der Hypnose“ nennt und weist auf die spezielle Art und Weise hin, wie in der Hypnose gehört wird: die Worte wirken direkt und unverstellt, die unbewusste Kompetenz wird sogar durch widersprüchliche Aussagen wie „und du hörst und hörst nicht, siehst und siehst nicht“ angesprochen, weil solche Muster innere Suchbewegungen auslösen, die neue Wahrnehmungsmöglichkeiten eröffnen. Die Autorin weist weiter darauf hin: „Um Hypnose zu verstehen, muss sie erfahren werden.“ (S. 24). Man muss die Texte also in einem besonderen, mindestens tranceähnlichen Zustand, rezipieren – vielleicht am besten, indem man sie nicht liest, sondern auf den CDs hört.

Als Fachbuch ist das Buch auch eine Praxisanleitung für poetische Hypnosen. So folgt im nächsten Absatz ein Überblick über „Das Spektrum der poetischen Hypnose“, in dem sie 21 Komponenten aufzeigt, aus denen Hypnosen komponiert werden können, unter anderem: „Malerische Namen“, „Einprägsame Reime“, „Gezielte Wiederholungen“, „Überraschende Wortschöpfungen“, „Bildmalereien“, „Verlockende Angebote“, „Verschmitzter Humor und anderes.

Der dritte Absatz dieses ersten Teils trägt die Überschrift: „Die Struktur der Hypnose, poetisch angereichert“ und führt die Praxisanleitung weiter, indem die Autorin in 13 Schritten den Aufbau einer Hypnose beschreibt. Die einzelnen Schritte werden illustriert durch die Texte, die Teile der später im dritten Teil beschriebenen Hypnosen sind. Das erleichtert das Erlernen ebenso wie das Gestalten eigener hypnotherapeutischer Induktionen.

Der Teil 2 ist überschrieben mit: „Poetische Hypnose in der Praxis“. Darin skizziert Kaiser Rekkas zunächst „Die Geschichte der Hypnosetexte dieses Buches“, die allesamt der eigenen therapeutischen Arbeit entstammen. Die Wirksamkeit der Texte beschreibt sie in dem Abschnitt: „Die poetische Hypnose und ihre therapeutische Wirksamkeit“, in dem sie Rückmeldungen von Klientinnen und Klienten zitiert. Im Folgenden erläutert sie einzelnen Texte didaktisch, um dann abschließend Hinweise zu geben, wie die poetischen Hypnosetexte gesprochen werden sollten.

Der Teil 3: „Poetische Hypnose in 95 Texten“ enthält komplette Hypnosetexte zu unterschiedlichen therapeutischen Anliegen, mit denen sich lernen, aber auch direkt arbeiten lässt, wenn man sie sich zu eigen macht. Das ist der weitaus umfangreichste Teil des Buches (S. 79 – 446) und bildet den Schwerpunkt des Werkes.

Der angefügte Abschnitt „Schluss“ gibt noch einmal Hinweise, wie man zu einer eigenen Hypnosesprache kommen kann. Ein Verzeichnis der zitierten Literatur sowie Hinweise auf die bereits genannten CDs der Autorin beschließen den Band.

Diskussion

Anders als zahlreiche im Internet kursierende Angebote suggerieren, lernt man Hypnose nicht an drei Wochenenden, denn dieses Lernen hat mindestens zwei Aspekte: Zum einen muss man die Theorie lernen und die grundsätzliche Struktur hypnotherapeutischer Kommunikation, zum anderen aber muss man lernen, die hypnotherapeutische Sprache fließend zu sprechen. Wer beim Erlernen einer Fremdsprache glaubt, durch profunde Grammatik- und Vokabelkenntnisse die Sprache zu beherrschen, der irrt sich bekanntlich. Sprachen erlernt man, indem man Sprechen übt. Und sicher hilft es auch, gute Literatur in der jeweiligen Sprache zu lesen oder z.B. als Hörbuch zu hören. So kann man allmählich in eine noch nicht vertraute Sprache hineinwachsen.

Genauso ist es bei Hypnose: Man lernt sie, indem man hypnotherapeutisch arbeitet. Und indem man etwa gelungene Beispiele hypnotherapeutischer Kommunikation rezipiert und nachvollzieht. Das Zweite macht dieses Buch sehr wertvoll. Beschreibungen von Theorie und Praxis der Hypnose gibt es zahlreich, sehr gute und auch weniger gute. Was Kaiser Rekkas hier vorgelegt hat, gibt es sehr viel seltener: Komplette Hypnosetexte aus der Praxis und für die Praxis, noch dazu mit dem Schwerpunkt auf eine poetische Sprache, die durch ihre Bildkraft und Einprägsamkeit eine weitere Wirkebene mitbringt. Und es hilft der Konzentration, dass die Autorin sich längere Ausflüge in die Geschichte und die Theorie der Hypnose spart und den Fokus durchgängig auf die „poetische Hypnose in der Praxis“ legt.

Was die Texte betrifft, decken sie ein sehr weites Feld und zahlreiche Themen therapeutischer Arbeit ab. Und auch dem Lernen von Hypnose ist einer der Texte gewidmet (S. 80ff). Dann geht es um Zugänge zu eigenen inneren Kraftquellen, um Selbstvertrauen in Prüfungssituationen, um Beruhigung, Stärkung, Erdung, Widerstandskraft und Lebensfreude. Es geht um den Kontakt zu eigenen Ressourcen, um guten Schlaf, ein gutes Körpergefühl, Erotik und eine Reihe unterschiedlicher Gesundheitsthemen. Und schließlich begegnet man auch in diesem Buch Steve de Shazer, nämlich in dem Abschnitt „Die Nacht mit dem Wunder“, in dem das Szenario der Wunderfrage de Shazers illustriert wird.

Das Lesen dieses Buches hilft dem Sprachenlernen der „hypnotherapeutischen Fremdsprache“. Man entdeckt in allen Beispielen ähnliche Sprachmuster und Einladungen an die unbewussten Kompetenzen und wächst so zugleich in einer ressourcenfokussierten Haltung. Und ohne sie gehört zu haben, bin ich einigermaßen sicher, dass das Hören der Texte von einer CD der Sprachkompetenz zusätzlich hilft.

Fazit

Eine hilfreiche, kompetenzanreichernde Lektüre für Praktiker hypnotherapeutischer Arbeit! Man kann Hypnose nicht durch dieses Buch lernen, es ist kein Grundkurs. Bevor man Poesie lernt, muss man zunächst Prosa können. Nach und nach kann dann Sprache poetischer werden und so die zusätzlichen Bedeutungsebenen zugänglich machen, die den Mehrwert der Poesie ausmachen. Dieser Mehrwert kommt den Klientinnen und Klienten zugute.

Rezension von
Peter Schröder
Pfarrer i.R.
(Lehr-)Supervisor, Coach (DGSv)
Seniorcoach (DGfC) Systemischer Berater (SySt®)
Heilpraktiker für Psychotherapie (VFP)
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Es gibt 136 Rezensionen von Peter Schröder.

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ISSN 2190-9245