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Henning Rosenkötter: Motorik und Wahrnehmung im Kindesalter

Rezensiert von Dr. Dipl.-Psych. Lothar Unzner, 13.10.2021

Cover Henning Rosenkötter: Motorik und Wahrnehmung im Kindesalter ISBN 978-3-17-036236-9

Henning Rosenkötter: Motorik und Wahrnehmung im Kindesalter. Eine neuropädagogische Einführung. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2021. 2., überarbeitete Auflage. 228 Seiten. ISBN 978-3-17-036236-9. 34,00 EUR.
Reihe: Entwicklung und Bildung in der Frühen Kindheit.

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Thema

Das Buch schlägt einen Bogen von den Grundlagen der Neurowissenschaften zu den Aufgaben und Vermittlungsprinzipien der Pädagogik im Elementarbereich. Die neuronalen Strukturen des Zentralnervensystems, die Verarbeitung von Sinnesreizen und das Lernen der Bewegungssteuerung sind Themen. Motorik, Wahrnehmung und zum Lernen mit den Kernbereichen Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Emotion sind weitere Themen. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf dem Altersbereich vom Kleinkind bis zur Einschulung.

Autor

Dr. med. Henning Rosenkötter ist Kinder- und Jugendarzt, Neuropädiater und Familientherapeut. Er war Ärztlicher Direktor des Sozialpädiatrischen Zentrums im Klinikum Ludwigsburg, hatte Lehraufträge für den Studiengang Frühkindliche und Elementarbildung an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg und der Evangelischen Hochschule in Freiburg.

Aufbau und Inhalt

Das Buch umfasst 15 Kapitel.

In Kapitel 1 stellt Rosenkötter kurz und prägnant Anatomie und Wirkungsweise von Gehirn und den Neuronen dar. Davon ausgehen bespricht er im zweiten Kapitel Aufbau und Wirkungsweise des motorischen Systems.

Das dritte Kapitel beschreibt die Entwicklung der Körpermotorik in den ersten sechs Lebensjahren und geht auch kurz auf Entwicklungstests der Motorik ein. Das vierte Kapitel befasst sich mit Störungen der Körpermotorik. Der Autor geht als Erstes auf die kinderärztlichen Untersuchungen ein, anschließend auf Störungen und beginnt mit der umschriebenen Entwicklungsstörung motorischer Funktionen (ICD-10 F82) und geht dann auf schwere Störungen ein, besonders den Formen der Cerebralparese. Behandlungsformen beenden das Kapitel.

Das fünfte Kapitel thematisiert die Entwicklung der Handmotorik und ihre Störungen, das sechste Kapitel die Visuomotorik und als Spezialfall die Grafomotorik, aber auch Entwicklung des Malens, das siebte Kapitel Lateralisation und Händigkeit.

In den folgenden Kapiteln geht es um den zweiten Aspekt im Titel, um Wahrnehmung. Das achte Kapitel beginnt mit der Erläuterung der Lernvorgänge auf neuronaler Ebene, gefolgt von Intelligenz. Es werden dabei auch Entwicklungs- und Intelligenztest vorgestellt.

Das neunte Kapitel hat Sehen und visuelle Wahrnehmung zum Thema. Es werden Anatomie und Physiologie des Sehens dargestellt sowie Störungen der visuellen Wahrnehmung, deren Diagnostik, Förderung und Therapie. Der Zusammenhang mit Lese-Rechtschreib-Schwäche und Rechenschwäche wird erläutert.

Zehntes Kapitel: Hören und auditive Wahrnehmung. Diese Kapitel ist ähnlich aufgebaut wie das vorher gehende (Anatomie und Physiologie, Höruntersuchungsmethoden, Hörstörung, Förderung und Therapie). Einen wichtigen Teil bildet auditive Wahrnehmung und Sprache. Rosenkötter skizziert die normale Sprachentwicklung, geht auf Sprachentwicklungsstörungen ein, erläutert Prinzipien früher Sprachförderung. Es geht aber auch um die Prävention von Lese-Rechtschreibstörungen, wobei die phonologische Bewusstheit eine wichtige Rolle spielt. Abschließend behandelt er Lärm- und Geräuschempfindlichkeit.

Eine weitere Form der Wahrnehmung wird im elften Kapitel besprochen, die taktil-kinästhetische Wahrnehmung sowie im zwölften Kapitel ein weiterer Sinn der Körperwahrnehmung, der Gleichgewichtssinn.

Die abschließenden Kapitel beschäftigen sich überwiegend mit Lernen und dafür wichtigen Funktionen und deren neurologischen Korrelaten, dem Gedächtnis, der Aufmerksamkeit einschließlich AD(H)S und den Emotionen.

Jedes Kapitel endet mit einer Zusammenfassung und Hinweisen zu weiterführender Literatur.

Diskussion

Das Buch führt in die neuropädagogischen Aspekte von Motorik und Wahrnehmung im Kindesalter ein. Die Darstellung ist umfassend.

Es ist nicht schwer, sondern sehr anregend, sich, wie Rosenkötter es in der Einleitung formuliert, durch den Griesbrei der Theorien zu futtern, um zu den herzhafteren Gerichten zu kommen. Es gibt dann viele Anregungen, wie z.B. Motorik gefördert wird, mit der Händigkeit umgegangen wird etc. Auch bei den diagnostischen Maßnahmen fehlt (bis auf eine Ausnahme) kein mir bekanntes Testverfahren. Es zeigt sich aber, wie schnell Informationen überholt sein können: WPPSI und SON gibt es mittlerweile in neueren Versionen.

Verwundert hat mich jedoch, welchen Stellenwert Rosenkötter als ehemaliger Ärztlicher Leiter eines SPZ der interdisziplinären Frühförderung beimisst. Er empfiehlt interdisziplinäre Frühförderung für schwere Fälle (S. 50) und übersieht deren Bedeutung als Komplexleistung zur Förderung der Teilhabe. Sinnvoll ist oft nicht z.B. Ergotherapie oder Pädagogik, sondern das Zusammenwirken beider Ansätze.

Insgesamt kann ich das Buch sehr empfehlen.

Zielgruppen

Dieses Buch richtet sich an Studierende und pädagogische Fachkräfte für die Frühe Kindheit, aber auch an medizinisch-therapeutische Fachkräfte der Bereiche Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie und angrenzender Fachbereiche.

Fazit

Das Buch führt grundlegend in die Neurologie von Motorik und Wahrnehmung ein. Es schlägt die Brücke zwischen dem aktuellen Stand der Forschung und der Anwendung in der pädagogischen Praxis. Sehr zu empfehlen.

Rezension von
Dr. Dipl.-Psych. Lothar Unzner
ehem. Leiter der Interdisziplinären Frühförderstellen in Dorfen, Erding und Markt Schwaben im Einrichtungsverbund Steinhöring
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Es gibt 198 Rezensionen von Lothar Unzner.

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ISSN 2190-9245