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Corinna M. Diehl, Christina B. Kreiner: Kurs- und Lehrbuch Sozialmedizin

Rezensiert von Prof. Dr. med. et Dr. disc. pol. Andreas G. Franke, 13.08.2021

Cover Corinna M. Diehl, Christina B. Kreiner: Kurs- und Lehrbuch Sozialmedizin ISBN 978-3-7691-0627-5

Corinna M. Diehl, Christina B. Kreiner: Kurs- und Lehrbuch Sozialmedizin. Lehrbuch zu den Curricula der Bundesärztekammer. Deutscher Ärzte-Verlag (Köln) 2021. 788 Seiten. ISBN 978-3-7691-0627-5. D: 79,99 EUR, A: 82,30 EUR.

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Thema

Die drei Autoren (davon Rainer Diehl als ursprünglicher Autor der 1. Auflage und Christina B. Kreiner und Corinna Diehl als „neue“ Autoren der 2. Auflage) der 2. Auflage des Buches besitzen langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Sozialmedizin, die sie nun in Form eines Buches an diejenigen Ärzte weitergeben, die die Zusatzbezeichnung Sozialmedizin erwerben wollen; aber auch an andere fachübergreifende Kreise geben sie ihr Wissen weiter. Dementsprechend haben sie nun nicht mehr nur ein „Kursbuch“, sondern ein Kurs- und Lehrbuch gestaltet, das an das Curriculum für Sozialmedizin der Bundesärztekammer angepasst ist. Allerdings sind mehrere (Teil-) Kapitel neu aufgenommen worden z.B. über Arbeitshaltung (Absentismus), Mobbing, sozialmed. Beurteilung von Migranten, forensische Begutachtungen sowie Pflichten und Haftung von Gutachtern.

Autoren

Prof. Dr. med. Rainer Diehl studierte Medizin und Philosophie an der Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt a.M. Zunächst forschte er an der Universität Frankfurt und am Max-Planck-Institut. Er ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit den Zusatzbezeichnungen Sportmedizin, Sozialmedizin und Physikalische Medizin, Leitender Medizinaldirektor bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen und engagiert sich seit geraumer Zeit in der ärztlichen Weiterbildung im Bereich Sozialmedizin.

Fr. Dr. med. Corinna M. Diehl und Christina B. Kreiner besitzen ebenfalls langjährige Expertise auf dem Gebiet der (Sozial-) Medizin.Fr. Dr. med. Christina B. Kreiner hat sechs Jahre in einer Akutklinik gearbeitet, dann mehrere Jahre als Betriebsärztin bei BASF sowie dem Medizinischen Dienst der Krankenkasse. Sie ist Fachärztin für Innere Medizin und Notfallmedizin sowie Arbeitsmedizin. Fr. Dr. med. Corinna Diehl ist Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und hat sechs Jahre in einer Akutklinik und dann sechs Jahre als Oberärztin in einer Rehabilitations-Klinik gearbeitet.

Entstehungshintergrund

Das Kurs- und Lehrbuch Sozialmedizin als Lehrbuch zu den Curricula der Bundesärztekammer legt die Grundlagen und liefert darauf aufbauende Kenntnisse im Bereich der Sozialmedizin. Es ist ursprünglich als Verschriftlichung der Lehrinhalte des Weiterbildungscurriculums Sozialmedizin der Bundesärztekammer entstanden und bietet den Lernenden praxisnahes Wissen. Nun ist die langerwartete 2. Auflage entstanden, die deutlich aktualisiert und überarbeitet sowie ergänzt wurde.

Aufbau & Inhalt

Das „Kurs- und Lehrbuch Sozialmedizin“ gilt (nicht nur) als „Lehrbuch zu den Curricula der Bundesärztekammer“, sondern bietet mittlerweile viel mehr als nur ein an ein Curriculum angelehntes Lehrbuch. Es enthält zahlreiche Abbildungen, Diagramme und Graphiken, die dem Leser durch alle Teile des Buches und Kapitel hinweg übersichtlich und illustrativ die Inhalte verdeutlichen oder ergänzen.

Nach einem Vorwort von Prof. Dr. med. Karl Lauterbach und der Herausgeber/​Autoren selbst folgt in gewohnter Manier ein ausführliches Abkürzungsverzeichnis, das im Bereich der Sozialmedizin unumgänglich ist und die zu erklärenden Begriffe kurz darstellt/erklärt. Es schließt sich das aussagekräftige und übersichtliche Inhaltsverzeichnis an, das die Nähe zum Curriculum der Bundesärztekammer bzw. den Aufbau von Kursen und Seminaren widerspiegelt: Das Buch ist auch in der zweiten Auflage in einzelne (acht) „Modul“ und einen Anhang unterteilt. In den acht Modulen befinden sich die einzelnen Kapitel und Unterkapitel, die über verschiedene (Sub-) Aspekte der Sozialmedizin Auskunft geben.

Modul I beschäftigt sich mit den Grundlagen der Sozialmedizin und den Grundlagen der Gesundheitsversorgung. Modul II informiert über die „Systeme der sozialen Sicherung“, während Modul III sich mit den „Grundlagen und Grundsätzen der Rehabilitation, Gesundheitsförderung und Prävention“ auseinandersetzt. Modul IV beschäftigt sich mit Leistungsarten, Leistungsformen und den Zugangsmöglichkeiten zur Rehabilitation. Nach diesen grundlegenden sozialmedizinischen Auseinandersetzungen folgt ein fünftes Modul über arbeitsmedizinischen Grundlagen, gefolgt von einem sechsten Modul, dass sich der Begutachtungsmedizin widmet. Direkt im Anschluss wenden sich die Autoren speziellen Fragen der Begutachtungsmedizin zu und stellen dabei sozialmedizinische Begutachtungsaspekte in den Fokus. Den Abschluss bildet das achte Modul über die „Leistungsdiagnostik und Beurteilungskriterien bei ausgewählten Krankheitsgruppen“. Die einzelnen Module entsprechen den „Kursblöcken“ der 1. Auflage und sind sehr übersichtlich aufgebaut und enthalten ihrerseits mehrere thematisch klar strukturierte und gegliederte Kapitel und Unterkapitel. Jeder Teil des Buches wird durch Fragen zu den geschilderten Inhalten des jeweiligen Moduls abgerundet, die sich im Anhang befinden. Dies ermöglicht dem Leser sowohl eine Selbstkontrolle als auch eine Vorbereitung auf die Prüfung zum Erlangen der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin bei den jeweiligen Ärztekammern. Am Ende des Buches schließt sich ein Stichwortverzeichnis an, das dem Leser das Nachschlagen ermöglicht.

Ziel des Moduls I ist es, dem Leser einen ersten Überblick über die wichtigsten Gegenstände der Sozialmedizin zu ermöglichen, der auch immer einen Praxisbezug aufweist und im Buch dargestellt wird. Dabei ermöglicht diesen grundlegenden Überblick insbesondere Kapitel 1, das sich den „Allgemeinen Grundlagen der Sozialmedizin“ widmet; hier geben die Autoren einen historischen Abriss, um dann auf die „Grundzüge sozialmedizinischen Denkens und Handelns“ einzugehen. Im weiteren Verlauf gehen die Autoren auch auf das bio-psycho-soziale Ätiologiemodell ein, das für die Sozialmedizin von entscheidender Relevanz ist.

Selbstverständlich kommen auch epidemiologische Aspekte zur Sprache sowie Konzepte der Medizinischen Psychologie und Soziologie. Im Abschnitt über „Medizinische Dokumentation und Gesundheitsberichterstattung“ erfährt der Leser mehr über verschiedene medizinische Klassifikationssysteme und lernt daraufhin einiges über die Gesundheitsberichterstattung des Bundes/der Bundesregierung und ihre Aufgaben. Auch „Grundlagen der Gesundheitsversorgung“ werden dem Leser erläutert, wobei neben ambulanten und stationären Einrichtungen auch weitere Teile des öffentlichen Gesundheitssystems erklärt werden. Völlig neu ist die Einlassung auf Aspekte wie Migration und Diversität.

Modul II beginnt mit Ausführungen über „Das gegliederte System der sozialen Sicherung in Deutschland“; auch hier findet zunächst eine historische Herleitung statt, die von der Einführung in die heutige soziale Gesetzgebung (SGB) gefolgt wird. Im darauf folgenden Kapitel über „Strukturen, Aufgaben und Finanzierung der Träger der sozialen Sicherung“ werden die einzelnen Sozialversicherungen (Krankenversicherung, Pflegeversicherung, etc.) thematisiert. Neben den staatlichen Säulen der sozialen Sicherung kommen aber auch private Versicherungssysteme zur Sprache. Im Anschluss daran stellen die Autoren die „Grundlagen der Sozial- und Gesundheitspolitik“ dar. Keineswegs fehlt auch die Dimension der Qualitätssicherung.

Modul III beschäftigt sich mit den „Grundlagen und Grundsätzen der Rehabilitation, Gesundheitsförderung und Prävention“. An den Anfang haben die Autoren Ausarbeitungen über die historische Herleitung des Rehabilitationswesens gestellt. Konsequent führen sie ihre Ausarbeitungen mit den „Grundsätzen der Rehabilitation“ fort. Dabei fehlt auch die genauere Beleuchtung der bekannten dogmatischen Aussage „Reha vor Rente“ nicht. Integrale Bestandteile dieses Kapitels sind das bio-psycho-soziale Modell, die ICF-Klassifikation, sowie die Schnittstellen(problematik) und weitere Aspekte der Rehabilitation. Diesen recht großen und weit gefassten Bereichen schließen die Autoren mehrere kleine Kapitel an, die den Blick auf das Rehabilitationswesen des Lesers komplettieren.

Modul IV über „Leistungsarten, Leistungsformen und Zugang zur Rehabilitation“ beginnt mit detaillierten Ausarbeitungen über verschiedenen möglichen Leistungsarten im Sinne der Teilhabe (am Arbeitsleben, an Bildung, etc.). Im Anschluss folgt ein Überblick über „Leistungsformen der medizinischen Rehabilitation“. Daran anschließend findet der Leser eine Darstellung der „Phasenmodelle“ (in) der Rehabilitation. Dies wird gefolgt von Darstellung über „Spezifische Rehabilitationsangebote und Verfahren“. In diesem Teil findet auch die „Suchtrehabilitation“ neben der AHB (Anschlussheilbehandlung), der Rehabilitation psychisch Kranker und weiterer Bereiche Berücksichtigung. Auch die Frage nach den Einrichtungen und den Zugangsmöglichkeiten der Rehabilitation werden beantwortet.

Mit Modul V findet ein Sprung von der Sozialmedizin in die Arbeitsmedizin statt. Hier werden zunächst „Grundlagen und Aufgaben der Arbeitsmedizin“ skizziert. Bereits zu Beginn des Moduls wird das bio-psycho-soziale Modell erneut deutlich.

Im Modul VI findet eine eingehende Betrachtung der Begutachtungsmedizin statt. Hier beginnen die Autoren zunächst mit den Grundlagen und Grundbegriffen der medizinischen Begutachtung aus sozialmedizinischer Perspektive. Dabei gehen sie auch auf die so wichtige unterschiedliche Herangehensweise von Medizinern und Juristen ein, um sich dann dem eigentlichen Prozess der ärztlichen Begutachtung zu widmen. Hier schildern sie auch detailliert den Aufbau eines ärztlichen Gutachtens, sowie auszugsweise Assessmentinstrumente. Schließlich konkretisieren die Autoren sozialrechtliche Begriffe aus der Gutachtenpraxis (Arbeitsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit, Erwerbsminderung, etc.), um im Anschluss rechtliche Fragen des gutachterlichen Alltags zu (er-) klären.

Modul VII stellt Aspekte der „Spezielle(n) sozialmedizinische(n) Begutachtung“ dar. Hier besprechen die Autoren konkret die spezifischen Aspekte bestimmter Gutachterarten bzw. die spezifischen Aspekte bestimmter gutachterlicher Auftraggeber (Rentenversicherung, Pflegeversicherung, etc.). Daran schließen sich diese Aspekte privater Auftraggeber (private Krankenversicherung, etc.) an.

Modul VIII beschäftigt sich mit der „Leistungsdiagnostik und Beurteilungskriterien bei ausgewählten Krankheitsgruppen“. Hier steht zunächst die sozialmedizinische Leistungsdiagnostik im Vordergrund, die Aufschluss über das Leistungsvermögen eines (ehemaligen) Arbeitnehmers gibt und sich in spezifischer Weise auf bestimmte Tätigkeitsbereiche bzw. Berufe und den allgemeinen Arbeitsmarkt auswirkt. In diesem Kontext wird (erneut) das ICF thematisiert. Besonders praxisrelevant ist nach zahlreichen eher theoretisch geprägten Ausarbeitungen aber das Kapitel über die „Praktische Umsetzung und Auswirkung sozialmedizinischer Begutachtung“ für den Probanden. Im Anschluss werden spez. Gesichtspunkte bei bspw. kardio-vaskulären Erkrankungen, neoplastischen Erkrankungen aber auch psychischen und psychosomatischen Erkrankungen besprochen.

Zielgruppe

Das Lehr- und Kursbuch Sozialmedizin richtet sich nicht nur an diejenigen Ärzte, die die Zusatzbezeichnung Sozialmedizin und angrenzende Zusatzbezeichnungen anstreben und in diesem Rahmen für die Erlangung der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin über die berufspraktische Weiterbildungszeit hinaus die theoretischen Grundlagen in den Kursen der jeweiligen Ärztekammer erlernen wollen/müssen. Es richtet sich über diese Klientel hinaus noch an medizinisch weitere Kreise v.a. im Begutachtungswesen und dürfte auch den Angehörigen zahlreicher medizinischer Assistenzberufe und Sozialberufe ein treuer und lesenswerter Begleiter sein. Dabei dient es nicht nur als Lehrbuch, sondern sicherlich auch als übersichtliches Nachschlagewerk.

Diskussion

Sozialmedizin gilt vielen als ein „trockenes“ Thema. Dieses Thema spannend und doch erkenntnisreich zu gestalten ist nicht einfach. Es ist den Autoren aber bereits zum zweiten Mal (2. Aufl.) bestens gelungen. Mit der 2. Auflage haben die Autoren es geschafft, den schon etwas in die Jahre gekommenen „Klassiker“ komplett zu überarbeiten und durch neue und aktuelle Inhalte zu ergänzen. Manch kleinere, fast unsichtbare Unsicherheit der ersten Auflage wurde korrigiert, Statistiken wurden aktualisiert, inhaltliche Ergänzungen wurden vorgenommen, und die aktuelle Gesetzeslage wurde berücksichtigt und entsprechend eingearbeitet.

Fazit

Das Buch eignet sich abermals als exzellentes Lehrbuch und Nachschlagewerk und sollte auch weiterhin ein fester Bestandteil in Bücherregalen von Ärzten jeglicher Fachrichtung sowie von Angehörigen zahlreicher medizinischer Assistenzberufe und Angehörigen von Sozialberufen sein.

Rezension von
Prof. Dr. med. et Dr. disc. pol. Andreas G. Franke
M.A. Professur für Medizin in Sozialer Arbeit, Bildung und Erziehung. Hochschule der Bundesagentur für Arbeit Mannheim
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Es gibt 74 Rezensionen von Andreas G. Franke.

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Zitiervorschlag
Andreas G. Franke. Rezension vom 13.08.2021 zu: Corinna M. Diehl, Christina B. Kreiner: Kurs- und Lehrbuch Sozialmedizin. Lehrbuch zu den Curricula der Bundesärztekammer. Deutscher Ärzte-Verlag (Köln) 2021. ISBN 978-3-7691-0627-5. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/28600.php, Datum des Zugriffs 23.01.2025.


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