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Dirk Rohr, Haim Omer et al.: Gelingende Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen

Rezensiert von Dr. Anke Höhne, 21.02.2022

Cover Dirk Rohr, Haim Omer et al.: Gelingende Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen ISBN 978-3-8497-0356-1

Dirk Rohr, Haim Omer, Maria Aarts, Ben Furman: Gelingende Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen. Neue Autorität, Marte Meo und Ich schaffs! Carl Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2021. 128 Seiten. ISBN 978-3-8497-0356-1. D: 19,95 EUR, A: 20,60 EUR.
Reihe: Beratung, Coaching, Supervision.

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Thema

Das Buch stellt die Konzepte von Haim Omer, Maria Aarts und Ben Furmann vor, ordnet sie ein und vergleicht sie miteinander. Zielgruppe des Buchs sind Professionelle aus den Bereichen Pädagogik, Erziehung, Schule, Sozialarbeit, Beratung und Therapie, aber auch Eltern und Erziehungsberechtigte.

Autor:innen

Dr. Dirk Rohr ist Gestalttherapeut, Systemischer Berater und Supervisor und Akademischer Direktor und Leiter des Arbeitsbereichs Beratungsforschung und des Zentrums für Hochschuldidaktik an der Universität zu Köln. Zudem ist er Instituts- und Weiterbildungsleiter „Systemische Beratung“ im koelner Institut für Beratung & pädagogische Professionalisierung.

Prof. Dr. Haim Omer ist ein israelischer Psychologe und Lehrstuhlinhaber für Klinische Psychologie an der Universität Tel Aviv.

Maria Aarts entwickelte die Marte Meo-Methode. Sie ist Director of Marte Meo International.

Dr. med. Ben Furman ist ein finnischer Psychiater, Psychotherapeut und Mitbegründer des Helsinki Brief Therapy Institute. Er entwickelte das lösungsfokussierte Lern- und Arbeitsprogramm „Ich schaffs!“.

Entstehungshintergrund

Das Buch entstand im Kontext der Tagung „Gelingende Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen“ an der Universität zu Köln.

Aufbau und Inhalt

Das Buch besteht aus vier Kapiteln, denen eine Einleitung vorangestellt ist. Die drei Kapitel zu den Konzepten von Haim Omer, Maria Aarts und Ben Furman folgen jeweils dem gleichen Konzept: Zunächst wird das jeweilige Konzept vorgestellt, dem sich ein Interview mit dem Autor bzw. der Autorin anschließt bevor abschließend ausgewählte Forschungs- und Evaluationsergebnisse kurz vorgestellt werden.

Kapitel 1 („Neue Autorität“) wurde von Haim Omer verfasst und stellt das Konzept der Neuen Autorität mit seinen Grundannahmen vor und illustriert es an einem praktischen Beispiel (Fallvignette). Im zweiten Teil des Kapitels wird ein Gespräch zwischen dem Herausgeber des Buches und Hauptveranstalter der Tagung, Dirk Rohr, und Haim Omer abgebildet, indem dieser sein Konzept der elterlichen Präsenz, das auf der Doktrin des Gewaltlosen Widerstands nach Mahatma Gandhi und Martin Luther King fußt, vorstellt. Darauf aufbauend hat Omer das Konzept der Neuen Autorität entwickelt, das Autorität durch Beziehung herstellt und stellt dieses im Gespräch mit seinen Grundprinzipien und Arbeitsmethoden vor. Im dritten Teil werden Forschungsergebnisse zum Konzept der Neuen Autorität vorgestellt. Die Forschungsbefunde zeigen die Wirksamkeit des Ansatzes für verschiedene Störungsbilder (z.B. ADHS, Angststörungen) und problematische Verhaltensweisen (z.B. Medienmissbrauch, jugendliche Straffälligkeit). Das Kapitel schließt mit einem Absatz zu Indikationen und Kontraindikationen, wobei letztere sich nur situativ bei feindselig laufenden Scheidungsprozessen und Elternkonstellationen zeigen.

Kapitel 2 („Marte Meo – aus eigener Kraft“) folgt dem gleichen Aufbau wie das 1.Kapitel. Zuerst präsentiert Maria Aarts das Marte Meo-Konzept, eine videobasierte Methode, die Eltern, Angehörigen und Fachkräften Informationen zur Qualität einzelner Interaktionen mit dem Kind, Jugendlichen oder Erwachsenen zur Verfügung stellt. Das Ziel der Marte Meo-Methode ist es, die Eltern, Angehörigen oder Fachkräfte dabei zu unterstützen, ihre Interaktions- und Kommunikationsfähigkeiten mithilfe der Videobilder zu trainieren und weiterzuentwickeln umso eine entwicklungsförderliche Kommunikation zu gestalten. Im Anschluss an die Vorstellung des Konzepts werden wichtige Marte Meo-Begriffe präsentiert. Im Gespräch mit dem Herausgeber Dirk Rohr macht die Autorin deutlich, dass es sich bei dem Marte Meo-Konzept in erster Linie um eine Methode handelt, die auf verschiedene Berufsfelder und unterschiedlichste kulturelle Kontexte anwendbar ist. Im Abschnitt zu Forschung über die Marte Meo-Methode gibt Dirk Rohr einen Überblick über ein von ihm und seiner Frau Kathrin Meiners geleitetes laufendes Forschungsprojekt, das sowohl qualitativ als auch quantitative Methoden nutzte.

In Kapitel 3 („Ich schaffs!“) stellt Ben Furman das Ich schaffs!-Programm vor, das ursprünglich in Finnland für 4-7-jährige Kinder entwickelt wurde, damit diese Schwierigkeiten eigenständig überwinden. Die Grundannahme des Ich schaffs!-Programms ist, das auftretende Schwierigkeiten bei Kindern im Grunde noch nicht ausgebildete Fähigkeiten sind. Mit Hilfe des 15-schrittigen Programms lernen die Kinder ihre Probleme in Fähigkeiten zu verwandeln. Im Gespräch mit Dirk Rohr geht Ben Furmann detaillierter auf den hinter dem Programm liegenden Ansatz ein, den er als Fähigkeitsdenken beschreibt, d.h. zentral ist die Erweiterung der Fähigkeiten des Kindes bzw. eine Lösungsfokussierung. Im Forschungsteil werden zunächst Ergebnisse zur Skillful class-Methode vorgestellt und damit zu einem verwandten Konzept des Ich schaffs!-Programms. Zu den Ich schaffs!-Trainings wurden Ergebnisse einer Online-Befragung präsentiert, an der sich allerdings nur 23 Menschen beteiligt hatten, die mehrheitlich älter als 40 Jahre waren. Es wurden pädagogische Fachkräfte befragt, aber keine Kinder und Jugendlichen, sodass zur Einschätzung der Wirksamkeit des Programms durch die Zielgruppe noch keine Forschungsbefunde vorliegen.

Das 4.Kapitel („Die drei Konzepte im Vergleich“) wurde von Dirk Rohr verfasst und untersucht anhand der folgenden Faktoren die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei Konzepte:

  • Adressat*innen
  • Einordnung zwischen Fachberatung und psychosozialer Beratung
  • Verortung in systemischen und humanistischen Beratungsansätzen
  • Selbstreflexion der Eltern und Erziehungsberechtigten
  • Art und Weise, wie die Konzepte gelehrt und gelernt werden

Die vergleichende Betrachtung verdeutlicht die unterschiedlichen Adressat:innen der drei Konzepte hinsichtlich des Alters der Kinder und Jugendlichen und mit wem gearbeitet wird – den Kindern, Jugendlichen oder Eltern oder mit allen gemeinsam. Die drei Konzepte unterscheiden sich hinsichtlich des Anteils an psychosozialer und Fachberatung. Gemeinsam ist ihnen ein humanistisches Menschenbild und der systemische Ansatz. Hinsichtlich der Selbstreflexion der Eltern und Erziehungsberechtigten kommt Rohr zu dem Schluss, dass die drei Ansätze dieser Fähigkeit kein besonderes Gewicht beimessen, sondern stattdessen stärker auf die Lösungsorientierung setzen. Hinsichtlich der Frage, wie die drei Konzepte gelehrt und gelernt werden können, unterscheiden sie sich sehr. Die Marte Meo-Methode wird sehr praktisch unter begleitender Supervision erlernt. Das Konzept von Haim Omer kann in einem Weiterbildungskurs mit 10 Lektionen je 60 Minuten Dauer erlernt werden. Zum Konzept von Ben Furmann wird aktuell eine erste Online-Weiterbildung auf Deutsch entwickelt, englischsprachige Kurse gibt es schon länger.

Diskussion

Die Interviews von Dirk Rohr mit den drei Autor:innen dieser Ansätze zu einer Verbesserung der Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen sind hilfreich, um als Leser:in noch einmal einen anderen Einblick in deren Entstehungsgeschichte und Hintergründe zu gewinnen. Das vergleichende Kapitel am Ende des Buches hilft zur Einordnung der drei Konzepte für eine gelingende Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen. Die im Buch aufgeführten Interviews mit den drei Hauptbeitragenden zum Buch sind auf der Webseite zur gleichnamigen Tagung eingestellt: http://tagungsreihe-gelingende-kommunikation.de/Video-Interviews/

Fazit

Das Buch gibt einen ersten und übersichtlichen Überblick über die Konzepte von Haim Omer, Marte Aarts und Ben Furmann und macht Lust, sich näher mit diesen Ansätzen zu beschäftigen.

Rezension von
Dr. Anke Höhne
Dipl.-Sozialwiss., Referentin bei SUCHT.HAMBURG gGmbH, Systemische Beraterin und Familientherapeutin
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Es gibt 21 Rezensionen von Anke Höhne.

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Zitiervorschlag
Anke Höhne. Rezension vom 21.02.2022 zu: Dirk Rohr, Haim Omer, Maria Aarts, Ben Furman: Gelingende Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen. Neue Autorität, Marte Meo und Ich schaffs! Carl Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2021. ISBN 978-3-8497-0356-1. Reihe: Beratung, Coaching, Supervision. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/28760.php, Datum des Zugriffs 11.09.2024.


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