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Anja Bauchowitz: Compliance Management im Gesundheitswesen

Rezensiert von Prof. Dr. Friedrich Vogelbusch, 15.03.2023

Cover Anja Bauchowitz: Compliance Management im Gesundheitswesen ISBN 978-3-339-12406-7

Anja Bauchowitz: Compliance Management im Gesundheitswesen. Qualitative Analyse der Akzeptanzfaktoren. Verlag Dr. Kovač GmbH (Hamburg) 2021. 500 Seiten. ISBN 978-3-339-12406-7. D: 144,80 EUR, A: 148,90 EUR.
Reihe: Gesundheitsmanagement und Medizinökonomie - 56.

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Thema

Dieses Buch befasst sich mit dem Compliance Management System (CMS) im Gesundheitswesen.

Ein Compliance Management System dient der Sicherstellung regelkonformen und ethischen Verhaltens sowie der Vermeidung von wesentlichen Verstößen und damit der Minimierung von Reputationsschäden, Haftungsfällen, finanziellen Risiken und dem Schutz der Mitarbeiter. Trotz vereinzelter gesetzgeberischer Maßnahmen zur Bekämpfung von Fehlverhalten und Korruption im Gesundheitswesen besteht in Deutschland bisher weder eine eindeutige noch eine einheitliche Verpflichtung für die Einrichtung eines CMS. Wenn Compliance-Maßnahmen ergriffen werden, handelt es sich oftmals um eine freiwillige Selbstverpflichtung. Allerdings hängt die Wirksamkeit von Compliance Management, neben der formalen Implementierung – ob nun verpflichtend oder nicht –, maßgeblich von dessen Akzeptanz und der Etablierung einer positiven Compliance-Kultur ab.

Auf Basis dieser Überlegungen ist das übergeordnete Ziel der Untersuchung, Compliance Management erschwerende und begünstigende Faktoren herauszuarbeiten. Die Principal-Agent-Theory erklärt zunächst das zugrundeliegende Phänomen, mithin das aus Interessenskonflikten und Informationsasymmetrien Anreize für Fehlverhalten resultieren können. Im Weiteren dient das Kulturebenen-Modell von Schein der Visualisierung der Compliance-Kulturebenen einer Organisation. Die empirische Untersuchung erfolgt im Zuge einer qualitativen Fallstudie und per Expertenbefragung.

Bei vier großen gesundheitswirtschaftlichen Unternehmen werden insgesamt 30 Experteninterviews geführt und inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Grundlage der Leitfadenentwicklung bilden drei Akzeptanzmodelle, die im Weiteren modifiziert werden. Im Fokus der Interviews stehen der Kenntnisstand und die Allgemeine Einschätzung von Compliance Management, die vier herausgearbeiteten Akzeptanzfaktoren Kommunikation, Anwendung, Nutzen und Führung sowie etwaige Erfolgsfaktoren und Herausforderungen von Compliance Management.

Die Untersuchung zeigt, dass im Hinblick auf Compliance Management sowohl akteurs- als auch berufsgruppenspezifische Unterschiede bestehen. Insbesondere im Krankenhaus existieren compliancerelevante Spezifika. Die Ergebnisse sensibilisieren zudem für kritische Aspekte, die insbesondere die Herausforderungen von Compliance im Gesundheitswesen betreffen.

Beim Buch „Compliance Management im Gesundheitswesen“ handelt es sich um die Dissertation von Anja Bauchowitz.

Autorin

Frau Anja Bauchowitz ist Promoventin an der Universität Bayreuth.

Entstehungshintergrund

Das Gesundheitswesen ist aufgrund seiner komplexen und teilweise intransparenten Strukturen sowie der vielfältigen Informationsasymmetrien und Interessenskonflikte sehr manipulationsanfällig. Neben der hohen sozioökonomischen Bedeutung ist die Reputation der Akteure des Gesundheitswesens als glaubwürdiger, verlässlicher und verantwortungsvoller Partner in der Gesellschaft jedoch von besonderer Wichtigkeit.

Mit ihrer Dissertation will Anja Bauchowitz erschwerende und begünstigende Faktoren für ein Compliance Management System analysieren.

Aufbau

Das Buch gliedert sich in die folgenden acht Kapitel:

  • Kap.1 Einleitung
  • Kap. 2 Compliance Begriff und Einordnung
  • Kap. 3 Compliance im Gesundheitswesen
  • Kap. 4 Forschungsstand, Forschungslücke und Forschungsfragen
  • Kap. 5 Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens
  • Kap. 6 Methodische Vorgehensweise der empirischen Untersuchung
  • Kap. 7 Fallstudien zu Compliance Management im Gesundheitswesen
  • Kap. 8 Schlussbetrachtung

Es folgen

  • ein Abkürzungsverzeichnis
  • ein Abbildungsverzeichnis
  • ein Tabellenverzeichnis

Inhalt

Kap. 1 enthält eine „Einleitung“. Bauchowitz legt in diesem Einleitungskapitel die grundlegenden Problemstellung und Zielsetzung der Dissertation dar.

Kap. 2 geht auf den „Compliance Begriff und eine Einordnung“ ein. Es erfolgt zunächst ein kurzer historischer Überblick über die allgemeinen Ursprünge und rechtlichen Grundlagen von Compliance Management. Dem schließen sich die für diese Analyse relevanten Begriffsbestimmungen an. Dies beinhaltet die Entwicklung einer eigenen Definition von Compliance, die dieser Arbeit zugrunde gelegt wird. Hinzu kommt das Ausarbeiten der im IDW PS 980 bereits thematisierten Compliance begünstigenden Faktoren. Das Kapitel schließt mit der Einordnung von Compliance Management in den Kontext der Corporate Governance eines Unternehmens.

Kap. 3 ist mit „Compliance im Gesundheitswesen“ überschrieben.

In Kapitel 3 werden die wesentlichen bisher bestehenden Compliance Regelungen, Vorschriften und Kodizes im Gesundheitswesen aufgezeigt. Hierbei wird auf die Akteure der Fallstudie, mithin Krankenhäuser, gesetzliche Krankenkassen und die Pharmaindustrie, abgestellt und zunächst deren Bedeutung im Gesundheitsmarkt dargelegt. Es wird im Weiteren detailliert erörtert, inwiefern für welchen der drei zuvor genannten Akteure unter welchen Bedingungen eine gesetzliche Verpflichtung zur Implementierung eines CMS besteht oder aus einer Vorschrift abgeleitet werden kann. Aus diesen Überlegungen wird im Weiteren abgeleitet, inwiefern Krankenhäuser den Ausgangspunkt der Fallauswahl darstellen.

Kap. 4 geht ein auf „Forschungsstand, Forschungslücke und Forschungsfragen“. Der aktuelle Forschungsstand wird in Kapitel 4 ausgearbeitet. Dabei wird zwischen betriebswirtschaftlicher und gesundheitsökonomischer Compliance Forschung sowie zwischen den Themengebieten Wirksamkeitsbeeinflussung, Akzeptanz und Kultur differenziert. Diese Untergliederung entspricht dem Fokus dieser Arbeit, mithin die Umsetzung von Compliance Management im Gesundheitswesen durch die positive Beeinflussung der Akzeptanz und der Compliance-Kultur. Die Ergebnisse der Literaturanalyse dienen zum einen der Ableitung der Forschungslücke sowie zum anderen der Ableitung der Forschungsfragen. Zudem werden Themenfelder für die Datenauswertung herausgearbeitet.

In Kap. 5 widmet sich die Autorin der „Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens“. Dieser ist dreigeteilt. Die Principal-Agent-Theory stellt, als Bestandteil der Neuen Institutionenökonomik, die theoretische Basis für die Erklärung des vorliegenden Phänomens dar, mithin der aus bestehenden Informationsasymmetrien resultierende Anreize für Fehlverhalten. Die diesbezüglichen Phänomene werden auf die vorliegende Arbeit übertragen. Zudem leitet sich hieraus die die Untersuchung leitende Fragestellung ab. Den zweiten Teil bildet das Kulturebenen-Modell von Schein. Es dient der Darstellung der Kulturebenen eines Unternehmens. Das Modell wird auf den vorliegenden Sachverhalt angepasst, um eine Einordnung einer möglichen Beeinflussung der Compliance-Kultur zu ermöglichen. Die Grundlage der Analyse der Akzeptanzfaktoren bzw. der Datenerhebung bilden, als dritter Teil des theoretischen Bezugsrahmens, drei Akzeptanzmodelle. Sie werden adaptiert und weiterentwickelt. Demnach bilden sie die Basis für die Entwicklung eines Interviewleitfadens, welcher geeignet ist, um zum einen den Status Quo und zum anderen die wesentlichen Herausforderungen und Erfolgsfaktoren von Compliance Management zu erfassen.

Kap. 6 erläutert die „Methodische Vorgehensweise der empirischen Untersuchung“. Zunächst wird der Ansatz der qualitativen Sozialforschung und das damit einher gehende qualitative-interpretative Paradigma vorgestellt. Dem schließt sich die Skizzierung der qualitativen Fallstudie als Forschungsstrategie an. Im Weiteren wird die Datenerhebung, mithin die Grundlagen von Experteninterviews, die induktive und deduktive Leitfadenentwicklung-als Weiterführung der diesbezüglichen Ergebnisse aus Kapitel 4 und Kapitel 5-und die Fallauswahl beschrieben.

Nach einer Übersicht über die Interview-Planung und Interview-Durchführung sowie die Dokumentenanalyse erfolgt die Darlegung der Datenauswertung. Im Zuge dessen wird die Anfertigung der Transkripte, die Auswertung dieser per qualitativer Inhaltsanalyse sowie die Entwicklung des Analyserasters erläutert. Das Kapitel schließt mit einer kritischen Würdigung der wissenschaftlichen Gütekriterien für qualitative Sozialforschung.

Kap. 7 thematisiert „Fallstudien zu Compliance Management im Gesundheitswesen“.

Den empirischen Teil stellt Kapitel 7 dar. Nach einer Beschreibung der Analysesystematik erfolgt die Darstellung der Einzelfallanalysen. Deren Grundstruktur ist für alle vier Fälle gleich: zunächst wird die jeweilige Ausgangssituation kurz beschrieben. Dem schließt sich die deskriptive Falldarstellung, die diesbezügliche Diskussion sowie Ergebnisdarstellung und ein fallinternes Fazit an. Der Aufbau entspricht den zwei Teilzielen dieser Arbeit, mithin der Analyse des Status Quo des Informationsstandes und der Akzeptanzfaktoren einerseits und der Analyse der Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für die Implementierung und Etablierung von Compliance Management andererseits. Im Anschluss daran erfolgt die fallübergreifende Analyse und damit die Gesamtinterpretation der Ergebnisse.

Sie entspricht ebenfalls zuletzt genanntem Aufbau. Neben der Ausarbeitung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Fälle erfolgt eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Herausforderungen, Erfolgsfaktoren und Ergebnisse. Im Weiteren werden die wesentlichen Limitationen der Untersuchung diskutiert.

Kap. 8 schließt die Untersuchung mit einer „Schlussbetrachtung“ ab. Die zentralen Ergebnisse der Analyse werden nochmals zusammengefasst und im Zuge dessen ein Rückbezug zum theoretischen Bezugsrahmen vorgenommen, mithin zur Principal-Agent-Theorie und zum IDWPS 980. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick, in dem Ansatzpunkte für weiterführenden Forschungsbedarf und Implikationen für die Praxis beleuchtet werden.

Diskussion

Das Buch „Compliance Management im Gesundheitswesen“ ist eine sorgfältig recherchierte Dissertation zum Thema Compliance Management im Krankenhäusern und in angrenzenden Unternehmen des Gesundheitswesens.

Das Kapitel zum Forschungsstand in der betriebswirtschaftliche und gesundheitsökonomischer Compliance Forschung ist mit Gewinn zu lesen. Fokus der Arbeit, mithin die Umsetzung von Compliance Management im Gesundheitswesen durch die positive Beeinflussung der Akzeptanz und der Compliance-Kultur. Die Ergebnisse der Literaturanalyse dienen zum einen der Ableitung der Forschungslücke sowie zum anderen der Ableitung der Forschungsfragen.

Die Fallstudien im empirischen Teil sind sehr ausführlich dargestellt und sind geprägt von einer ausführlichen Darstellung und Diskussion der Methodik.

Die immer wieder nach einer gleichen Systematik dargestellten Interviews (in Tel 7) sind aus Sicht der Doktorarbeit notwendig, für den Leser teilweise aber sehr langatmig.

Die Ergebnisse zu den Erfolgsfaktoren einer Einführung eines Compliance Managements im Gesundheitswesens sind für weitere Überlegungen zu beachten.

Fazit

Die Dissertation von Anja Bauchowitz zum Compliance Management im Gesundheitswesen ist eine sauber recherchierte Arbeit. Die Kapital zu den institutionellen und theoretischen Grundlagen des Compliance Managements insbesondere beim Einsatz im Gesundheitswesen und die Ableitung der Erfolgsfaktoren werden den Praktiker in der Umsetzung unterstützen.

Der Rezensent hat das Buch mit Gewinn zur Vorbereitung eines eigenen Aufsatzes zur Compliance Management im Krankenhäusern ausgewertet.

Der Preis von knapp 150 EUR ist allerdings sehr hoch. Es ist zu befürchten, dass nur ein kleiner Leserkreis sich für die Anschaffung dieses Buchs entscheiden wird. Dies ist schade, da das Thema der Sicherstellung regelkonformen und ethischen Verhaltens der Mitarbeitenden in Einrichtungen des Gesundheitswesens von großer Bedeutung ist. Nur mit einem eingeführten und funktionierenden CMS können wesentliche Verstöße vermieden und damit das Risiko von Reputationsschäden und Haftungsfällen minimiert werden.

Rezension von
Prof. Dr. Friedrich Vogelbusch
Spezialist für Wirtschaftsprüfung und Beratung von Sozialunternehmen
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Es gibt 113 Rezensionen von Friedrich Vogelbusch.

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ISSN 2190-9245