Torsten Groth (Hrsg.): New Organizing
Rezensiert von Lisa Kieselmann, 20.12.2021
Torsten Groth (Hrsg.): New Organizing. Wie Großorganisationen Agilität, Holacracy & Co. einführen – und was man daraus lernen kann.
Carl-Auer Verlag GmbH
(Heidelberg) 2021.
349 Seiten.
ISBN 978-3-8497-0402-5.
49,00 EUR.
Reihe: Management.
Thema und Zielsetzung
Die Publikation New Organizing, bietet einen Einblick in die Einführung, aktueller Trends der Organisationsgestaltung (Agilität, Scrum, Holocracy, Purpose). Dabei liegt der Schwerpunkt, auf den konkreten Abläufen der Einführungen. Die Zielthematiken der Überlebenssicherung und des nachhaltigen Wandels (S. 12.), werden in 13 Fallstudien konkret vorgestellt.
Herausgeber:innen
Torsten Groth, selbstständiger Organisationsberater, Refernt und Trainer zu Anwendungsfragen der Systemtheorie in Management und Beratung; Mitglied im Kernteam von Simon Weber Friends, u.a. Initiator und Gastgeber des „Club-Systemtheorie“.
Dr. Gerhard P. Krejci, Systemischer Organisationsberater, Trainer und Coach, Lehrberater, Lehrtrainer für Gruppendynamik (ÖGGO); Mitglied im Kernteam von Simon Weber Friends.
Stefan Günther, Systemischer Organisationsberater, Referent, Moderator, Trainer, Coach; Mitglied im Kernteam von Simon Weber Friends.
Weitere Autor:innen
- Bickmeyer, Anette, Dr. phil: Ideenentwicklerin und Konzeptionistin, Coach.
- Camisani, Alessandro: Leiter Personal- und Organisationentwicklung bei der Flughafen Zürich AG mit Schwerpunkt Change, Führung, Projektmanagement und Lean Management.
- Clement, Ute: Systemische Organisationsberaterin für internationale Changeprojekte und Post-Merger-Integration.
- Feneberg, Peter: Berater und Coach, selbstständiger Berater und Mitglied der Inhouse Consulting der Audi AG.
- Gebauer, Anette, Dr.: Systemische Organisationsberaterin; Inhaberin der Beratungsfirma Interventions for Corporate Learning.
- Hanke, Susanne, Dr. rer.pol: Tätigkeit bei zwei deutschen Großbanken un der Treuhandanstalt.
- Hinterberger, Rene: Leiter der Hardware Entwicklung Region Europa I VNI CE Continental AG.
- Höher, Robin: Manager Marketing Strategy und Business Development bei Siemens Energy.
- Huber, Menno: Organisationsberater und coach bso.
- Ingerfeld, Andreas: Mitbegründer und Geschäftsführer der covolution GmbH.
- Jager, Josef: Senior Process Consultant in einem österreichischen Telekommunikationsunternehmen.
- Kaloeropoulos, Elena: Juristin, systemische Politik- und Organisationsberaterin in den Bereichen Strategie und Innovation.
- Korte, Jens: Organisationsberater, Trainer und Agile Coach.
- Kriso, Susanna Maria: Leitung der Zentralen Personalentwicklung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See.
- Kublun, Nina: Beraterin für digitale Projekte; Weiterbildung in systemischer Organisationsberatung.
- Menchau, Michael: Agile Coach bei Accenture I SolutionIQ; freiberuflicher Coach.
- Meynerts-Stiller, Kirsten: Systemische Beraterin für Transformationsprozesse und Führungsentwicklung.
- Müller, Kristina: Beraterin für agile Transformation, Leadership Coach, Gründerin.
- Odenthal, Cornelia, Dr.: Organisationsberaterin.
- Rachlitz, Kurt: Doktorand am ISF München und Changemanagement Berater bei CNX Consulting Partners.
- Richert, Timm: Geschäftsführender Gesellschafter der NEO Culture GmbH.
- Salowski, Claudia: Systemische Organisationsberaterin.
- Scheer, Aaron: Systemischer Organisationsberater bei Heitger Consulting by KPMG.
- Schein, Gerlinde: Unternehmensberaterin für Organisations- und Personalentwicklung.
- Schielein, Eva Maria: Systemische Organisationsberaterin.
- Schnieper, Balz: selbstständiger Organisationsberater.
- Schnoor, Antje, Dr.: Wissenschaftsmanagerin in der Strategiegruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
- Sely, Daniel: Senior Expert Strategie- und Organisationsentwicklung.
- Sonnert, Martin: Geschäftsführer Transformation & OPEX bei Schwarz Produktion GmbH&Co. vKG.
- Stark, Manuela: Organisationsberaterin, Agile Coach.
- Stuer, Andre: Managing Partner hs:results.
- Till, Kerstin: Psychologin in einer Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Systemische beraterin und Coach.
- Vogel, Barbara: Beraterin und Coach, Gründerin der Firma Glen Goldberg als Netzwerk & kreativer Hub.
- von Vogel, Sophie: Teamleitung Strategie- und Organisationsentwicklung bei idealo internet GmbH.
- Walser, Nadja: selbstständige Organisationsberaterin.
- Weber, Simon: Organisationsberater für Strategieentwicklung und Reorganisation bei Metaplandoktorand und Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Organisations- und Verwaltungssoziologie an der Universität Potsdam.
- Weidling, Antje: Systemische Organisationsberaterin, Coach und Supervisorin.
- Weinhold, Jan, Prof. Dr.: Professor für Beratungspsychologie und Coaching an der Deutschen Hochschule für Gesundheit und Sport, Berlin.
- Wolfig, Roland, Dr.: selbstständiger Organisationsberater.
- Wüster, Julia: HR Professional in verschiedenen internationalen Konzernen, systemische Organisationsberaterin.
- Zimmermann, Wolfgang: Leadership-Experte und Autor für Führung im Umbruch.
Aufbau und Inhalt
Die Publikation New Organizing gliedert sich in drei Teile. Zu Beginn werden das konkrete Forschungsprojekt, die theoretischen Ansätze sowie die Ziele der Forschung erläutert. In Teil zwei werden 13 Fallbeispiele bzgl. der Erfahrung in der Einführung von Organisationskonzepten vorgestellt. Abschließend erfolgt in Teil drei die Zusammenfassung der Kernergebnisse sowie ein Ausblick in die „postmodische“ Welt.
Im ersten Teil „Das Forschungsprojekt“ wird die Kernidee der Forschungsarbeit dargestellt. „New Organizing – Empirie trifft Theorie- wie vollzieht sich die Einführung neuer Organisationsform in der Praxis?“ (S. 20). Zur Durchführung der Forschung bildeten sich 14 Teams, die jeweils ein Unternehmen beforschten. Dabei wurde der Schwerpunkt in der Feldforschung auf die Bereiche: Organisation, Führung, Teams/Projekte, und Beratung, gelegt (vgl. S. 21). Währende der Forschung wurden die Organisationen aus der Sicht der Systemtheorie betrachtet (vgl. S. 24). Dabei wird dargestellt, wie die Bezeichnung „Organisation“ auf Basis der systemischen Perspektive zu verstehen ist (vgl. S. 25). „Organisationen sind „um Paradoxien herum gebaut“ (Simon 2007): Sowohl die diversen Umwelterwartungen als auch die erwähnten internen Teilrationalitäten spitzen sich erwartbar zu in Fragestellungen und Situationen, in denen Widersprüche auftreten, die nicht lösbar erscheinen.“ (S. 25). Weiterhin wird im ersten Teil der Publikation erläutert, wie „New Organizing“ im konkreten Forschungsvorhaben in sechs Schritten zu erforschen ist: „Organisation im Kontext, Anlass für Veränderung, Orte der Veränderung, Praxis der Veränderung, Konfliktmuster/Paradoxiebearbeitung, wie (paradoxiebewusst) weiter?“ (S. 27).
Im zweiten Abschnitt werden die konkreten Forschungsergebnisse der 13 Fallstudien vorgestellt. Dabei werden die Organisationen nicht nach „Reifegraden“ bewertet sondern anhand eines Schaubildes eingeordnet. Auf der einen Seite steht die Bezeichnung „Anbindung an die Existenzfrage“, auf der anderen Seite wird sich an der top-down oder bottom-up Entscheidung zur Abbildung der Initialzündung orientiert (vgl. S. 34). Eines der Fallbeispiele lautet „Agilität ist gut – ein konzerneigener Software-Dienstleister erfindet sich neu.“ Dabei wird das Tochterunternehmen IT-Solutions beforscht, welches Softwareprodukte für das Mutterunternehmen, Financial Service Group entwickelt (vgl. S. 85). Dabei wird zu Beginn die Ausgangslage des Unternehmens dargestellt und im weiteren Verlauf der Kapitel die Entwicklung der Einführung rückwirkend durch die qualitativen Interviews betrachtet. Die Fallstudie wird jeweils mit einem Fazit „Vordergründig geht es darum, die Leistung im Kerngeschäft zu steigern, d.h. eine besser Art der Softwareentwicklung zu praktizieren. […] Agilität ist ein Mittel, um das Verhältnis zum Mutterkonzern zu regeln, das von der Paradoxie Abgrenzung und Anziehung geprägt ist.“ (S. 98). Weiterhin folgt bei jeder Fallstudie ein Steckbrief, der die formalen Aspekte des Forschungsprozesses darlegt sowie den Abschnitt „Wie Interessant!“, bei dem konkrete Lernchancen aus der Fallstudie zusammengefasst werden. „Weitere hervorzuhebende Aspekte beziehen sich auf die Rolle und Funktion der Vorstände. Ohne ihr Agieren als Leitung, ohne die ihnen zugeschriebene Autorität wäre der Fall in seinem Verlauf nicht erklärbar. Hier zeigt sich einmal mehr die praktische Abhängigkeit der New-Organizing-Ansätze von hierarchischer Führung.“ (S. 102). Abschließend folgen in Teil 2 zum einen das Kapitel „Dark side of the moon- Über Unternehmen, die hier nicht porträtiert werden. (K)eine Fallstudie“, dabei wird das Phänomen betrachtet, dass sich keine Fallstudie bei einem Unternehmen gefunden hat, bei der die Einführung von New Organizing nicht an die Existenzfrage gekoppelt war und bottom-up vorangetrieben wurde (vgl. S. 290). Zum anderen „Wer hat hier eigentlich wen organisiert? – Spiegelphänomene in der Forschung“, bei dem in der Forschungsarbeit eine zusätzliche Beobachtungsebene eingezogen wurde, um die eigene Forschungsarbeit zu betrachten (vgl. S. 305).
Im dritten Abschnitt der Publikation New Organizing, liegt der Schwerpunkt nicht nur auf der Zusammenfassung der Kernergebnisse, sondern auch auf dem Ausblick auf die „Postmodische“ Welt. In der Zusammenfassung werden vier Aspekte hervorgehoben: Organisationstrivialisierung, Führungsvergessenheit, Teamentkopplung sowie die Beratungsvergessenheit (vgl. S. 322). Mit dem Blick auf die „Postmodische“ Welt, richtet sich der Inhalt der Publikation, vertiefend auf das Paradoxiemanagement aus. Dabei wir genauer erläutert, wie eine Paradoxiesicht im Unternehmen zu verstehen ist und verweist auf eine zukünftige Ausrichtung von Unternehmensorganisation. „Mit einer Paradoxiesicht […] lassen sich wiederkehrende und existenzielle Kernfragen neu und anders erklären und schließlich auch anders bearbeiten“ (S. 329). Dabei werden fünf Empfehlungen ausgesprochen, die im Anschluss konkreter ausgeführt werden:
- Entdecke Paradoxien!,
- Vermeide Eindeutigkeit!,
- Erkenne die eigenen Muster!,
- Führe Beobachtungen zweiter Ordnung ein!,
- Agiere postmodisch! (vgl. S. 330).
Diskussion
Die Publikation New Organizing von T. Groth, G.P. Krejci und S. Günther, bietet einen spannenden Einblick in die Entwicklung und Adaption von Theorien, Modellen und Methoden, die unter dem Begriff New Organizing zusammengefasst werden. Dabei war, so nehme ich an, die größte Herausforderung, die schiere Anzahl der Forschenden auf einen Schwerpunkt und eine bestimmte Forschungsfrage zu fokussieren. Das Ergebnis ist eine doch sehr klare und stringente Darstellung der Fallstudien sowie eine übersichtliche Zusammenfassung der jeweiligen Schwerpunkte und Ergebnisse („Wie Interessant!“). Leider ist der theoretische Aufbau der Forschungsarbeit nur kurz und knapp im ersten Teil der Publikation erläutert. Da weiterhin nicht definiert wurde, welche Zielgruppe die Publikation ansprechen soll (Praktiker_Innen, Forschende, Studierende…) fehlt für meine vollständige Zufriedenheit eine ausführlichere Darlegung der Theorie sowie der Methodologie. Es wird zwar eine stichwortartige Auflistung von Phänomenen mit dem systemischen Blick, die im Kontext von New Organizing auftreten können, verschriftlicht, jedoch hätte ich eine genauere Ausführung und exaktere Nachweise/Zitierung der Inhalte erwartet. Weiterhin stellte sich mir die Frage, wie die Kategorisierung der ausgewählten Ansätze (Scrum, Purpose, Holocracy und Agilität) vorgenommen wurde. Ergaben sich die Ansätze nach der Auswahl der Fallstudien, oder wurden die Unternehmen im Vorfeld nach diesen vier Ansätzen ausgewählt? Zwar verweisen die Autoren auf Weick (1995) und Mintzberg (2009) jedoch fehlt mir eine klarere Definition der Kategorisierung bzw. warum wurden andere Ansätze nicht einbezogen?
Weiterhin stellte sich mir die Frage bei der Darstellung „Kreislauf tiefgreifender Veränderungen am Beispiel von New Organizing“ (S. 27), wo die Darstellung ihren Ursprung hatte? Es wird erläutert, dass die Abbildung aufbauen auf den theoretischen Grundlagen als Ablaufschema dient, jedoch fehlt jeglicher Hinweis für die eigene Entwicklung des Ablaufschemas oder gar die Zitierung des/der AutorIn.
Die bewertungsfreie Einordnung der Fallstudien, weg von Reifegraden und Tiefen, hin zu „Anbindung an die Existenzfrage“ sowie top-down und bottom-up, habe ich als sehr positiv und erfrischend war genommen und nimmt eine sehr sachliche Kategorisierung der Fallstudien vor.
Fazit
In ihrer Gesamtheit gesehen, betrachte ich die Publikation als sehr lesenswert. Vor allem das Kapitel 14 „Dark side of the moon“ bei dem quasi die Fallstudien, die sich nicht „zeigen“ wollten, Erkenntnisse über den Umgang mit Innovationen und Trends aufzeigen sowie das Kapitel 15 „Wer hat hier eigentlich wen organisiert? – Spiegelphänomene in der Forschung“, bei dem die Forschenden sich gewissermaßen selbst „beforschen“ und aufzeigten, dass Phänomene von New Organizing nicht nur in „unbefristeten“ Unternehmen auftauchen, sondern auch in zeitlich befristeten Projekten. Vor allem für PraktikerInnen, die sich mit der Thematik von New Organizing, in jeglicher Rolle auseinandersetzten, sind spannende Erkenntnisse, Hinweise und beachtenswerte Ergebnisse für die Einführung von Agilität, Holocracy & Co. zu finden.
Rezension von
Lisa Kieselmann
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der KatHO NRW. Ehemalige Leiterin eines Familienzentrums und der berufsbegleitenden Studiengänge B.A. Sozialmanagement/ MBA:General Management
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Zitiervorschlag
Lisa Kieselmann. Rezension vom 20.12.2021 zu:
Torsten Groth (Hrsg.): New Organizing. Wie Großorganisationen Agilität, Holacracy & Co. einführen – und was man daraus lernen kann. Carl-Auer Verlag GmbH
(Heidelberg) 2021.
ISBN 978-3-8497-0402-5.
Reihe: Management.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/28870.php, Datum des Zugriffs 15.01.2025.
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