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Gunnar Eismann: Emotionsregulation

Rezensiert von Prof. Dr. rer. pol. Jürgen Beushausen, Gina Beushausen, 01.12.2021

Cover Gunnar Eismann: Emotionsregulation

Gunnar Eismann: Emotionsregulation. 75 Therapiekarten. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2021. 36 Seiten.
Kartenset mit 75 Karten. Mit 36-seitigem Booklet in hochwertiger Klappkassette, Kartenformat 16,5 x 24 cm EAN 401-917210018-6.

Thema

Vorgestellt wird in dieser Rezension kein Fachbuch, sondern eine Sammlung von 75 Therapiekarten mit denen im Kontext der traditionellen Verhaltenstherapie, der kognitionsbasierte Techniken der »zweiten Welle« sowie achtsamkeits- und akzeptanzbasierte Konzepte der »dritten Welle« emotionsregulatorische Kompetenzen gezielt gefördert werden können. Die verschiedenen Module thematisieren u.a. das Verständnis und die Akzeptanz der Emotionen und Strategien der aktiven Emotionsregulation. Durch die Auswahl einzelner Karten kann die Therapie individuell und bedürfnisgerecht angepasst werden. Die Übungen bieten mithilfe emotional ansprechender Bilder und der Anleitung zur Selbstreflexion einen erlebnisorientierten Zugang. Eingesetzt werden können die Karten in der Psychotherapie, der Supervision, der Selbsterfahrung und der Beratung im Einzel- oder Gruppensetting.

Autor

Dr. med. Gunnar Eismann ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und tätig als leitender Oberarzt der I. Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Asklepios Klinik Nord-Ochsenzoll in Hamburg. Er ist zudem als Supervisor und als Dozent in der Weiterbildung für Psychologische Psychotherapeuten und in der Facharztausbildung tätig.

Entstehungshintergrund

Die Präsentation der 75 Therapiekarten folgt dem Aufbau des Buches von Gunnar Eismann und Claas-Hinrich Lammers: Therapie-Tools Emotionsregulation ebenfalls aus dem Beltz Verlag, Weinheim, Basel, 2017 (siehe Rezension in socialnet vom 9.02.2018).

Aufbau und Inhalt

Das 34-seitige Booklet beinhaltet eine Einführung, innerliche Struktur des Kartensets, kurze Hinweise über die therapeutische Arbeit mit den Karten, einen Überblick über die Karten in den sieben Modulen, Vorschläge zur Kombination von Therapiekarten, ein Literaturverzeichnis, den Bildnachweis und Angaben über den Autor.

In der kurzen Einführung betont Gunnar Eismann die Bedeutungen einer angemessenen Regulation von Emotionen bei unterschiedlichen spezifischen Krankheitsbildern, wie zum Beispiel die Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen, Zwangsstörungen und Depressionen, aber auch bei unspezifischen Problemstellungen. Belastende Emotionen tragen für den Autoren zu einem großen Teil zur Symptomatik bei psychischen Problemen bei und sind andererseits eine wichtige Triebfeder verschiedener Arten problematischen Bewältigungs- bzw. Vermeidungsverhaltens. Benannt werden anschließend kurz die zugrunde liegenden theoretischen Modelle.

Der Autor betont zudem, dass mit dem Begriff der Emotionsregulation nicht gemeint ist, dass Emotionen „herunterreguliert“ werden, sondern dass es im Gegenteil darum geht, belastende Emotionen achtsam und mit Akzeptanz wahrzunehmen, um deren Informationsgehalt hinsichtlich eigener Bedürfnisse zu nutzen (S. 5). Der Aufbau der emotionsregulierenden Kompetenzen kann unterstützend bei der Vermeidung oder Bekämpfung schmerzhafter, jedoch adaptiver Emotionen ebenso wirken wie bei einer Reduzierung von problematischem impulsivem Verhalten.

Mit dem Kartenset kann, so der Autor, sowohl im Einzelsetting als auch mit Gruppen gearbeitet werden. Der Einsatz der Karten ist nicht auf den Bereich der Psychotherapie begrenzt, sondern kann auch in anderen psychosozialen Kontexten gut eingesetzt werden.

Im zweiten Kapitel: Inhaltliche Struktur des Kartensets benennt der Autor grundlegende Informationen zu den sieben Modulen

Modul 1: Psychoedukation (Reflexion des eigenen emotionalen Erlebens und die Erarbeitung eines emotionsbezogenen Vokabulars, um die eigenen Emotionen differenziert wahrzunehmen, zu beschreiben und zu benennen).

Modul 2: Emotionskarten (Informationen über angenehme und unangenehme Emotionen)

Modul 3: Emotionen und Bedürfnisse analysieren und verstehen (Informationen zu zentralen psychischen Bedürfnissen und Techniken zur Analyse des Bedürfnishintergrundes)

Modul 4: Emotionsbezogene Stressregulation (Informationen zum Zusammenhang zwischen Emotionen und emotionsbezogenen Stress und über Fertigkeiten zur Bewältigung emotionaler Krisen. Zudem werden Entspannungstechniken vermittelt.)

Modul 5: Achtsamkeit, Akzeptanz und Selbstmitgefühl (Achtsamkeit ermöglicht sich den Emotionen konzentriert zuzuwenden, Akzeptanz erlaubt, bei einer Emotion zu verweilen, Selbstmitgefühl schützt vor Selbstabwertung und überzogenen Selbstanforderungen)

Modul 6: Emotionsregulation durch Veränderung von Gedanken (Möglichkeiten der Veränderung von Emotionen mithilfe kognitiver Techniken)

Modul 7: Emotionsregulation durch Verhaltensänderung die Vermittlung von Techniken, mit denen das eigene Verhalten hinsichtlich der individuellen Bedürfnisse, deren Wirkungen auf andere Menschen sowie seiner Adaptivität untersucht werden)

Im dritten Kapitel Therapeutisches Arbeiten mit den Karten wird thematisiert, in welchen Kontexten und wie die Karten eingesetzt werden können. Die Karten können einzeln oder kombiniert genutzt werden. Schwerpunkte liegen in der Erlebnisorientierung, wenn beispielsweise gefragt wird: „Was empfinden Sie, wenn Sie dieses Bild betrachten?“, oder auch impulsgebend. Beim Emotions-Quiz oder bei den Karten mit dem Schwerpunkt Bewältigungsstrategien, werden die jeweiligen Karten mit der Bildseite nach oben auf dem Tisch ausgelegt. Diese sollen von den Patienten benannt und charakterisiert werden. Als Hausaufgabe können die Karten mit nach Hause gegeben oder mit dem Smartphone abfotografiert werden.

Die 75 Karten werden im vierten Kapitel in Überblick vorgestellt. Beispielhaft werden im Folgenden einzelne Karten vorgestellt:

Modul 1: Psychoedukation, hier das Kartenset Bewältigungsstrategien (bestehend aus den Karten 11-14) beruht auf dem Konzept der oftmals maladaptiven Bewältigungsstile Vermeiden, Erdulden und Überkompensieren. Auf den Karten werden problematische Bewältigungsstrategien vorgestellt, wobei auf jeder Karte die Funktionsweisen, die kurzfristigen vor- und sowie die langfristigen Nachteile der jeweiligen Strategie benannt werden. Zudem erhalten die Karten ein kurzes Fallbeispiel, in dem die Problematik illustriert wird.

Im Modul 3: Emotionen und Bedürfnisse analysieren und verstehen bietet das Kartenset Bedürfniskarten in Anlehnung an das Bedürfniskonzept von Grawe beispielhaft vier Steckbriefe zu den Bedürfnissen Bindung und Nähe, Sicherheit und Kontrolle, Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz sowie Lustgewinn und Unlustvermeidung.

Im Modul 7: Emotionsregulation durch Verhaltensänderung wird mit der Karte 73 eine Stopp-Technik vermittelt.

Im fünften Kapitel werden Vorschläge zur Kombination der Therapiekarten in Übersichtstabellen aufgeführt. Abschließend finden sich im sechsten Kapitel die Literaturangaben und im siebten der Bildnachweis.

Diskussion

Der Autor ermöglicht mit den Karten ein kreatives Bearbeiten für viele psychosoziale Arbeitsfelder und Störungsbilder. Die Karten sind anregend und liebevoll gestaltet. Der vorgegebene rote Faden das Fokussieren auf wichtige Aspekte unterstützt ein zielführendes Arbeiten. Viele der der vorliegenden Übungen sind aus verschiedenen Bereichen und Therapieformen bekannt, werden hier aber noch einmal beschrieben und mit jeweils einem schönen Foto versehen.

Gunnar Eismann gibt viele wertvolle Anregungen für die Psychotherapie und Arbeitsfelder der psychosozialen Beratung. Sehr gut eingesetzt werden können die Karten insbesondere bei Menschen mit Mentalisierungsstörungen und traumatisierten Personen.

Das Kartenset lässt sich unseres Erachtens auch im Paarkontext, in Familiengesprächen und in Weiterbildungen in verschiedenen theoretischen und methodischen Kontexten gut nutzen. Beachtet werden sollte, dass der jeweilige individuelle Einsatz der Übungen mit den Patient*innen/Klient*innen partizipativ abgesprochen wird, da die Adressaten beispielsweise häufiger aus Klinikbehandlungen berichten, sie hätten an Übungen teilgenommen, ohne das verdeutlicht worden sei, „was dies soll“.

Fazit

Der Einsatz dieses Kartensets kann Berater*innen und Therapeut*innen als ein nützliches Medium empfohlen werden. Es unterstützt Klient*innen und Patient*innen beim Umgang mit ihren Emotionen. Ein Vorteil ist die große Flexibilität beim Einsatz der Karten, sie lassen sich je nach den aktuellen Anforderungen gezielt auswählen. Gleichzeitig verhindert jedoch die Übersichtlichkeit des Buches, dass der rote Faden in der Emotionsarbeit verloren geht. Insgesamt kann das Kartenset von Eismann für die Beratung und Therapie empfohlen werden.

Rezension von
Prof. Dr. rer. pol. Jürgen Beushausen
studierte Soziale Arbeit und Erziehungswissenschaft und absolvierte Ausbildungen als Familientherapeut und Traumatherapeut und arbeitet ab 2021 als Studiendekan im Masterstudiengang „Psychosoziale Beratung in Sozialer Arbeit“ an der DIPLOMA Hochschule
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Gina Beushausen
Diplomsozialpädagogin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, Supervisorin, Beraterin der evangelischen Kirche für Menschen, die von sexueller Gewalt im kirchlichen Kontext betroffen sind.

Es gibt 73 Rezensionen von Jürgen Beushausen.
Es gibt 3 Rezensionen von Gina Beushausen.


Zitiervorschlag
Jürgen Beushausen, Gina Beushausen. Rezension vom 01.12.2021 zu: Gunnar Eismann: Emotionsregulation. 75 Therapiekarten. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2021. Kartenset mit 75 Karten. Mit 36-seitigem Booklet in hochwertiger Klappkassette, Kartenformat 16,5 x 24 cm EAN 401-917210018-6. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/28949.php, Datum des Zugriffs 26.01.2025.


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