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Marianne Merkt: Hochschulbildung und Hochschuldidaktik

Rezensiert von Prof. Dr. Irmgard Schroll-Decker, 09.03.2022

Cover Marianne Merkt: Hochschulbildung und Hochschuldidaktik ISBN 978-3-7639-6311-9

Marianne Merkt: Hochschulbildung und Hochschuldidaktik. Entwicklung eines theoretischen Rahmenmodells. wbv (Bielefeld) 2021. 204 Seiten. ISBN 978-3-7639-6311-9. D: 39,90 EUR, A: 39,90 EUR.

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Entstehungshintergrund und Thema

Mit dieser Monografie legt die Autorin ein Rahmenmodell von Hochschulbildung und Hochschuldidaktik vor, in welches die Extraktionen ihrer theoretischen Beschäftigung, ihre jahrelange Arbeit in einer Fachgesellschaft sowie die eigenen Erfahrungen in der Hochschullehre einfließen.

Verfasserin

Prof. Dr. Marianne Merkt ist Leiterin des Zentrums für Hochschuldidaktik und angewandte Hochschulforschung (ZHH) an der Hochschule Magdeburg Stendal. Von 2019 bis März 2022 untersucht sie in einem vom BMBF geförderten Projekt Berufsrollen und Berufsentwicklungen in der Hochschuldidaktik. Von 2011 bis 2020 war sie Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd).

Aufbau und Inhalt

Das Buch gliedert sich in drei unterschiedlich umfangreiche Teile mit insgesamt neun Kapiteln. Der Einleitung ist eine Danksagung an die impulsgebenden akademischen Lehrpersonen und die Wegbegleiter:innen der Verfasserin vorangestellt.

1. Einleitung (S. 11–18)

Die Einleitung beginnt mit einem „Vorwort“ (S. 11–13), der Darstellung von „Anlass und Ziel der Arbeit“ (S. 14–16) und einem „Überblick über das Vorgehen“ (S. 16–18) in den drei Teilen und den Kapiteln.

Teil I Hochschulbildung und Hochschuldidaktik

2. Hochschulbildung im Kontext der Bologna-Reform (S. 21–42)

Merkt ordnet einleitend die deutsche Studienstrukturreform in den europäischen Kontext ein. Als sich 1999 Ministerien von 29 Ländern mit der sog. Bologna-Erklärung zur Etablierung eines europäischen Hochschulraums verständigten, wurde intendiert, das wirtschaftliche und bildungspolitische Potenzial der europäischen Mitgliedstaaten zu stärken. Mobilität, lebenslanges Lernen, die Rolle der Hochschulen als aktive Gestalter der Gesellschaft, Beschäftigungsfähigkeit und ein studierendenzentriertes Lernen wurden zu Schlagworten der ersten zehn Jahre. Darüber hinaus deckt die Verfasserin den Außendruck auf die beteiligten Staaten auf und verweist auf „Mechanismen und Funktionsweisen von Studienstrukturreformen des Bologna-Prozesses“ (S. 26). Neu entstandene Entscheidungsgruppen hätten den Prozess der Entgrenzung der Hochschulpolitik vorangetrieben, die Koordination und Transparenz von Beteiligung hätte aber darunter gelitten. Merkt rekurriert zudem auf eine Empfehlung des Wissenschaftsrates aus den 1960er Jahren, die bereits ein zweistufiges System enthielt, mit der u.a. Jürgen Habermas eine bildungspolitische Debatte begonnen hat, in der er in besonderer Weise den Verlust der Bildung durch Wissenschaft und des Studium Generale sowie einer ausgedünnten Förderung von Urteilsfähigkeit und Reflexion beklagte. Im Folgenden präsentiert die Autorin empirisch gesicherte „Befunde zu Problemfeldern der Hochschulbildung nach Einführung der Bologna-Studienstrukturen“ (S. 30), zu denen Verschulung, ein formal dominiertes Prüfungswesen und ein hoher Workload zählen. Studien weisen nach, dass die Studierenden eine Verdichtung und Verregelung des Studiums wahrnehmen, die ein selbstständiges Studium und Freiräume für eigene Interessen erschweren. Hinsichtlich der sozialen Selektivität führt Merkt Forschungsergebnisse an, die die Relevanz der Fachkultur, individueller und studiengangs- und studienortspezifischer Faktoren in einer komplexen Wechselwirkung nachweisen. Mit dem Qualitätspakt Lehre (QPL) hat das BMBF von 2011 bis 2020 Hochschulen gefördert: Neue Lehr-Lern-Konzepte und innovative Studienmodelle wurden entwickelt, das Personal qualifiziert, die Studieneingangsphase, die Employability, der Praxisbezug und die Durchlässigkeit wurden verbessert und Maßnahmen zur Qualitätssicherung durchgeführt. Aufgrund der Vielzahl an Projekten hat sich das Bewusstsein für die Hochschuldidaktik – gemessen an der Anzahl der Mitglieder in der dghd – geschärft. Es fehlt jedoch an einer systematischen Erforschung und Systematisierung der Erkenntnisse zu den verflochtenen Wirkfaktoren.

3. Lernendenzentrierung als hochschuldidaktisches Paradigma (S. 43–57)

Die Programmziele des QPL bestanden darin, die Hochschulen mit vom Bund gefördertem Personal für Lehre, Betreuung und Beratung auszustatten, das vorhandene Personal zu qualifizieren sowie eine qualitativ hochwertige Hochschullehre anzubieten. Lehre sollte stärker auf die Bedürfnisse der Lernenden ausgerichtet werden. Dabei gestaltete sich die Ausgangslage hinsichtlich des Rahmens für das Lehr-Lernhandeln disziplinspezifisch sehr unterschiedlich, zumal das angeworbene Personal keine Fachvertreter:innen waren, sondern mit Hochschuldidaktik vertraut. Mit der Fokussierung der Lernendenzentrierung, ein Konzept das mit der Forderung nach forschendem Lernen an Hochschulen bereits einen Vorläufer hatte, wurde der „shift from teaching to learning“ proklamiert, verbunden mit z.T. naiven Annahmen darüber, dass ein Lehrstil, eine Lehrauffassung, eine Lehrhaltung, die eingebettet ist in Lehrprogramme, zu einer Veränderung im Lernstil der Studierenden führen würden. Merkt flicht die Veränderungen im beruflichen Selbstverständnis von Hochschuldidaktik seit den 1970er und -80er Jahren ein. Sie war als Wissenschaftsgebiet disziplinär nicht verankert, z.T. nur auf Personal- und Weiterbildung beschränkt und in der Außenwahrnehmung sehr diffus. Mit dem dynamischen Stellenaufwuchs im Zeitraum von 2010 bis 2020 hat sich das Profil der Hochschuldidaktik geschärft. Es entstand ein Diskurs zur hochschuldidaktischen Professionalisierung und deren Rahmenbedingungen. Daraus leitet die Autorin ihre Forschungsfragestellung ab: Wenn Studium und Hochschullehre in ihrer Qualität entwickelt werden wollen, muss geklärt sein, welche „Grundkategorien“ (S. 57) Hochschulbildung definieren, wie in der Bildungsinstitution Hochschule „Mechanismen der Konstitution, Reproduktion und Transformation“ (S. 57) von Bildung theoretisch beschrieben werden können und welche Konsequenzen sich daraus für die Hochschuldidaktik ergeben.

Teil II Entwicklung des theoretischen Rahmenmodells der Hochschulbildung

4. Kategoriale Bestimmung des Begriffs Hochschulbildung (S. 61–96)

Das Kapitel beginnt mit dem professionstheoretischen und organisationspädagogischen Rahmen hochschuldidaktischen Handelns in der Hochschule. Merkt identifiziert die Folgen des Bologna-Prozesses als Krise der Hochschulbildung, die von dem durch den Qualitätspakt neu entstandenen „Third Space“ bearbeitet werden soll. Berufsverbände und Professionen sind dabei, den Zentralwertbezug von Hochschullehre zu profilieren. Zudem lässt der Educational Government Ansatz zu, dass sich Hochschuldidaktik als eigener Akteur in der Organisation Hochschule einbringen und Qualität auf der Meso- und Mikroebene mitgestalten kann. Mit der grundlagentheoretischen Verortung des Rahmenmodells sind Antworten zu geben auf die Anforderung, dass es sich a) bei den studentischen Lern- und Bildungsprozessen um institutionalisiertes Lernen handelt, die b) vom Rahmen Hochschule mit ihren alltäglichen Praktiken geformt sind, c) von fachkulturellen und studiengangspezifischen Faktoren beeinflusst werden und d) soziale sowie Fachkultur die Lernumgebung von Studierenden konstituieren, reproduzieren und verändern. Ihre Ausführungen zum humanistischen Bildungsbegriff beginnt Merkt mit zwei philosophischen Perspektiven von Hochschulbildung, nämlich dem Konzept der Authentizität von Julian Nida-Rümelin und dem Konzept der transformatorischen Bildung von Hans-Christoph Koller. Beide Ansätze werden einer kritischen Betrachtung unterzogen, bevor schließlich der „kritisch-reflexive Bildungsbegriff der Erwachsenenbildung“ (S. 87) dargestellt wird. Bei der Erklärung des Lernhandelns der Studierenden greift die Verfasserin das Erklärungsmodell von Klaus Holzkamp auf, der eine Diskrepanzerfahrung als Ausgangspunkt von Lernen begreift, welches expansiv sein kann oder aber defensiv ist – wenn es dazu dient, eine Bedrohung (Gefährdung des Erfolgs oder Misserfolg in Prüfungen) abzuwehren. Studentisches Lernen ist, so die Autorin, ein Bildungs- und Sozialisationsprozess, wie eine großangelegte Studie der Senatskommission der DFG für Hochschuldidaktik nachgewiesen hat. Es gehört zur Lebenswelt der Studierenden und ist identitätsbildend. Abschließend fasst Merkt die „Ergebnisse der kategorialen Bestimmung der Hochschulbildung“ (S. 93) zusammen.

5. Das Studium als sozialer und kultureller Raum studentischer Lern- und Bildungsprozesse (S. 97–113)

Ausgehend von einem über 35 Jahre alten Thesenpapier zur hochschulischen Sozialisation zeigt die Autorin die dilemmatischen Strukturen auf, auf welche Studierende mit ihrem Eintritt in den Studienbetrieb treffen und die sie – je nach ihrer eigenen Habitualisierung – bewältigen müssen. Zur Erläuterung greift Merkt auf das Habituskonzept von Pierre Bourdieu und die Theorie des pädagogischen Codes von Basil Bernstein zurück. Während des Studiums eine akademische Kompetenz aufzubauen, bedeutet eine fachliche Handlungskompetenz zu erwerben und diese reflektieren zu können und darüber hinaus auch die Studienanforderungen an sich kritisch im Auge zu behalten. Die Ausgestaltung des Prozesses hängt mit der Kapitalausstattung der Studierenden eng zusammen. Die fachspezifische Habitualisierung geschieht über die disziplinäre Fachkultur, die Reflexionsfähigkeit entwickelt sich idealerweise mit der Fachkultur, sofern diese dazu anregt, im fortgeschrittenen Stadium die Geltungsbedingungen der eigenen Erkenntnis und die Rückbindung an die Gesellschaft zu hinterfragen. Dem Modell der Kulturkreise folgend werden Studierende beim Übergang von ihrer Herkunftskultur mit der akademischen und Fachkultur und der studentischen Kultur als Kräftefelder konfrontiert, aus der sich die antizipierte Berufskultur ergibt. Eine Verbindung der studentischen mit der Herkunftskultur wirkt sich förderlich auf die Lernmotivation aus. Ebenso kann die Reflexion der fremdbestimmten Lerninhalte und der Lernbedingungen wesentlich das mündige Lernen beeinflussen.

6. Soziale Felder als gesellschaftlich vermittelte Bedeutungsanordnungen in Studienstrukturen (S. 115–131)

Unter Rückgriff auf Klaus Holzkamp können Studienstrukturen als Lernstätten angesehen werden, in denen bestimmte „sachlich-soziale Bedeutungsstrukturen“ (S. 176) als mikrostruktureller Ausdruck gesamtgesellschaftlicher Gegebenheiten auftreten, das hochschulische Vermittlungssystem charakterisieren und Grundlage für das subjektive Lernen sind. Anhand der Wissenschaftssprache als Element der Fachkultur, welche die Studierenden inklusive der damit einhergehenden Regeln erlernen müssen, um „mitspielen“ zu können, verdeutlicht die Verfasserin die „fachwissenschaftliche Bedeutungsanordnung“ (S. 119). Der fachkulturelle Vermittlungsprozess, also wie Wissen ausgewählt und weitergegeben wird, sind nach Merkt maßgeblich von äußeren (Akkreditierungsgesellschaften, Berufsverbände) und inneren (Hochschullehrende, Curriculum, Prüfungssystem) Rekontextualisierungsfeldern abhängig. In Abhängigkeit von der Kombination aus einer jeweils starken oder schwachen Ausprägung des Einflusses von äußeren und inneren Kräften, ergeben sich daraus stark stabilisierende oder änderbare Gegebenheiten. Mit der Einführung des gestuften Systems im Zuge der Bologna-Reform haben äußere Rekontextualisierungsfaktoren an Einfluss gewonnen (z.B. Ausrichtung auf Employability). Bei zunehmender Heterogenität der Studierenden und einer eher gleichbleibenden Fachkultur ist zu erwarten, dass die studentische Herkunftskultur an Bedeutung verliert, Curriculum, Prüfungssystem und Diskurspraktiken von Fachkulturen dagegen gesetzt sind.

7. Machtkonstellationen und Widerspruchsverhältnisse in Studienstrukturen (S. 133–150)

Zu Beginn fasst die Autorin zusammen, wodurch das Lehr- und Lernhandeln von Lehrenden und Studierenden in der sozialen Interaktion charakterisiert ist und wie sich die „sozialen Strukturen auf der Akteursebene von Studiengängen und Hochschulen“ (S. 133) gestalten. Die zwei Ebenen sind von Widersprüchen gekennzeichnet, die im Studium bewältigt werden müssen. Im Anschluss daran expliziert Merkt die in Studiengängen und Hochschulen inkorporierte Macht und greift in ihrer Erklärung auf die Machtbegriffe von Klaus Holzkamp, Pierre Bourdieu und Anthony Giddens zurück. So folgen die Lehrformen (seminaristischer Unterricht, Praktikum, Übung) des Studiums bestimmten Handlungsmustern, die wechselseitige Erwartungen von Rollen festlegen und Routine verleihen. In Modulbeschreibungen geronnene Vorgaben z.B. zu den Semesterwochenstunden oder Prüfungsleistungen machen ein Abweichen nicht ohne weitere Konsequenzen möglich. Solche Bedingungen gewährleisten Studierenden die Zielerreichung und Handlungssicherheit für das institutionelle Lernen. Verhindern die Strukturen das expansive Lernen der Studierenden, entsteht ein Handlungsproblem, welches individuell reflexiv analysiert werden kann, aber auch die beteiligten Akteure zu einer reflexiven Steuerung des Studiums animieren kann.

Teil III Theoretisches Rahmenmodell der Hochschulbildung als Grundlage für die Hochschuldidaktik

8. Grundkategorien der Hochschulbildung (S. 151–180)

Die Forschungsfragen aus Kapitel 3 beantwortet Merkt mit den Erörterungen der Kapitel 4 bis 7. Sie unterteilt die Grundkategorien in 1) zielspezifische Kategorien der Hochschulbildung, die sowohl aus Sicht der Wissenschaft (z.B. wissenschaftliche Haltung, Spitzenforschung) als auch aus Sicht der Praxis (z.B. Professionalität, Orientierung am Gemeinwohl) normativ-theoretisch begründet sind. Es lassen sich philosophisch begründete und mit Transformationsprozessen begründete Kategorien einer humanistischen Hochschulbildung sowie „Kategorien der kritisch-reflexiven Erwachsenenbildung“ (S. 155) unterscheiden. Mit den 2) prozessspezifischen Kategorien der Hochschulbildung wird definiert, wie der Weg des Lernens bei den Studierenden verlaufen soll. Die Autorin verortet „Lernhandeln in gesellschaftlichen Widerspruchsverhältnissen und Machtkonstellationen“ (S. 158) und fasst zusammen, unter welchen Umständen sich expansives und defensives Lernen einstellen. Sie bettet das studentische Lernen in die Bildungs- und Sozialisationsprozesse ein, die geprägt sind von fachkulturellen und akademischen Habitualisierungen. Die 3) systemspezifischen Kategorien umfassen die aus soziologischer Sicht zu erklärenden sozialen Ordnungen, die Hochschulbildung beeinflussen: es sind z.B. symbolische Ordnungen, die selbst auch Veränderungen unterliegen (wie z.B. der Grad an Souveränität), die Wissenschaftssprache und deren Veränderungen sowie die strukturelle Macht und die reflexive Steuerung unbeabsichtigter Handlungsfolgen.

9. Konsequenzen für eine professionalisierte Hochschuldidaktik (S. 181–188)

Aus den vorangegangenen Analysen extrahiert Merkt den Ansatz der pädagogischen Professionalität und einen organisationspädagogischen Ansatz, um Hochschuldidaktik kollektiv zu professionalisieren und ihre „Funktion in Hochschulen als Bildungsorganisationen“ (S. 181) zu begründen. Dafür verweist sie auf a) Professionalisierung durch die hochschulpolitischen Förderprogramme und b) die bildungstheoretische Rückbindung von Hochschullehre mit Fokussierung auf die Lernendenzentrierung. Die kollektive Professionalisierung von Hochschuldidaktik wurde u.a. mit der Gemeinwohlorientierung vorangetrieben, wie sie sich z.B. im beruflichen Selbstverständnis von Fachgesellschaften oder institutionell in Leitbildern für gute Lehre ausdrückt und entsprechend die Hochschule als „Ort reflexiver Bildungsarbeit“ (S. 184) werden lässt. Das Rahmenmodell der Hochschulbildung habe nach Merkt das Ziel, Hochschuldidaktik sowohl auf individueller als auch auf organisationaler Ebene in den Fokus zu nehmen und zu stärken, wofür sie in jeder Hinsicht einen forschungsmethodischen Entwicklungsbedarf ausweist. Abschließend empfiehlt die Autorin, die Kategorien des Rahmenmodells als Basis für empirische Untersuchungen zu nehmen und die Erkenntnislage zu untermauern.

Diskussion

Die Monografie ist ausgesprochen stringent in der theoretischen Ableitung, der schrittweisen Vorgehensweise und der Argumentation. An jeder Stelle wird dem/der Leser:in vermittelt, welcher Schritt zu welcher Erkenntnis geführt hat, welche Querverweise sich ergeben, wie sich die Resultate in welcher Weise weiterverwerten lassen und welche Herleitung/​Folgerung als Nächstes eintreten wird. Jedes Kapitel wird zudem mit einer Zusammenfassung eingeleitet. Die Fragestellung wird am Ende von Teil I deutlich formuliert und in Teil III systematisch beantwortet.

Gerade mit ihrer Einordnung von singulären Aktivitäten in die Entstehungsgeschichte der Hochschuldidaktik, das Aufzeigen der verschiedenen Strömungen, Einschnitten, aber auch von markanten Positionen sowie die Rezeption der entsprechenden empirischen Studien bereitet die Autorin auch den Boden für ein Verständnis der Eigenständigkeit dieser Vermittlung und Aneignung an Hochschulen. Die Monografie zeigt eine Tiefe der Begründung des Rahmenmodells ohne dabei die Breite des Feldes und die Vielfalt der disziplinären Zugänge zu vernachlässigen.

Merkt legt ein bildungstheoretisch begründetes Rahmenmodell für eine Hochschuldidaktik vor. Sie bezieht Position, ohne sich gegen Entwicklung zu wehren oder zu polarisieren. Andere Auffassungen bezieht sie mit ein, hinterfragt sie und gibt zuhauf Beispiele dafür, wie gewinnbringend es ist, das individuelle Handeln, die Strukturen und das System zu analysieren, zu verstehen und zu reflektieren. Sie spricht sich implizit für die kritische Distanz gegenüber Fach-, Studien- oder Institutionenkulturen als Ziel von Studienorganisation und -motivation aus und verweist Verschulung oder Beschäftigungsfähigkeit auf ihre Plätze.

Fazit

Wenn sich Hochschullehrende professionell damit befassen, was sie interaktiv tun und was sie in Studiengängen organisieren und dabei ihre Folgen für die Adressat:innen bedenken bzw. diese in das Zentrum ihrer Überlegungen stellen, könnte dies als Selbstverständlichkeit erachtet werden. Diese Monografie zeigt, dass das vorgelegte Modell einen Anfang macht, an dem sich weitere Ansätze abarbeiten können und weitere Studien zum Gegenstand folgen sollten, um die Komplexität der involvierten Faktoren noch intensiver ausleuchten zu können. Die an Hochschulbildung beteiligten Akteure sollten es sich Wert sein, insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden Herausforderungen für die Adressat:innen.

Rezension von
Prof. Dr. Irmgard Schroll-Decker
Lehrgebiete Sozialmanagement und Bildungsarbeit an der Fakultät Sozial- und Gesundheitswissenschaften der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg
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Es gibt 84 Rezensionen von Irmgard Schroll-Decker.

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ISSN 2190-9245