Daniel Beverungen, Jan Hendrik Schumann et al. (Hrsg.): Dienstleistungsinnovationen durch Digitalisierung
Rezensiert von Prof. Dr. Paul Brandl, 05.01.2022
Daniel Beverungen, Jan Hendrik Schumann, Volker Strich, Giuseppe Strina (Hrsg.): Dienstleistungsinnovationen durch Digitalisierung. Band 2: Prozesse – Transformation – Wertschöpfungsnetzwerke. Springer (Berlin) 2021. 531 Seiten. ISBN 978-3-662-63098-3. D: 70,08 EUR, A: 77,09 EUR, CH: 83,00 sFr.
Die HerausgeberInnen
Daniel Beverungen hat den Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik insb. Betriebliche Informationssysteme an der Universität Paderborn.
Jan Hendrik Schumann hat den Lehrstuhl für Marketing und Innovation an der Universität Passau, Passau.
Volker Stich ist Geschäftsführer des FIR e.V. an der RWTH Aachen.
Giuseppe Strina hat den Lehrstuhl für BWL insb. Dienstleistungsentwicklung in KMU und Handwerk an der Universität Siegen.
Und weitere über 50 AutorInnen aus Forschung, Wissenschaft und Praxis.
Thema und Zielsetzung
Während der erste Band den Schwerpunkt auf die angewandten Methoden und Geschäftsmodelle legt, stellt dieser zweite Band zahlreiche Beispiele vor, mit denen Dienstleistungsinnovationen durch den Einsatz digitaler Technologien erfolgreich gestaltet und umgesetzt werden konnten/können. Ein Schwerpunkt des zweiten Bandes sind neue Methoden für die digitale Transformation von Dienstleistungsprozessen in der Industrie, Logistik und Gesundheitsbranche. Das Buch stellt dabei auch besondere Herausforderungen und Lösungen für die digitale Transformation kleiner und mittlerer Unternehmen vor und zeigt, wie dort neue Geschäftsmodelle umgeseSozialwirtschaft neue Perspektive auf neue Kooperationsformen in Wertschöpfungsnetzwerken dar. Zahlreiche Umsetzungsbeispiele zeigen praxisnah auf, wie Unternehmen digitale Geschäftsmodelle selbst entwickeln, neue Methoden sicher anwenden und Dienstleistungsinnovationen erfolgreich realisieren können.
Inhaltlicher Überblick
In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung machen Dienstleistungen mit gut zwei Dritteln den überwiegenden Anteil der betrieblichen Wertschöpfung in Deutschland aus und sind somit prägend für die Beschäftigung und den Wohlstand in unserem Land. Dabei werden viele Dienstleistungen, die in der industriellen Produktion, im Bauwesen und in der Landwirtschaft erbracht werden, tatsächlich anderen Sektoren zugerechnet. Die Wertschöpfung mit Dienstleistungen ist – insbesondere in Zeiten der Pandemie – von grundlegenden Veränderungsprozessen durch digitale Technologien geprägt, die unter dem Thema „Digitale Transformation“ diskutiert werden. Digitale Technologien, besonders Informationssysteme, verändern betriebliche Wertschöpfungsprozesse und -strukturen, transformieren die Interaktion zwischen Unternehmen sowie deren KundInnen, ermöglichen datengetriebene Innovationen durch Verfahren des Maschinellen Lernens sowie der Künstlichen Intelligenz und ermöglichen interaktive Wertschöpfungsszenarien auf Grundlage von digital vernetzten Produkten. Aufgrund rekombinanter Innovationsmechanismen nimmt die Veränderungsgeschwindigkeit weiter zu und schafft neue Möglichkeiten für Menschen, Unternehmen und unsere Gesellschaft als Ganzes. Ebenso entwertet sie aber auch tradierte Geschäftsmodelle, Prozesse und Wertschöpfungsarchitekturen – und bedroht so gleichzeitig den Erfolg bzw. auch den Fortbestand bisher etablierter Konzepte. Es gilt die Potenziale digitaler Technologien zum Fortschritt und Nutzen der betrieblichen Wertschöpfung einzusetzen, aber noch mehr für unsere Gesellschaft insgesamt nutzbar zu machen. Dabei ist auch auf die Nebenwirkungen zu achten und sind die schädlichen Auswirkungen der Digitalisierung abzuschwächen oder zumindest in geordnete Bahnen zu lenken. Der Entwicklung und Umsetzung von Dienstleistungsinnovationen kommt aufgrund ihrer besonderen gesellschaftlichen Relevanz eine Schlüsselfunktion zu. Insbesondere müssen wir (informations-)technische Innovationen in den sozio-technischen Bezugsrahmen von Organisationen stellen, um soziale und betriebliche Strukturen zum Positiven zu verändern. Im vorliegenden zweiten Band werden die Ergebnisse von elf Forschungskonsortien mit Hilfe dreier Leitmotive vorgestellt:
- Inwiefern ermöglicht die Digitalisierung und die Digitale Transformation neue Dienstleistungsprozesse?
- Wie können kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) Dienstleistungsinnovationen erfolgreich umsetzen?
- Inwiefern tragen Plattformen zur Bildung digitaler Wertschöpfungsnetzwerke bei?
Die Nutzenpotenziale neuer Dienstleistungen und digitaler Technologien sollen entlang dieser Fragen sichtbarer werden und anderen Unternehmen eine konkrete Umsetzungshilfe, Leitbilder und Methoden an die Hand geben, um Dienstleistungsinnovationen mit Digitalisierung erfolgreich selbst umzusetzen.
Teil 1: Digitalisierung und Digitale Transformation von Dienstleistungsprozessen Als ein Teilergebnis des Begleitforschungsprojekts der Förderlinie „DIGIVATION“ stellen die Autoren die Entwicklung und das Management digitaler Dienstleistungssysteme in den größeren Bedeutungszusammenhang der Digitalen Transformation. Betont wird die Wichtigkeit, aber auch die Herausforderung der Innovation und Veränderung von Geschäftsprozessen im Zuge der Digitalen Transformation von Geschäftsmodellen. Mit dem Standard DIN SPEC 33453 zur Entwicklung digitaler Dienstleistungssysteme steht ein Instrumentarium zur Verfügung, das die Analyse, die Entwicklung und die Transformation digitaler Dienstleistungssysteme in Unternehmen methodisch sicher und agil anleitet. Dabei fehlen Methoden, mit denen Innovationen in den betrieblichen Alltag integriert werden können. Auch können Abweichungen bei der Leistungserstellung zur Verbesserung von Dienstleistungsprozessen eingesetzt werden. Abschließend wird die Zusammenfassung der Entwicklung und des Managements digitaler Dienstleistungssysteme in einen ganzheitlichen Bezugsrahmen dargestellt.
Im zweiten Projekt „ProDiS – Prozessinnovation durch digitale Dienstleistungen für den Hafen der Zukunft“ fokussierte man auf das Verbesserungspotenzial durch digitale Dienstleistungen in der maritimen Logistikkette. Die Autoren stellen hier eine iterative und reifegradorientierte Methode für die Entwicklung digitaler Dienstleistungen vor. Die Methode kombiniert bestehende Ansätze und Methoden des Service-Engineerings und erweitert sie um einen iterativen Verbesserungsprozess sowie um ein Reifegradmodell. Die Autoren berichten, wie die entwickelte Methode auf zwei Anwendungsfälle in der maritimen Logistik angewandt wurde und dabei auch die Bedürfnisse bisher weniger stark digitalisierter Unternehmen in der maritimen Logistik berücksichtigt werden können. Exemplarisch wird die Anwendung der Methode zur Digitalisierung der Containerlogistik und der Projektlogistik demonstriert.
Auch im nächsten Beitrag steht die Digitale Transformation von Prozessen in der Logistik im Mittelpunkt. Im Rahmen des Projekts „GLASSHOUSE – Smart Glasses zur Unterstützung von Logistikdienstleistungen“ wurde untersucht, welche Nutzenpotenziale digitale Datenbrillen, sog. Smart Glasses, für die Unterstützung von Logistikdienstleistern bereithalten. Ihr Ziel bestand darin, die gesamte Wertschöpfungskette in der Logistik mit Hilfe von Smart Glasses zu digitalisieren, um erste Erfolge der Digitalisierung für die Kommissionierung in Lagern zu einer Gesamtlösung für die Logistikprozesse auszubauen. Im Artikel werden zunächst die ermittelten Anforderungen, im Sinne eines gestaltungsorientierten Vorgehens dargestellt, aber auch Use Cases, Architekturen, Implementierungen, Designprinzipien und Vorgehensmodelle entwickelt sowie Entwicklungsperspektiven der Einführung von Smart Glasses diskutiert. Der Beitrag enthält auch neue Erkenntnisse zur Gestaltung und zum Einsatz tragbarer digitaler Alltagsgegenstände, sog. Wearables, in digitalen Dienstleistungssystemen und stellt weitere Ansätze für die erfolgreiche Transformation von Geschäftsprozessen vor.
Einen thematisch verwandten Lösungsansatz aus dem Projekt „ARinFLEX – Unterstützung der Ausführung von flexiblen Dienstleistungsprozessen durch Augmented Reality“ stellen die Autoren im nächsten Kapitel vor. In den zunächst sehr unterschiedlich anmutenden Anwendungsbereichen Industrie und Pflege hat das Projektteam untersucht, inwiefern Dienstleistungsprozesse mittels Augmented Reality (AR) unterstützt werden können. In Pilotierungsprojekten in der Industrie, im Handwerk und in der Pflege sammelten sie Erkenntnisse zur Konzeption, Implementierung, und zum Nutzerverhalten in den dort prototypisch transformierten Dienstleistungsprozessen. Eine maßgebliche Rolle spielt hier das passive Vertrauen der Patienten in Technologie, vor allem im Hinblick auf die Handhabung besonders sensibler Daten. Abstrahiert von den konkreten Umsetzungsprojekten stellt der Artikel schließlich eine allgemeine Methode zur Zustandsbewertung und zur Digitalisierung von Dienstleistungen vor, die ein Digitalisierungsprojekt von der Projektinitiierung über die Entwicklung von Lösungen bis hin zur Implementierung flexibel und umfassend unterstützen kann.
Auch die Autoren aus dem Projekt „DiDiER – Digitalisierte Dienstleistungen im Bereich der Ernährungsberatung von Personengruppen mit erhöhten gesundheitlichen Risiken bei Fehlernährung“ befassten sich mit der Digitalisierung einer personenbezogenen Dienstleistung. Am Beispiel der Ernährungsberatung beschreiben sie, wie digitale und analoge Elemente im Beratungsprozess miteinander verzahnt werden können, um die Qualität der Beratungsdienstleistung zu verbessern. Kernergebnis des Projekts ist ein modulares Ernährungsmanagement-System, das durch digitale Workflows und die Anbindung von Datenbanken den Beratungsprozess unterstützt. Neben qualitativen Verbesserungen im Hinblick auf das Beratungsergebnis soll/kann durch die Verwendung digitaler Unterlagen zudem mehr Zeit für die direkte Interaktion mit den PatientInnen zur Verfügung stehen. Das Autorenteam berichtet zudem von der Evaluation der entwickelten Komponenten aus sozialer und technologischer Sicht. Damit wird das ökonomische Potenzial einer digital unterstützten Ernährungsberatung greifbarer. Die Projektergebnisse erinnern somit einmal mehr daran, dass digitale Dienstleistungssysteme nicht technische Absatzobjekte sind, sondern sozio-technische Systeme, in denen Menschen mit Hilfe von Technologien gemeinsam Wertschöpfung betreiben.
Teil 2: Innovation und Transformation in kleinen und mittleren Unternehmen Als weiteres Ergebnis des Begleitforschungsprojekts DIGIVATION berichten die Autoren, dass bei kleinen und mittleren Unternehmen in Bezug auf die Digitalisierung und Dienstleistungsinnovation noch immer ein hoher Transferbedarf besteht. Digitalisierung sollte als fortschreitender Transformationsprozess von Unternehmen verstanden werden. Dieser erfordert eine Kombination strategischer, organisatorischer und soziokultureller Veränderungen. Diese Transferlücke in KMU und Handwerksbetrieben gilt es zu schließen. Die dazu notwendigen Transferaktivitäten sollten gezielt erweitert werden, sodass man KMU und Handwerksbetriebe mit passgenauen Instrumenten und zielgruppengerechten Formaten adressieren kann.
Als Ergebnis des Projekts BigDieMo – Geschäftsmodelle 4.0 – Entwicklung eines methodischen Baukastens zur Gestaltung von Big Data Dienstleistungen stellen die AutorInnen die systematische Nutzung großer Datenmengen (Big Data) und die Anwendung statistischer Verfahren (Data-Analytics) vor. Sie zeigen, wie man zur Generierung eines neuen Wertversprechens für KundInnen beitragen kann. Im Projekt entwickelten die AutorInnen ein neues, modulares Workshop-Konzept für die systematische Gestaltung neuer datenbasierter Geschäftsmodelle, das in der Folge Unternehmen hinsichtlich einer systematischen Ausgestaltung datenbasierter Geschäftsmodelle anleiten soll. Es richtet sich insbesondere an kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die oft nicht über institutionalisierte Fähigkeiten zur Entwicklung von Dienstleistungsinnovation verfügen und daher die Potenziale datenbasierter Dienstleistungen kaum ausschöpfen (können). Der Beitrag fokussiert daher eine kritische Lücke im Fähigkeitsprofil vieler KMU und bietet konkrete Lösungsbausteine an.
Eine besondere Perspektive auf digitale Dienstleistungen in KMU nahm das Projekt CrowdServ – Gestaltung und Pilotierung von Crowd-basierten Dienstleistungen für Inkubatoren ein. Das Projekt unterstützte Start-ups bei der frühen Validierung ihres Geschäftsmodells. Die AutorInnen zeigen, dass es bislang keine Unterstützung gab, die den höchst unsicheren und komplexen Kontext von Start-ups in der Frühphase berücksichtigen konnte, obwohl die frühe Validierung des Geschäftsmodells eine existenzielle Aufgabe für Start-ups ist/wäre. Im Projekt entwickelte das Team daher einen Software-Prototypen sowie eine Reihe von Designprinzipien für ein sog. Hybrid-Intelligenz-Entscheidungsunterstützungssystem, das die komplementären Fähigkeiten menschlicher und maschineller Intelligenz kombiniert, um Geschäftsmodelle zu validieren. Der Artikel erweitert damit frühere Arbeiten zu Entscheidungsunterstützungssystemen für besonders unsichere Entscheidungsprobleme. Besonders hervorstechend ist hierbei die Darstellung und Zusammenführung der komplementären Stärken von Mensch und Maschine zu einer ein- heitlichen Methode.
Im Rahmen der Einführung von Ressourceplanungssystemen können sehr unterschiedliche Reifegrade für Digitalisierungsprojekte zu einer Überbelastung von Kapazitäten und abruptem Stress, zu unerwartet langen Einführungszeiten oder gar zum Projektabbruch führen. Im Projekt RegioFood Plus – Informationsmanagement der Zukunft in regionalen Lebensmittelketten entwickelten die AutorInnen daher den sog. RegioFood-Basis-Check sowie konkrete Handreichungen, die Unternehmen zur Einführung von Ressourceplanungs-Systemen befähigen sollen. Als eine besondere Herausforderung wird in diesem Zusammenhang die Eingrenzung des erforderlichen Funktionsumfangs des IT-Systems herausgearbeitet. Der Beitrag liefert hierfür mit dem RegioFood Plus ERP-Lastenheft eine Referenz für die Erfassungs- und Reporting-Funktionen eines ERP-Systems für Kleinunternehmen. Dieses Lastenheft kann als Referenz für die Anfertigung einer eigenen Ausschreibung verwendet werden und den immer komplexer werdenden Ausschreibungsprozess so beschleunigen und inhaltlich anleiten. Ganz im Sinne der Forderung nach einer Verbindung von Innovation und Wirtschaftlichkeit stellen die AutorInnen ein Einführungskonzept für die umfassende Funktionsprüfung und das Erzielen schneller Erfolge nach der Einführung eines ERP-Systems vor.
Teil 3: Plattformen und digitale Wertschöpfungsnetzwerke Das Kernergebnis von „ProDok 4.0 – Prozessorientierte Dokumentation für Industrie 4.0“ ist die Entwicklung einer digitalen Lösung für die Bereitstellung technischer Dokumentation für Maschinen in komplexen Industrieprozessen im Umfeld von Industrie 4.0. Die AutorInnen konzipierten eine Lösung, um erstens eine vorausschauende Wartung der Maschinen zu ermöglichen, und zweitens, um Fehler zu analysieren und zu verstehen oder Anomalien zu erkennen. In ProDok 4.0 soll die zu erkannten Zuständen von Prozessen und Maschinen vorhandene technische Dokumentation automatisch und situationsbezogen zur Verfügung gestellt und damit dynamisch verfügbar gemacht werden. Mit Hilfe von maschinellem Lernen wurde im Projekt Forschungs- und Entwicklungsarbeit an der Erkennung und Modellierung von Systemzuständen gearbeitet. Die daraus gewonnenen semantischen (Maschinen-)Ereignisse können sodann mit der relevanten und passgenauen Technischen Dokumentation verknüpft werden, um eine Behebung des Fehlers zu gewährleisten.
Ebenfalls im Maschinen- und Anlagenbau erforschte das Projekt „smartTCS – Smart Technical Customer Service Plattform 4.0“ neue Wege für Serviceplattformen. Ausgangspunkt ist hierbei die zunehmende digitale Vernetzung von Maschinen und Anlagen als sog. Smart Products. Die Autoren stellen ihr Konzept einer Smart-Serviceplattform vor und setzten es prototypisch um. Serviceplattformen bieten die Möglichkeit, verschiedene Akteure, Produkte und Dienstleistungen miteinander zu komplexeren Lösungen zu integrieren. Sie eröffnen daher einen größeren Lösungsraum für die Entwicklung sowie Möglichkeiten zur kundenindividuellen Konfiguration und Erbringung digitaler Dienstleistungen. Im Beitrag werden die Entwicklung der Serviceplattform sowie die Dienstleistungserbringung dargestellt und anschließend die Chancen und Herausforderungen der Gestaltung digitaler Serviceplattformen herausgearbeitet.
Schließlich wird die im Projekt „ODiL – Offene Software-Plattform für Dienstleistungsinnovationen in einem Wertschöpfungsnetz in der Landwirtschaft“ entwickelte digitale Plattform vorgestellt. Diese ermöglicht die Integration sowie die skalierbare, vernetzte und sichere Repräsentation, Kommunikation und Bearbeitung von Daten und Diensten im Umfeld von Landwirtschaftsbetrieben. Die Plattform stellt somit eine wesentliche Grundlage zur Etablierung landwirtschaftlicher Wertschöpfungsnetze dar, indem Dienste, Anforderungen und Daten ausgetauscht werden können. Da Daten zunehmend wichtig für dienstleistungsorientierte Geschäftsmodelle sind, stellt auch die Durchsetzung der Datenhoheit durch die involvierten Akteure einen Betrachtungsschwerpunkt des Artikels dar. Dazu berichtet das Autorenteam von den Ergebnissen rechtswissenschaftlicher und akzeptanztheoretischer Untersuchungen und stellt die entwickelte Plattform so in einen sozio-technischen Bezugsrahmen.
Diskussion
Was kann die Sozialwirtschaft davon lernen? Die Sozialwirtschaft ebenfalls durch eine Vielzahl von Klein- und Mittelbetrieben gekennzeichnet. Standardisierung ist auch hier Voraussetzung für die vielzitierte Digitalisierung – auch von sozialen Dienstleistungen. Der Nutzen der Digitalisierung für die Sozialwirtschaft läge in der Optimierung der Arbeitsabläufe und in der Folge im Ermöglichen neuer nutzenstiftender Dienstleistungen sowie im Ermöglichen des Arbeitens mit analogen und digitalen Plattformen, also etwa des Zusammenarbeitens von Dienstleistern in einer Region über die beteiligten Unternehmen hinweg. Die in dem Buch geschilderten Standardisierungs- und Digitalisierungsbemühungen im Bereich der KMU’s wären auch im Bereich der Sozialwirtschaft sinnvoll und von großem Nutzen. Klein- und Mittelbetriebe können sich die erforderliche IT nur dann leisten, wenn sie diese gemeinsam erstellen und getrennt nutzen – eine Form von kooperierender Konkurrenz. Auch in der Sozialwirtschaft hinkt der konsequente Einsatz technologischer Errungenschaften hinterher und nicht selten werden in der Sozialwirtschaft die Dienstleistungen in vielen Vereinen und „Kleinbetrieben“ immer wieder neu erfunden. Der Nutzen der in der Publikation geschilderten Projekte liegt damit in den neuen Formen der Zusammenarbeit. Nur so sind zukünftig Produktivitätsfortschritte auch in der Sozialwirtschaft möglich.
Fazit
Auch wenn das Buch aus dem Profitbereich stammt, so zeigt es eine Reihe von Möglichkeiten auf, wie – ausgerichtet auf den gemeinsamen, technologischen Fortschritt – Klein- und Mittelbetriebe zusammenarbeiten und am Markt auch als Konkurrenten auftreten können. Insgesamt stellen die in diesem Band vorgestellten Methoden, Lösungsansätze und Umsetzungsbeispiele, eine Anleitung, aber auch eine Aufforderung dar, konkrete Ideen für Dienstleistungsinnovationen zu entwickeln und sie erfolgreich umzusetzen. Es wird recht differenziert und anschaulich dargestellt, wie durch die Einführung digitaler Technologien Dienstleistungsinnovationen zum Wohl der Menschen, der Unternehmen und unserer Gesellschaft kraftvoll und zielgerichtet entwickelt und umgesetzt werden können.
Rezension von
Prof. Dr. Paul Brandl
war Professor für Organisationsentwicklung und Prozessmanagement an der FH Oberösterreich, Department für Sozial- und Verwaltungsmanagement und ist Berater insbesondere für die prozessbasierte Optimierung und Neugestaltung von sozialen Dienstleistern
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Zitiervorschlag
Paul Brandl. Rezension vom 05.01.2022 zu:
Daniel Beverungen, Jan Hendrik Schumann, Volker Strich, Giuseppe Strina (Hrsg.): Dienstleistungsinnovationen durch Digitalisierung. Band 2: Prozesse – Transformation – Wertschöpfungsnetzwerke. Springer
(Berlin) 2021.
ISBN 978-3-662-63098-3.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/28969.php, Datum des Zugriffs 04.10.2024.
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