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Benedikt Sommerhoff: QM im Wandel

Rezensiert von Dr. Christian Geyer, 28.06.2022

Cover Benedikt Sommerhoff: QM im Wandel ISBN 978-3-446-45573-3

Benedikt Sommerhoff: QM im Wandel. Personenzentriertes Innovations- und Qualitätsmanagement. Hanser Verlag (München) 2021. 310 Seiten. ISBN 978-3-446-45573-3. D: 49,00 EUR, A: 50,40 EUR.

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Thema

Die VUCA-Welt ist der Ausgangspunkt des vorliegenden Buches: eine Welt im Umbruch. Angesichts der damit verbundenen Herausforderungen fragt Benedikt Sommerhoff nach der Funktion und dem Nutzen von Qualitätsmanagement in Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. Das Qualitätsmanagement steht für Stabilität und die Unternehmen finden sich in einer agilen Umwelt mit komplexen Anforderungen wieder, die eine schnelle Anpassungsfähigkeit erfordert. Angesichts dieser Entgegensetzung geht es Benedikt Sommerhoff um die Frage, wie Agilität und Stabilität sich derart vernetzen können, dass die Transformationen bestmöglich gelingen. Seine Antwort auf diese Frage ist das Konzept eines personenzentrierten Innovations- und Qualitätsmanagementmodells (PIQ).

Autor

Benedikt Sommerhoff verantwortet bei der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ) die Themen Innovation, Transformation und Themenmanagement. An der RWTH Aachen hat er ein Maschinenbaustudium absolviert und beschäftigt sich seitdem mit Qualitätsmanagement. 

Aufbau

Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert und um ein Glossar, einen Index sowie Literaturhinweise ergänzt. Prof. Robert Schmitt, RWTH Aachen und Vorstandsmitglied der DGQ, hat ein Vorwort verfasst, das vorangestellt ist.

Die Kapitelüberschriften lauten:

  1. Worum es geht (S. 1 – 3)
  2. Herausforderungen (S. 5 – 53)
  3. Wissensgebiete Mensch und Organisation (S. 55 – 192)
  4. Elemente eines Personenzentrierten Innovations- und Qualitätsmanagements (S. 193-220)
  5. Redesign zum Personenzentrierten Innovations- und Qualitätsmanagement (S. 221 – 290)

Inhalt

In einer knappen Einleitung, Worum es geht (S. 1 – 3), skizziert Benedikt Sommerhoff die Aufgabe, das QM an die neuen Anforderungen einer komplexen und digitalen Welt anzupassen, um so die Innovationsdynamik zu unterstützen. Insofern will er einerseits „aufzeigen, in welche Sackgassen das Qualitätsmanagement geraten ist, seine Mythen entzaubern“ und anderseits „neue Wege“ (S. 2) skizzieren. Diese neuen Wege verortet er in der Verbindung von Innovations- und Qualitätsmanagement. Infolgedessen ist es seine Intention, drei Akteursgruppen mit diesem Buch zu adressieren:

  • Führungskräfte und Organisationsentwickler,
  • Qualitätsmanager und Qualitätssicherer und
  • Innovationsmanager sowie Chief Digital Officers.

Das zweite Kapitel ist den Herausforderungen (S. 5 – 53) gewidmet, die insbesondere durch die digitale Transformation getrieben werden und komplex sind. Komplexität zeichnet sich dadurch aus, dass sie mit Expertenwissen nicht beherrscht werden kann, sondern zur Bewältigung selbst komplexe (interdisziplinäre, iterative und explorative) Vorgehensweisen bedarf. Der Autor systematisiert die Auswirkungen dieser Entwicklung sowohl für das Innovations- als auch das Qualitätsmanagement tabellarisch (vgl. S. 30 ff.). Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden den Themen Wirksamkeit (S. 33 ff.) und Akzeptanz des QM (S. 47 ff.) nachgegangen. Das Kapitel schließt mit der kurzen Skizzierung der Hauptthese des Buches, dass eine „schlüssige, universelle Antwort auf die festgestellten Gegebenheiten und die resultierenden Herausforderungen … ein Personenzentriertes Innovations- und Qualitätsmanagement (PIQ)“ ist (S. 53).

Der Autor entfaltet im dritten Kapitel (S. 55 – 192) noch nicht das annoncierte Modell, sondern geht unter der Überschrift Wissensgebiete Mensch und Organisation Fragen nach, die für das Modell PIQ von fundamentaler Bedeutung sind. Insofern handelt es sich um ein umfangreiches Grundlagenkapitel, das mit den Themen (1) Qualität und Innovation, (2) Mensch, (3) Organisation und (4) Führung/​Management einen sehr weiten Bogen spannt. Zunächst führt Benedikt Sommerhoff in die Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Qualitätsmanagements ein. Er plädiert für einen Qualitätsbegriff, der folgende Aspekte umfasst:

  • Minimum Viable Product,
  • Qualität der Perzeption und
  • emotionale Qualität (vgl. S. 61).

Die Vorläufigkeit eines Produkts/​einer Dienstleistung, die subjektive Wahrnehmung von Qualität durch die Kundin und die Bedeutung von Image und Status des Produkts/der Dienstleistung fließen sodann in eine Definition ein, die an die ISO 9000 angelehnt bleibt, doch maßgeblich erweitert wird:

„Qualität ist der Grad, in dem ein Satz von Merkmalen Anforderungen und Bedürfnisse erfüllt sowie eine günstige Gesamtbilanz für die Gesellschaft erzeugt“ (S. 64).

Das Innovationsverständnis wird kurz und knapp, im Vergleich zum Qualitätsmanagement oberflächlich, definiert und mit dem Begriff der „Veränderung“ (S. 71) auf den Punkt gebracht. Innovation zeige sich als Prozess, Wirkung oder Objekt (ebd.) und bleibe vom „Tagesgeschäft“ personell, räumlich und methodisch unterschieden (vgl. 76). Diese „Zweigleisigkeit“ wird einerseits für „sinnvoll“ erachtet und andererseits wird nach einer Verbindung von QM und Innovationsmanagement gesucht.

Nach den Begriffen und Verständnissen von Qualität und Innovation folgen Ausführungen über den Menschen in der Organisation, hier im Speziellen im Qualitäts- und Innovationsmanagement. Auf 25 Seiten werden verschiedene Rollen beleuchtet. Zunächst sind allgemeine Rollen im Blick (Homo faber, Rezipient, Kunde, Konsument, Käufer, Nutzer) und infolge organisationale Rollen (Stelle, Funktion, Rollen). Sodann wird der „Mensch als Kompetenzträger“ (S. 99 ff.), „als Ressource“ (S. 101 ff.) und „als sozialer Interakteur“ (S. 103 ff.) reflektiert. Damit betont Benedikt Sommerhoff die nicht-technische Seite des QM und bezieht die Personenzentrierung ebenso auf das Innovationsmanagement.

Die Organisation wird auf 52 Seiten sowohl von ihrer strukturellen als auch prozessualen Seite erschlossen, ihre Mechanismen organisationssoziologisch gedeutet und mit agilen Organisationsformen ins Gespräch gebracht. Auch das Thema Organisationsentwicklung wird skizzenhaft in diese Grundlegung mit aufgenommen.

Das Kapitel schließt mit Ausführungen zu Führung und Management. In diesem Abschnitt schlägt der Autor einen großen Bogen, referiert Führungstheorien, thematisiert Entscheidungs- und Problemlösungsprozesse, grenzt Management und Governance von Führung ab und geht insbesondere auf die Strategie als Führungsarbeit ein, die vor Augen führe, dass „Qualität ohne Innovation nicht zu erreichen“ sei (S. 182).

Das vierte Kapitel exploriert unter der Überschrift Elemente eines Personenzentrierten Innovations- und Qualitätsmanagements (S. 193 – 220) das annoncierte Modell auf (nur) 28 Seiten und mit Hilfe einer Darstellung als Pyramide mit dreieckigem Grundriss (Tetrahedron). Insofern werden die vier Eckpunkte (Mensch, Kultur, Struktur und Fachlichkeit), die vier Seiten, die die Eckpunkte miteinander verbinden (Organisations-DNA, Performanz, Kollaboration und Qualitäts- und Innovationsstreben) sowie die sechs Kanten der Seiten (organisatorische Infrastruktur, Wertschöpfungsprozesse, Fachethos, Kompetenz, Werte, Rollen) beschrieben. Benedikt Sommerhoff fasst in diesem Kapitel zahlreiche Einsichten aus den Grundlagenkapiteln zusammen, orchestriert diese als Modell und skizziert die Aufgaben, die daraus für ein Innovations- und Qualitätsmanagement erwachsen, in tabellarischer Form.

Der Autor beabsichtigt im letzten Kapitel den Veränderungsprozess „von einem klassischen Qualitätsmanagementverständnis und -system zu einem integrierten Innovations- und Qualitätsmanagementverständnis und -system“ (S. 221) zu konzeptualisieren. Das fünfte Kapitel (S. 221 – 290) trägt die Überschrift: Redesign zum Personenzentrierten Innovations- und Qualitätsmanagement. Im Blick sind neun Handlungsfelder als exemplarische Orte der Veränderung in der Organisation. Sie reichen vom „Auf- und Ausbau des Innovationsmanagements“ über integrierte Managementsysteme, agiles QM, „Deformalisierung“ bis hin zu „kollektiver Qualitätssicherung des Liefernetzes“ (vgl. 221 f.). Das Panorama der Themen zeigt, dass hier viele Überlegungen und Ideen, die bereits an anderer Stelle im Buch erörtert wurden, erneut aufgegriffen werden. Es ist dem Autor wichtig (das Kapitel umfasst 70 Seiten), dass die Handlungsfelder konzeptionell eingeordnet und in Bezug zum Modell PIQ gesetzt werden und zugleich praxisorientierte Vorschläge zur Veränderung in Organisationen einfließen.

Das Buch wird mit einem Glossar (Kapitel 6), einem Index (Kapitel 7) und einem Literatur- und Linkverzeichnis (Kapitel 8) abgerundet.

Diskussion

Der Autor greift die kritischen Anfragen an ein Qualitätsmanagement vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen, die insbesondere durch die sozialen und technologischen Transformationen getrieben werden, auf. Der Grundthese des Buches kann sowohl theoretisch wie auch praktisch beigepflichtet werden: Organisationen sind vor die Aufgabe gestellt, agil zu denken und zu handeln und zugleich Stabilität zu bieten. Stabilität ohne Agilität bedeutet Stillstand. Agilität ohne Stabilität führt zu einem organisationalen Burnout. Es ist das Verdienst von Benedikt Sommerhoff diese Einsicht gut verständlich, erfahrungsgesättigt und instruktiv-programmatisch zu beschreiben.

Mit dem Modell PIQ wird die programmatische Stoßrichtung aufgenommen, wenngleich noch kein Modell im eigentlichen Sinne entfaltet wird. Vielmehr ist es eine gelungene Systematisierung der kritischen Erkenntnisse unter der Maßgabe, die Weiterentwicklung des QM in sozio-technischen Organisationssystemen personenzentriert zu betreiben. Ob es dazu zwingend die Verbindung mit dem Innovationsmanagement geben muss, bleibt für den Rezensenten offen, da der Autor diesen Zusammenhang nur flüchtig argumentiert und eher auf intuitive Evidenz setzt. Innovation/​Innovationsmanagement ist weder identisch mit Agilität noch wird erörtert, welche zweckmäßigen Wechselwirkungen andere, relevante Managementsysteme (z.B. Changemanagement) bewirken.

Die analytische, reflexive und programmatische Ausrichtung des Sachbuches führt insbesondere der Adressatengruppe Qualitätsmanager und Qualitätssicherer den Weiterentwicklungsbedarf vor Augen. Dadurch, dass der Autor sowohl Industrie als auch Dienstleistungsunternehmen adressiert und das QM noch dazu personenzentriert und agil ausrichtet, sind die Überlegungen auch für die Sozialwirtschaft anschlussfähig und zukunftsweisend. Im diesem QM Verständnis liegt die Chance, die professionelle Skepsis gegen Organisationstechnologien in der Sozialen Arbeit zu überwinden und deutlich zu machen, dass das QM Mittel zum Zweck ist. Allerdings bedürfen die instruktiven Überlegungen einer Operationalisierung und Integration in gängige QM-Systeme.

Fazit

„QM im Wandel“ bietet zahlreiche Erkundungsgänge, Reflexionen und Veränderungsideen, um den Sinn und Zweck von QM im 21. Jahrhundert herauszuarbeiten. Das Buch verschafft einen leichten und fokussierten Zugang zu den aktuellen Herausforderungen rund um Agilität und Digitalität und bietet zugleich für das QM konzeptionelle Lösungsansätze an.

Rezension von
Dr. Christian Geyer
Fachlicher Vorstand Bathildisheim e.V., Bad Arolsen und Lehrbeauftragter der Hochschule Fulda
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Es gibt 9 Rezensionen von Christian Geyer.

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Zitiervorschlag
Christian Geyer. Rezension vom 28.06.2022 zu: Benedikt Sommerhoff: QM im Wandel. Personenzentriertes Innovations- und Qualitätsmanagement. Hanser Verlag (München) 2021. ISBN 978-3-446-45573-3. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/28986.php, Datum des Zugriffs 27.03.2023.


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