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Carl-Walter Kohlmann, Heike Eschenbeck et al.: Diagnostik von Stress und Stressbewältigung

Rezensiert von Dipl.-Päd. Petra Steinborn, 17.05.2022

Cover Carl-Walter Kohlmann, Heike Eschenbeck et al.: Diagnostik von Stress und Stressbewältigung ISBN 978-3-8017-2010-0

Carl-Walter Kohlmann, Heike Eschenbeck, Matthias Jerusalem, Arnold Lohaus: Diagnostik von Stress und Stressbewältigung. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG (Göttingen) 2021. 147 Seiten. ISBN 978-3-8017-2010-0. 24,95 EUR. CH: 31,71 sFr.
Reihe: Kompendien psychologische Diagnostik - Band 20.

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Thema

Wohlbefinden und Gesundheit wird durch Stress beeinflusst, eine besondere Bedeutung hat der Umgang mit Stress. Aus anwendungsorientierter Perspektive werden die wichtigsten diagnostischen Verfahren zur Diagnostik von Stresssituationen und Stressreaktionen unter Berücksichtigung spezifischer Problemfelder (z.B. Diagnostik von Burnout, Stressbewältigung am Arbeitsplatz, Krankheitsbewältigung) betrachtet. Eine lange Tradition hat in der Forschung die Untersuchung von Verfahren zur Erfassung von Ressourcen und Schutzfaktoren für das Erleben und Bewältigung von Stress. Ressourcen haben Einfluss auf die individuelle Bewertung und auch auf das Verhalten. Das Buch schließt mit vier Praxisbeispielen aus verschiedenen Handlungsfeldern, einem Literaturverzeichnis und einem Anhang mit dem Abkürzungsverzeichnis der Erhebungsverfahren.

Entstehungshintergrund

Das Buch ist Band 20 der Reihe „Kompendien psychologischer Diagnostik“ Die Bände dieser Reihe zielen darauf ab, Übersichten zu zentralen Gebieten der psychologischen Diagnostik zu geben.

Aufbau und Inhalt

Das vollständige Inhaltsverzeichnis findet sich auf der Homepage der Deutschen Nationalbibliothek.

Das vorgelegte Buch ist im Softcover Format erschienen und hat einen Umfang von 147 Seiten, die sich in sieben Kapitel und zahlreiche Unterkapitel gliedern. Am oberen linken Seitenrand ist die Kapitelnummer zu finden, am oberen rechten Seitenrand die Überschrift des jeweiligen Abschnitts. Der Fließtext ist eingerückt und mit Stichworten versehen, was die Suche nach Inhalten erleichtert. Auflockernd wirken Abbildungen und Tabellen, Fallbeispiele heben sich farblich ab. Jedes Kapitel endet mit einer Zusammenfassung und einem Fazit.

Im ersten Kapitel Konzeptionen von Stress und Stressbewältigung wird der Stressbegriff im Alltag und in der Psychologie definiert. Unterschieden werden die reaktionsbezogene, die situationsbezogene und die relationale Stresskonzeption und Stressbewältigung, auch stressrelevante Persönlichkeitsmerkmale und Ressourcen spielen eine Rolle.

Die Diagnostik von Stress und Stressbewältigung steht im Mittelpunkt des zweiten Kapitels. Genannt werden drei Forschungstraditionen wie die epidemiologische, die psychologische und die biologische. Neben den Herausforderungen bei der Diagnostik von Stress und Stressbewältigung lassen sich Stressoren, Stressreaktionen und Stressbewältigungsstrategien klassifizieren. Das Kapitel schließt mit Ausführungen zum Burnout, dessen Diagnose einer gleichzeitigen Berücksichtigung von Stressoren, Stressreaktionen und Stressbewältigung bedarf.

Es gibt eine Vielzahl von Verfahren zur Erfassung von Stressoren (Kapitel drei). Unterschieden werden Verfahren zur Befragung von Kindern und Jugendlichen, diese sind vergleichsweise rar, genannt werden z.B. die Diagnostik von Bulling und Viktimisierung (S. 30) und Verfahren für Erwachsene. Der Schwerpunkt in diesem Kapitel liegt bei Lebensereignissen sowie chronischen und akuten Alltagsstressoren sowie beruflichen Stressoren.

Kapitel vier nimmt Verfahren zur Erfassung von Stressreaktionen in den Fokus. Gemeint sind Anforderungen, die die Bewältigungsressourcen übersteigen. Besprochen werden Symptomlisten mit explizitem Bezug zum Stresserleben und Symptomlisten mit implizitem Bezug zum Stresserleben. Dabei sind Probleme bei der Erhebung von Stressreaktionen über Selbst- und Fremdauskünfte und Implikationen zu beachten. Bei Erwachsenen werden Stressreaktionen mittels Screeningverfahren zum Stresserleben (anhand visueller Analogskalen von 0–100 oder ein sog. „Stressbarometer“ mit Sonne und Wolken als Pole sowie bspw. Checklisten), Befindlichkeitsskalen, durch ein ambulantes Assessment (zur Erfassung des Verlaufs der Stressparameter im Alltag), mehrdimensionale Fragebögen zur Erfassung von Stresserleben, der Feststellung des Stresserlebens am Arbeitsplatz sowie einer psychobiologischen und experimentellen Stressdiagnostik erhoben. Erfreulich nach Aussage der Autor:innen ist, dass im deutschsprachigen Raum Verfahren zu Erfassung von kurz- und längerfristigen Stressreaktionen und –symptomen im Kindes- und Jugendalter vorliegen (s. auch Tabelle 3 S. 50–52).

Das fünfte Kapitel gibt einen Überblick zu Verfahren zur Erfassung von Stressbewältigung in Bezug auf Stressbewältigungsstrategien im Kindes- und Jugendalter und im Erwachsenenalter. Bewältigungsstrategien lassen sich anhand verschiedener Instrumente erheben, vorgestellt wird der sog. „Stressverarbeitungsfragebogen (SVF) aus 2008, mit dem 20 habituelle Formen der Stressverarbeitung bestimmt werden können. Eine Subskala des SVF 120 in Tabelle 8 (S. 80/81) nennt Beispielitems und übergeordnete Strategiebereiche wie z.B. positive, singuläre oder negative Strategien, womit eine sehr differenzierte Diagnostik der Stressbewältigung möglich gemacht wird.

Das aktuelle Bewältigungsverhalten kann auf zwei Wegen erhoben werden: a) durch einen retrospektiven Selbstbericht mit Fragebogen und Interview oder b) durch ein ambulantes Assessment über Mobilgeräte oder Tagebuchaufzeichnungen. Darüber hinaus liegen krankheitsübergreifende Verfahren zur Bewältigung von Krankheiten vor, diese sind in Tabelle 11 (S. 89) aufgelistet. Das Kapitel schließt mit Hinweisen zur Stressbewältigung am Arbeitsplatz.

In der Forschung hat die Untersuchung von Verfahren zur Erfassung von Ressourcen und Schutzfaktoren (Kapitel sechs) für das Erleben und Bewältigung von Stress eine lange Tradition. Aus der Stresstheorie z.B. nach Lazarus ist bekannt, dass Ressourcen einen Einfluss auf die individuelle Bewertung und auch das Verhalten haben. Ressourcen, mit denen Anforderungen gemeistert werden können, haben einen schützenden Charakter, sie lösen weniger Stress aus und fördern konstruktive Bewältigungsstrategien. Dazu zählen persönliche Ressourcen (zu denen Fähigkeiten, Überzeugungen sowie der Selbstwert, der sog. „dispositionaler Optimismus“, das Erleben von Selbstwirksamkeit und der sog. Kohärenzsinn gehören), soziale Ressourcen (soziale Unterstützung) und strukturelle Bedingungen (wie z.B. Geld, Beruf).

Ressourcen sind in der Lage, eine förderliche Wirkung in Bezug auf Stressprozesse und die persönliche Entwicklung sowie das Entstehen einer Widerstandskraft (Resilienz) zu entfalten. In der Tabelle 12 am Ende des Kapitels findet sich eine Zusammenfassung der Verfahren zur Erfassung von Ressourcen und Schutzfaktoren, gegliedert nach Verfahren, Altersgruppe und Aufbau.

Das letzte Kapitel stellt zur Verdeutlichung der praktischen Anwendung der Diagnostik von Stress und Stressbewältigung an vier Beispiele vor:

  1. Fallbeispiel aus einem schulpsychologischen Kontext
  2. Adaptation und Übersetzung von Testverfahren am Beispiel des Fragebogens zur Erhebung von Stress und Stressbewältigung im Kindes-und Jugendalter (SSKJ 3–8 R).
  3. Ambulantes Assessment im Feuerwehralltag
  4. Ressourcenförderung in der Schule (FOSIS)

Diskussion

Nach der Einführung in den aktuellen wissenschaftlichen Stand zu verschiedenen Konzeptionen von Stress und Stressbewältigung folgt ein Überblick über die Anforderungen an die Diagnostik und Klassifikation. Der Vorstellung von Verfahren zur Erfassung von Stressoren und Stressreaktionen schließen sich Ausführungen zur Stressbewältigung und schützende Ressourcen an, Beispiele aus der Praxis zeigen verschiedene Handlungsfelder. Dabei spielen Selbst- und Fremdberichte über Fragebögen und Interviews eine zentrale Rolle, sie werden jeweils nach dem Einsatz im Kindes- und Jugendalter oder bei Erwachsenen unterschieden. Die zahlreichen Tabellen geben einen schnellen Überblick, der eingerückte Fließtext mit zentralen Stichworten erleichtert die Suche nach einzelnen Aspekten und die farblich hervorgehobenen Textboxen geben interessante Hinweise.

Die dargestellten protektiven Ressourcen und Schutzfaktoren erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Allgemeingültigkeit.

Betrachtet werden verschiedene Altersgruppen im Kinder- und Jugend- sowie im Erwachsenenalter. Bei Kindern unter 12 Jahren ist allerdings zu beachten, dass aus entwicklungspsychologischen Gründen die Erfassung von Überzeugungen in eigene Fähigkeiten als persönliche Ressourcen und deren stressschützende Wirkung etwas schwierig ist, weil jüngere Kinder noch nicht in der Lage sind, Begriffe angemessen zu differenzieren. Sie neigen zu unrealistischen positiven Selbsteinschätzungen (S. 104). Die Diagnostik in Bezug auf traumatische Erfahrung ist nicht Gegenstand des Buches, ein eigener Band ist in Planung.

Fazit

Wohlbefinden und Gesundheit wird durch Stress beeinflusst, eine besondere Bedeutung hat der Umgang mit Stress. Stressprävention ist ein wichtiges Thema in der Gesundheitsförderung. Aus anwendungsorientierter Perspektive werden die wichtigsten diagnostischen Verfahren zur Diagnostik von Stresssituationen und Stressreaktionen besprochen unter Berücksichtigung spezifischer Problemfelder (z.B. Diagnostik von Burnout, Stressbewältigung am Arbeitsplatz, Krankheitsbewältigung). In der Forschung hat die Untersuchung von Verfahren zur Erfassung von Ressourcen und Schutzfaktoren für das Erleben und Bewältigung von Stress eine lange Tradition, Ressourcen haben Einfluss auf die individuelle Bewertung und auch auf das Verhalten. Das Buch schließt mit vier Praxisbeispielen aus verschiedenen Handlungsfeldern.

Rezension von
Dipl.-Päd. Petra Steinborn
Tätig im Personal- und Qualitätsmanagement in einer großen Ev. Stiftung in Hamburg-Horn. Freiberuflich in eigener Praxis (Heilpraktikerin für Psychotherapie). Leitung von ABC Autismus (Akademie-Beratung-Coaching), Schwerpunkte: Autismus, TEACCH, herausforderndes Verhalten, Strategien der Deeskalation (systemisch), erworbene Hirnschädigungen
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Es gibt 315 Rezensionen von Petra Steinborn.

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ISSN 2190-9245