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Christel Manske: Diese Kinder sind der Himmel

Rezensiert von Dipl.-Päd. Petra Steinborn, 08.03.2022

Cover Christel Manske: Diese Kinder sind der Himmel ISBN 978-3-96543-239-0

Christel Manske: Diese Kinder sind der Himmel. Lehmanns Media GmbH (Berlin) 2022. 376 Seiten. ISBN 978-3-96543-239-0. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR.

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Thema

Der Titel des Buches hat die Autorin mit Bedacht gewählt: „Diese Kinder sind der Himmel“. Mittels liebevoll gestalteten Fotos wird der Alltag ihrer pädagogischen Praxis gezeigt – frei nach dem Motto „1000 Fotos sagen mehr als 100.000 Worte“. Die Arbeit und das Engagement der Autorin lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Kein Kind darf zurückbleiben!

Autorin

Dr. Christel Manske ist Leiterin ihres Instituts für die Entwicklung funktioneller Hirnsysteme in Hamburg. Sie arbeitet mit Kindern, die aufgrund ihrer Besonderheiten (u.a. Autismus, Trisomie 21, ADHS, Hochbegabung) in der (Regel-)Schule auffällig wurden oder vom gemeinsamen Lernen in unseren Bildungseinrichtungen ausgeschlossen sind. Christel Manske stellt die Besonderheiten der Kinder in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung und erforscht Bedingungen eines adäquaten Unterrichts, der vom Kind und seiner individuellen Situation ausgeht. Seit über 30 Jahren arbeitet sie mit Kindern, die aus Systemen fallen. Sie hat eine Reihe von Büchern zum Thema veröffentlicht wie: „Schlechte Schüler gibt es nicht“, „Lernprobleme“, „Ich war behindert an Hand der Ärzte und Lehrer“, „Die Kraft geht von den Kindern aus“, „Lernen können ja alle Leute“, „Entwicklungsorientierter Lese- und Schreibunterricht für alle Kinder“, „Jenseits von Pisa“.

Aufbau und Inhalt

Das vollständige Inhaltsverzeichnis findet sich auf der Homepage der Deutschen Nationalbibliothek.

Inhalt

Das Buch ist im DIN A 5 Softcoverformat erschienen und hat einen Umfang von 376 Seiten, die prall gefüllt sind mit Fotos von Kindern in Fördersituationen. Auf dem Klappentext auf der Rückseite des Buches ist die Erfahrung von Sofia abgedruckt, diese Erzählung ist auch am Ende des Buches in fünf weiteren Sprachen (englisch, russisch, französisch, spanisch, japanisch) zu finden.

Die dargestellten Szenen zeigen Kinder, die mit allen Sinnen lernen, sichtlich neugierig sind und Spaß haben. Das Buch dokumentiert die Arbeit von Christel Manske mit Kindern mit Trisomie 21 (die manchmal noch verwendete Bezeichnung Downsyndrom ist veraltet). Sie weiß, dass diese Kinder Probleme mit der Informationsaufnahme über die Sinnesorgane (Augen, Hände, Ohren, Zunge und Nase) haben, deshalb werden Aufgaben angeboten, die angepasste bio-psycho-soziokulturelle Bedingungen schaffen, um das Lernen zu befördern.

Diskussion

Die Autorin Christel Manske hat mehrere Bücher zu diesem Thema veröffentlicht wie: „Schlechte Schüler gibt es nicht“, „Lernprobleme“, „Ich war behindert an Hand der Ärzte und Lehrer“, „Die Kraft geht von den Kindern aus“, „Lernen können ja alle Leute“ und „Jenseits von Pisa“. Zu dem Buch aus dem Jahr 2011 „Das Down-Syndrom. Begabte Kinder im Unterricht, in der sie ihre Erfahrungen mit diesen Kindern“ liegt eine Rezension vor unter www.socialnet.de/rezensionen/14536.php. Auch zum 2013 erschienen Buch mit dem Titel „Inklusives Lesenlernen für Kinder ab drei mit Down-Syndrom, für Leseratten und Legastheniker“ ist eine Rezension vorhanden www.socialnet.de/rezensionen/15553.php.

Die Autorin ist u.a. geprägt von Vygotskij, der schon Anfang der 1930er Jahre über die soziale Determinierung von Behinderung schrieb. Von ihm stammt die Aussage, dass es in unseren Händen liegt, ob ein Kind geistig behindert wird oder nicht. Behinderung wird als soziales Konstrukt verstanden, Behinderung ist nicht biologischer Natur, also nichts Feststehendes, sondern eine Zuschreibung der Gesellschaft, ein Vor-Urteil. Diese Erkenntnis ist so modern wie nie. Sie rüttelt an den Grundfesten unseres deutschen sehr differenzierten Bildungs-Systems. Eine Veränderung dieses Systems ist längst überfällig, denn zu viele Kinder – nicht nur die sog. geistig behinderten Kinder – scheitern an diesem Vor-Urteil.

Manske schließt sich an. Die Ursache für das Schulversagen liegt nicht in der sogenannten ‚geistige Behinderung‘, sondern im Versagen der Schule. Diese Erkenntnis wirft ein anderes Licht auf die Kinder und stellt ein Schulsystem, das sie zum Scheitern verurteilt, in den Schatten. Manske macht klar, dass jedem Kind sein Recht auf Bildung zu gewähren ist, dass das System Schule und seine Akteur:innen Verantwortung übernehmen, statt diese zu verschieben oder vorschnell nach Gründen des Versagens außerhalb des Systems Schule z.B. beim Individuum und seiner biologisch determinierten Behinderung oder Defizit sowie im Elternhaus zu suchen.

Andere Länder haben sich schon auf den Weg gemacht, in Spanien gehen 85 % der Kinder mit Trisomie 21 in die Regelschule wie z.B. der 34-jährige Pablo Pineda. Er ist Europas erster Akademiker mit Trisomie 21. 1995 schloss er sein Lehramtsstudium erfolgreich ab, arbeitet anschließend an einer Schule, zudem ist er als Moderator einer Fernsehsendung tätig und hält weltweit Vorträge. Ein bekanntes Zitat von ihm: „Das größte Manko der Gesellschaft ist, das Anderssein nicht verstehen zu können“. Andere aktuelle Beispiele sind Ellie Goldstein aus Großbritannien und Sofía Jirau aus Puerto Rico, die als Models für sehr bekannte Labels arbeiten. Diese Beispiele zeigen: es gibt Veränderungen, aber noch viel zu wenige. Es gibt noch viel zu tun.

Fazit

Bilder sind universell zu verstehen, sie bedürfen keiner Übersetzung. Der Titel des Buches ist nicht nur mit Bedacht gewählt worden, sondern fasst auch das Anliegen der Autorin treffend zusammen. Mittels liebevoll gestalteter Fotos wird der Alltag in Christel Manskes pädagogischer Praxis gezeigt – frei nach dem Motto „1000 Fotos sagen mehr als 100.000 Worte“. Die Arbeit und das Engagement der Autorin lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Kein Kind darf zurückbleiben!

Dieses Thema wird am Ende des Buches erneut aufgenommen. Auf den letzten Seiten plus Klappentext wird von dem Mädchen Sofia und ihren Erfahrungen des Ausgeschlossen Seins berichtet: in Deutsch und in fünf weiteren Sprachen (englisch, russisch, französisch, spanisch, japanisch). Die Geschichte berührt und mahnt zugleich: Alle Kinder haben das Recht auf Bildung und Teilhabe. Es liegt in unsere Verantwortung, dafür zu sorgen, dass das erfolgreich gelingt!

Rezension von
Dipl.-Päd. Petra Steinborn
Tätig im Personal- und Qualitätsmanagement in einer großen Ev. Stiftung in Hamburg-Horn. Freiberuflich in eigener Praxis (Heilpraktikerin für Psychotherapie). Leitung von ABC Autismus (Akademie-Beratung-Coaching), Schwerpunkte: Autismus, TEACCH, herausforderndes Verhalten, Strategien der Deeskalation (systemisch), erworbene Hirnschädigungen
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Zitiervorschlag
Petra Steinborn. Rezension vom 08.03.2022 zu: Christel Manske: Diese Kinder sind der Himmel. Lehmanns Media GmbH (Berlin) 2022. ISBN 978-3-96543-239-0. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/29169.php, Datum des Zugriffs 18.01.2025.


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