Sabine Priess, Hélène (Illustrator) Baum: Klar bin ich von hier!
Rezensiert von Prof. Dr. Gertrud Hardtmann, 05.07.2022

Sabine Priess, Hélène (Illustrator) Baum: Klar bin ich von hier! Was ein schwarzer Junge in Deutschland erlebt. edition Riedenburg e.U. (Salzburg) 2020. 113 Seiten. ISBN 978-3-99082-049-0. D: 14,90 EUR, A: 15,40 EUR, CH: 27,50 sFr.
Thema
Thema des vorliegenden Titels sind die Erfahrungen eines farbigen in Deutschland geborenen Jungen kenianischer Herkunft (väterlicherseits) mit Erwachsenen und Schülern in Deutschland und seinen Verwandten in Kenia.
Autorin
Sabine Pries, Jahrgang 1972, arbeitet als Redakteurin beim Rundfunk in Berlin-Brandenburg. Dies ist ihr erste Buch, verfasst gemeinsam mit ihrem Sohn, der kenianische Wurzeln hat.
Hélène Baum, Jahrgang 1987, ist in Deutschland und Frankreich aufgewachsen und arbeitet als selbstständige Illustratorin und Grafikerin in Berlin.
Shary Reeves ist Moderatorin und Schauspielerin und Autorin des Buches ‚ich bin nicht farbig‘.
Aufbau und Inhalt
Nach einen Vorwort von Shary Reeves (2 Seiten), stellt Sabine Pries als Autorin Malik vor (10 Seiten), seine Schule (9 Seiten) und Liebe zum schwarzen Kater Kosmo (11 Seiten), sein Ärger, wenn Leute ihm in die Haare fassen (10 Seiten). Es folgt ein Bericht ‚Ausflug aufs Land‘ (12 Seiten), ein Exkurs über Mut (8 Seiten), seinen besten Freund (7 Seiten) und Maliks Sehnsucht nach Kenia (7 Seiten) ,die auch in den Ferien erfüllt wird (12 Seiten) und seine Rückkehr nach ‚Hause‘ (7 Seiten).
Es folgt ein Anhang ‚Achtsam gegen Alltagsrassismus‘, Beispiele für Unterrichtsideen, Rezepte aus Maliks Heimat Kenia und Angaben über die Autorin und Illustratorin.
Diskussion
Das Buch ist gut gemeint und beschreibt für Kinder verständlich (ca. 6 – 8 Jahre) und anschaulich die alltäglichen Erfahrungen des farbigen Jungen Malik, dessen Vater aus Kenia stammt. Unterstützt von den Eltern – seinem aus Kenia stammenden Vater und seiner deutschen Mutter – kann Malik selbstbewusst auf rassistische Äußerungen und Handlungen reagieren. Die Probleme von Kindern, die weniger selbstbewusst sind und keine elterliche Unterstützung haben, werden allerdings nicht erwähnt. Auch wird aus den Äußerungen seiner Mitschüler, berücksichtigt man den Kontext, nicht immer klar, ob es sich tatsächlich um rassistische Diskriminierungen handelt. Diese Fragen können und müssen im Unterricht differenzierend aufgegriffen werden. Maliks Zuhause sind zweifellos die Eltern, der schwarze Kater Kosmo und seine Freunde. Aber er fühlt sich auch in Kenia bei der Großmutter und den Verwandten zuhause und kann mit seinen Erzählungen nach einer Ferienreise nach Kenia auch seine Freunde begeistern.
Ich habe mich gefragt: Wie liest ein 8-Jähriger dieses Buch, denn es ist für Kinder geschrieben. Mein Enkel wollte es nicht lesen, weil er meinte, in seiner Klasse sind Kinder aus vielen Ländern und unterschiedlichen Nationalitäten und er sei selbst ein halber Sachse und Wende großväterlicherseits, ein halber Westfale, Rheinländer und Österreicher großmütterlicherseits und auch ein geborener Berliner. Das hat mich erinnert an Gespräche mit rechtsradikalen Jugendlichen, während derer ich mich meiner österreichischen Wurzeln erinnerte und deshalb sie nach ihren Wurzeln fragte. Daraufhin outete sich ein Mädchen errötend, dass sie einen französischen Vater hätte. Die Gruppe suchte eine halbe Stunde lang nach einer Lösung dieses ‚Problems‘. Die bestand dann darin, dass das Mädchen in der Gruppe bleiben könnte, weil der Vater – ein Besatzungssoldat – zurückgegangen sei, wo er hergekommen sei. Eine von aussen betrachtete absurde Lösung und doch der Anfang eines Gespräches über – nicht nur rassistische – Vorurteile, denn diese Jugendlichen hatten Minderwertigkeitsgefühle und Konkurrenzängste.
Da dieses Buch auch Pädagogen empfohlen wurde, rate ich, nach guter sokratischer Methode, nichts in die Köpfe der Kinder hinein zu stopfen, sondern durch Fragen aus ihren Köpfen die Vorurteile, und deren Begründungen, herauszuholen.
Fazit
Gut gemeint, aber… vielleicht auch deshalb gut, weil es zum Nachdenken über Alternativen anregt: Welche Bilder vom Anderen und von sich selbst stecken in den Köpfen von Ben, Robert, Matti und Klara und natürlich auch - im Kopf von Malik?
Rezension von
Prof. Dr. Gertrud Hardtmann
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Zitiervorschlag
Gertrud Hardtmann. Rezension vom 05.07.2022 zu:
Sabine Priess, Hélène (Illustrator) Baum: Klar bin ich von hier! Was ein schwarzer Junge in Deutschland erlebt. edition Riedenburg e.U.
(Salzburg) 2020.
ISBN 978-3-99082-049-0.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/29174.php, Datum des Zugriffs 27.03.2023.
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