Hans-Dietrich Barth, Fred Bernitzke: Abenteuer Erziehung
Rezensiert von Diplom-Pädagoge Volker Raupach, 10.08.2022
Hans-Dietrich Barth, Fred Bernitzke: Abenteuer Erziehung. Pädagogische, psychologische und methodische Grundlagen der Erzieherinnenausbildung.
Verlag Europa-Lehrmittel Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG
(Haan-Gruiten) 2021.
4. Auflage.
704 Seiten.
ISBN 978-3-8085-6297-0.
39,90 EUR.
Europa-Fachbuchreihe für Berufe in der Sozialpädagogik.
Thema
Die Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher findet in Deutschland zum größten Teil an Fachschulen bzw. Fachakademien statt. Für diese berufliche Ausbildung hat die Kulturministerkonferenz (KMK) in einer Rahmenvereinbarung 2017 ein kompetenzorientiertes Qualifikationsprofil formuliert, welches in unterschiedlichen Lehrplanansätzen zum Beispiel in Lernfeldern, Modulen oder Fächern umgesetzt wird. Das Buch soll eine thematische Orientierung für diesen kompetenzorientierten, länderübergreifenden Lehrplan bieten.
Autoren
Hans-Dietrich Barth war unter anderem als Diplom-Psychologe und Diplom-Pädagoge 20 Jahre als Heimleitung in einer Jugendhilfeeinrichtung tätig. Dazu unterrichtete er als Dozent an einer Fachschule und war Mitglied der Lehrplankommission.
Dr. Fred Bernitzke (Psychologe) hat als Dozent und Schulleiter an einer Fachschule gearbeitet und war in der Fort- und Weiterbildung von pädagogischen Fachkräften tätig. Dazu ist er Autor mehrerer Fachbücher im sozialpädagogischen Bereich.
Christian Pocher hat Theaterwissenschaften und Deutsch studiert und arbeitet an einer Fachschule für Sozialpädagogik mit dem Schwerpunkt Medienbildung. Er hat Erfahrung als Hörfunk- und Fernsehjournalist.
Winfried Fischer war bis einschließlich der dritten Auflage als Mitautor tätig. Er war als Dozent an einer Fachschule tätig.
Entstehungshintergrund
Mit der Formulierung des kompetenzorientierten Qualifikationsprofils durch die Kulturministerkonferenz im Jahre 2017 rücken die Kompetenzen und die Handlungsorientierung in der Ausbildung der Erzieher/​innen noch mehr in den Vordergrund. Neben der Fachkompetenz werden die personale Kompetenz und die Methodenkompetenz immer bedeutender in der Ausbildung. Im Buch bilden diese trotz der unterschiedlichen Umsetzungen in den einzelnen Bundesländern die Grundlage.
Aufbau
Das Buch behandelt auf 704 Seiten in 12 Kapitel Kernthemen aus dem Berufsfeld der Sozialpädagogik. Hier finden sich die Inhalte der sechs Lernfelder wieder. Die Struktur des Buches gliedert sich dennoch nicht anhand der Lernfelder. Nach einem kurzen Vorwort werden auf den nachfolgenden 667 Seiten Themen wie Erziehen als Beruf, berufliche Identität, die Ausbildung, Grundlagen elementarpädagogischer Arbeit – Pädagogische Ansätze, die menschliche Entwicklung, Bildung und Lernen, der Erziehungsprozess, Medienerziehung von Kindern und Jugendlichen, Gruppenpädagogik, eingesetzte Methoden, Institution und Teams, Eltern und Öffentlichkeitsarbeit sowie Qualitätsmanagement angesprochen. Sehr häufig sind Lernsituationen eingefügt, die eine Handlungsorientierung unterstützen können. Oft werden die Inhalte unter der Überschrift „Auf dem Punkt“ gebracht noch einmal kurz zusammengefasst. Es folgen noch ein umfangreiches Glossar, ein Stichwort- und Personenverzeichnis, ein Literaturverzeichnis sowie ein Bildquellenverzeichnis.
Ausgewählte Inhalte
In einem kurzen Vorwort wird von den Autoren der Hintergrund des Buches erläutert. Es beinhaltet die Aufforderung sich auf das Abenteuer „Erziehung“ einzulassen.
Wie aufgeführt ist das Buch in zwölf Themenkapitel aufgeteilt. In dem ersten Kapitel wird das Thema Erziehen als Beruf behandelt. Im ersten der vier Unterkapitel wird die Rollenfindung durch die Auseinandersetzung mit der eigenen Erziehung, Praktikumserfahrungen und Ausbildungserfahrungen angesprochen. In den drei folgenden Unterkapiteln werden die Berufsfelder und die Anforderungen an diesen Beruf, die Umsetzung der Kompetenz- und Handlungsorientierten Qualifizierung sowie die Geschichte der Professionalisierung des Erzieherinnenberufs thematisiert.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Ausbildung. Hier werden Lern- und Arbeitstechniken, die Bedeutung und das Verhalten bei der Gruppenarbeit, die Bedeutung von Projektarbeit im Unterricht und die Präsentation von Fachinhalten und der Einsatz von Moderationstechniken wie zum Beispiel der Metaplan-Technik angesprochen. Daneben setzt sich das Kapitel mit der Nutzung von Mindmaps und der Prüfungsvorbereitung und dem Umgang mit Prüfungsangst auseinander.
Im dritten Kapitel werden wichtige pädagogischen Ansätze als Grundlage der elementarpädagogischen Arbeit vorgestellt. Als Erstes wird der Ansatz von Friedrich Fröbel dargestellt, es folgen die Ansätze von Maria Montessori, die Waldorfpädagogik, der Situationsansatz, die Reggio-Pädagogik, Natur- und Waldkindergärten, die Freinet-Pädagogik und der Early Exellence-Ansatz. Die Darstellung der Ansätze ist immer sehr ähnlich aufgebaut. Es wird die Biographie der namensgebenden Person oder die Geschichte des Ansatzes vorgestellt, es folgt das Bild vom Kind und der Blick auf die Entwicklung, das Verständnis von Erziehung und die Rolle und die Aufgaben der ErzieherInnen. Als Abschluss folgt die Zusammenfassung der didaktisch- methodischen Grundsätze, die aus den Punkten folgen.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Entwicklung des Menschen. Das Kapitel startet mit den Grundlagen der Entwicklung, indem das Zusammenspiel von Anlage und Umwelt und die Bindungsfähigkeit und Bindungsbereitschaft angesprochen werden. In weiteren Unterkapiteln werden die Themen Transition, Diversität von Lebenswelten und Lebenssituationen sowie Resilienz angesprochen. Das vierte Kapitel endet mit einer Auswahl an Verhaltensabweichungen, die somit das Thema von gestörten Entwicklungsverläufen ansprechen.
Im fünften Kapitel stehen die Themen Bildung und Lernen im Vordergrund. Unter dem Kapitel Bildungsinhalte erfolgt eine differenzierte Darstellung von der Sprachbildung und Sprachförderung sowie eine Auseinandersetzung mit der Bilingualen Erziehung. In einem weiteren Unterkapitel erfolgt die Darstellung von Lernprozessen in Ablehnung an die Inhalte: Bedeutung der Aufmerksamkeit, Motivation, Wahrnehmung und Gedächtnis. In zwei weiteren Unterkapiteln werden die Theorien über den Lernprozess und das schulische Lernen behandelt.
Das sechste Kapitel stellt die Erziehung des Kindes in den Vordergrund. Genauer betrachtet wird der Erziehungsprozess, der aus der Sicht des Kindes und des Erziehenden vorgestellt wird. In den folgenden zwei Abschnitten werden Erziehungsziele und das Verhalten der Erziehenden durch die Darstellung der Erziehungsstile und der fünf Säulen der Erziehung eingeordnet. Es folgt eine kurze Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Festen und Feiern in den Kindertageseinrichtungen. Die letzten drei Abschnitte des Kapitels setzen sich mit der Interkulturellen Erziehung, der Integrativen Erziehung und der Geschlechtsbewussten Erziehung auseinander.
Das Thema Medienerziehung steht im siebten Kapitel im Vordergrund. Es beginnt mit der Beschäftigung zum Thema Mediennutzung und der Wirkung der Medien. Im weiteren Verlauf werden Ziele der Medienerziehung und die Vermittlung von Medienkompetenz in den Blick genommen.
Die Gruppenpädagogik wird im achten Kapitel behandelt. In den ersten Abschnitten stehen die Gruppenmerkmale und die Gruppenstrukturen mit den Rollen in Gruppen und der Erfassung von Gruppenstrukturen durch die Soziometrie im Vordergrund. Im weiteren Verlauf des Kapitels werden die Gruppenphasen und das Thema der Gruppendynamik behandelt. Den Abschluss dieses Kapitels bildet das Thema Mobbing mit der Betrachtung der Ursachen, Auswirkungen und Maßnahmen.
Das neunte Kapitel befasst sich mit den von den Erziehenden angewandten Methoden. So beginnt das Kapitel mit der Beobachtung von Bildungsprozessen. Nach grundsätzlichen Informationen zum Thema Beobachtung stehen die Beobachtung sowie die Beobachtung von frühkindlichen Bildungsprozessen im Vordergrund. Der Abschnitt endet nach der Darstellung verschiedener Verfahren zur Beobachtung mit dem Vergleich der Verfahren zur Beobachtung frühkindlicher Einführungsprozesse. Daran angeschlossen folgt ein kurzer Abschnitt zur Dokumentation. Im weiteren Verlauf des Kapitels setzen sich die Autoren mit der Planung von Angeboten und der offenen pädagogischen Arbeit auseinander. Den Abschluss des Kapitels bildet die Beschäftigung mit den Themen Kommunikation und Konflikten. Bei den Konflikten stehen die Konfliktursachen und die Konfliktbearbeitung in den Vordergrund.
Im zehnten Kapitel werden die Themen Institution und die Teamarbeit angesprochen. Beim Thema Institution stellen die Autoren die Bedeutung der Einrichtungskultur in den Vordergrund. Es werden die Kulturebenen in einer Institution aber auch die Gefahren einer starken Einrichtungskultur und die Umsetzung der Corporate Identity in den Institutionen behandelt. Im zweiten Teil des Kapitels steht die Auseinandersetzung mit der Teamarbeit im Vordergrund. Es werden neben den Formen der Teamarbeit, die Teamrollen auch die Teamentwicklung und Probleme bei Teamsitzungen und deren Lösungen vorgestellt.
Das elfte Kapitel behandelt die Elternarbeit und die Bedeutung und Formen der Öffentlichkeitsarbeit. Die Formen der Elternarbeit und die Bedeutung der Erziehungspartnerschaften für die pädagogische Arbeit werden hier kurz dargestellt.
Im zwölften Kapitel wir das Thema Qualitätsmanagement behandelt. Nach einer Begriffsbestimmung wird die Bedeutung des Einsatzes von Qualitätsmanagement in sozialen Einrichtungen vorgestellt. Neben der Darstellung von Aufgaben der Qualitätsentwicklung und der Qualitätsdimensionen werden vier Qualitätsmodelle dargestellt (die Kindergartenskala KES-RZ, das Qualitätsmodell des Kronberger-Kreises, das Qualitätsmanagementsystem nach DIN EN ISO9001:2015 und das EFQM-Modell).
Diskussion
Dieses Buch ist vom Inhalt her sehr breit aufgestellt. Es deckt einen großen Teil der Inhalte der Ausbildung an der Fachschule ab. Das Kapitel zu den Kennzeichen der menschlichen Entwicklung finde ich persönlich ein wenig oberflächlich gehalten. Hier würde ich für meinen Unterricht weitere Literatur hinzuziehen. Gut gefallen hat mir der häufige Einschub der Zusammenfassung der Konsequenzen für die Erziehung. Hier würde ich im Laufe der Ausbildung versuchen die Studierenden diese selbst formulieren zu lassen, um sie dann mit dem Buch zu vergleichen. Ebenso haben mir die vielen grafischen Schaubilder gefallen. Oft ist der vorher behandelte Inhalt dadurch noch visuell zusammengefasst oder unter der Überschrift „Auf den Punkt gebracht“ in ein paar Sätzen zusammengefasst. Auch hier würde ich im Laufe der Ausbildung die Studierenden eigene Darstellungen entwerfen lassen. Auch die vielen vorhandenen Lernsituationen können Anregungen bieten.
Fazit
Das Buch „Abenteuer Erziehung“ ist meiner Meinung nach gut für die Ausbildung zur Erzieherin, zum Erzieher geeignet. Es deckt einen großen Teil der pädagogischen Themen ab, auch wenn bei dem ein oder anderen Thema vertiefende Literatur hinzugezogen werden muss. Ich werde das Buch in der Erzieherausbildung und der Kinderpflegeausbildung ergänzend zur bisherigen Literatur einsetzen, da mir gerade die Formulierungen der Konsequenzen für den erzieherischen Alltag sowie die Zusammenfassungen in den grafischen Schaubildern als Anregungen für den Einsatz im Unterricht gut gefallen haben.
Rezension von
Diplom-Pädagoge Volker Raupach
Diplom Pädagoge, Lehrtätigkeit an einer Fachschule und Berufsfachschule für Sozialwesen
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Zitiervorschlag
Volker Raupach. Rezension vom 10.08.2022 zu:
Hans-Dietrich Barth, Fred Bernitzke: Abenteuer Erziehung. Pädagogische, psychologische und methodische Grundlagen der Erzieherinnenausbildung. Verlag Europa-Lehrmittel Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG
(Haan-Gruiten) 2021. 4. Auflage.
ISBN 978-3-8085-6297-0.
Europa-Fachbuchreihe für Berufe in der Sozialpädagogik.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/29198.php, Datum des Zugriffs 24.01.2025.
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