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Hans Michael Heinig, Monika Schlachter-Voll (Hrsg.): Europäisches Arbeits- und Sozialrecht

Rezensiert von Dr. Sabahat Gürbüz, 30.03.2023

Cover Hans Michael Heinig, Monika Schlachter-Voll (Hrsg.): Europäisches Arbeits- und Sozialrecht ISBN 978-3-8487-6471-6

Hans Michael Heinig, Monika Schlachter-Voll (Hrsg.): Europäisches Arbeits- und Sozialrecht. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) 2021. 2. Auflage. 1439 Seiten. ISBN 978-3-8487-6471-6. D: 188,00 EUR, A: 193,30 EUR, CH: 223,70 sFr.
Reihe: Enzyklopädie Europarecht - Band 7.

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Thema

Wie der Titel schon verspricht, enthält das Werk eine umfassende systematische Darstellung des Europäischen Arbeits- und Sozialrechts. Beide Rechtsgebiete werden der deutschen Logik folgend in Arbeitsrecht und Sozialrecht unterteilt. Dabei bildet die Erläuterung der Rechtsgrundlagen den Schwerpunkt. Aktuelle rechtspolitische Themen werden nicht ausgeblendet und zum Teil auch diskutiert. Im Vordergrund steht aber die Vermittlung des erforderlichen Wissens, um sich mit dieser Materie vertieft vertraut zu machen oder auch konkrete Einzelfälle in der Praxis rechtlich zutreffend einzuordnen und zu bearbeiten.

Autor:innen und Herausgeber:innen

Bei den Herausgeber:innen und Autor:innen handelt es sich neben einigen wenigen Praktikern fast durchweg um Hochschullehrer:innen. Sie weisen naturgemäß eine besondere Kompetenz im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts auf und verfügen aufgrund ihres beruflichen Hintergrundes über die erforderliche Erfahrung bei der Vermittlung dieses nicht immer einfachen Rechtsgebiets in einem europäischen Kontext.

Entstehungshintergrund

Bei dem Werk handelt es sich um die 2. Aufl. des Bd. 7 der Enzyklopädie Europarecht. Diese Enzyklopädie besteht zwischenzeitlich aus zwölf Bänden. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein systemgeleitetes Panorama des Europarechts in seiner ganzen Breite und Vielgestaltigkeit auf dem neusten Stand zu vermitteln. Dabei versteht sie sich als grundlegenden Beitrag zur Einheitsbildung im Europarecht, das im Verbund mit den es tragenden nationalen Rechtsordnungen zu den großen Rechtssystemen der Welt gehört. Ziel der Enzyklopädie ist laut Herausgeber:innen eine aufeinander abgestimmte Durchdringung der einzelnen Bereiche des Gesamtsystems des Europarechts, die in der Behandlung ihrer Gegenstände systematisch von den positiven konzeptionellen Grundlagen über die daraus sich ableitenden allgemeinen Regeln zu den Einzelfragen fortschreitet. Während die anderen Bände etwa Binnenmarkt- und Wirtschaftsrecht, die Wirtschaft- und Währungsunion, aber auch das Europäische Strafrecht beleuchten, befasst sich der vorliegende Band mit dem Europäischen Arbeits- und Sozialrecht. Die Herausgeber:innen betonen, dass soziale Sicherheit und sozialer Schutz neben die fortbestehenden Flexibilitätsforderungen einer globalen Wirtschaft treten. Dabei sei das Arbeits- und Sozialrecht in den Mitgliedstaaten der EU zu guten Teilen europäisch determiniert.

Aufbau

Der Band gliedert sich in fünf Kapitel, von denen das erste Grundfragen des Europäischen Arbeits- und Sozialrechts behandelt, die beiden folgenden sich mit dem Arbeitsrecht befassen und die beiden letzten Sozialrecht zum Gegenstand haben. Die einzelnen Kapitel werden in Themenkomplexe aufgeteilt, zum Teil werden zusätzliche Unterabschnitte gebildet. Die Darstellung der verschiedenen Themen ist aufgrund der unterschiedlichen Autor:innen zwar nicht einheitlich, folgt im Wesentlichen aber der gleichen Logik. Vorangestellt ist fast immer eine gehaltvolle Einführung, die eine systematische und vor allem aber auch historische Einordnung leistet. Es folgt die detaillierte Darstellung und Erläuterung der betreffenden Rechtsmaterie anhand einer sich häufig aus den einschlägigen Gesetzesnormen selbst ergebenden Systematik. Vielfach endet das Kapitel mit einem Ausblick. Vorangestellt werden jeweils detaillierte Literaturhinweise. Angefügt findet sich nach jedem Abschnitt ein Verzeichnis wichtiger Entscheidungen des EuGH, die ganz überwiegend auch in der zuvor erfolgten Darstellung bereits berücksichtigt und dort zum Teil auch aufbereitet sind.

Inhalt

Kapitel A. befasst sich mit den Grundfragen des Europäischen Arbeits- und Sozialrechts. Arbeitnehmerfreizügigkeit, arbeitsrechtsspezifische und sozialrechtsspezifische Grundrechte sind ebenso Gegenstand der Darstellung, wie sozial- und arbeitsrechtliche Relevanz der Unionsbürgerschaft und der arbeitsrechtliche Diskriminierungsschutz sowie das sozialrechtliche Antidiskriminierungsrecht.

Kapitel B. betrifft dann ausschließlich Arbeitsrecht und hier den Europäischen Arbeitnehmerschutz. Ein erster Abschnitt dieses Kapitels behandelt unternehmensspezifische Regelungen zum Betriebsübergang, des Europäischen Insolvenzarbeitsrechts, zu Massenentlassungen und zur Entsendung. In einem zweiten Abschnitt folgen Erörterungen zu vertragsspezifischen Regelungen zu den Themen Arbeitszeit, Urlaub und Nachweis von Arbeitsbedingungen. Mit den Regelungen besonderer Vertragsverhältnisse befasst sich der dritte Abschnitt, in dem die Bereiche Teilzeit, Befristung und Leiharbeit dargestellt werden. Die personalspezifischen Regelungen des Mutterschutzes und der Elternzeit sowie der Jugendarbeitsschutz werden im vierten Abschnitt erläutert. Das Kapitel schließt in einem fünften Abschnitt mit einer Darstellung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, also des Europäischen Arbeitsschutzrechts.

Kapitel C. befasst sich mit Europäischen Kollektivrechten. Zunächst geht es um die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Unternehmensorganen. Anschließend werden Informations- und Konsultationsrechte sowie der soziale Dialog und Politikvereinbarungen beleuchtet. Damit wendet sich der Band dem Sozialrecht zu.

Kapitel D. befasst sich umfassend mit sozialrechtlichen Koordinierungsregeln. Dies beginnt mit einer Darstellung der Grundstrukturen und der allgemeinen Prinzipien des Koordinierungssozialrechts. Es folgen ausführliche Erläuterungen zu einzelnen Leistungen, nämlich von Krankheit und Mutterschaft im Koordinierungssozialrecht, Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, Sterbegeld, Invalidität, Alters- und Hinterbliebenenrenten, betriebliche Altersversorgung, Arbeitslosigkeit, Vorruhestand und Familienleistungen. Ein Überblick über besondere beitragsunabhängige Leistungen vervollständigt die Darstellung. Eine detaillierte Erörterung von Organisation und Verfahren des Koordinierungsrechts schließt sich an, bevor das Kapitel mit dem Thema Gleichbehandlung hinsichtlich sozialer Vergünstigungen im Kontext der Arbeitnehmerfreizügigkeit schließt.

Im letzten Kapitel E. geht es um Europäisches Wirtschaftsrecht und das mitgliedstaatliche Sozialrecht. Die Erläuterungen betreffen zunächst Europäisches Beihilfen- und Wettbewerbsrecht und mitgliedschaftliches Sozialrecht. Es folgen Ausführungen zum Thema Grundfreiheiten und mitgliedstaatliches Sozialrecht, insbesondere zur Bedeutung des Warenverkehrs- und der Dienstleistungsfreiheit für das gesundheitsbezogene Sozialversicherungsrecht. Der letzte Abschnitt behandelt schließlich das Europäische Sozialvergaberecht.

Diskussion

Die Herausgeber:innen ordnen das Werk selbst als ein Nachschlagewerk ein, das die Rechtsfragen der Einzelthemenkomplexe herausarbeitet und sie in ihrer Entwicklung zwischen der europäischen und nationalen Ebene durchdringt. Dies passt zum Charakter einer Enzyklopädie, wird dem Band aber nicht gerecht. Es handelt sich um ein außergewöhnliches Werk mit einer umfassenden, soweit ersichtlich erstmals in dieser Detailtiefe angebotenen Darstellung nationalen und Europäischen Arbeits- und Sozialrechts. Die der deutschen Logik folgende Gliederung erleichtert dem Leser den Zugang. Die inhaltliche Heranführung, insbesondere durch die jeweils einführende Erläuterung der Systematik und gerade auch des historischen Kontextes, fördern das Verständnis und wecken das Interesse an der Befassung mit dieser nicht immer vertrauten Materie. Das Buch wendet sich, wie auch die anderen Bände der Enzyklopädie, an die Wirtschafts- und Rechtspraxis sowie die Rechtspolitik und die Wissenschaft. Eine enorme Bandbreite. Dass dies dennoch gelungen ist, stellt den besonderen Wert des Bandes dar. Sprachlich klar und in Aufbau und Gedankenführung konsequent gelingt es ihm, auch komplexe Sachverhalte und Rechtsfragen anschaulich darzustellen. Besonders zu betonen ist dabei die umfassende Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung, der gerade im europäischen Recht eine besondere Bedeutung zukommt. Häufig ist eine rechtssichere Anwendung der einschlägigen Normen auch im nationalen Bereich erst möglich, wenn entsprechende Leitlinien durch die Rechtsprechung des EuGH vorgegeben sind. Die insoweit zentralen Entscheidungen werden sorgfältig wiedergegeben und ihre Relevanz herausgearbeitet. Dies gilt auch für die aus diesen Entscheidungen folgenden, über den konkreten Fall hinaus wirkenden Wertungen. Es dürfte kaum eine Thematik geben, die in diesem Band nicht erschöpfend behandelt oder zumindest angesprochen wird. Sollte doch einmal eine Frage offenbleiben, helfen umfangreiche Literaturhinweise und Fußnoten weiter. Das Werk eignet sich daher auch für die Bearbeitung komplexerer Fragestellungen des Europäischen Arbeits- und Sozialrechts. Insoweit trifft dann doch die Bezeichnung als „Nachschlagewerk“ zu. Ein umfangreiches Stichwortverzeichnis hilft bei der Orientierung und dem Auffinden der gewünschten Passage. Dies wird durch die jeweils vorangestellten ausführlichen Gliederungen zu dem Gesamtwerk und dann auch zu den einzelnen Kapiteln und Abschnitten unterstützt.

Fazit

Das Werk bietet eine umfassende Darstellung des europäischen Arbeits- und Sozialrechts, das kaum eine Frage offen lässt und sich bestens in die Reihe der Enzyklopädie Europarecht einfügt. Der Anspruch ist durchaus hoch. Dabei eignet sich das Werk sowohl für Wissenschaft als auch Rechtspolitik, in besonderem Maße aber für die Wirtschafts- und Rechtspraxis. In der Bibliothek der im europäischen Kontext agierenden Praxis sollte es nicht fehlen.

Rezension von
Dr. Sabahat Gürbüz
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht
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Es gibt 16 Rezensionen von Sabahat Gürbüz.

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Zitiervorschlag
Sabahat Gürbüz. Rezension vom 30.03.2023 zu: Hans Michael Heinig, Monika Schlachter-Voll (Hrsg.): Europäisches Arbeits- und Sozialrecht. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) 2021. 2. Auflage. ISBN 978-3-8487-6471-6. Reihe: Enzyklopädie Europarecht - Band 7. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/29275.php, Datum des Zugriffs 16.09.2024.


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