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Paul Mason: Faschismus

Rezensiert von Ronny Noak, 23.09.2022

Cover Paul Mason: Faschismus ISBN 978-3-518-02977-0

Paul Mason: Faschismus. Und wie man ihn stoppt. Suhrkamp Verlag (Berlin) 2022. 443 Seiten. ISBN 978-3-518-02977-0. D: 20,00 EUR, A: 20,60 EUR, CH: 28,90 sFr.
Reihe: edition suhrkamp. .

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Thema

Nicht erst seitdem Putin einen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet hat, scheint die Bewegung des Faschismus neuen Zuspruch zu erhalten. Der Autor Paul Mason begibt sich in seinem Buch auf die Suche nach Ideologie und Praxis des Faschismus in Geschichte, aber vor allem in der Gegenwart und will damit aufzeigen, wie der Faschismus, der weltweit eine Renaissance erlebt, gestoppt werden kann.

Autor

Paul Mason ist Journalist, Autor und Aktivist. Er arbeitete lange für die BBC und Channel 4News und ist zudem regelmäßiger Autor des Guardian.

Aufbau

Paul Mason hat seine Monografie in drei Teile untergliedert. Im ersten Teil „Ideologie“ befasst er sich vor allem mit den gegenwärtigen faschistischen Bewegungen und zeigt deren Merkmale und Motive auf. Dabei spannt sich der Betrachtungsradius über den gesamten Globus. Von Brasilien bis Russland begibt er sich auf die Suche nach den Ursprüngen und Erscheinungsformen des Faschismus. Dabei nimmt er gegenwärtige ideologische Vorreiter (bspw. Alexander Dugin) ebenso in den Blick wie historische Apologeten wie Carl Schmitt. Im zweiten Teil, der mit „Geschichte“ betitelt ist, begibt sich Mason auf die Suche nach den historischen Ursprüngen und Erfolgsbedingungen des Faschismus. Welche Konstellationen führten zu seinem Aufstieg? Wie gewann der Faschismus an Unterstützung und setzte sich schließlich als Staatsideologie in Deutschland und Italien durch. Das dritte Kapitel widmet der Autor schließlich wieder der Gegenwart und der Frage, wie der aktuelle Faschismus gestoppt werden kann.

Inhalt

Drei elementare Untersuchungsgegenstände hat Mason für seinen Zugang zum Phänomen des Faschismus gewählt. Die gegenwärtige Ausprägung, die historischen Vorbilder und Traditionslinien und die Frage, wie der Faschismus aufgehalten werden kann. Dabei führt er die Leserin und den Leser anfänglich in die „moderne faschistische Mythologie“ (S. 82) ein und vermittelt ein Bild über die Anziehungskraft des Faschismus, gerade unter aktuellen Bedingungen. Im weiteren Teil erläutert Mason den historischen Aufstieg des Faschismus anhand der Führer Mussolini und Hitler und ihrer Gefolgschaft. Dabei geht es ihm vor allem um den zeithistorischen Kontext. Abgeschlossen wird der Band mit der Erörterung der Frage, wie der Faschismus gestoppt werden kann. Dabei greift der Autor auf verschiedene Theoretiker*innen wie Hannah Arendt oder Ernst Nolte zurück, bevor er sich schließlich der entscheidenden Frage annähert, wie der Faschismus der Gegenwart gestoppt werden kann. Hierfür verwendet er das Konzept der wehrhaften Demokratie (S. 335), die eine geeinte Front von Menschen verschiedener Weltanschauungen – vom Liberalismus bis zum Kommunismus – benötige. Denn nur in Einheit der Vielfalt und der Verteidigung demokratischer Werte kann die Abwehr des Faschismus gelingen. Mason schwebt hierfür eine Volksfront vor. Dass beispielsweise hier das Internet ganz neue Herausforderungen stellt, lässt der Autor ebenso nicht unerwähnt.

Diskussion

Die Monografie führt mit ihren grundlegenden Betrachtungen in Genese und Form der faschistischen Ideologie als Staatsideologie ein. Sie untersucht umfassend das Phänomen des faschistischen Aufstiegs und der Erfolgsbedingungen. Mason zielt dabei – und dies ist innovativ zu werten – nicht auf die alleinige Erklärung des Phänomens. Ihn geht es vorrangig darum, aufzuzeigen wann und wie der Faschismus gestoppt werden kann. Immer wieder dreht seine Untersuchung um die Frage, wie es in Form einer geeinten Gesellschaft zu einer Abwehr des faschistischen Angriffs kommen kann. Dabei stellt er zum Beispiel auch die ahistorische aber interessante Frage, wann der italienische oder deutsche Faschismus vor 1933 hätte gestoppt werden können. Dabei lässt er beispielsweise nicht aus, dass die Sozialfaschismusthese der kommunistischen Bewegung in den 1920er-Jahren ein „bedingungsloses Bekenntnis zum gemeinsamen Kampf mit der SPD“ (S. 256) verhindert habe und somit auch die Eindämmung des Faschismus erschwerte. Diese Überlegungen führen schließlich zur Gegenwart und der Frage wie den aktuellen faschistischen Bewegungen begegnet werden kann.

Eine Lücke in Masons Werk ist dabei die fehlende eigene Definition von Faschismus. Zwar beruft er sich auf die bestehenden Faschismustheorien, welche er davon übernimmt oder anwendet bleibt jedoch offen. Zumindest legt er aber die elementaren Bestandteile faschistischer Ideologie „Irrationalismus, wissenschaftlicher Rassismus und Verherrlichung der Gewalt“ (S. 168) offen.

Der Band endet mit der Aussage Masons: „Ich fühle mich als Antifaschist.“ Nach der Lektüre dieses Bandes geht es der Leserin und dem Leser ganz ähnlich. Wer sich mit der Renaissance der faschistischen Bewegung befasst, wird um Masons marxistische Lesart nicht herumkommen; gerade wenn es um die Frage geht, wie eine stabile Brandmauer gegen den Faschismus errichtet werden kann. Dafür benötigt es zumindest das Gefühl sich als Antifaschist zu verstehen.

Fazit

Nie wieder! – das war das Credo der Generationen nach 1945. Und doch scheint der Faschismus wieder auf dem Vormarsch zu sein – vor allem da er vorgibt eine nationale Alternative zu Globalisierung und Individualismus zu sein. Wer sich fragt, wie sich diesen Gefahren begegnet werden kann, dem sei Masons Band empfohlen. Eine klare Empfehlung wird hier ausgesprochen, um sich gemeinsam gegen den Feind zu stellen. Dies kann nur gelingen, wenn eine breite Mehrheit der Gesellschaft dem Faschismus etwas entgegensetzt anstatt wegzuschauen. Masons Buch ist ein guter Ansatz, um den eigenen Blick zu schärfen und sich der Aufgabe als Antifaschist*in bewusst zu werden.

Rezension von
Ronny Noak
Doktorand am Lehrstuhl für politische Theorie und Ideengeschichte der Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Es gibt 17 Rezensionen von Ronny Noak.

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ISSN 2190-9245