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Jana Grothe (Hrsg.): Leitung, Führung und Management in der Sozialen Arbeit

Rezensiert von Prof. Dr. Christian Philipp Nixdorf, 30.08.2022

Cover Jana Grothe (Hrsg.): Leitung, Führung und Management in der Sozialen Arbeit ISBN 978-3-7799-6582-4

Jana Grothe (Hrsg.): Leitung, Führung und Management in der Sozialen Arbeit. Bedeutungshorizonte und Konzepte auf dem Prüfstand. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2022. 351 Seiten. ISBN 978-3-7799-6582-4. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR.

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Thema

Leitung, Führung und Management sind zentrale Themen in der Sozialen Arbeit. Ihrer nimmt sich Jana Grothe in ihrem Sammelband an, in dem sich 22 Aufsätze von 26 Autor*innen finden, die von Fragen zu Leitung, Führung und Management im komplexen Feld Sozialer Dienstleistungsorganisationen handeln. Dass Organisationen des Sozialwesens gut gemanagt werden müssen, um ihre Ziele effektiv sowie effizient zu erreichen und die Mitarbeiter*innen dabei „mitzunehmen“, ist klar. Die Frage, wie das aussehen kann, wodurch es sich von Management-Philosophien und -praktiken im Profit-Sektor unterscheidet und womit in der Sozialen Arbeit managementtechnisch gepunktet werden kann, ist aber keineswegs klar. Es wird unterschiedlich gesehen. Diverse Blickwinkel darauf finden sich im hier rezensierten Buch, in dem Bedeutungshorizonte und Konzepte auf den Prüfstand gestellt und aktuelle Führungs- und Managementkonzepte interdisziplinär hinterfragt fragen. Ebenso wird die Frage der Übertragbarkeit „klassischer“ und neuer betriebswirtschaftlichen Konzepten auf den Sozialsektor aufgegriffen und diskutiert.

Herausgeberin

Prof. Dr. Jana Grothe ist Dipl.-Sozialpädagogin und Leitungskraft von Studiengängen im Bereich Sozialpädagogik an der Internationalen Berufsakademie der F+U Unternehmensgruppe (iba). Sie ist zudem tätig als Beraterin für Unternehmensentwicklung, als Personal- und Business Coach, Führungskräftetrainerin sowie Mediatorin.

Aufbau und Inhalt

Das Buch hat 352 Seiten, ist in drei Kapitel und ein Vorwort unterteilt. Im Vorwort erklärt die Herausgeberin zunächst den Sinn dessen, sich mit Fragen des Sozialmanagements zu befassen. Sie hebt hervor, dass die Auseinandersetzung damit nie abgeschlossen sein könne, weil die Gesellschaft, der Sozialsektor wie auch die Management-Prozesse und -philosophie Wandlungen unterworfen seien. Um „den stetig neuen Anforderungen gerecht werden zu können und zeitnah auf veränderte Bedingungen zu reagieren, müssen Mitarbeiter*innen und Führungskräfte gemeinsam, d.h. als Team dazu fähig sein, sich an gesamtgesellschaftliche Veränderungen anzupassen und Veränderungsprozesse im Unternehmen und damit die Weiterentwicklung als Unternehmen kontinuierlich zu leben“, ist Jana Groth überzeugt (S. 8). Ihr Sammelband soll dazu beitragen, zu erhellen, wie das gelingen kann und welche Stolpersteine dabei zu bedenken sind.

Das erste Kapitel des Werkes ist betitelt mit »Grundlagen von Führung und Management in der Sozialen Arbeit«. Hier finden sich drei Aufsätze von Jana Grothe, Heinrich Greving & Ilona Hülsmann sowie von Stefan Jung, in denen dargelegt wird, was Management in der Sozialen Arbeit auszeichnet, inwieweit es sich von Managementprozessen und -vorstellungen in der freien Wirtschaft unterscheidet, was Führung und Management unterscheidet und warum Führungskräfte heute anders als noch vor wenigen Jahrzehnten führen müssen. „Die Arbeitswelt zeigt seit einigen Jahren aufgrund des demografischen Wandels und der damit in Verbindung stehenden Generationsunterschiede, des digitalen Fortschritts und der gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen einen deutlichen Bedarf nach einer veränderten Führungs- und Steuerungskultur, die letztendlich auch Veränderungen in Bezug auf die bestehenden Organisationsstrukturen, Prozesse und Umgangsweisen in einem Unternehmen mit sich bringen müssen“, schildert Groth (S. 23). Dieser Wandel mache vor Organisationen des Sozialwesens nicht halt. Es wünschten sich auch dort immer mehr Mitarbeiter*innen eine wertschätzende Führung, die sie einbezieht und die eigene Expertise anerkennt. Es bedürfe hier daher heute einer neuen Haltung, „durch die es die Führungs­kraft schafft, die komplexen und nicht selten konfliktreichen Situationen im Unternehmen und im Team konstruktiv und lösungsfokussiert zu steuern“, ist die Autorin überzeugt. (S. 24).

Die Führungskräfte von heute müssten zur „Selbstreflexion anregende lösungsfokussierte (Coaching)Fragen“ stellen und „den Perspektivenwechsel als wertvolles Werkzeug und die Mitarbeitenden als Expert*innen“ verstehen und bestärken, eigene Lösungen zu entwickeln […], sodass das Potenzial der Mitarbeitenden entwickelt werden kann“ (ebd., S. 25). Um Unternehmen im Sozialwesen erfolgreich zu steuern, bedürfe es „umfangreiche und vertiefende Kenntnisse zu Management und Führung, also eine kombinierte Expertise von Management- und Führungskompetenzen“, schreibt Groth (S. 27). Auch brauche es „einen wertebasierten Organisations- und Kulturentwicklungsprozess, der neben den neuen Formen der Zusammenarbeit (z.B. agil arbeitenden Organisationen), die Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt berücksichtigt, eine räumliche und zeitliche Flexibilität durch virtuelles und mobiles Arbeiten ermöglicht und eine wertschätzende, menschliche und kollegiale Zusammenarbeit stärkt“ (ebd.). Für Führungskräfte bedeute dies, Vertrauen in ihre Mitarbeitenden zu entwickeln und nicht alles selbst steuern und engmaschig kontrollieren zu wollen. Wer das beherzige, trage „letztendlich dazu bei, Organisationsformen und die damit verbundene Führungs- und Managementarbeit umzudenken und weiterzuentwickeln“, meint die Autorin (ebd.).

Mit welchen Herausforderungen konkret sich Führungskräfte im Sozialsektor vor allem in der betrieblichen Sozialarbeit konfrontiert sehen, beschreiben Heinrich Greving & Ilona Hülsmann. Sie schildern, dass „die Soziale Arbeit in Betrieben ein immer stärkeres Aufgabenprofil wahr[nehme], welches wiederum konzeptionelle Vernetzungen mit sich zieht, welche ebenfalls mit den […] gesellschaftlichen Herausforderungen in Beziehung gesetzt werden kann. Hierzu gehört z.B. die Sozialberatung, die Suchtprävention und Suchthilfe, die Krisenintervention der beteiligten Handelnden, aber auch die ganz pragmatische Unterstützung des betrieblichen Klientels, z.B. durch Unterstützung oder weitere Dienstleistungen, welches als ‚Beschaffung‘ gekennzeichnet werden kann“, meinen die Autor*innen (S. 31). Sozialarbeitende in der Betrieblichen Sozialarbeit seien „dazu angehalten, Case- und Care-Managementprozesse zu realisieren. Schon an dieser Stelle wird deutlich, dass der Gedanke des Managements, also der Leitung, auch über diesen Weg immer intensiver Einzug in die Profession der Sozialen Arbeit hält“, schreiben Greving & Hülsmann (ebd.). Hinzu kämen diverse Projekte, die gemanagt werden müssten und weitere Herausforderungen für Organisationen der Sozialen Arbeit mit sich brächten. Aufgrund der Schnelligkeit der Veränderungen in der Gesellschaft bedürfe es ferner immer mehr Kenntnisse in allgemeiner Unternehmensführung und im Change-Management. Dabei müsse stets bedacht werden, dass Gewinnmaximierung im Sozialsektor nicht das ausschlaggebende Erfolgskriterium sei. Vielmehr müssten Organisationen jedweder Couleur im Sozialwesen „den Gedanken der Teilhabe und der Partizipation nicht nur im Hinblick auf ihre Konzeptionalisierung, sondern auch im Hinblick auf den eigenen organisatorischen Aufbau folgen, sodass die Organisationskultur in diesen Feldern ebenfalls durch die Ideen der Teilhabe und Partizipation grundlegend gekennzeichnet wird“, schildern die Autor*innen (ebd.) Ein weiterer Punkt, der auf Managementprozesse in der Sozialen Arbeit einwirke, sei die rasant zunehmende Digitalisierung.

Eine Konsequenz aus dem Viel an schnellen Veränderungen sei, dass Organisationen im Sozialwesen lernende Organisationen sein müssten. Die Leitung einer Organisation habe „die relevante Aufgabe, genau diese Veränderungsprozesse in Bezug auf alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen dieser Organisation zumindest zu fokussieren, wenn nicht sogar zu antizipieren“ (S. 33). Für die Führung einer Organisation sei es notwendig, zu wissen, „wie die Lernprozesse auf unterschiedlichen Ebenen dieser Organisation vollzogen und nachvollzogen werden. Hierbei ist es wichtig, den Lebenszyklus einer Organisation zu fokussieren, also zu wissen, an welcher Stelle, wann und wie bestimmte Ressourcen in die Organisation hineingegeben werden und wie sie in der Zeit und im Zeitverlauf dieser Organisation wirken“.

Das bedeute, so sind Greving & Hülsmann überzeugt, dass „die Leitung einer Organisation als auch die Organisationsmitglieder differenzierte Kenntnisse über organisationsinterne Wirkungszusammenhänge besitzen (sollten)“ (S. 34). Darüber hinaus sei die Leitung „einer Organisation in der Sozialen Arbeit […] gut beraten, zu verstehen und zu beschreiben, dass auch eine Fehlerfreudigkeit in der Organisation dazu führt, diese Organisation in Bezug auf Wissensprozesse weiter auszugestalten“ (S. 34 f.). Organisationsprozesse müssten immer auch als Lernprozesse verstanden werden, die immer auch „zu Veränderungsprozessen führen, sodass Changemanagement eine zentrale Steuerungsaufgabe einer proaktiven Führungspersönlichkeit in Organisationen der Sozialen Arbeit ist“ (S. 35). Eingegangen wird seitens der Autor*innen des Weiteren auf die Bedeutung der Organisationskultur. Sie konstatieren, dass sich die Soziale Arbeit nicht nur als Menschenrechtsprofession zu verstehen habe, „sondern, dass sie sich vor allem auch als politische Handlungswissenschaft mehr und mehr positioniert“ (S. 40).

»Konzepte, Aufgaben und Anforderungskomplexe aktueller Führungsansätze« lautet die Überschrift des zweiten Kapitels. Dieses ist mit Abstand das Längste. In den 15 hier versammelten Aufsätzen, auf die in dieser Rezension nicht alle eingegangen werden kann, findet sich eine große Bandbreite an Führungs- und Management-Thematiken, wobei stets ein Bezug zu den Besonderheiten des Managements des „Sozialen“ hergestellt wird. So nimmt sich André Niggemeier beispielsweise des Themas Chaos und Ordnung in Führung und Sozialmanagement an. Er arbeitet die Notwendigkeit und den Nutzen von Synergien heraus. Die Besonderheiten und Notwendigkeiten des agilen Führens, welches seit gut 15 Jahren eines der Top-Themen in der Managementliteratur ist, werden von Yvonne Knospe reflektiert. Explizit auf Herausforderungen und Stolpersteine auf dem Weg zur agilen Führungspraxis geht Maik Arnold in seinem Text ein. Mit Agilität in der Führung befasst sich auch Stefan Bornemann. Er beleuchtet die kreativen Potenziale agiler Führungs- und Managementkonzepte und hält auch einige konkrete Umsetzungsempfehlungen für die Praxis der Sozialen Arbeit bereit.

Ein weiteres Thema neben Agilität, das im Diskurs um modernes Management und „New Work“ nicht fehlen darf, ist Holakratie (teils auch Holokratie genannt). Darunter verstanden wird eine Form der Aufbauorganisation, bei der nicht Hierarchien, sondern Personen mit unterschiedlichen Rollen (Tätigkeitsfeldern) im Vordergrund stehen. Viel Wert gelegt wird dem holakratischen Prinzip nach auf Selbstorganisation, Sinn-Empfinden und individuelle Verantwortung für die Gesamtorganisation. Da flache Hierarchien in vielen Organisationen im Sozialwesen bereits die Norm darstellten und Sozialarbeitende oftmals eine hohe intrinsische Motivation für die Arbeit mitbrächten, konstatiert der Autor, dass im Sozialwesen gute Voraussetzungen für die selbstführende und selbststeuernde Arbeit in einer Holakratie vorhanden seien. Wie dieses Potenzial sich optimal nutzen lässt, wird im Text geschildert. Das dritte große Thema im modernen Management-Diskurs, das auch im hier rezensierten Sammelband nicht fehlt, ist die Digitalisierung. Dieser Thematik nimmt sich Martin Holler in seinem Aufsatz über digitale Transformation in der Sozialen Arbeit an. Er zeigt auf, dass und warum Remote Leadership in der Sozialen Arbeit einer neuen Haltung und eines veränderten Führungsverständnisses von Führungskräften (aber auch Mitarbeitenden) bedarf. Der Autor nimmt sich der Aufgaben und Anforderungen für das Führen auf Distanz an und skizziert, welches Mindset an den Tag gelegt werden müsse, damit digitales Führen über Distanz effektiv und effizient erfolgen könne. Die nötigen Tools, Fähigkeiten und Qualifikationen, derer es bedarf, um dies zu leisten, werden ebenso vorgestellt.

Mechthild Beeke geht in ihrem Text auf die Bedeutung des Coachings in Sozialorganisationen ein. Coaching, welches im Sozialwesen eine lange Tradition hat, wird „als Element von Führung und Management“ dargestellt. Zudem werden Überlegungen zur „Weiterentwicklung der sozialen Dienstleistungsbranche“ vorgenommen (S. 214 ff.). Bastian Mondorf stellt sich in seinem Aufsatz die Frage, ob Coaching gar als Pflichtaufgabe für Führungskräfte betrachtet werden müsse und wie bedeutsam die emotionale Intelligenz für Führungskräfte ist. Ein weiterer Themenkomplex, der allein schon durch den demografischen Wandel, durch die Globalisierung und durch eine stärkere Liberalisierung und Individualisierung der Gesellschaft auch im Management stetig an Bedeutung gewinnt, ist der Umgang mit Vielfalt. „Managing Diversity“ in der Sozialen Arbeit bedarf grundlegender Kenntnisse und Fähigkeiten. Ohne Ambiguitätstoleranz (und auch generelle Toleranz gegenüber anderen Lebensentwürfen sowie Selbstverständnissen) ist ein gelingendes Zusammenarbeiten kaum möglich. Warum dem so ist und wie der professionelle Umgang mit Vielfalt aussehen kann, wird von Claudia Muche & Steffen Baer am Beispiel von queer professionals dargelegt. Ein Text über die „Professionalisierung der Sozialen Arbeit durch Erkenntnisse aus der Generationenforschung“ mit Schwerpunkt auf den Umgang mit unterschiedlichem Führungs- und Managementbedarf der Generationen Y und Z von Sophia Lux und ein Aufsatz zu den „Chancen und Herausforderungen von Führung und Management zur Weiterentwicklung von Mitarbeiter:innen und Organisationen in der Sozialen Arbeit“ von Petra Mund runden das Kapitel ab.

Das dritte und letzte Kapitel des Sammelbandes ist überschrieben mit »Führung im Kontext verschiedener Arbeitsbereiche«. Stefan Würz nimmt sich hier der Bedeutung des Freiwilligenmanagements an, das für soziale Organisationen ein elementarer Bestandteil ihrer Arbeit ist. Mit der Notwendigkeit solider Planung, Organisation und Verknüpfung von Prozessen in der Sozialen Arbeit setzt sich Gabriele Hoppe auseinander, die den Fokus auf die wachsende Bedeutung von koordinativer Führung im Bereich des Palliativ Case Managements legt. Andrea Klein postuliert in ihrem Aufsatz, dass Lehren ebenfalls Führen sei. Sie beschreibt die Verbindung der Themenkomplexe von Lehren einerseits und Führen andererseits. Lehrenden im Bereich der Sozialen Arbeit käme, so erklärt die Autorin, nach einer kurzen Betrachtung der Anforderungen, die an Führungskräfte gerichtet werden, die Aufgabe zu, Studierende auf ihre spätere Führungsrolle vorzubereiten. Zu diesem Zweck sei es wichtig, die Überschneidungen zwischen Lehren und Führen aufzuzeigen und die Bedeutung der Lehrperson als Führungskraft herauszustellen“ (S. 317). Klein erklärt, dass klassische Führung „unter den heutigen Rahmenbedingungen nur eingeschränkt angebracht“ sei, dass eine Lehrperson „sowohl wissensvermittelnd als auch lernbegleitend agieren können“ müsse (ebd.) und dass „sowohl Lehren als auch Führen komplexe, anforderungsreiche Tätigkeiten“ seien, in denen „die jeweilige Person über große innere Handlungsspielräume verfügen“ können müssen, „um ihrer Aufgabe gerecht zu werden“. Gelingendes Führungshandeln könne allerdings nicht antrainiert sein, sondern müsse „einer inneren Haltung entspringen“, ist die Autorin überzeugt (S. 318). Den Abschluss des Buches bildet ein Aufsatz von Alexandra Sobotta und der Herausgeberin des Sammelbandes, Jana Grothe. Sie reflektieren darin, welche „Konsequenzen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften in der Sozialen Arbeit“ aus den Darlegungen zu ziehen seien, die im Buch versammelt sind.

Diskussion

Was lässt sich zum Buch »Leitung, Führung und Management in der Sozialen Arbeit« nun festhalten? Für wen ist es geschrieben, wie ist es im Fachdiskurs zu verorten und inwieweit kann das Werk empfohlen werden? Dazu kann der Rezensent folgendes festhalten:

Formalia, Verständlichkeit & Zielgruppe: Da das Werk bei Beltz Juventa erschienen ist, verwundert es kaum, dass es inhaltlich wie auch vom Layout her fachbuchtypisch gestaltet ist. Die serife Schrift des Drucks ist hinreichend groß, sodass das Buch gut zu lesen ist. Was die inhaltliche Verständlichkeit der Texte anbelangt, ist diese unterschiedlich zu werten. Manche der Texte sind auch für Neueinsteiger*innen in die Thematik verständlich, andere sind herausfordernd, wenn keinerlei Vorwissen zur Führungs- und Management-Thematik sowie zu den Besonderheiten und Professionsvorstellungen in der Sozialen Arbeit vorliegt. Gut getan hätte es manchen Texten, wenn diese um Schaubilder ergänzt worden wären. In einigen der Aufsätze finden sich solche Schaubilder, in anderen aber leider nicht. Eher negativ anzukreiden ist, dass sich in manchen Aufsätzen sehr lange Schachtelsätze mit teils über 80 Worten finden. Was die Zielgruppen angeht, richtet sich der Sammelband an Hochschullehrende, Studierende sowie Fach- und Führungskräfte der Sozialen Arbeit, wobei das Werk für Studierende im ersten Semester zu herausfordernd sein kann. Der Rezensent, der selbst im Bereich Soziale Arbeit und Sozialmanagement lehrt, würde manche der Texte eher in Master-Seminaren thematisieren. Hier stellen sie ein informatives Diskussions- und Reflexionsmaterial bereit, das hilft, die eigenen Denk- und Verhaltensweisen zu hinterfragen und Neues zu probieren.

Verortung im Fachdiskurs und Wertung: Bücher zum Themenkomplex des Managements in der Sozialen Arbeit gibt es wie den sprichwörtlichen Sand am Meer. Das zeigt, dass am Markt und in der Wissenschaft sowie Lehre offenkundig Bedarf besteht, sich dazu zu informieren. Das verwundert kaum, denn gerade deshalb, weil im Sozialwesen das Geld häufig knapp und auch andere Ressourcen eher beschränkt sind, ist es dort umso wichtiger, nachhaltig effektiv und effizient zu wirtschaften. Gut durchdachte und umgesetzte Sozialmanagementkonzepte helfen Organisation, das zu leisten. Themenkomplexe, die im Kontext des Managements des Sozialen (und im sozialen) immer wieder aufgegriffen, adaptiert, reflektiert und evaluiert werden, sind synergetische, selbstorganisationale Führung in holakratischem Sinn, Agilität, die digitale Transformation, die Bedeutung der Kommunikation für Führungskräfte in Beratung, Coaching und insgesamt in der Organisationskultur sowie Diversity Management. All diese Themenaspekte (und einige zusätzliche) werden in den Aufsätzen im Buch behandelt.

Die Frage, ob man den Sammelband gelesen haben muss, kann der Rezensent nicht beantworten. Es kommt auf das Vorwissen potenzieller Leser:innen*innen an. Wer bereits Bücher zum Sozialmanagement wie »Grundlagen zum Sozialmanagement« von Löhe & Aldendorff (2022), »Sozialmanagement: Organisation, Leitung und Management sozialer Einrichtungen« von Amerein et al. (2022), »Systemisches Management in Organisationen der Sozialen Arbeit« von Gesmann & Merchel (2019), »Betriebswirtschaftslehre für Sozialunternehmen« von Schellberg (2017), »Leitung in der Sozialen Arbeit« von Merchel (2015) oder »Einführung in das systemische Sozialmanagement« von Bauer (2013) gelesen hat und auch sonst mit der Thematik von New-Work und New-Organizing vertraut ist, wird in Bezug auf Methoden und Konzepte dessen, was im Sozialmanagement zur Anwendung kommt, in »Leitung, Führung und Management in der Sozialen Arbeit« von Grothe (2022) nicht wirklich Neues finden. Wer sich im Sozialmanagement noch wenig auskennt, für den kann die Lektüre aber hilfreich sein, zumal in den Texten von verschiedensten Seiten her auf die komplexe Thematik geschaut wird. Die Lektüre eines Einführungswerks zum Sozialmanagement kann der Sammelband aber nicht ersetzen, zumal manches in ihm zwecks Nachvollziehbarkeit Vorwissen voraussetzt. Hinzu kommt, dass der Aufbau sowie die Auswahl der Texte in einem Sammelband es mit sich bringen, dass eine komplexe Thematik darin didaktisch nicht ganz so gut aufgearbeitet werden kann wie in einer Monografie. An der Thematik interessierten Lehrenden an Hochschulen kann die Lektüre dennoch empfohlen werden – allein schon, um zu sehen, was derzeit die up-to-date-Themen im Sozialmanagement sind und welche neuen (oder auch alten) Konzepte, Tools und Überzeugungen hier derzeit zur Anwendung kommen können.

Fazit

Jana Grothe versammelt in Ihrem Sammelband diverse Aufsätze, in denen Fragen der Führung und Leitung in der Sozialen Arbeit, Herausforderungen für Organisationen der Sozialen Arbeit, Ambivalenz und Unsicherheit sowie das gelingende Management von Vielfalt in einer zunehmend digitalisierten Welt beleuchtet werden. Es werden Konzepte, Aufgaben und Anforderungskomplexe aktueller Führungsansätze aus sozialpädagogischer, psychologischer, soziologischer und betriebswirtschaftlicher Perspektive praxisnah beleuchten. Wer sich zu den aktuellen Themenkomplexen in der Führung von Organisationen der Sozialen Arbeit einen Überblick verschaffen will, dem kann die Lektüre empfohlen werden.

Rezension von
Prof. Dr. Christian Philipp Nixdorf
Sozialwissenschaftler, Diplom-Sozialarbeiter/-pädagoge (FH), Sozial- und Organisationspädagoge M. A., Case Management-Ausbilder (DGCC), Systemischer Berater (DGSF), zertifizierter Mediator, lehrt Soziale Arbeit und Integrationsmanagement an der Hochschule der Wirtschaft für Management (HdWM) in Mannheim.
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Zitiervorschlag
Christian Philipp Nixdorf. Rezension vom 30.08.2022 zu: Jana Grothe (Hrsg.): Leitung, Führung und Management in der Sozialen Arbeit. Bedeutungshorizonte und Konzepte auf dem Prüfstand. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2022. ISBN 978-3-7799-6582-4. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/29363.php, Datum des Zugriffs 25.01.2025.


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