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Peter Pantucek-Eisenbacher: Grundlagen der Einzelfallhilfe

Rezensiert von Prof. Dr. Torsten Linke, 01.07.2022

Cover Peter Pantucek-Eisenbacher: Grundlagen der Einzelfallhilfe ISBN 978-3-525-70309-0

Peter Pantucek-Eisenbacher: Grundlagen der Einzelfallhilfe. Soziale Arbeit mit Methode. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2022. 170 Seiten. ISBN 978-3-525-70309-0. D: 25,00 EUR, A: 26,00 EUR.

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Thema

Die Soziale Einzelfallhilfe ist die älteste und am meisten praktizierte Methode der Sozialen Arbeit. Daraus begründet sich ihr historischer wie aktueller Stellenwert. In der vorliegenden Publikation geht der Autor, ausgehend von einer theoretischen Grundlage, der Frage nach, wie Einzelfallhilfe gelingen kann. Hierzu werden exemplarisch Entwicklungen, Empfehlungen und Möglichkeiten für das methodischen Handeln in der Einzelfallhilfe – mit Blick auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen und Bedingungen – aufgezeigt.

Autor und Entstehungshintergrund

Peter Pantuček-Eisenbacher ist Sozialarbeiter, Soziologe und Hochschullehrer aus Österreich. Pantuček-Eisenbacher sammelte vor seiner wissenschaftlichen Laufbahn langjährige Erfahrung in der Sozialen Arbeit durch seine Tätigkeit beim Jugendamt Wien. Bevor er 2018 als Rektor an die Bertha von Suttner Privatuniversität St. Pölten wechselte war er fast 30 Jahre als Professor an der FH St. Pölten tätig. Er veröffentlichte mehrere einschlägige Publikationen zur Sozialen Diagnostik und zur Fallarbeit in der Sozialen Arbeit.

Die vorliegende Publikation entspringt der Motivation, dem 1988 publizierten Werk Lebensweltorientierte Individualhilfe eine neue und aktuelle Veröffentlichung zur Einzelfallhilfe folgen zu lassen. Der Autor verfolgt das Ziel, ein Lehr- und Handbuch zur praktischen Umsetzung der Einzelfallhilfe vorzulegen, zum Erlernen – wie Pantuček-Eisenbacher betont – eines anspruchsvollen Handwerks (S. 7).

Aufbau und Inhalt

Die Monografie gliedert sich in zwei Schwerpunktteile mit jeweils mehreren Unterpunkten. Diese werden ergänzt durch ein Vorwort, indem der Autor seine Bewegründe und sein Verständnis zur Publikation darlegt und am Ende durch ein Glossar, in dem einige zentrale Begriffe definiert werden und ein Register mit Schlagworten, denen im Text eine zentrale Bedeutung beigemessen wird.

Im ersten Teil Einzelfallhilfe – Grundlagen und Bedingungen (S. 11–60) nimmt Pantuček-Eisenbacher eingangs eine Begriffsklärung zur Einzelfallhilfe vor, der ein historischer Abriss folgt. Anschließend geht der Autor auf ausgewählte Aspekte ein, die für diese Arbeitsform der Sozialen Arbeit bestimmend sind, bspw. die Frage der Individualisierung, die Interaktion zwischen Professionellen und Klient:innen, die Rolle von Familie, sozialem Umfeld, Gesellschaft und Staat.

Neben diesen Punkten nimmt der Autor Bezug auf zwei wichtige – und nicht immer präsente und reflektierte – Aspekte, die eine Beziehungsgestaltung und das professionelle Handeln beeinflussen: Körper (S. 35 ff.) und Gefühle (S. 38 ff.). Auch wenn die Interaktion in der Einzelfallhilfe auf verbale Kommunikation fokussiert ist, sind die Personen körperlich anwesend und nehmen den Körper der anderen wahr – bis auf Tätigkeiten, in denen ausschließlich telefonisch oder digital ohne Bild kommuniziert wird. Die Wahrnehmung des Körpers, die körperliche Ausstrahlung und deren Wirkung sind, so der Autor (S. 36 f.), verbunden mit Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und eventuell auch Gefühlen der Ablehnung für und von Personen, also bedeutend für die Gestaltung der Arbeitsbeziehung. Hier werden gestrafft Überlegungen zu Takt und Beschämung angeschlossen, die auf eine nötige Sensibilität wie Reflexion verweisen. Ausgehend davon schließt Pantuček-Eisenbacher die Dimension Gefühle an und skizziert drei für ihn wesentliche Punkte – Scham, Ekel und Begehren – die für die Beziehungsgestaltung zwischen Professionellen und Klient:innen von Bedeutung sind und über deren Wirkung sich Sozialarbeitende bewusst sein sollten, was auch zu der Aufgabe führt damit im Arbeitskontext entsprechend umzugehen (S. 38 ff.).

Am Ende des ersten Teils geht Pantuček-Eisenbacher nach den o.g. eher sozial-diffusen Themen wieder auf Sachthemen ein. Geklärt und besprochen werden Punkte wie der Begriff soziale Probleme (S. 44), Prinzipien der Einzelfallhilfe (S. 47) und der Begriff Fall (S. 52). Diese Abschnitte sind mit Vorschlägen für kleine Übungen verbunden um sich vertiefend und selbstreflexiv mit diesen Themenbereichen auseinandersetzen zu können. Innerhalb dieser Abschnitte lässt der Autor spezifische Themen einfließen und diskutiert diese, so die Fragen nach einem möglichen Family Case Work (S. 42) oder zu den digitalen Medien im Kontext mit der Einzelfallhilfe (S. 49). Abschließend wird das Klient:in-Sozialarbeitende-Interaktionssystem (KSI) vorgestellt und auf hier wesentliche Punkte wie die helfende (professionelle) Beziehung eingegangen (S. 55 ff.).

Im zweiten – und deutlich umfangreicheren – Teil How to do it: Einzelfallhilfe in der Praxis (S. 61–150) stellt der Autor Varianten der Einzelfallhilfe (S. 62 ff.) vor und nimmt einen zweiten historischen Abriss vor (S. 67 f.). Ausgehend von dieser Basis geht Pantuček-Eisenbacher auf exemplarische Punkte ein, um daran sein Verständnis von Einzelfallhilfe deutlich zu machen und Vorschläge für das methodische Handeln zu unterbreiten. Von der Frage: Was ist eine Sitzung? (S. 68 ff.); schlägt der Autor einen Bogen in dem er verschiedene Aspekte aufgreift und bspw. über die Problembedeutung, -erfassung und -einordnung (S. 75), die Zielplanung (S. 82 ff.), das Führen von Gesprächen (S. 88), die Soziale Diagnostik (S. 118 ff.), zur Fallanalyse (S. 143 f.) und dem Umgang mit Fehlern kommt (S. 145 ff.).

Auch in diesem Teil arbeitet der Autor mit Merksätzen, Beispielen, Abbildungen und Übungen zur Untersetzung seiner Ausführungen und nimmt neben der Darlegung von grundsätzlichen Aspekten und von Verfahren und Techniken zur Durchführung der Einzelfallhilfe diskursive Exkursionen vor. Exemplarisch sei hier die Ausführung zum Punkt Bedürfnisse genannt (S. 102 ff.) in der Pantuček-Eisenbacher die Maslowsche Bedürfnispyramide hinsichtlich ihrer hierarchischen Ausrichtung kritisch diskutiert und ein alternatives Modell vorstellt (S. 104 f.). Ebenso: Nach den Überlegungen zur Idee eines Family Case Work im ersten Teil greift der Autor im zweiten Teil den Punkt der grundsätzlichen Differenzierung zwischen Einzelfallhilfe und Case Management auf (S. 135).

Diskussion

Pantuček-Eisenbacher legt einen knappen Band von ca. 150 Seiten Text zu den Grundlagen der Einzelfallhilfe vor. Neben den zahlreichen Veröffentlichungen zu spezifischen Themen die mit der Einzelfallhilfe – historisch, inhaltlich, methodisch, organisatorisch – verbunden sind, wie bestimmten Verfahren und Techniken bspw. der sozialen Diagnostik, der sozialpädagogischen Diagnose, dem Case Management, zur Fallarbeit und zum methodischen Handeln, gab es außer einzelnen Beiträgen in Sammelbänden in den letzten Jahren keine Veröffentlichungen die sich der Einzelfallhilfe an sich fokussiert und umfassend zugewandt und sie als Methode prominent behandelt haben. Diese Leerstelle greift Pantuček-Eisenbacher auf. Sicher kann im Kontext der Entwicklung und der Ausdifferenzierung der drei klassischen Methoden der Sozialen Arbeit, so auch der Einzelfallhilfe, die Frage diskutiert werden, ob dies nötig und zeitgemäß ist und ob es nicht sinnvoller wäre, sich der methodischen und verfahrenstechnischen Vielfalt zu zuwenden. Der Band kann in dieser Hinsicht nur eine Basis dessen vermitteln, was es im Kontext der – global betrachtet – Sozialform der Einzelfallhilfe gibt. Was in dem Band jedoch gelingt ist Punkte aufzugreifen, die das sozialarbeiterische Handeln außerhalb dieser Techniken betreffen, die das methodische Handeln beeinflussen – Punkte, ohne die ein professionelles und ethisch eingebettetes Handeln nicht möglich ist, ohne die das sozialarbeiterische Handeln unterreflektiert bleibt. Hier sind bspw. die Anregungen zu Körper und Leib, zu Gefühlen und zum Umgang mit Fehlern zu nennen. Auf diese Anteile der Tätigkeit sollten Studierende der Sozialen Arbeit vorbereitet werden und sie sollten ebenso Teil von Selbstreflexion, Fallberatung und Supervision sein. Hier bietet der Autor einen Input für einen möglichen Ausgangspunkt einer (selbst-)reflexiven Auseinandersetzung an, die als eine wesentliche Voraussetzung für den Professionalisierungsprozess von Fachkräften gesehen werden kann. Der letzte Abschnitt in der Publikation von Pantuček-Eisenbacher sei an dieser Stelle insbesondere erwähnt, Unsere Arbeit und unser Verhältnis zur Welt (S. 148 ff.). Eine kurze Abhandlung die Studierenden der Sozialen Arbeit, nicht nur denen die sich mit Einzelfallhilfe beschäftigen, mit auf den Weg in die berufliche Zukunft gegeben werden kann und die auch für Fachkräfte in der Praxis anregende Gedanken enthält.

Fazit

Die vorliegende Publikation Grundlagen der Einzelfallhilfe von Pantuček-Eisenbacher ist sowohl für den Einsatz im Studium wie für die Praxis der Sozialen Arbeit zu empfehlen. Der Band vermeidet eine zu starke akademische Ausrichtung und versteht sich als Handreichung zum Erlernen und zur Begleitung methodischen Handelns. Die Sprache ist klar, die Texte gut lesbar und schnell erfassbar. Dies wird durch ein entsprechendes Layout und eine Textstruktur mit kurzen Absätzen, Zwischenüberschriften und Randbemerkungen unterstützt. Es werden viele relevante Aspekte der Einzelfallhilfe aufgegriffen, die gestrafft und fokussiert dargelegt werden. Eine tiefgründige theoretische Auseinandersetzung mit einzelnen Themen ist dadurch nicht möglich, jedoch ist dies auch nicht bezweckt und es können die verwendeten Quellen als Ausgang einer Recherche und zur weiteren Auseinandersetzung genutzt werden. Ebenso bieten die Übungen die Möglichkeit einer Vertiefung. Es kann sowohl ein Einstieg in die Einzelfallhilfe mit dem Band gelingen, in dem dieser durchgearbeitet wird, als auch eine Anregung zur Reflexion über ein gezieltes Nachlesen einzelner Punkte. Aufgrund der Struktur des Buches ist es bei Vorhandensein von Wissen und Erfahrung in der Einzelfallhilfe leicht möglich, in einzelne Abschnitte einzusteigen, um sich einen Input zu holen – mit Blick auf die zeitlichen Ressourcen der Praxis ein durchaus wichtiger Punkt. Eine Empfehlung für Studium und Praxis der Sozialen Arbeit.

Rezension von
Prof. Dr. Torsten Linke
Hochschule Zittau/Görlitz - Fakultät Sozialwissenschaften
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Es gibt 5 Rezensionen von Torsten Linke.

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Zitiervorschlag
Torsten Linke. Rezension vom 01.07.2022 zu: Peter Pantucek-Eisenbacher: Grundlagen der Einzelfallhilfe. Soziale Arbeit mit Methode. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2022. ISBN 978-3-525-70309-0. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/29377.php, Datum des Zugriffs 28.05.2023.


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