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Cornelia Seewald: Storytelling im Coaching

Rezensiert von Dipl. Soz.-Päd. Gerd Schweers, 29.07.2022

Cover Cornelia Seewald: Storytelling im Coaching ISBN 978-3-89797-143-1

Cornelia Seewald: Storytelling im Coaching. Der rabenschwarze Rucksack und andere Geschichten für Coach und Cochee. EHP – Verlag Andreas Kohlhage (Gevelsberg) 2022. 204 Seiten. ISBN 978-3-89797-143-1. D: 19,99 EUR, A: 20,60 EUR.
Reihe: EHP-Kompakt.

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Thema

Die Autorin befasst sich mit dem Erzählen von Geschichten als methodisches Instrument im Coaching. In der Einleitung werden verschiedene Aspekte des methodischen Einsatzes von Geschichten thematisiert. Den Hauptteil des Buches bilden 18 von der Autorin selbst verfasste Geschichten, die sich zum Einsatz im Coachingprozess eignen.

Autorin

Dr.Cornelia Seewald, Diplom-Psychologin, Inhaberin von C.O.S.T. Concept Düsseldorf; Changemanagement-Beraterin und Senior Executive Coach DBVC mit den Arbeitsschwerpunkten: Leadership, Strategie-und Organisationsentwicklung, Ethik, Führung und Zusammenarbeit im digitalen Zeitalter

Entstehungshintergrund

Das Buch spiegelt unter Berücksichtigung professioneller Überlegungen zur Praxis des Coaching einerseits die langjährige berufliche Praxis der Autorin, liefert aber andererseits auch eine Reihe von Beispielen für Geschichten, die in der Praxis von Coaches genutzt werden können. Das Vorwort von Wolfgang Looss ist – angesichts der Bedeutung von Wolfgang Looss für die Praxis des Coaching in Deutschland nicht verwunderlich – nicht nur eine freundliche Vorbemerkung mit guten Wünschen für die Veröffentlichung, sondern auch eine kritische Anmerkung zu etablierten und als wissenschaftlich markierten Herangehensweisen im Coaching und ihren Grenzen.

Aufbau und Inhalt

Das Buch besteht aus zwei Teilen.

Im ersten Teil, der Einleitung, werden methodische Aspekte des Einsatzes von Geschichten thematisiert. Dazu gehören unter anderem: Geschichten als Coachingtool, die Methode und der Inhalt der Geschichten, zehn Thesen zum Nutzen von Geschichten sowie der praktische Einsatz. Dieser Teil ist für mich eng mit dem Vorwort von Wolfgang Loos verbunden, der darin die Bedeutung von Geschichten auch gegen die Logik der Aufklärung mit ihrem Hang zu Daten und Fakten würdigt und die Möglichkeiten des Erzählens fernab der Einschätzung als bloßes Tool würdigt. Storytelling kann eben eine besonders authentische, allerdings – systemisch formuliert – analoge Form von Kommunikation sein.

Cornelia Seewald beginnt zunächst mal mit der besonderen Situation im Coaching in Zeiten der Corona Pandemie und den daraus folgenden Konsequenzen. Die Erzählungen werden als Chance betrachtet, herauszufinden, was möglicherweise auch in der Geschichte des jeweiligen Coachees vorkommt und was er/sie davon mitnehmen kann. Zu den methodischen Aspekten merkt sie zunächst den Unterschied zu den „learning histories“ (S. 19) an. Diese können größere Erfahrungsräume zahlreicher Menschen in hochkomplexen Situationen beschreiben, wogegen „Storytelling“ einen eingegrenzten Erfahrungsraum einiger weniger Akteure in realen oder erfundenen Geschichten beschreibt (S. 20). Zum Inhalt ihrer Geschichten wird danach auf psychologisch relevante Themen wie zum Beispiel Mustererkennung oder Resilienz verwiesen, die in den Geschichten thematisiert werden. In 10 Thesen zum Nutzen der Geschichten werden methodische, aber auch grundsätzliche Aspekte des Ansatzes vorgestellt. Darauf folgt ein Vorschlag zur methodischen Vorgehensweise bei der Nutzung der Geschichten, der davon ausgeht, dass Coach und Coachee das Buch besitzen. Die Einleitung schließt mit einem Verweis auf weiterführende Literatur, die eigene Veröffentlichungen der Autorin einschließt, sowie neuere und ältere Veröffentlichungen anderer Autoren.

Im zweiten Teil werden 18 Geschichten vorgestellt. Die Titel der Geschichten enthalten teilweise Hinweise auf das Thema der jeweiligen Erzählung (z.B.„ Hingabe“, „Flüchten“, „Falsch verbunden“), zum Teil sind die Titel aber auch nicht im ersten Anlauf thematisch identifizierbar (z.B.: „Engadin“); manche sind auch klar mit dem Thema Beratung in Unternehmen der Wirtschaft verbunden (z.B. „Start-Up“).

Diskussion

Nach einem ersten Gefühl von Vertrautheit mit dem Thema, weil ich in meiner Supervisions- und Coachingpraxis häufig mit Geschichten arbeite, war das zweite Gefühl das des Respekts, weil ich in meiner Praxis noch niemals selbst erfundene Geschichten benutzt habe. Die Geschichten von Cornelia Seewald sind thematisch präzise, formal von schnörkelloser Klarheit und durchaus von literarischer Qualität. Bei der Nutzung von Geschichten muss ja sowohl auf die inhaltliche Passung des Themas zum Thema der Kunden wie auf die Passung mit der Persönlichkeit und der biographischen Prägung von Coach und Coachee geachtet werden. Angesichts der Breite der angesprochenen Themen ist hier eine inhaltliche Passung mit verschiedensten Themen der Coachees gut vorstellbar. Einschränkungen der Nutzung könnten sich vor allem ergeben, weil die Szenarien der Geschichten vorwiegend im privaten und beruflichen Ambiente von Führungskräften der Wirtschaft spielen, mit allen sich daraus ergebenden Möglichkeiten, die in anderen Kulturen -etwa in der sozialen Arbeit- nicht unbedingt typisch sind. Die Hinweise zum praktischen Einsatz habe ich eher als – nicht unbedingt notwendige – methodische Engführung erlebt. Ich kann mir den Einsatz der Geschichten auch als Einzelstücke sehr gut vorstellen, ohne deswegen dem Coachee das Buch in der Gesamtheit zu empfehlen. In der Präzision der Einsatzempfehlung und der damit verbundenen methodischen Vorgehensweise wird der Toolcharakter der Geschichten besonders deutlich. Gerade in der Ausbildung befindliche Supervisoren/Coaches sind im Regelfall an Tools außerordentlich interessiert, was manchmal zu einer recht unreflektierten Anhäufung von Tools ohne wirkliche Nutzungsfähigkeit führt, wo eine individuelle und fantasievolle Modifikation von wenigen Tools eher angemessen wäre. Die Modifikation von Storytelling als Tool könnte dann über die bloße Auswahl der Geschichten auch zu weitergehenderen Veränderungen des Formats führen, z.B. durch den Einsatz von Märchen und Sagen, oder wechselseitiges Geschichtenerzählen von Leitungskräften und Team.

Besonders gefreut als vom personenzentrierten Ansatz nach Rogers geprägter Berater hat mich der ausdrückliche Verweis auf die Verbindung zur rogerianischen Persönlichkeitstheorie. Die Geschichten – und ich bin sicher, auch die Praxis von Cornelia Seewald – sind geprägt von einem grundsätzlichen Vertrauen in das persönliche Potenzial der Coachees und ihre Entwicklungsmöglichkeiten durch die Selbstaktualisierungstendenz ihrer Persönlichkeit.

Fazit

Ein lesenswerter und nutzbringender Beitrag zur Entwicklung und Nutzung des Tools Storytelling in der Supervision und im Coaching, der sowohl als recht konkrete methodische Anweisung wie auch als knappe Einführung in die Möglichkeiten der Methode gelesen werden kann. Die unkonventionelle Vorgehensweise und der Bezug zu personenzentrierten Entwicklungstheorien bilden dabei einen erfrischenden Kontrast zu zahlreichen Veröffentlichungen, in denen eine wissenschaftlich fundierte Herangehensweise oder umfangreiche Toolsammlungen im Vordergrund stehen.

Rezension von
Dipl. Soz.-Päd. Gerd Schweers
Systemischer Familientherapeut, Ausbilder der GwG (GF, SV), Supervisor DGSv
Lehrer für besondere Aufgaben (Theorien und Methoden der Sozialarbeit) i.R.
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Es gibt 21 Rezensionen von Gerd Schweers.

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ISSN 2190-9245