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Simone Wittmann, Cathrin Chevalier: Soziale Kompetenz

Rezensiert von Dr. Winfried Leisgang, 09.09.2022

Cover Simone Wittmann, Cathrin Chevalier: Soziale Kompetenz

Simone Wittmann, Cathrin Chevalier: Soziale Kompetenz. 75 Therapiekarten. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2022. 75 Seiten. 49,95 EUR.
Mit 24-seitigem Booklet in hochwertiger Klappkassette, Kartenformat 16,5 x 24 cm
EAN 401-917210078-0

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Autorinnen

Dr. Simone Wittmann ist Diplompsychologin, Trainerin und Supervisorin für verhaltenstherapeutisch orientiertes Gruppentraining sozialer Kompetenzen. Sie ist Professorin für Sozialwissenschaften an der FHöVPR in Güstrow.

Dr. Cathrin Chevalier ist psychologische Psychotherapeutin und langjährige Trainerin. Sie war in verschiedenen Arbeitsfeldern tätig und lehrt als Dozentin an der FHöVPR in Güstrow.

Aufbau

Die Kassette enthält ein Booklet mit 24 Seiten und 75 Karten. Diese sind unterteilt in 9 Module.

Inhalt

Das Booklet enthält sieben kurze und knappe Kapitel.

In Kapitel eins findet sich eine Einführung in das Thema. Dies erklärt, wie soziale Kompetenzen zu verstehen sind. Im Idealfall schaffen sie es, einen Abgleich zwischen „den eigenen Bedürfnissen, Zielen und Erwartungen mit denen ihrer sozialen Umwelt“ (4) zu finden. Die Förderung sozialer Kompetenzen kann Menschen mit unterschiedlichen Störungsbildern dabei unterstützen, „ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit … zu erlangen“ (4). Inhaltlich und methodisch orientiert sich das Kartenset am Gruppentraining sozialer Kompetenzen von Hinsch und Pfingsten mit drei Grundregeln: Verhalten beginnt im Kopf und die Veränderung davon auch. Erwünschtes Verhalten wird über positive Verhaltenskontrolle gefestigt. Ein Transfer muss systematisch angeleitet, geübt und verstärkt werden.

Im Vergleich zum Gruppentraining sozialer Kompetenzen haben die Autorinnen im Kartenset selbstinitiierte Veränderungsprozesse mit berücksichtigt und den Theorierahmen erweitert. Die einzelnen Module lassen sich je nach Bedarf anwenden, ohne dass man der inneren Logik des Sets folgen muss.

Kapitel zwei befasst sich mit den Grundlagen sozialer Kompetenzen und ihrer Veränderung. Hier wird nochmals auf das Konstrukt sozialer Kompetenzen eingegangen, die uns ermöglichen, in sozialen Bezügen wertschätzend und zielführend zu handeln (5). Dabei können allerdings auch immer wieder Schwierigkeiten und Hindernisse auftreten. Es können Basisfertigkeiten eingeschränkt ausgebildet sei, oder sie sind situationsgerecht nicht angemessen umzusetzen (5). Dies bedeutet, dass die sozialen Kompetenzen nicht grundsätzlich eingeschränkt sind, sondern „dass sich die Probleme auf bestimmte Arten von sozialen Situationen beziehen“ (6). Zusammenfassend wird noch einmal eine Definition sozialer Kompetenz festgehalten und ein Modell des Verständnisses sozialer Kompetenzen dargestellt. Es beinhaltet zum einen die personale Ebene mit Wissen und Können, Selbstregulation und Motivation. Hinzu kommt die situative Ebene mit dem Verhalten in spezifischen Situationen. Diese werden noch einmal danach differenziert, ob dabei eine Beziehung ausgeblendet, beachtet oder gesucht wird.

Kapitel drei erläutert die inhaltliche Struktur des Kartensets, das in neun Module untergliedert ist. Darin geht es darum, die Basics sozialer Kompetenzen zu verstehen, sich selbst in den Blick zu nehmen, im Gespräch zu sein, sich in sozialen Situationen zu orientieren, in sozialen Situationen zu fühlen, zu denken und zu handeln, Neues auszuprobieren und Übungen für den Alltag.

Im vierten Kapitel steht das therapeutische Arbeiten mit den Karten im Vordergrund. Dort weisen die Autorinnen darauf hin, dass die Module schrittweise abgearbeitet werden können, aber es auch möglich ist, mit einzelnen Karten zu arbeiten. Dabei gilt es sich bewusst zu machen, dass nicht nur Einschränkungen sozialer Kompetenzen mit einer hohen Stressbelastung einhergehen, sondern dass dies gleichermaßen für Interventionsmaßnahmen zur Förderung sozialer Kompetenzen gilt (9). Entspannungstechniken helfen hier, das Stresslevel zu reduzieren. Zusätzlich kann das Training nicht nur positive Veränderungen hervorrufen, sondern auch unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringen, die zu Irritationen führen und soziale Beziehungen belasten können. Es ist daher wichtig, diese Nebenwirkungen zu beachten, zu besprechen und zu bearbeiten (9).

Die einzelnen Bausteine sind so kombiniert, dass möglichst „viele unterschiedliche Methoden innerhalb der Module angewendet werden“ (10). Das sind die Wissensvermittlung durch Erklärung und Modellierung, die Selbstanalyse, der Einsatz fiktiver Situationen, Rollenspiele und Transferübungen.

Im fünften und letzten Kapitel werden die 75 Karten im Überblick vorgestellt und kurz erklärt.

Diskussion

Auffallend ist die unterschiedliche Verwendung des Begriffes sozialer Kompetenz(en). Im Titel auf der Kartenbox steht soziale Kompetenz. Abweichend davon wird im Booklet überwiegend von sozialen Kompetenzen gesprochen, die Definition allerdings wieder auf soziale Kompetenz reduziert (6). Damit begeben sich die Autorinnen in das Dilemma, einerseits individuell mit den vorhandenen Fähigkeiten zu agieren und andererseits unterschiedliche Situationen zu berücksichtigen, in denen nicht nur eine Kompetenz benötigt wird. Dies ist umso erstaunlicher, da sie in ihrem Erklärungsmodell durchaus unterscheiden zwischen einer personellen Ebene und den Situationen, in denen soziale Kompetenzen gefragt sind. Da die Situation zwar singulär als solche existiert, es aber eine stetige Folge, quasi eine Kette von Situationen, in unserem Erleben gibt, macht es aus meiner Sicht wirklich Sinn, von sozialen Kompetenzen zu sprechen.

Aufgrund der theoretischen Einführung und des damit vermittelten Erklärungsmodells, sind die Karten logisch strukturiert und aufgebaut. Sie berücksichtigen die beiden notwendigen Ebenen der Person und der Situation.

Aus Sicht eines Sozialpädagogen fällt auf, dass Beispielsituationen im Set oft mittelschichtsorientiert sind. Viele Klienten mit Einschränkungen im sozialen Handeln sind häufig z.B. nicht oder nicht mehr in den Arbeitskontext eingebunden oder kaum auf Reisen. Dies führt in der Praxis dazu, dass die Situationen für die Arbeit mit Menschen in prekären Lebensverhältnissen, zunächst an deren Lebenswelt angeglichen werden müssen. Hier zeigt sich wieder einmal der kleine, aber feine Unterschied zwischen den Zielgruppen der Psychologie und denen der Sozialen Arbeit.

Ebenfalls Schwierigkeiten bereiten die Bilder, denen eine emotionale Empfindung zugeordnet werden soll. Hier zeigt sich, dass die Bilder allein oft nicht ausreichen, diese treffend zu benennen. Hilfreicher wäre aus Sicht von Teilnehmerinnen, wenn es bewegte Bilder dazu gäbe.

Letztendlich sind die Karten aber gut geeignet, thematische Impulse für das Training sozialer Kompetenzen zu geben.

Fazit

Das Kartenset ist ein hilfreiches Instrument für Therapeut:innen und Pädagog:innen, die soziale Kompetenzen sowohl im Einzel als auch in Gruppen ausbauen wollen. Hilfreich wäre bei einer Neuauflage, die Beispielsituationen auch für Menschen mit geringerem sozialen Status an deren Lebenswelt anzugleichen.

Rezension von
Dr. Winfried Leisgang
Dipl. Soz.-Päd., Master of Social Work (M.S.W.)
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Es gibt 55 Rezensionen von Winfried Leisgang.

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ISSN 2190-9245