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Jan V. Wirth, Helmut Lambers: Soziale Arbeit – 75 Lern- und Praxiskarten

Rezensiert von Dr. Winfried Leisgang, 02.11.2022

Cover Jan V. Wirth, Helmut Lambers: Soziale Arbeit – 75 Lern- und Praxiskarten

Jan V. Wirth, Helmut Lambers: Soziale Arbeit – 75 Lern- und Praxiskarten zu Theorien, Methoden und Gesprächstechniken. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2022. 75 Seiten. 24,95 EUR.
EAN 401-917240008-8

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Autoren

Jan V. Wirth ist promovierter Sozialarbeiter, Kinderschutzfachkraft und Praxisberater. Lehraufträge in Österreich, Schweiz, Polen und Deutschland. Seine Arbeits- und Lehrschwerpunkte sind Theorien und Methoden der Sozialen Arbeit.

Helmut Lambers ist Professor in Ruhestand und war als Wissenschaftler an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Münster tätig. Seine Arbeits- und Lehrschwerpunkte sind Geschichte und Theorien der Sozialen Arbeit, Sozialmanagement und Systemtheorie.

Aufbau

Die Kassette enthält ein Booklet mit 20 Seiten und 75 Karten. Diese werden differenziert nach folgenden Kategorien:

  • Miteinander Erkennen durch Theorien,
  • Miteinander Verstehen von Begriffen,
  • Miteinander Handeln mit Methoden,
  • Miteinander Sprechen anhand von Modellen.

Inhalt

Das Booklet beginnt mit einer Übersicht der Themen in den einzelnen o.g. Kategorien. Im miteinander Erkennen durch Theorien reichen die Themen von Alltags- und Lebensweltorientierung bis hin zur systemisch-ontologischen sozialen Arbeit. Im miteinander Verstehen von Begriffen befassen sich die Autoren mit Ambivalenz bis hin zu Zirkularität, das miteinander Handeln mit Methoden beinhaltet, die Biografiearbeit bis hin zum Zeitstrahl und im miteinander Sprechen anhand von Modellen finden wir 15 Karten vom Abschlussgespräch bis zur Zielführung.

Danach wenden sich die Autoren der Zielgruppe zu. „Diese Karten sind für die Erleichterung und Verbesserung von Praxis und Lehre in Feldern und Berufen sozial und pädagogisch tätiger Personen und Fachkräfte gemacht“ (5). Damit kann die soziale Praxis der Fachkräfte in der Sozialen Arbeit strukturiert reflektiert werden. Grundlage dieser Reflexion sind 2 Hypothesen von Heiner Maja aus dem Jahr 2004:

„1. Es könnte auch anders sein (bzw. sein sollen), als ich bisher gedacht habe.

Vielleicht könnte (und sollte) ich anders handeln.“ (6)

Die Autoren weisen darauf hin, dass wir im beruflichen Alltag stets auch ambivalent handeln. Ungeachtet dessen gilt es, angemessen zu handeln und ausgelassene Möglichkeiten zu reflektieren (7). Und selbstverständlich können die Studierenden die Karten zur Überprüfung ihrer Lernfortschritte und zur Prüfungsvorbereitung nutzen.

Der nächste Abschnitt beantwortet die Frage wie die Karten aufgebaut sind. Die 75 Karten werden den 4 zentralen Bereichen des fachlich-persönlichen Miteinanders von sozialen Fachkräften zugeordnet. Das miteinander Erkennen durch Theorien berücksichtigt Erkenntniskonzepte und Bezugstheorien der Sozialen Arbeit. miteinander Verstehen von Begriffen erklärt wesentliche Schlüsselbegriffe, während es beim miteinander Handeln durch Methoden um Arbeitsformen aus der Einzelfallhilfe, der Gruppenarbeit und der Gemeinwesenarbeit geht. Und in der letzten Kategorie, dem miteinander Sprechen anhand von Modellen, stehen Gesprächsformen und -führungen im Fokus. Alle 4 Kategorien sind im Kartenset farblich voneinander abgegrenzt. „Bei den Karten geht es uns inhaltlich nicht um Vollständigkeit oder Ausführlichkeit, sondern um den allfälligen Anwendungsbezug.“ (9)

Das zugrunde liegende Lernmodell der Autoren wird im Folgenden kurz dargestellt. Dabei gehen sie davon aus, dass man, will man Lernerfolge erzielen, zum einen in eine Praxis eingebunden sein muss, zum anderen aber eine analytische Distanziertheit gegenüber den eigenen Handlungen einnehmen sollte (10).

Der nächste Abschnitt befasst sich mit der Frage, warum die Karten gemacht wurden? Ein Ausgangspunkt war die Erkenntnis der Autoren, dass Theorien und Methoden in herkömmlichen Lern-und Bildungsprozessen nicht hinreichend genutzt und reflektiert werden können (11). Zusätzlich weisen Sie darauf hin, dass professionelles Handeln immer den Einsatz von Methoden und Theorien beinhaltet, die auch gelernt und verstanden werden sein sollten. Und schließlich dienen die Karten dazu, Ansätze und Theorien praxisrelevant zu komprimieren, sodass das Nachschlagen in Büchern entfallen kann.

Bei den Hinweisen, wie die Karten angewendet werden können, wird dargelegt, wie mit den Karten Krisen und Übergänge sowie Entwicklungsverläufe besser analysiert und verstanden werden können, der Blick auf den Fall angereichert werden kann, aktuelle Entwicklungen in der Gesellschaft kritisch reflektiert werden können, sie in Seminaren genutzt und auch mit den Adressat*innen Ziele und Schritte dorthin transparent gemacht werden können (12f).

Diskussion

Das Kartenset ermöglicht Fachkräften der Sozialen Arbeit durchaus den Einstieg in eine Reflexion des beruflichen Handelns, so wie es sich die Autoren wünschen. Allerdings sind die Inhalte der Karten aufgrund des sehr begrenzten Platzangebotes derart verdichtet, dass wirklich nur ein Einstieg gelingen kann. Vertiefungen gilt es dann einzeln oder in Gruppen selbst zu erarbeiten. Ähnliches kann man für die Studierenden festhalten. Sie finden in der Box zwar einiges an Material. Ob das für eine Prüfungsvorbereitung inhaltlich ausreichend ist, kann bezweifelt werden. Auch in diesem Fall kommt man ohne eine Vertiefung der Inhalte nicht weiter. Damit wird auch die lange Literaturliste im Booklet erklärbar. Immerhin umfasst sie drei von 20 Seiten. Hier findet man vielfältige und notwendige Anregungen zum Weiterlesen. Mit der Destillation der inhaltlichen Quintessenz von Theorien und Methoden für die Praxis erreiche ich, dass sich die Leser*innen zwar schnell orientieren können. Wenn ich die Anwendung aber vertiefen will, komme ich nicht umhin, mich inhaltlich konkreter einzulesen und mich damit auseinander zu setzen.

Irritiert hat mich die neue Unterscheidung der Groß- und Kleinschreibung von Sozialer Arbeit (14). Hier sprachlich zu differenzieren zwischen sozialer Arbeit als Praxis und Sozialer Arbeit als Profession ist aus meiner Sicht nicht zielführend. Hier wird versucht sprachlich eine Differenz zwischen der Praxis und der Profession aufzubauen. Mit welchem Ziel? Sie spannt eine weitere Unterscheidung der Disziplin und der Profession auf, die beide Seiten nicht weiterbringt. Benötigt doch die Disziplin das wissenschaftliche Wissen der Profession, um professionell agieren zu können. Umgekehrt macht wissenschaftliches Wissen nur Sinn, wenn es die Praxis auch anwenden und umsetzen kann. Sonst bleibt die Profession in ihrem gedanklichen Elfenbeinturm gefangen und der von den Autoren gewünschte Effekt der Unterstützung der Reflexion der Praxis wird erschwert.

Auffällig ist auch, dass die Autoren ausschließlich den Blick der Profession und der Disziplin auf die einzelnen Themen einnehmen. Das Klientel als Koproduzent der Problemlösung kommt nicht vor. Damit bleibt die Ressourcenorientierung beschränkt auf die Experten der Sozialen Arbeit.

Fazit

Das Kartenset eignet sich für Fachkräfte in der Sozialen Arbeit dazu, schnell einen Einstieg in einzelne Inhalte zu bekommen. Damit lässt sich verlorengegangenes Wissen rasch wieder reaktivieren. Auch die Studierenden finden hier verdichtet und komprimiert viele wesentliche Inhalte ihres Studiums wieder. Beide Zielgruppen kommen aber mit Sicherheit nicht umhin, bei weitergehenden Fragestellungen ihr Wissen mit anderen Quellen zu vertiefen.

Rezension von
Dr. Winfried Leisgang
Dipl. Soz.-Päd., Master of Social Work (M.S.W.)
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Es gibt 55 Rezensionen von Winfried Leisgang.

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ISSN 2190-9245