Reimer Gronemeyer, Martina Ritter et al. (Hrsg.): Demenz im Quartier
Rezensiert von Prof. Dr. Irmgard Schroll-Decker, 26.08.2022
Reimer Gronemeyer, Martina Ritter, Oliver Schultz, Jutta Träger (Hrsg.): Demenz im Quartier. Ehrenamt und Sozialraumorientierung für das Alter.
transcript
(Bielefeld) 2022.
180 Seiten.
ISBN 978-3-8376-5795-1.
D: 45,00 EUR,
A: 45,00 EUR,
CH: 54,90 sFr.
Reihe: Alter - Kultur - Gesellschaft - 8.
Entstehungshintergrund und Thema
Die sozialraum- und lebensweltbezogene Versorgung von Menschen mit Demenz ist und bleibt – angesichts der demografischen Entwicklung – eine brisante Aufgabe für Kommunen, die in den Quartieren lebenden Bürger:innen und die gesellschaftlichen Akteure. Vielfach sind die Herausforderungen zwar bekannt, es fehlt aber an Ideen für den Aufbau und die Implementation von passgenauen Angeboten und einer von freiwillig Engagierten flankierten Hilfestruktur. Der Band liefert einen Einblick in das im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration und der Stiftung DiaDem der Hessischen Diakonie durchgeführte Forschungsvorhaben.
HerausgeberInnen
Prof. em. Dr. Dr. Reimer Gronemeyer lehrte und forscht am Institut für Soziologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Die Beiträge des vorliegenden Bandes beziehen sich auf das von 04/2020 bis 04/2021 laufende Projekt unter seiner Leitung. Er ist ein ausgewiesener Experte u.a. auch zum Thema Demenz. Dr. Oliver Schultz hatte als wissenschaftlicher Mitarbeiter die Projektkoordination an der Universität Gießen inne. Als Kooperationspartner:innen wirkten Prof. Dr. Martina Ritter, Professur für Soziologie, politische Soziologie, Sozialraumforschung, Gender- und Alltagssoziologie an der Hochschule Fulda sowie Prof. Dr. Jutta Träger, Professur für Sozialforschung und Evaluation an der Hochschule Darmstadt mit. Das Buch erscheint als Band 21 der Reihe Aging Studies, die von Heike Hartung, Ulla Kriebernegg und Roberta Maierhofer herausgegeben wird.
Aufbau und Inhalt
Die im Buch versammelten Beiträge sind in zwei Abschnitte gegliedert:
Im Themenabschnitt „Sozialraumorientierung für ein gutes Altern entdecken“ sind folgende Aufsätze zusammengefasst:
- Jonas Metzger: Sozialraumorientierung in der Altenhilfe Auf der Suche nach Antworten auf die Pflegekrise (S. 13–22) Solange die Pflegereform so behäbig wie derzeit vonstattengeht, gibt es keinen Grund für eine positive Aussicht, das zu erwartende Gros an pflegebedürftigen Menschen durch professionelle Fachkräfte oder familiäre Unterstützungssysteme versorgen zu können. Einmal mehr richtet sich der Blick darauf, den Sozialraum der Menschen (ihre „Handlungen und Verstrickungen“ (S. 16)) zu fokussieren, die vertraute Umgebung so zu gestalten, dass sie bleiben können, indem jeweils lokal angepasste Lösungen nicht nur konzipiert, sondern auch umgesetzt werden. Als für die Altenhilfe bedeutend resümiert Metzger vier Aspekte, die sich aus den Interviews der Ehrenamtlichen ergaben: 1) die Ausgangslagen in den Kommunen unterscheiden sich und erfordern ein situationsadäquates Vorgehen, 2) nur ein Hilfe-Mix aus professionellen und ehrenamtlichen Angeboten kann die Verantwortung übernehmen, 3) bürgerschaftliches Engagement muss flankiert werden und 4) über die Verletzlichkeit im Alter zu sprechen, ist bisweilen noch ein Tabu-Thema.
- Martina Ritter und Wolfgang Stadel: Sozialraumforschung und Handlungsforschung im ländlichen Raum (S. 23–43) Zu Beginn bekennen sich die Autor:innen unmissverständlich zu einem offenen Ansatz der Sozialraumentwicklung und -organisation, der impliziert, dass „Soziale Arbeit angehalten ist, die Arbeit am Sozialen zu befördern“ (S. 24). Dies bedeutet, dass Sozialraumforschung in der Sozialen Arbeit Handlungsforschung ist und dazu führt, Menschen um ihrer eigenen Lebenswelt willen als an der Veränderung teilnehmende und teilhabende zu sehen. In einem zweiten Schritt klären Ritter und Stadel, wodurch sich ländliche Räume auszeichnen und wie sie zu konzeptualisieren sind, z.B. durch die infrastrukturelle Ausdünnung, besondere Mobilitätsanforderungen, ein höheres Maß an zivilgesellschaftlichem Engagement und mehr Selbstorganisation. Im Anschluss daran tragen sie einige wesentliche Fakten (z.B. Relevanz von Bildung, Geschlecht, Motivation) zum Ehrenamt und zum freiwilligen Engagement zusammen. Schließlich begründen der:die Verfasser:in die partizipativen Methoden, die neben einer grundsätzlichen Offenheit für den Prozess und eine beabsichtigte Reflexivität auch eine Veränderung der Vorgehensweise impliziert, weil sich die Handelnden und Betroffenen selbst einbringen und ihre Bedürfnisstrukturen offenlegen.
- Jutta Träger: Methoden der Sozialraumanalyse in städtischen Räumen (S. 45–61) Im Forschungsprojekt diente die Sozialraumanalyse zur Erhebung von Bedarfen von älteren Menschen mit Demenz und der Abdeckung durch die Mitwirkung von Ehrenamtlichen, um die Lebensqualität im ländlichen oder städtischen Quartier zu verbessern. Nach der grundsätzlichen Klärung des Sozialraumverständnisses, welches den „sozialen Mikrokosmos“ (S. 48) abbildet und Stadtteilanalyse (von oben) und Aneignung des Sozialraums (von unten) gleichermaßen beinhaltet, beschreibt Träger, wie städtische Sozialräume identifiziert werden können: a) als Stadtgebiet mit Daten zum sozioökonomischen Profil und sozialkulturellen Status der Bewohner:innen, b) als Aktions- und c) als Wahrnehmungsraum. Zur Sozialraumanalyse können sowohl quantitative (Primär- und Sekundärerhebungen, Dokumentenanalyse) und qualitative (Interviews und Erkundungen, aktivierende Befragung) Methoden miteinander kombiniert werden. Zur Erfassung des Stadtgebiets werden Sozialstrukturdaten gesammelt, woraus sich ein sozioökonomisches Profil ergibt. Als Aktionsraum kann der Sozialraum über Einzel- und Gruppeninterviews und teilnehmende Beobachtung erkundet werden, die eine Voraussetzung darstellen können für die Erfassung als Wahrnehmungsraum, für welche die partizipative Einbindung von Bewohner:innen ergiebig ist.
Im Themenabschnitt „Der Beitrag des Ehrenamts für Menschen mit Demenz in hessischen Quartieren: Erkundungen ländlicher, kleinstädtischer und städtischer Lebensräume“ sind folgende Berichte subsumiert:
- Oliver Schultz: Ausgangslage: Demenz als gesellschaftliche Herausforderung in Hessen (S. 65–71) Auf Basis der Datenlage zur Bevölkerungsentwicklung des Wegweisers Kommune Hessen und einem relationalen Verständnis von Sozialraum, zu dem auch Ehrenamt gehört, erläutert Schultz das Forschungsvorhaben, bei dem die Hochschulen Darmstadt und Fulda und die Universität Gießen eine Sozialraumanalyse über mögliche Leistungen von Ehrenamt bei der Versorgung von demenziell Erkrankten erstellten. Die Vorgehensweise war standardisiert. Am Anfang stehen Auswahl und Erkundung des Sozialraums, in der zweiten Phase finden Expert:inneninterviews statt, in der dritten Phase das Zukunftscafé mit ausgewählten Akteuren. Letzteres hat zum Ziel, die Demenzversorgung im Quartier zu analysieren und Schwachpunkte zu erkennen, einen Idealzustand dagegen zu setzen und mögliche Handlungsschritte abzuleiten. In Phase vier werden die Erkenntnisse an die beforschten Personen zurückgespiegelt. Phase 5 dient dazu, alle Resultate der einzelnen Sozialräume zu bündeln und sowohl Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede festzuhalten.
- Martina Ritter und Wolfgang Stadel: Ehrenamt und Demenz im ländlichen Raum: Praxisbeispiele Nüsttal und Eiterfeld (S. 73–98) Die Hochschule Fulda hat sich für die im nördlichen Teil des Landkreises befindliche Gemeinde Eiterfeld mit ca. 7000 Einwohner:innen und die nordöstlich gelegene Gemeinde Nüsttal mit ca. 3000 Einwohner:innen als Forschungsorte entschieden (Phase 1) und mit ausgewählten Personen Expert:inneninterviews geführt (Phase 2). Das für Phase 3 geplante Zukunftscafé musste infolge der pandemischen Situation auf eine Videokonferenz umgestellt werden. Bei der Bedeutung des Ehrenamts in der und für die Demenzversorgung gab es Unterschiede zwischen den beiden Kommunen: In Eiterfeld scheint Demenz ein mit Scham besetztes Thema zu sein, das binnenfamiliär oder, wenn es nicht mehr geht, pflegerisch geregelt wird. Ehrenamtliche wurden bisher nicht angefragt, sähen sich für die Tätigkeit auch uninformiert und überfordert. Dagegen ist in Nüsttal eine hohe Sensibilität für die generationenübergreifende Aufgabe und auch Expertise vorhanden, die aber nicht abgerufen wird. Für den gemeindeübergreifenden Rückkoppelungsworkshop (Phase 4) haben die Projektverantwortlichen folgende Themen zur vertieften Auseinandersetzung komprimiert: Wenn Demenz als soziales Phänomen begriffen (und nicht nur auf eine Erkrankung reduziert wird), sind alle Personen und Organisationen aufgerufen, an der Demenzfreundlichkeit der Kommune mitzuwirken. Ehrenamt kann auf der Ebene der unmittelbaren Unterstützung der betroffenen Person, auf der Ebene des nahen Umfelds der Angehörigen und der Ebene des Quartiers ansetzen. Ehrenamt braucht eine auf die lokalen Gegebenheiten zugeschnittene Unterstützung und muss wertgeschätzt und eingebunden sein. An beiden Forschungsorten war zu erkennen, dass Demenz noch nicht als soziales Phänomen gesehen wird und es noch erheblicher Überwindung bedarf, sich mit ihr näher zu befassen.
- Oliver Schultz: Ehrenamt und Demenz im kleinstädtischen Raum: Das Praxisbeispiel Lollar (S. 99–123) Die Universität Gießen fokussierte sich auf ein kleinstädtisches Quartier mit ca. 10.000 Einwohner:innen. Dem Wegweiser Kommune entsprechend ist Lollar als Typ 6 und damit als eine Stadt mit sozioökonomischen Herausforderungen eingestuft. Diese bestehen vorwiegend aus dem Bevölkerungswachstum aufgrund überdurchschnittlicher Zuwanderung, Wohnraumnot und einer angespannten Arbeitsmarktsituation. Das Projekt wurde nach den bekannten vier Phasen realisiert. Phase 1): Sozialraumanalyse und der Auswahl des Orts sowie Vorgespräche mit Professionellen und Ehrenamtlichen zur Identifikation vorhandener Strukturen. Phase 2): Durchführung von fünf Expert:inneninterviews und Extraktion von Themen für das Zukunftscafé in Phase 3), die Kritikpunkte sammelt, Utopien entwirft und daraus ein konkretes Projekt entwickelt. Als Handlungsempfehlungen und zugleich Forschungsbedarf ergaben sich fünf Hauptpunkte: a) ein geregelter Austausch zwischen den Ehrenamtlichen während der Pandemie, b) Netzwerkarbeit und Kooperationen, c) intergenerative Begegnungen, d) bessere Öffentlichkeitsarbeit und e) die Integration von an Demenz erkrankten Migrant:innen. In Phase 4) wurden die Erkenntnisse allen beteiligten Personen präsentiert und zugleich das anvisierte intergenerationelle Chorprojekt konkretisiert. Auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten, erwies sich als ein sinnstiftendes und anti-resignatives Band für die Ehrenamtlichen.
- Jutta Träger und Christopher Groß: Ehrenamt und Demenz im städtischen Raum: Das Praxisbeispiel Martinsviertel in Darmstadt (S. 125–148) Die Hochschule Darmstadt wählte nach der Analyse der Sozialstrukturdaten einen nördlich liegenden Innenstadtbezirk mit ca. 6.000 Einwohner:innen aus, da die Versorgungslage für ältere Menschen in den Stadtrandbezirken als besser ausgebaut identifiziert wurde. Bei einer Begehung und durch drei Expert:inneninterviews schälten sich wesentliche Themen heraus: Für Menschen mit Demenz gibt es Angebote der Betreuung, aufgrund der hohen Fluktuation bei den Quartiersbewohner:innen sind Ehrenamtliche nur schwer zu gewinnen und zu halten, zudem gibt es keine Tagespflege und nur begrenzte Plätze in Pflegeheimen für die Zielgruppe. Die Tätigkeit der Ehrenamtlichen konzentriert sich auf Besuchsdienste, im Kontakt mit Menschen mit Demenz sind sich die freiwillig Engagierten unsicher. Im Zukunftscafé konnte eruiert werden, dass Hilfeleistungen für demenziell Erkrankte insbesondere bei Personen mit Einwanderungsgeschichte nicht bekannt sind, die Hilfen zu spät kommen, alleinstehende Menschen oft nicht erreicht werden und es zwischen den Angeboten keine Vernetzung gibt. Daraus entstanden konkrete Ideen für das Quartier: Ein Service- und Tageszentrum für Senior:innen sollte geschaffen werden, in dem Ansprechpartner:innen konstant tätig sind, die Angebote könnten durch muttersprachliche Vermittler:innen bekannt gemacht und die Kooperation zwischen den einzelnen Akteuren sollte intensiviert werden.
- Jonas Metzger: Ehrenamtliche aus ländlichen, kleinstädtischen und städtischen Räumen im Gespräch über Demenz: Ergebnisse eines überregionalen Workshops (S. 149–155) 18 Personen aus allen Teilprojekten trafen sich, um aus den Einzelresultaten Bedarfe für eine institutionelle Unterstützung für das Ehrenamt, Kooperationen mit anderen Akteur:innen und Chancen und Risiken einer Professionalisierung des freiwilligen Engagements auszuloten. Eine Koordination des Ehrenamts sei, so das Resümee der Beteiligten, dann wirkungsvoll, wenn sie aus der Mitte des Quartiers komme und angesichts des Wechsels bei den Ehrenamtlichen eine feste Größe darstelle. Im Falle der Betreuung von Menschen mit Demenz wünschen sich alle Personen Schulungen. Schließlich sei, so Metzger, von verschiedenen Perspektiven auf die Gefahr der Instrumentalisierung des Ehrenamts angesichts verknappter professioneller Hilfen hingewiesen worden, gegen die sich alle Beteiligten zur Wehr setzen.
- Oliver Schultz: Menschen mit Demenz nicht alleine lassen: Der Beitrag des Ehrenamts (S. 157–175)+ „(…) ist unersetzlich“ lautet die Überschrift des ersten Abschnitts, die als Fortsetzung des Titels gelesen werden kann, ergänzt um die Feststellung, dass die Corona-Krise auch das Ehrenamt stark gebeutelt hat. Schultz kompiliert die „Unterschiede und Ähnlichkeiten“ (S. 158) der Kommunen im Umgang mit Demenz und resümiert, dass genau in der Vielfalt des Umgangs der einzelnen Quartiere auch die Chance liegen kann, sofern Ehrenamt an- und eingebunden ist in einen Hilfe-Mix. Im Anschluss daran formuliert der Autor folgende Handlungsempfehlungen: a) das Ehrenamt braucht Reflexionsräume angesichts der besonderen Herausforderungen der Versorgung von Menschen mit Demenz, b) es braucht eine regionale und eine Anerkennung des Ehrenamts auf Landesebene, c) Ehrenamt und professionelle Dienstleistungsangebote müssen nach Corona ihr Verhältnis neu bestimmen, d) Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation im Quartier sollen dazu beitragen, der Demenz die Scham- und Angstbesetztheit zu nehmen, e) die Chancen von Digitalisierung in der Versorgung von Menschen mit Demenz sollen ergriffen werden, f) die Vernetzung von Akteur:innen auf Quartiers-, regionaler und Landesebene ist zu fördern und g) neue und junge Ehrenamtliche müssen sukzessive rekrutiert werden. Weiterer Forschungsbedarf besteht darin, herauszufinden, aus welchen Gründen Angebote genutzt oder nicht genutzt werden und wie Menschen mit Demenz nicht nur als „Erkrankte“, sondern auch als beziehungsfähige und im Austausch stehende Personen wahrgenommen werden können. In die abschließenden Bemerkungen lässt der Verfasser die Erfahrungen des Forscherteams einfließen, den Forschungsprozess auf die Covid-Bedingungen umstellen zu müssen, auf die besonders rigiden Bedingungen in der Altenhilfe und Pflege zu stoßen und bisweilen resignierte Akteur:innen anzutreffen.
Ein Vorwort (S. 7–9) der Herausgeber:innen sowie ein Dank (S. 177) umrahmen die Beiträge.
Diskussion
Die exemplarische Analyse ländlicher, kleinstädtischer und städtischer Quartiere legen die Aktualität und Dringlichkeit des anstehenden ungedeckten Bedarfs der Versorgung von Menschen mit Demenz drastisch an den Tag. Die Projektergebnisse lassen sich wie ein Appell an alle Kommunen und viele andere Akteure lesen, sich jetzt und gleich daran zu machen, die im Sozialraum vorhandenen Aktivitäten und sozialen Dienste zu eruieren, sie zu unterstützen, das Potenzial der freiwillig Engagierten aufzugreifen, zu professionalisieren und auf diese Weise ein Lebensumfeld zu schaffen, um den Menschen mit Demenz und deren An- und Zugehörigen das Mitten-in-der Gemeinde-Bleiben zu ermöglichen. Ohne fundamentale Kenntnis des jeweiligen und spezifischen Sozialraums sind Lösungen nicht zu finden – das ist eine Quintessenz und fließt in die Handlungsempfehlungen ein. Es bleibt zu hoffen, dass die Auftraggeber der Studie ihre Kommunen befähigen und ausstatten, sich diesen Aufgaben zu stellen, um die durch die Einzelprojekte beteiligten Personen, deren Expertise abgeschöpft und mit denen Visionen entwickelt wurden, nicht zu enttäuschen.
Im ersten theoriebasierten Themenabschnitt des Bandes ist nicht ganz nachvollziehbar, wieso die Sozialraumforschung und -analyse im ländlichen und städtischen Raum separat dargestellt werden, da sich inhaltlich viele Überschneidungen ergeben. Inhaltliche Überlappungen sind auch bei der Beschreibung der Vorgehensweise an den drei Projektforschungsorten des zweiten Themenabschnitts zu finden: Die lokalen Unterschiede in der Sozialstruktur der Räume, der Akteur:innen und deren Aktivitäten sowie den Zielen drängen diese jedoch in den Hintergrund. Die genaue Beschreibung der Erhebung entspricht dem Genre eines Forschungsberichts, dessen Einzelbeiträge gut zu lesen sind. Einzig im letzten Beitrag wirkt der Hinweis auf „konviviale Unterstützungsstrukturen“ (S. 160) ohne eine vorausgehende oder nachfolgende Erklärung eines theoretischen Kontextes leicht irritierend.
Fazit
Dieser Band beinhaltet Musterbeispiele von Sozialraumanalysen und -orientierung für Sozialpädagog:innen, unabhängig davon, für welche Zielsetzung sie durchgeführt werden. Für diese Zielgruppe, aber auch für alle politisch und kommunal Verantwortung Tragenden inklusive Personen, die koordinative Aufgaben im Sozial- und Pflegesektor innehaben, ist dieser Projektbericht eine erhellende Lektüre.
Rezension von
Prof. Dr. Irmgard Schroll-Decker
Lehrgebiete Sozialmanagement und Bildungsarbeit an der Fakultät Sozial- und Gesundheitswissenschaften der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg
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Es gibt 79 Rezensionen von Irmgard Schroll-Decker.
Zitiervorschlag
Irmgard Schroll-Decker. Rezension vom 26.08.2022 zu:
Reimer Gronemeyer, Martina Ritter, Oliver Schultz, Jutta Träger (Hrsg.): Demenz im Quartier. Ehrenamt und Sozialraumorientierung für das Alter. transcript
(Bielefeld) 2022.
ISBN 978-3-8376-5795-1.
Reihe: Alter - Kultur - Gesellschaft - 8.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/29525.php, Datum des Zugriffs 15.01.2025.
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