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Rudolf Bieker, Heike Niemeyer (Hrsg.): Träger, Arbeitsfelder und Zielgruppen der Sozialen Arbeit

Rezensiert von Prof. Dr. Andrea Warnke, 22.11.2022

Cover Rudolf Bieker, Heike Niemeyer (Hrsg.): Träger, Arbeitsfelder und Zielgruppen der Sozialen Arbeit ISBN 978-3-17-041959-9

Rudolf Bieker, Heike Niemeyer (Hrsg.): Träger, Arbeitsfelder und Zielgruppen der Sozialen Arbeit. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2022. 2., überarbeitete Auflage. 284 Seiten. ISBN 978-3-17-041959-9. 32,00 EUR.
Reihe: Grundwissen Soziale Arbeit - 6.

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Thema

Das Herausgeber*innen-Werk bietet zunächst einen Überblick über die Trägerlandschaft und die unterschiedlichen Funktionen der verschiedenen Träger Sozialer Arbeit. Sodann wird eine Einführung in inhaltliche und methodische Aspekte Sozialer Arbeit anhand von 5 Handlungsfeldern mit insgesamt 25 Arbeitsfeldern gegeben.

Herausgeber*innen

Prof. Dr. Rudolf Bieker war Hochschullehrer am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Niederrhein. Heute arbeitet er freiberuflich als Lektor, Autor und Herausgeber wissenschaftlicher Publikationen.

Prof. Dr. Heike Niemeyer lehrt Soziale Arbeit mit den Schwerpunkten Soziale Dienste und Einrichtungen sowie Sozialverwaltung an der Hochschule Niederrhein im Fachbereich Sozialwesen.

Entstehungshintergrund

Das Herausgeber*innenwerk gehört zur Reihe „Grundwissen Soziale Arbeit“ des Kohlhammer Verlags. Die Reihe hat das Ziel, Grundwissen für das Studium der Sozialen Arbeit bereitzustellen. Das vorliegende Buch erscheint in einer 2., überarbeiteten Auflage rund 10 Jahre nach der ersten Auflage.

Aufbau und Inhalt

Das 280-seitige Herausgeber*innenwerk umfasst zwei Teile (Teil A und B).

Teil A des Sammelbands Trägerstrukturen in der Sozialen Arbeit – ein Überblick (Bieker, Niemeyer) definiert zunächst den Begriff „Träger der Sozialen Arbeit“ und zeigt sodann die Struktur und Heterogenität dieser Organisationen und Institutionen auf. Das Kapitel stellt da, wer für die Gefährleistung und Durchführung gesetzlicher Leistungen verantwortlich ist, in welchem Verhältnis die Institutionen/​Organisationen stehen sowie welche Mittel sie für die ihnen zugeschriebenen Aufgaben einsetzten können.

Teil B des Sammelbands Arbeitsfelder und Zielgruppen beginnt mit einer Einleitung der Herausgeber*innen Bieker und Niemeyer. Sodann stellt Teil B 5 Handlungsbereiche mit 25 Arbeitsfeldern und Zielgruppen vor. Jeder Handlungsbereich beginnt mit einer Übersicht über den Handlungsbereich (Kurzbeschreibung/​Adressat*innen/​Wichtige Arbeitsfelder/orte) bevor die verschiedenen Arbeitsfelder vorgestellt werden.

Der Handlungsbereich „Erziehung, Bildung, Sozialisation“ beginnt mit dem Beitrag Offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) von Deinert und Büchter. OKJA fokussiert insbesondere informelle respektive non-formale Bildung, ist in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen verortert und stellt Räume zur Verfügung, in denen die Kinder und Jugendlichen mitgestalten und selbst organisiert handeln können. Der Artikel Schulsozialarbeit (Kloha, Aghamiri, Reinecke-Terner) definiert Schulsozialarbeit als „Handeln auf der Zwischenbühne“, da sie sich zwischen der „Bedeutungsspähre der Schüler*innen, derjenigen der Schule und den Anforderungen der eigenen Profession hin und her [bewegt]“ (S. 77). Mit dem Arbeitsfeld der Sportsozialarbeit beschäftigen sich Löwenstein, Steffens und Kunsmann. Die Autor*innen unterscheiden zwischen Soziale Arbeit mittels Sport und Soziale Arbeit für den Sport (z.B. Arbeit in Jugendorganisationen von Sportverbänden oder Fanprojekten) und weisen auf die unterschiedliche Zielsetzung und damit Heterogenität der Handlungsfelder in diesem Arbeitsbereich hin. Kapitel 5 widmet sich dem ASD und dem Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (Schone). Die Aufgaben des ASD als Teil des Jugendamtes werden vorgestellt, der Begriff Kindeswohlgefährdung definiert. Handlungsoptionen und Kompetenzanforderungen werden vorgestellt. Das Spannungsfeld – die Ambivalenz von Freiwilligkeit und Zwang – werden diskutiert. Sabrina Schmidt stellt das Arbeitsfeld Hilfen zur Erziehung vor. Nach einer Kurzvorstellung der einzelnen Hilfeformen (u.a. Erziehungsberatung, Soziale Gruppenarbeit, Sozialpädagogische Familienhilfe, Heimerziehung) erfolgt eine methodische Orientierung und Darstellung zentraler Zielsetzungen der Hilfeformen. Der Artikel schließt mit den Herausforderungen und Spannungsfeldern in diesem Arbeitsgebiet. Kapitel 7 widmet sich der Kinder- und Jugendhilfe in geschlossenen Einrichtungen (Oelkers) als ein Tätigkeitsfeld bzw. stationäres Angebot im Arbeitsfeld der Hilfen zur Erziehung. Adressat*innen, Aufgaben und Ziele sowie Handlungskonzepte und erforderliche Kompetenzen werden vorgestellt.

Im Handlungsbereich „Existenzielle Problemlagen“ wird mit dem Beitrag von Ruth Enggruber zur Jugendberufshilfe – Soziale Arbeit im Übergang Schule-Beruf begonnen. Die Jugendberufshilfe umfasst diverse Angebotstypen, die von Berufsorientierung über Berufsvorbereitung bis zu Ausbildungsbegleitenden Hilfen reicht. Adressat*innen, Rahmenbedingungen sowie Handlungsmethoden werden vorgestellt. Ernst von Kardorff widmet sich der Beruflichen Rehabilitation – Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Förder- und Unterstützungsbedarf. Teilhabe am Arbeitsleben bildet die zentrale Grundlage der Existenzsicherung und ist Voraussetzung „für eine selbstbestimmte, von staatlichen Transferleistungen unabhängige Lebensführung“ (S. 123). Kapitel 10 Hilfen im Wohnungsnotfall (Scheller) zeigt die „differenzierte Hilfeangebotsstruktur, die sich in den letzten Jahren entwickelte, wobei es bundesweit quantitative und qualitative Unterschiede gibt“ (S. 135). Die Soziale Schuldenberatung (Ansen) richtet sich an Personen/​Haushalte, die von Überschuldung oder prekären Verschuldung betroffen sind. Das Konzept und die aktuellen Herausforderungen werden vorgestellt.

Der Handlungsbereich „Soziale Beziehungen und Konfliktsituationen“ zeigt Heike Herrmann in ihrem Beitrag Gemeinwesen- und sozialraumorientierte Soziale Arbeit zunächst die (geschichtliche) Entwicklung der Gemeinwesenarbeit (GWA) auf und schlägt sodann den Bogen zur Sozialraumorientierten Sozialen Arbeit (SRA). Ein Spezifikum von GWA und SRA ist die zielgruppenübergreifende Arbeit. Zentrale Methoden und erforderliche Kompetenzen werden vorgestellt. Stöcker-Zafari widmet sich dem Thema Familien mit Migrationsgeschichte. Die Zielgruppe „Familien mit Migrationsgeschichte“ werden im Kontext ihrer Lebenswirklichkeiten (rechtliche, strukturelle und diversitätssensible Aspekte) dargestellt; die Perspektiven des professionellen Handelns integriert. Donja Amirpur stellt das Arbeitsfeld Soziale Arbeit mit Geflüchteten und Asylsuchenden vor. Tätigkeitsfelder und organisatorische Rahmenbedingungen werden aufgezeigt, Dilemmata des Arbeitsfeldes und zukünftige Perspektiven werden diskutiert. Kapitel 15 Gewalt gegen Frauen – Häusliche Gewalt (Birgit Meyer) stellt zunächst die Historie des Arbeitsfelds vor, definiert sodann „Häusliche Gewalt“ und beschreibt Hilfen für von Gewalt betroffene Frauen. Trägerschaft und Finanzierung sowie erforderliche Kompetenzen werden dargestellt. Im Beitrag Hilfe für Frauen in sexuellen Ausbeutungsverhältnissen (Völschow, Janßen, Gahleitner) wird zunächst sexuelle Ausbeutung und Zwangsprostitution thematisch eingeführt, um dann das Handlungsfeld zu beschreiben. Interprofessionalität und Kooperationserfordernisse werden herausgestellt. Kapitel 16 Hilfen für Frauen in sexuellen Ausbeutungsverhältnissen (Völschow, Janßen, Gahleitner) definiert sexuelle Ausbeutung und Zwangsprostitution und stellt sodann entsprechende spezialisierte Dienste vor. Interprofessionalität und Kooperationserfordernisse werden fokussiert. Kurt Möller widmet sich der Zielgruppe und damit dem Arbeitsfeld Diskriminierungsaffine und demokratiefeindlich orientierte junge Menschen. Zentrale Arbeitsfelder, adressierte Gruppierungen sowie Handlungskonzepte, Methoden und Praxiskonzepte werden thematisiert.

Der Handlungsbereich „Gesundheitliche Beeinträchtigungen/​Probleme des Alterns“ beschäftigt sich zunächst im Artikel von Borgetto und Wünsche mit Selbsthilfeunterstützung von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Selbsthilfestrukturen werden vorgestellt und es wird diskutiert, welchen Beitrag die Soziale Arbeit in diesem Bereich leisten kann (z.B. Vermittlung interessierter Bürger*innen und Unterstützung selbsthilfeförderlicher Öffentlichkeitsarbeit). Reiner Adler widmet sich in seinem Beitrag der Selbstbestimmung und dem Schutz von vulnerablen Erwachsenen. Grundlagen der gesetzlichen Betreuung werden dargelegt und der Erwachsenenschutz als Beruf (z.B. Behördenbetreuer*in, Berufsbetreuer*in) sowie betreuungsrechtliche Aufgabenbereiche (Gesundheits-, Aufenthalts- und Vermögenssorge) vorgestellt. Marion Laging stellt in Kapitel 20 Soziale Arbeit in der Suchthilfe vor. Sie stellt die Suchthilfe im Spannungsfeld von Abstinenz und Harm Reduction vor und beschreibt Strukturen und Angebote. Das Kapitel schließt mit einer Skizzierung eines Profils der Sozialen Arbeit in diesem Kontext. Bischkopf und Friege stellen die Soziale Arbeit in psychiatrischen Arbeitsfeldern vor. Adressat*innen und Bedarfe werden vorgestellt und die Organisation dieses Arbeitsfelds beschrieben. Kompetenzen der Diagnostik und Beziehungsgestaltung werden ebenso wie spezifische Ansätze (z.B. Trialog) vorgestellt. Das Kapitel schließt mit einem Ausblick auf Forschung und Entwicklung. Dieter Röh beschreibt die Soziale Arbeit mit behinderten Menschen (in der Eingliederungshilfe). Der Autor schlägt den Bogen von Integration zu Inklusion und widmet sich dem Behindertenbegriff im heutigen Sozialrecht. Methoden und Einsatzgebiete Sozialer Arbeit werden vorgestellt. Ältere Menschen als Arbeitsfeld Sozialer Arbeit ist das Thema des Beitrags von Steinfort-Diedenhofen. Rahmenbedingungen Sozialer Arbeit mit älteren Menschen werden aufgezeigt und typische Handlungskonzepte und Methoden vorgestellt (z.B. freizeitorientierte Angebote in offenen Seniorentreffs, Angebote in der Gerontopsychiatrie, Arbeit im Hospiz bzw. in der Palliativversorgung).

Der Handlungsbereich „Abweichendes Verhalten“ beginnt mit Jugendhilfe im Strafverfahren (Holthusen, Hoops). Aufgaben der Jugendhilfe im Rahmen von Jugendstrafverfahren inklusive Adressat*innen, Organisationsformen und Schnittstellen werden dargestellt. Heinz Cornel fokussiert die Soziale Arbeit mit straffällig gewordenen Menschen. Arbeitsfelder der ambulanten (z.B. Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Hilfen für Angehörige Inhaftierter) sowie der stationären Straffälligenhilfe werden benannt, aktuelle Entwicklungstendenzen aufgezeigt.

Der abschließende Handlungsbereich „Sozialmanagement“ umfasst das schließende Kapitel 26 Förderung und Begleitung freiwilligen sozialen Engagements. „Die Förderung und Begleitung freiwilligen sozialen Engagements hat sich als ein eigener Arbeitsbereich herausgebildet, in dem auch die professionelle Soziale Arbeit präsent ist“ (S. 273), so die Autorin Gisela Jakob. Zunächst erfolgt eine begriffliche Annäherung, sodann werden Kennzeichen eines professionellen Freiwilligenmanagements vorgestellt.

Jeder Beitrag schließt mit einem Literaturverzeichnis.

Diskussion

Das Herausgeber*innenwerk ist gelungen. Der Aufbau ist gut nachvollziehbar und sinnvoll. Der differenzierte Überblick über die Trägerstrukturen ist eine gute Grundlage für die nachfolgenden Handlungsbereiche und Arbeitsfelder. Die Handlungsbereiche und ihre Arbeitsfelder sind gut ausgewählt und die Bandbreite Sozialer Arbeit wird deutlich und greifbar. Die Kapitel beschränken sich einerseits auf das Wesentliche, sind aber andererseits nicht oberflächlich, sondern geben einen angemessenen Einblick. Die Literaturhinweise am jeweiligen Kapitelende geben die Möglichkeit, sich vertiefend mit einzelnen Handlungsbereichen auseinanderzusetzen.

Das Buch ist eine sehr informative und gute Lektüre für Studierende, nicht nur in den ersten Semestern. Aber auch Sozialarbeiter*innen am Anfang des Berufslebens oder jene, die sich gerne einem neuen Arbeitsfeld widmen möchten, finden Anregungen. Lehrenden ist das Buch eine hilfreiche Unterstützung für den Unterricht, z.B. im Kontext der Berufsfeldkunde.

Fazit

Das Buch bietet einen hervorragenden Überblick über die unterschiedlichen Handlungsbereiche und den innewohnenden Arbeitsfeldern und ist nicht nur Studierenden, sondern auch bereits im Beruf stehenden Sozialarbeiter*innen sowie Lehrenden der Sozialen Arbeit wärmstens zu empfehlen.

Rezension von
Prof. Dr. Andrea Warnke
Professorin für Soziale Arbeit, IU Duales Studium, Campus Bremen
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Es gibt 29 Rezensionen von Andrea Warnke.

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Zitiervorschlag
Andrea Warnke. Rezension vom 22.11.2022 zu: Rudolf Bieker, Heike Niemeyer (Hrsg.): Träger, Arbeitsfelder und Zielgruppen der Sozialen Arbeit. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2022. 2., überarbeitete Auflage. ISBN 978-3-17-041959-9. Reihe: Grundwissen Soziale Arbeit - 6. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/29546.php, Datum des Zugriffs 12.12.2024.


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