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Gernot Freisinger, Oliver Jöbstl: Die digitale Transformation des Qualitätsmanagements

Rezensiert von Prof. Dr. Paul Brandl, 27.02.2023

Cover Gernot Freisinger, Oliver Jöbstl: Die digitale Transformation des Qualitätsmanagements ISBN 978-3-446-46884-9

Gernot Freisinger, Oliver Jöbstl: Die digitale Transformation des Qualitätsmanagements. Potenziale nutzen, Strategien entwickeln, Qualität optimieren. Hanser Verlag (München) 2022. 451 Seiten. ISBN 978-3-446-46884-9. D: 49,99 EUR, A: 51,40 EUR.

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Die Autoren

Gernot Freisinger, nach einer technischen Ausbildung und Tätigkeit im Projekt- und Produktmanagement sowie einem Master-Studium Innovationsmanagement in Graz ist er seit 2013 als Consultant und Trainer bei successfactory management coaching gmbh in den Bereichen Produktentwicklung, Qualitätsmanagement und Data Analysis tätig. Das Aufgabenspektrum beinhaltet die Erfassung von Kundenbedürfnissen, die Entwicklung von qualitativ hochwertigen Systemen und die Einführung von Entwicklungsmethoden.

Oliver Jöbstl, studierte Werkstoffwissenschaften an der Montanuniversität Leoben und dissertierte in Qualitätsmanagement und Anlagenwirtschaft. Er ist Mitbegründer der successfactory management coaching gmbh in Leoben und berät seit 2000 Industrieunternehmen in den Bereichen Qualitätsmanagement, Leadership, statistische Modellierung, Machine Learning und künstliche Intelligenz

Bernd Kögler, studierte Maschinenbau an der TU Wien und war anschließend bei der Robert Bosch AG und seit 2005 bei Pankl Racing. Derzeit ist er Werksleiter der Getriebefertigung und technischer Leiter der Pleuel-Serienfertigung. Er studierte berufsbegleitend Automotive Industry an der TU Wien und STU Bratislava.

Jürgen Lipp, nach einer technischen Ausbildung und mehreren Positionen übernahm er 2010 bis 2015 die Systemsoftwareentwicklung bei Atronic – dazu dann auch berufsbegleitendes Studium Software Engeneering Leadership in Graz und Hamburg. Nach weiteren Stationen startete er 2020 als Consultant und Trainer bei successfactory management coaching gmbh, wo er seine Erfahrungen bei Software- und KI-Projekten weitergibt.

Manfred Strohrmann ist Professor für Grundlagen der Elektrotechnik und Systemtheorie an der Fakultät für Elektro- und Informationstechnik an der Hochschule Karlsruhe. In Kooperation mit lokalen Industriepartnern setzt er statistische Verfahren des Design Six Sigma und Machine Learning praxisnah um. Als Studiengangsleiter und Prodekan ist er bestrebt, die erarbeiteten Konzepte in den Lehrbetrieb zu integrieren.

Sowie unterstützend weitere vier Co-Autoren.

Thema und Zielsetzung

Dieses Buch zeigt nicht nur Einsteigern und Entscheidungsträgern auf, wie sich das Qualitätsmanagement durch die Digitalisierung weiterentwickeln kann (wird), auch Personen, die an der Weiterentwicklung des QM interessiert sind, bietet diese Publikation Stoff zur Auseinandersetzung. Es beschreibt wie mit neuen Strategien, Methoden, Vorgehensweisen und neuen Formen der Kollaboration ein vertieftes Produkt- und Prozessverständnis generiert werden kann und welche Potenziale sich für Unternehmen daraus ergeben. Damit geht das Buch über die derzeitigen und zukünftigen Herausforderungen des QM und Chancen durch Digitalisierung in der Praxis hinaus in Richtung qualitätsgesicherte Innovationen mit Design Thinking und agile Methoden. Statistische Methoden, Machine Learning und künstliche Intelligenz werden mit risikobasierten Entscheidungen kombiniert. Die Weiterentwicklung der Prozesse bis hin zur künstlichen Intelligenz und Robotic sowie Process Mining werden betrachtet. Auch die Auslegung der Data-Science-Infrastruktur, die für die digitale Transformation notwendigen Kompetenzen sowie Strategien der Einführung und Umsetzung sind Thema.

Inhaltlicher Überblick

Am Beginn steht ein Kapitel zum Überblick zu den Herausforderungen im Qualitätsmanagement. Dabei wird auf die Begriffe Qualität und Qualitätsmanagement sowie auf die Effektivität und Effizienz von Prozessen genauso eingegangen wie auf den digitalen Wandel als Chance. Es folgen dann die Entwicklungsstufen und Ziele des QM sowie die Handlungsfelder im digitalen Qualitätsmanagement.

Damit ist man beim Kapitel „Digitale QM-Systeme“ angelangt und es wird eingeleitet mit „Die Kunst, ausgewogene QM-Systeme zu gestalten“. Anschließend wird darauf eingegangen, dass moderne QM-Systeme prozessorientiert sein müssen. Dazu wird in einem ersten Schritt auf das Gestaltungsprinzip, das Instrument der Prozesslandkarte, die Strategieanbindung und die Prozessinhaberschaft als entscheidender Schlüssel eingegangen gefolgt vom interaktiven digitalen Aufbau des Prozessmanagementsystems. Basis zum Visualisieren von Geschäftsabläufen ist eine Software mit dem BPMN 2.0 (Business Process Model and Notification). Damit werden auch „Augmented Workers“ ermöglicht, um Prozesse leben zu können. Process Mining und Kollaborationsplattformen sind ebenso Thema. Schließlich sollen moderne QM-Systeme die Datenqualität integrieren.

Der Titel des Kapitels „Qualitätsgesicherte Innovation“ öffnet das Denken in Richtung Kundenorientierung und Design Thinking sowie in Richtung der Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle. Es folgen Abschnitte zu Design for Six Sigma, agile Methoden, Qualität in softwareintensiven Systemen, systematische Entwicklung von Industrie 4.0-Lösungen sowie eine Case Study.

Das Kapitel „Die Kunst, die richtigen Daten zu verwenden“ beginnt mit der Rolle der Statistik und die Erhebung der richtigen Daten, die es zu verstehen und zu bereinigen gilt. Es folgen Abschnitte zur Kodierung von Merkmalen, Daten konstruieren und zur Dimensionsreduktion.

Damit ist die Grundlage gelegt für ein Kapitel „Mit Daten risikobasierte Entscheidungen treffen“. Nach den Grundlagen folgt die Durchführung von Hypothesentests und deren Sicherheit gefolgt von einem Abschnitt zur Varianzanalyse. Abgeschlossen wird das Kapitel mit einer Case Study zur Homogenitätsprüfung eines Luftflusses.

Damit gerüstet geht es zum Kapiel „Die Kunst, aus Daten zu lernen“. Man trifft dabei auf Regressionsverfahren, Klassifikationsverfahren, Cluster Verfahren, automatische Sichtprüfung über Faltungsnetzwerke, Zeitreihenanalyse und das Reinforcement Learning, einem Ansatz des maschinellen Lernens.

Mit diesen inhaltlichen Aspekten ausgerüstet gilt es dem Kapitel „Prozessverbesserung durch Digitalisierung“ zu folgen. Am Anfang werden die vier Arten der Prozessverbesserung durch Digitalisierung vorgestellt: Problemlösung in 8D, Six Sigma, Workflow oder Robotic Automation, Machine Learning/künstliche Intelligenz. Abschnitte für erfolgversprechende Use Cases im Bereich des Machine Learnings und der Automatisierung finden und im Bereich der künstlichen Intelligenz und des Maschine Learnings gilt es systematisch umzusetzen. Es folgt die Automatisierung von Prozessen und die systematische Prozessverbesserung durch Six Sigma. Damit ergeben sich neue Möglichkeiten der Fehlerbehebung durch Digitalisierung.

Schließlich fallen unter das Kapitel „Systematische Architekturentwicklung und IT-Infrastruktur“ noch das Cloud Computing, die Architekturentwicklung, die Industrialisierung der Lösung sowie die iterative Weiterentwicklung einer und der Betrieb der digitalen Lösung.

Nach alldem Input braucht es auch ein Kapitel „Digitale Kompetenzen erwerben“. Nach der Relevanz des Kompetenzaufbaus geht’s zur Trainingsplanung und Evaluierung sowie wiederum zum Prozessinhaber als Inhaber der Schlüsselrolle für Entwicklungen mit der dazugehörigen Digitalkompetenz. Die Führungskräfte müssen im Rahmen der Führungskräfteentwicklung zu digitalen Botschaftern ausgebildet werden und ein darauf ausgerichtetes nachhaltiges Lernen fördern. Als Working Out Loud wird eine Mentalität der Zusammenarbeit und auch ein darauf aufbauendes Selbstlernen bezeichnet, das zusammen auch Vernetzungskompetenz fördert. Schließlich coachen im Reverse Coaching jüngere MitarbeiterInnen ihre älteren KollegInnen und auch Führungskräfte.

Zum Abschluss geht es im letzten Kapitel „Den digitalen Wandel meistern“ darum, zu Beginn die neun Handlungsfelder zu bearbeiten, die für ein erfolgreiches Gelingen der digitalen Transformation im QM berücksichtigt werden sollen:

  • Qualitätsstretegie und -ziele
  • Kundennähe
  • Qualitätsgesicherte Innovation
  • Prozessdigitalisierung
  • Digitales QM-System
  • Digitale Zusammenarbeit
  • Informationstechnologie
  • Digitale Kompetenzen imQM
  • Digitales Transformationsmanagement

Beim Führen in unsicheren Zeiten empfiehlt sich ein persönlicher Führungskompaß, der strategisch ausgerichtet ist und sich an folgenden Herausforderungen orientiert:

  • Strategische Ausrichtung des eigenen Bereichs
  • Wertbeitrag zum Erreichen der Ziele
  • Exzellenz der Ergebnisse des eigenen Arbeitsbereiches incl. Messung
  • Anspruch an die Prozesse
  • Wie muss die Kultur und Zusammenarbeit gestaltet sein, um ein sinnerfülltes Erreichen der Ziele zu ermöglichen?
  • Welches Wissen und welche Kompetenzen braucht es im eigenen Bereich?

Unterstützend gibt es noch das Pipeline-Modell für das Change Management und eine Einführungsroadmap für den digitalen Wandel in 8 Stufen von der rationalen Zustimmung bis zum Sicherstellen der Nachhaltigkeit.

Diskussion

Ein interessanter Weg wurde hier über das traditionelle QM von EFQM und ISO hinaus beschritten. Die Autoren haben das QM Richtung Prozessmanagement erweitert und auch die Prozesslandkarte als Orientierungsinstrument eingebaut. Interessant sind auch die Entwicklungsstufen des QM ausgehend von der Kontrolle bis zum digitalen QM, wobei interessanter Weise der Weg zu den Reifegraden eines Prozesses und einer Dienstleistung zuwenig beschritten wird – zugegeben eine Kritik auf hohem Niveau. Das Buch stellt auf den Produktionsbereich ab, kann aber etwa hinsichtlich der Logistik auch für Dienstleistungen angewandt werden. Auch scheint das Buch auf größere Unternehmen abzustellen, was aber letztlich keinen Beinbruch bedeutet – eine Transferaufgabe für den Leser. Immer wieder taucht die auch im Dienstleistungsbereich relevante supply chain und das überbetriebliche Denken auf. Das Buch zeigt sehr schön wie man das QM strategisch ausrichten kann und Digitalisierung neue Arbeitsformen ermöglicht. Weitere Arbeiten für den Dienstleistungsbereich wären zum selben Themenbereich hilfreich.

Fazit

Endlich ein Buch das über das klassische, statische und unternehmensbezogene „QM“ eines EFQM und ISO hinausgeht und viele Facetten der Digitalisierung aber auch agile Arbeitsweisen einzubinden vermag. Dies verzeiht, dass das Hauptaugenmerk auf dem Produktionsbereich liegt. In Summe vermag dieses Buch den Weg in die digitale Zukunft eines unternehmensübergreifenden, prozessbasierten Qualitätsmanagements zu weisen. Es liegt nahe, diesen Weg speziell auch für soziale Dienstleistungen in Richtung eines prozessbasierten, dynamischen Qualitätsmanagements weiterzugehen – jeder Baustein in diese Richtung hilft.

Rezension von
Prof. Dr. Paul Brandl
war Professor für Organisationsentwicklung und Prozessmanagement, Berater für die Optimierung von Prozessen bei sozialen Dienstleistungen und Neugestaltung von sozialen Dienstleistungen insbesondere aus Sicht der KlientInnen und der Digitalisierung sowie dem prozessbasierten Qualitätsmanagement (pQMS extended®)
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Es gibt 104 Rezensionen von Paul Brandl.

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Zitiervorschlag
Paul Brandl. Rezension vom 27.02.2023 zu: Gernot Freisinger, Oliver Jöbstl: Die digitale Transformation des Qualitätsmanagements. Potenziale nutzen, Strategien entwickeln, Qualität optimieren. Hanser Verlag (München) 2022. ISBN 978-3-446-46884-9. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/29562.php, Datum des Zugriffs 28.03.2023.


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