Reform weiterdenken und Qualität ernst nehmen!
Rezensiert von Talha Kiziltepe, 10.05.2024
Reform weiterdenken und Qualität ernst nehmen!
Balance Buch + Medien Verlag
(Köln) 2021.
202 Seiten.
ISBN 978-3-86739-235-8.
Reihe: Jahrbuch des BdB - 2021.
Thema
Thorsten Becker, Vorsitzender des Bundesverbands der Berufsbetreuer/​innen (BdB), eröffnet das neueste BdB-Jahrbuch mit einem Editorial, in dem er die Anpassungen und Herausforderungen des vergangenen Jahres, beeinflusst durch die COVID-19-Pandemie, thematisiert. Trotz der Absage der Jahrestagung, die üblicherweise eine zentrale Informationsquelle für das Jahrbuch ist, haben eingeladene Referenten und Fachexperten weiterhin Beiträge zu ihren Spezialgebieten geleistet. Das Jahrbuch enthält zwölf Artikel, die sowohl fachliche als auch verbandspolitische Inhalte abdecken und darauf abzielen, den Diskurs zu fördern und praktische Unterstützung für die Betreuungsarbeit zu bieten. Die Themen reichen von der Reform des Betreuungsrechts über die organisatorische Veränderung (Change Story) bis hin zu den direkten Auswirkungen der Pandemie auf die Betreuungspraxis. Das Buch strebt nach Interdisziplinarität und berührt wichtige gesellschaftliche Themen wie unterstützte Entscheidungsfindung und rechtliche Aspekte der Betreuung.
Autor:in und Herausgeber:in
Zum Herausgeber:in
Der Bundesverband der Berufsbetreuer*innen e.V. (BdB) ist nach eigenen Angaben die größte Interessenvertretung des Berufsstandes Betreuung in Deutschland mit etwa 8.000 Mitgliedern. Gegründet im Jahr 1994, verfolgt der Verband das Ziel, Menschen mit Betreuungsbedarf professionell zu unterstützen, um ihnen ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Autoren
Das Jahrbuch wurde von insgesamt zwölf Autorinnen und Autoren verfasst, die eine beeindruckende Expertise in ihren jeweiligen Fachgebieten mitbringen. Ihre umfassenden Kenntnisse und Erfahrungen bereichern das Werk. Die Vielfalt an Fachwissen und Perspektiven, die sie einbringen, macht dieses Buch zu einer wertvollen Ressource für alle, die sich mit den abgehandelten Inhalten auseinandersetzen möchten.
Thorsten Becker ist Vorsitzender des Bundesverbandes der Berufsbetreuer/​innen e.V.
Dirk Brakenhoff ist Referent für Grundsatzfragen im Bundesverband der Berufs-betreuer/​innen e.V.
Dr. Harald Freter ist Geschäftsführer des Bundesverbandes der Berufsbetreuer/​innen e.V.
Anne Heitmann gehört zur ah kommunikation/​Agentur für Public Relations. Die Agentur begleitet den BdB seit 2001 in der Gestaltung seiner Öffentlichkeitsarbeit und hat unter anderem alle politischen Kampagnen mitentwickelt.
Kay Lütgens ist Rechtsanwalt, Verbandsjurist des Bundesverbandes der Berufsbetreuer/​innen e.V., Autor zahlreicher Bücher und Zeitschriftenartikel zum Betreuungsrecht.
Dr. Jens Prütting ist Juniorprofessor an der Bucerius Law School in Hamburg und Direktor des Instituts für Medizinrecht.
Matthias Rosemann, M.A., ist Psychologe und Soziologe und Geschäftsführer der Träger gGmbH in Berlin. Er ist Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde und Vorstandsmitglied der Aktion Psychisch Kranke e.V.
Dr. Thorsten Stoy (Frankfurt University of Applied Sciences) lehrt im Studiengang Soziale Arbeit den Schwerpunkt Betreuungsrechtspraxis.
Prof. Dr. Patrizia Tolle ist an der Frankfurt University of Applied Sciences Professorin für Pflege und Rehabilitation für Menschen mit Behinderung.
Sabine Waldow ist Diplom-Sozialpädagogin mit einer Zusatzqualifikation in Kommunikationspsychologie. Sie ist seit 2004 als Berufsbetreuerin im Raum Mannheim/​Weinheim tätig, mit Schwerpunkt auf der Betreuung von psychisch- und suchtkranken Menschen.
Susanne Weber-Käßer ist seit 1992 als Anwältin tätig, 1997 hat sie ihre Kanzlei in Mannheim gegründet und ist zudem Berufsbetreuerin (seit 2001). Sie ist außerdem Fachanwältin für Familienrecht.
Dr. Martin Zinkler ist Psychiater und seit elf Jahren Chefarzt an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Klinikum Heidenheim sowie Redaktionsmitglied der Zeitschrift Recht & Psychiatrie. Er war als Sachverständiger beim Bundesverfassungsgericht, beim Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags und beim Deutschen Ethikrat. Er arbeitet als Berater für die Weltgesundheitsorganisation.
Entstehungshintergrund
Seit 2018 gibt der BdB jährlich ein Jahrbuch heraus, das sich wichtigen Fragen und Entwicklungen in der Betreuungsbranche widmet. Das erste Jahrbuch des BdB erschien 2018 und umfasste Beiträge zu aktuellen und grundlegenden Themen aus Wissenschaft, Fachpolitik, rechtlichen Entwicklungen und der Betreuungspraxis. Die siebte und neueste Ausgabe mit dem Titel „120 Tage neues Betreuungsrecht: auf Sand gebaut?“ ist aktuell verfügbar und setzt die kritische Reflexion über jüngste rechtliche Änderungen fort.
Diese Jahrbücher sind ein wichtiger Bestandteil der Fachdiskussion im Bereich des Betreuungsrechts, indem sie jährlich neue Forschungsergebnisse, praktische Erfahrungen und politische Entwicklungen präsentieren und damit die Entwicklung und Qualität der Betreuungsarbeit beeinflussen und auch vorantreiben.
Aufbau und Inhalt
Thorsten Becker führt im Editorial des aktuellen BdB-Jahrbuchs durch die wesentlichen Inhalte und setzt den Rahmen für die thematische Ausrichtung des Buches. Das Jahrbuch behandelt eine Reihe von drängenden Themen im Bereich der Rechtlichen Betreuung, eingeleitet durch Anne Heitmanns Überblick über die Betreuungsrechtsreform, die Veränderungen innerhalb des Verbandes (Change-Story) und die Auswirkungen der Corona-Pandemie.
Die wissenschaftlichen Grundlagen werden vertieft durch Beiträge über unterstützte Entscheidungsfindung von Prof. Dr. Patrizia Tolle und Dr. Thorsten Stoy sowie Dr. Martin Zinkler, die sich auf die rechtliche Betreuung bei psychischen Störungen konzentrieren. Matthias Rosemann beleuchtet die problematische Praxis freiheitsentziehender Unterbringung.
In der Rubrik „Politik und Gesellschaft“ reflektiert Becker über die Notwendigkeit, die Reform des Betreuungsrechts weiterzudenken und die Qualität in der Betreuung zu erhöhen. Dirk Brakenhoff und Dr. Harald Freter diskutieren die politischen Standpunkte des BdB und dessen Vision.
Der rechtliche Rahmen wird von Kay Lütgens mit einer Diskussion über aktuelle Entwicklungen in der Betreuungsarbeit und von Prof. Dr. Jens Prütting, der die komplexe Interaktion von Sterbehilfe und rechtlicher Betreuung analysiert, abgesteckt.
Praktische Aspekte der Betreuung werden in weiteren Beiträgen behandelt. Dirk Brakenhoff spricht über die Herausforderungen für Menschen in verletzlichen Lebenslagen während der Corona-Krise, Susanne Weber-Käßer erörtert das Bundesteilhabegesetz und die damit verbundenen existenzsichernden Leistungen, und Sabine Waldow gibt Einblicke in Deeskalationsstrategien in der Betreuungspraxis.
Zusammenfassend bietet das Jahrbuch einen tiefgreifenden Einblick in die aktuellen Herausforderungen und Entwicklungen im Bereich der Rechtlichen Betreuung und spiegelt die dynamischen Veränderungen im sozialen und politischen Kontext wider, die die Arbeit der Betreuerinnen und Betreuer stark beeinflussen.
Diskussion
Es ist besonders hervorzuheben, wie eng das Jahrbuch Politik und Praxis der Betreuertätigkeit miteinander verknüpft. Auch in dieser Ausgabe wird deutlich, wie nahe der Verband an den aktuellen Entwicklungen ist. Er beschäftigt sich nicht nur theoretisch (und juristisch), sondern auch praktisch und sozialpolitisch mit den Themen und trägt dies erfolgreich nach außen.
Je nach Interessenschwerpunkt des Lesers bietet das Jahrbuch genau das, was gesucht wird, sei es praxisorientiert oder theoriegebunden. Besonders im Bereich Politik und Gesellschaft, wo es um die Betreuungsrechtsreform und die Politik des BdB geht, verleiht das Buch dem Inhalt eine besondere Note.
Fazit
Insbesondere aktuelle Entwicklungen des Betreuungsrechts sowie Herausforderungen, Hindernisse und praxisorientierte Aspekte der Betreuertätigkeit werden im Jahrbuch von Expertinnen und Experten sehr gut beleuchtet und auch wissenschaftlich fundiert aufgearbeitet. Hierbei wird auch deutlich, dass das Jahrbuch nicht den oft im Vordergrund stehenden juristischen Hintergrund des Betreuungsrechts beleuchtet, sondern die Aspekte hervorhebt, die die Betreuertätigkeit und dessen Probleme selbst betreffen.
Rezension von
Talha Kiziltepe
Jugend- und Heimerzieher, Sozialpädagoge (B.A.) und Berufsbetreuer
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Zitiervorschlag
Talha Kiziltepe. Rezension vom 10.05.2024 zu:
Reform weiterdenken und Qualität ernst nehmen! Balance Buch + Medien Verlag
(Köln) 2021.
ISBN 978-3-86739-235-8.
Reihe: Jahrbuch des BdB - 2021.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/29593.php, Datum des Zugriffs 23.01.2025.
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