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Nicolas Vatbois: Datenschutz in der Kita

Rezensiert von Elisabeth Hartmeyer, 28.02.2023

Cover Nicolas Vatbois: Datenschutz in der Kita ISBN 978-3-8029-7245-4

Nicolas Vatbois: Datenschutz in der Kita. Praxishandbuch für Kita-Leitungen und pädagogische Fachkräfte. WALHALLA Fachverlag /metropolitan Verlag (Regensburg) 2022. 96 Seiten. ISBN 978-3-8029-7245-4. 19,90 EUR.

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Thema

Der respektvolle Umgang mit personenbezogenen Daten wurde durch das Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zum 25. Mai 2018 nicht nur neu reglementiert, sondern auch auf eine höhere Stufe gestellt. Angesichts der Menge an Daten, mit denen sich pädagogische Fachkräfte in ihrer alltäglichen Arbeit konfrontiert sehen, betrifft das Thema Datenschutz auch den Kita-Bereich, wobei die Fülle und Komplexität der rechtlichen Regelungen häufig abschreckende Wirkung zeigt und die Frage bleibt, wie derartige Informationen genutzt, verarbeitet, gespeichert oder weitergeleitet werden dürfen. Das als Praxishandbuch konzipierte Werk möchte insoweit Antworten geben und Orientierung bieten.

Autor

Nicolas Vatbois ist Erzieher und Leiter einer integrativen Kita in Schaumburg, Niedersachsen. Neben seiner Tätigkeit als Auditor für Qualitätsmanagement in Kindertagesstätten greift er als Wirtschaftsjurist zudem auf seine Erfahrungen in den Bereichen Arbeits-, Zivil- und Strafrecht zurück. Sein Einsatz für die Rechte von Kindern ist ihm eine Herzensangelegenheit.

Aufbau und Inhalt

Das Werk umfasst knapp 100 Seiten und orientiert sich chronologisch und situationsbezogen am gesamten Betreuungszeitraum eines Kita-Kindes, beginnend mit der Anmeldung bis hin zum Übergang in die Grundschule. Für jede so geschilderte Fallsituation wird eine konkrete datenschutzrechtskonforme Handlungsempfehlung gegeben, wobei das Spektrum von Fragen der Zulässigkeit einer Geburtstagswand (S. 34) bis hin zur Glutenunverträglichkeit (S. 73) reicht. Wenngleich die Darstellung der Situationen freilich nicht abschließend sein kann so spiegelt sich in der dargestellten Auswahl eine sehr große Nähe zur Praxis wider.

In einem kurzen Vorwort werden zunächst die einschlägigen Rechtsgrundlagen mit „Kita-Relevanz“ sowie die „Drei-Fragen-Technik“ (personenbezogene Daten – Einwilligung – Bedingung i.S.v. Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. b)-f) DSGVO) dargestellt, die es ermöglicht, im Alltag zu einer schnellen und datenschutzkonformen Lösung zu gelangen (S. 12). Die anschließenden sieben Kapitel sind dann chronologisch geordnet und umfassen jeweils ca. 10 Seiten. Ein Nachwort sowie ein Stichwortverzeichnis schließen sich an.

Im ersten Kapitel stellt Vatbois typische Situationen dar, die entstehen, wenn sich Eltern für eine bestimmte Kita interessieren und Kontakt aufnehmen – per Email bzw. Telefon oder auch durch persönliches Erscheinen und Besichtigung. Bei diesem Erstkontakt geht es häufig um die Erhebung personenbezogener Daten in Form von Namen oder Adressen, über die der Kontakt aufrechterhalten werden soll (Verarbeitung und Weitergabe von Daten). Da die Kontaktaufnahme typischerweise von den Eltern ausgeht, kann hierbei häufig von einer (zumindest konkludenten) Einwilligung ausgegangen werden.

Die sich daran anschließende Zeit der Eingewöhnung ist nicht nur für alle Beteiligten spannend und mit viel Neuem verbunden, es stellen sich ebenso zahlreiche datenschutzrechtliche Fragen, die Vatbois im zweiten Kapitel darstellt (S. 31 ff.). Die Fallsituation der Abholberechtigung verknüpft hierbei das Thema Datenschutz mit der Aufsichtspflicht von pädagogischem Personal, jene der Speicherung sog. Notfallkontakte berührt mitunter lebenswichtige Interessen der betroffenen Person.

Im dritten Kapitel beschreibt Vatbois das Elterngespräch (S. 39 ff.). Diesem kommt angesichts der hohen Bedeutung von Transparenz in der pädagogischen Arbeit besondere Relevanz zu. Hierbei wird nicht nur auf die oft komplexen Situationen im familiären Kontext eingegangen, die in der Praxis oft eine äußerst sensible Vorgehensweise erfordern, z.B. wenn es um Trennungen oder Scheidungen oder Fragen des Sorge- oder Umgangsrechts geht. Auch die Frage, wer im Falle getrennt lebender Eltern jeweils zu informieren ist, wird aufgeworfen.

Unter der Überschrift „Angebote und Projekte“ werden im vierten Kapitel Situationen dargestellt, die sich aus der Verpflichtung pädagogischer Fachkräfte zur Entwicklungsdokumentation ergeben können (S. 51 ff.). Die datenschutzrechtliche Relevanz ergibt sich hierbei dann, wenn Vorgänge erfasst oder gespeichert werden. Dies stellt Vatbois anschaulich am Beispiel von Transportmöglichkeiten, Mitbringlisten oder generellen Dokumentations- und Beobachtungspflichten bzw. Präsentationen dar.

Das fünfte Kapitel behandelt das Thema Bildungsdokumentation als datengeschützte Form der Evaluation (S. 62 ff.). Sie stellt eine Kernaufgabe in der frühkindlichen pädagogischen Arbeit dar. Die in diesem Kontext dargestellten Situationen erfassen neben der Darstellung eines Portfolios auf einem Elternabend, der Filmvorführung einer Videodokumentation oder den Umgang mit Fotos von Kindern auch den Bereich der Unterlagensicherung auf dem Schreibtisch einer Kita-Leitung.

Mit unterschiedlichen Pflegesituationen befasst sich unter dem Titel „Beziehungsvolle Pflege“ das sechste Kapitel des Praxishandbuchs (S. 72 ff.). Beim Wickeln, Pflegen, Essen, Schlafen, Trösten etc. ergeben sich mannigfaltige Berührungspunkte mit Daten und Datenschutz. Dies wird auch im dargestellten Spektrum der Fallsituationen deutlich: Dürfen Lebensmittelunverträglichkeiten an ein Catering-Unternehmen gemeldet werden? Wie ist ein Wickeltagebuch aufzubewahren? Wann dürfen Gesundheitsdaten trotz entgegenstehendem Willen der Eltern dennoch an Kolleginnen und Kollegen weitergegeben werden? Was gilt bei der Feststellung von Auffälligkeiten (z.B. deutliche Rückschritte, schlechtes Erscheinungsbild), die aber die Schwelle zur Kindeswohlgefährdung noch nicht erreichen?

Im letzten Kapitel thematisiert Vatbois die Öffentlichkeitsarbeit als Kommunikationsform, die zur inneren und äußeren Repräsentation einer Einrichtung genutzt wird, wobei zwischen interner (Eltern) und externer (öffentliche Meinung) Kommunikation unterschieden wird (S. 86). Fragen der Medienpräsenz (z.B. in der Tageszeitung) oder Besonderheiten bei der Organisation von Festen werden hier dargestellt. Thematisiert werden zudem die Frage der zeitlichen Dauer einer Einwilligung sowie die Bedeutung einer Pauschaleinwilligung.

Diskussion

Nicolas Vatbois möchte seinen Leserinnen und Lesern bestehende Unsicherheiten nehmen und den Datenschutz als unterstützendes Mittel verstanden wissen, „um mit den ganz persönlichen Daten der Kinder achtsam, vorsichtig und sinnvoll“ (S. 9) – und man könnte ergänzen: rechtskonform – umzugehen. In Bezug auf das dargestellte Spektrum an Fallsituationen ist dieses Vorhaben gelungen. Gelungen ist Vatbois zudem eine kurze, prägnante und lösungsorientierte Darstellung datenschutzrechtlicher Problemfelder. Dem Umstand, dass er sich bei seiner Darstellung bewusst auf die Vorgaben der DSGVO beschränkt und hierbei – ebenfalls bewusst – auch lediglich auf die grundlegenden Normen, ist es geschuldet, dass das Praxishandbuch eine schnelle und niedrigschwellige Orientierung im Datenschutz-Alltag sowie eine konkrete Handlungsempfehlung anbieten kann. Insofern nimmt das Werk „datenschutzrechtliche Berührungsängste“, die bei der ein oder anderen pädagogischen Fachkraft bzw. Kita-Leitung möglicherweise bestehen. Der übersichtliche Aufbau und die ansprechende optische Gestaltung erleichtern zudem die Lesbarkeit.

Fazit

Das Praxishandbuch bietet einen sehr gut verständlichen und komprimierten Einstieg in datenschutzrechtliche Fragestellungen, die sich in jeder Kita stellen. Es sensibilisiert zudem für datenschutzrechtliche Belange in unterschiedlichen Kontexten. Die konkrete Beantwortung der jeweils aufgestellten Fallfragen ist ein echter Mehrwert im praktischen Umgang.

Rezension von
Elisabeth Hartmeyer
Professorin für Recht im Sozial- und Gesundheitswesen Katholische Hochschule Freiburg Catholic University of Applied Sciences Staatlich anerkannte Hochschule
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Es gibt 2 Rezensionen von Elisabeth Hartmeyer.

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ISSN 2190-9245