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Siegfried Karl, Robert F. (Mitwirkender) Antoch (Hrsg.): Frieden sichern in Zeiten des Misstrauens

Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 01.08.2023

Cover Siegfried Karl, Robert F. (Mitwirkender) Antoch (Hrsg.): Frieden sichern in Zeiten des Misstrauens ISBN 978-3-8379-2465-7

Siegfried Karl, Robert F. (Mitwirkender) Antoch (Hrsg.): Frieden sichern in Zeiten des Misstrauens. Zur Aktualität von Martin Buber, Dag Hammarskjöld und Horst-Eberhard Richter. Psychosozial-Verlag GmbH & Co. KG (Gießen) 2014. 138 Seiten. ISBN 978-3-8379-2465-7. D: 14,90 EUR, A: 15,40 EUR, CH: 21,90 sFr.
Reihe: Dialog leben.

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Thema

Human denken und handeln in den Zeiten von Unsicherheiten und Kakophonien

Die vielfältigen Rufe und Erwartungshaltungen, dass im menschlichen Dasein das Gut sich durchsetzen möge, das als existentielle, menschen- und weltwürdige Situation möglich und notwendig ist – Frieden – sind Kontrapunkte zum Unfrieden und zur Unmenschlichkeit. Gewalt, Unfriede und Kriege entstehen im Geist der Menschen; deshalb muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden, so die Maßgabe, wie sie in der Verfassung der UNESCO (16.11.1945) zum Ausdruck kommt. In der Menschheitsgeschichte haben – – bis heute – Denker darüber nachgedacht, wie Frieden in der Welt möglich wird.

Entstehungshintergrund und Herausgeberteam

Im interkulturellen, interdisziplinären wissenschaftlichen Diskurs zu Friedensfragen werden Symposien, Konferenzen und dialogische Veranstaltungen durchgeführt mit dem Ziel, „aktuelle Fragen zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Kirche“ zu thematisieren. Die Katholische Hochschulgemeinde der Universität Gießen (KHG) hat am 16. November 2013 das Symposium „Frieden sichern in Zeiten des Misstrauens“ durchgeführt und die Ergebnisse in der Publikationsreihe DIALOG LEBEN des Psychosozial-Verlags veröffentlicht. Der Theologe und Hochschuldozent Siegfried Karl und der Gesellschaftswissenschaftler Hans-Georg Burger sind davon überzeugt, dass die beim Symposium vor 10 Jahren thematisierten Aspekte und Herausforderungen auch heute gütig sind, und es sich lohnt, die in den Werken der Protagonisten Martin Buber, Dag Hammarskjöld und Horst-Eberhard Richter vorfindbaren anthropologischen, ethnischen, moralischen, lokal- und globalpolitischen Statements zu reflektieren und nach den aktuellen Bedeutungen zu befragen; denn: Dialog ist notwendig, wenn Frieden möglich sein soll.

Aufbau und Inhalt

Das Herausgeber- und Dokumentationsteam verweist mit der Neuauflage des Sammelbandes auf die aktuellen Bedeutungen des vor 10 Jahren geführten Diskurses. „Frieden ist möglich“, wenn es gelingt, die Janusköpfigkeit beim Zusammenleben der Menschen zu erkennen, das Gute aufzunehmen und das Böse zu verhindern. Im Dokumentationsband wird neben dem Vorwort der Herausgeber, der Grußadresse von Bergrun Richter, dem Grußwort der damaligen Gießener Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz und mit dem einführenden Text und der Aufforderung von Siegfried Karl, „die Prinzipien des Dialogs wieder(zu)entdecken“, in die folgenden Kapitel gegliedert: Das erste wird getitelt: „Dialog und Frieden“, das zweite „Friedenssicherung als Weltaufgabe“, das dritte „Von der Psychosomatik zur Friedensbewegung“. In den Schlussbemerkungen werden Auswege aus den Krisen aufgezeigt.

Der Psychotherapeut Robert F. Antoch analysiert mit dem Beitrag „Dialog und Frieden bei Martin Buber und Horst-Eberhard Richter die religionsphilosophischen Argumentationen der beiden Friedensdenker. Es sind die Tugenden wie Vertrauen, Akzeptanz, Ich- und Du-Wertschätzung, die zusammen kommen und wirken. Der Psychoanalytiker Hans-Jürgen Wirth setzt sich in einem Erinnerungs- und Erlebnisbericht mit dem „dialogischen Prinzip von Richter auseinander und zieht Parallelen zum Friedensgedanken bei Buber. Ein „echtes Gespräch“ ist gekennzeichnet durch eine gleichberechtigte, kompetente, zuhörende und kritische Dialog- und Diskursfähigkeit (siehe dazu auch die von Jürgen Habermas und Karl-Otto Apel entwickelte „Diskursethik“). Der Diplomat Staffan Carlsson, von 2010 – 2015 schwedischer Botschafter in Deutschland, erinnert sich mit dem Beitrag „Dialog – unerlässlich für Friedenssicherung“ an das Amtsverständnis und Friedenswirken des ehemaligen UN-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld (1905 – 1961). Seine Fähigkeit, vorhandene Macht- und Hegemonieverhältnisse in der Welt einzuschätzen, Kompromisse einzugehen, und gleichzeitig antikoloniale und Friedensentwicklungen zu fördern, sind bis heute und weiterhin Leuchtzeichen der Humanität. Der Politikwissenschaftler von der Universität Innsbruck, Jodok Troy, thematisiert mit dem Beitrag „Friedenssicherung als Weltaufgabe“ die Bedeutung der Vereinten Nationen. Er vergleicht die Aufgaben und Herausforderungen der Weltgemeinschaft zu Zeiten von Dag Hammarskjöld mit denen von Heute (siehe dazu auch: Marc Engelhardt, Weltgemeinschaft am Abgrund. Warum wir eine starke UNO brauchen, 2018, www.socialnet.de/rezensionen/​24143.php). Der Gießener Mediziner und Psychoanalytiker Burghard Brosig vermittelt mit dem Beitrag „Von der Psychosomatik zur Friedensbewegung“ einen persönlichen Rückblick auf das Wirken von Horst-Eberhard Richter: „So strahlt Richters Denken damals wie heute weit aus, vermittelt sich hinein in wissenschaftliche Disziplinen jenseits der Medizin, wie Pädagogik, Sozialpsychologie, Soziologie und Politologie“. Die Psychotherapeutin Christiane Uhl stellt fest: „Horst-Eberhard Richter: Warum er fehlt“. Sie wünscht sich Standfestigkeit und Widerstand gegen egoistische, momentane, mediale, verführerische und populistische Einstellungen: „Für eine friedlichere Zukunft werden weiterhin Individuen, Gruppen und Foren benötigt, die sich bewusst um Aufrechterhaltung dialogischer Strukturen bemühen und zudem Solidarität im Widerstand gegenüber dem krankhaften Machbarkeitswahn der vorherrschenden Ideologien bieten“. Der Psychologe und Philosoph Jürgen Hardt formuliert mit dem Beitrag „Therapeutische Verantwortung heute“ Gedanken zur Ethik der Gesundheitswirtschaft. Es ist die Forderung und Suche nach einen „neuen Wert und die Würde des leidenden Menschen“. Es sind revolutionäre Forderungen, die sich nicht ausdrücken in „Empört Euch!“, sondern in „Verweigert Euch!“. Mit den Schlussbemerkungen greift der Vorsitzende der Martin-Buber-Gesellschaft, Hans-Joachim Werner in den Diskurs ein. Als „Ausweg aus der Krise“ schlägt er „das echte (offene) Gespräch“ vor, wie es Martin Buber in seiner Theorie des dialogischen Prinzips zum Ausdruck bringt, und sich im Einklang der drei Denker artikulieren.

Diskussion

Die interessante Frage, welche gemeinsamen Ziele, Werte und Hoffnungen die drei Protagonisten verband, sowohl bei persönlichen Begegnungen und Dialogen, wie z.B. zwischen Hammarskjöld und Buber, als auch bei den wissenschaftlichen Arbeiten, wie sie sich als Verweise, Zitationen und Argumentationen zwischen Buber und Richter ereigneten. Ob persönlich oder sachbezogen, es war die „übereinstimmende Zeitanalyse“ und der „Ruf nach Dialog“, der das Denken und Handeln der drei Zeitgenossen bestimmte, und Siegfried Karl ermöglichte, mit den „Prinzipien des Dialogs“ herauszuarbeiten: Sich über ein gemeinsames, humanes, freiheitliches Menschenbild verständigen – Das individuelle und kollektive Geistige und das Soziale der Conditio Humana erkennen – Das Politische des zôon politikon (Aristoteles) und das Staatliche einer gerechten, gleichberechtigten, demokratischen Gemeinschaft anerkennen – Das Spirituell-Geistig-Religiöse erleben.

Fazit

Die Nachschau über die Aufforderungen zum Frieden, wie sie uns in den Nachlässen und Fundstellen bei Martin Buber, Dag Hammarskjöld und Horst-Eberhard Richter vorliegen, vermittelt Bekanntes und Neues. Es sind die intellektuellen Anforderungen, in der Welt der Unsicherheiten zu freiheitlichen, friedlichen, gerechten, menschenwürdigen Lebensbedingungen zu gelangen. Die drei Protagonisten bieten dazu Hinweise und Kompetenzen an!

Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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Es gibt 1631 Rezensionen von Jos Schnurer.

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Zitiervorschlag
Jos Schnurer. Rezension vom 01.08.2023 zu: Siegfried Karl, Robert F. (Mitwirkender) Antoch (Hrsg.): Frieden sichern in Zeiten des Misstrauens. Zur Aktualität von Martin Buber, Dag Hammarskjöld und Horst-Eberhard Richter. Psychosozial-Verlag GmbH & Co. KG (Gießen) 2014. ISBN 978-3-8379-2465-7. Reihe: Dialog leben. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/29795.php, Datum des Zugriffs 03.12.2023.


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