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Irene Bopp-Kistler (Hrsg.): Demenz. Fakten, Geschichten, Perspektiven

Rezensiert von Mandy Kretzschmar, 11.04.2023

Cover Irene Bopp-Kistler (Hrsg.): Demenz. Fakten, Geschichten, Perspektiven ISBN 978-3-907351-12-3

Irene Bopp-Kistler (Hrsg.): Demenz. Fakten, Geschichten, Perspektiven. rüffer & rub Sachbuchverlag (Zürich) 2022. 3 Auflage. 448 Seiten. ISBN 978-3-907351-12-3.

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Thema

In der 3. aktualisierten Auflage werden von Expert:innen bekannte Fakten zur Erkrankung Demenz erläutert. Betroffene und Angehörige berichten von ihren Erfahrungen mit der Erkrankung und was sie mit ihrem Leben macht. Im Buch werden Perspektiven auf sozial-politischer, medizinischer, spiritueller Ebene vermittelt. Die Autor:innen zeigen auf, wie den Betroffenen respektvoll begegnet werden kann. 

Autor:in oder Herausgeber:in

Irene Bopp-Kistler, Dr. med., ist Internistin mit Schwerpunkt Geriatrie und hat die Altersmedizin im Stadtspital Zürich wesentlich mitgestaltet. Gemeinsam mit Brigitte Rüegger-Frey hat Irene Bopp-Kistler 1997 die Memory Clinic, Waidspital Zürich gegründet. Zudem war sie viele Jahre Lehrbeauftragte der Universität Zürich. Seit 2021 arbeitet Irene Bopp-Kistler in einer Praxis in Zürich und setzt sich weiterhin für die Anliegen von Menschen mit einer Demenz ein. 

Entstehungshintergrund

Seit der ersten Auflage dieses Buches im Jahr 2016 wurde es stetig weiter ausgebaut, da es vordergründig dazu anregen kann, nach dem Lesen des Buches die Gedanken zu öffnen, die bis dahin verborgen waren. Dazu werden vielerlei Themen wie Sinnfindung, Abschied, Angst, Partnerschaft, Migration, genetische Belastung, Sexualität, Scham oder Wut aufgegriffen. Die Autor:innen möchten Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen auf der Suche nach Antworten auf Fragen, die im Prozess der Erkrankung das Leben beeinflussen.

Aufbau

Das Buch ist nach einer thematischen Hinführung in sieben Abschnitte gegliedert:

  1. Demenz – eine Krankheit mit vielen Facetten
  2. Botschaften aus dem Land des Vergessens
  3. Von Grenzerfahrungen im Alltag
  4. Therapien – eine grosse Palette
  5. Vom Loslassen
  6. Von Speziellen Strukturen
  7. Die spirituelle Dimension

Danach folgen das Sachregister, Anmerkungen und weiterführende Informationen.

Inhalt

Würde und Schicksal! So lautet der Einstiegstext von Irene Bopp-Kistler und widmet sich der Begleitung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen unter Beachtung mehrerer Ebenen. Zum einen ist der Sinn des Lebens nicht allein durch die Hirnleistung bestimmt, sondern durch eine bewusste Wahrnehmung des Lebens. Andererseits besteht das Leben mit einer Demenz aus dem ständigen Prozess des Loslassens, so dass die Erkrankung schicksalhaft in das Leben der Betroffenen und ihrer Familien eintritt.

Die Einteilung der Kapitel ist übersichtlich.

Kapitel 1

Hervorzuheben ist, dass die Diagnostik als wichtiger Bestandteil und erster Schritt im therapeutischen Verfahren kategorisiert werden kann. >Eine Abklärung erfindet keine Diagnose, sondern gibt Symptomen einen Namen< (S. 17)! Zum anderen werden neben der genauen Beschreibung der Formen einer Demenz verschiedene Facetten der Diagnostik und Praxisbeispiele beschrieben.

Kapitel 2

In diesem Kapitel berichten Betroffene und Angehörige über ihre Erfahrungen und Schicksalsschläge im Alltag mit der Erkrankung Demenz. Die Eigenberichte beschränken sich zumeist auf den Anfang und die Diagnostikphase der Betroffenen, da die Fähigkeiten rasch verloren gehen. Angehörige beschreiben die Veränderungen anhand der Funktionseinbußen und die Reaktion auf die Erkrankung.

Kapitel 3

Dieses Kapitel widmet sich einerseits den Angehörigen betroffener Menschen mit Demenz. Es werden die Spannungsfelder zwischen Lebensgestaltung und Trauer über den Verlust vertrauter Rollen in einer Beziehung beschrieben. Als Unterstützungsmöglichkeit in schwierigen Situationen bietet sich ein Austausch in einer Angehörigengruppe an. Das Verständnis anderer Angehöriger kann hilfreich sein und hilft in schwierigen Situationen zu leben und zu überleben, vor allem wenn die Krankheit überhandnimmt. Zum Anderen wird auf eine spezielle Form der Verhaltensauffälligkeiten bei einer frontotemporalen Demenz eingegangen.

Kapitel 4

In diesem Kapitel stellt die Autorin therapeutische Möglichkeiten vor. Zum einen werden Medikamentengruppen und ihre Wirkmechanismen dargestellt, welche durch eine multidisziplinäre Breite an Therapiemöglichkeiten ergänzt werden. Die Autorin beschreibt am Anfang dieses Kapitel, dass Medikamente wie ein Gehstock wirken und im besten Fall palliativ wirken. Der Schwerpunkt des therapeutischen Ansatzes steht die Lebensqualität im Alltag: ein verständnisvoller Umgang im Alltag, Unterstützung und Stärkung der Ressourcen von Betroffenen. Hervorzuheben sind Themen wie Logopädie, Therapieangebote mit Ausdruckscharakter und kultureller Teilhabe sowie die Möglichkeiten der Esskultur für Demenzerkrankte. Der Fokus richtet sich stark auf die Gestaltung der Begegnung mit den Betroffenen.

Kapitel 5

Trotz der Vielfalt an Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten ist eine Demenz nicht heilbar und bedeutet an vielerlei Stellen im Leben der Betroffenen loszulassen. Dieses Kapitel beschreibt die Alternativlosigkeit beim Verlust der Handlungsautonomie und wie sie sich auf Aspekte des Lebens der Betroffenen bis zum Tod auswirken kann.

Kapitel 6

Hervorzuheben ist die aufsuchende Arbeit von professionellen Mitarbeitenden in der Häuslichkeit der Betroffenen in Zürich. In den Beispielen werden lösungsorientierte Ansätze beschrieben, die vordergründig niedrigschwellige Interventionen anbieten und in der Begleitung vor allem Vertrauen aufbauen soll. Nachfolgend werden multidisziplinäre geriatrische Interventionen angeregt. Zudem werden herausfordernde Themen wie Delir, Aufenthalte in stationären Institutionen und Migration dargelegt.

Kapitel 7

Ergänzend findet sich im letzten Kapitel die Auseinandersetzung mit dem Lebensende, die Schwierigkeit der Interaktion im Krankheitsverlauf und eine ganzheitliche Sicht auf die Interaktion fern der verbalen Kommunikation.

Diskussion

Die 3. aktualisierte Auflage erzielt die an sich selbst gestellten Anforderungen. Das Kernstück des Buches, das Leben und insbesondere die benötigte Haltung im Zusammenleben und Behandlung von Personen mit Demenz, werden sehr verständlich dargelegt. Besonders hilfreich sind Fallbeispiele aus verschiedenen Blickwinkeln sowie Fotos, Grafiken und Tabellen. Herausforderungen und Behandlungen werden in den Kapiteln interdisziplinär und ausführlich dargelegt. Hervorzuheben sind die emotionalen Aspekte im Zusammenleben mit einer Person mit Demenz. Hierbei ist es besonders wertvoll, dass Angehörigen Raum gegeben wird.

Fazit

Das vorliegende Buch ist ein kompaktes Übersichts- bzw. Nachschlagewerk, welches sich grundsätzlich nicht nur für Professionelle, sondern auch für alle Interessierten eignet. Es ist sehr empfehlenswert, um einen interdisziplinären und vielschichtigen Eindruck zur Komplexität der Diagnose Demenz mit all seinen Perspektiven zu erhalten. Es hebt vor allem die menschliche Ebene hervor, wie den Menschen mit Demenz begegnet werden kann.

Rezension von
Mandy Kretzschmar
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Es gibt 13 Rezensionen von Mandy Kretzschmar.

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Zitiervorschlag
Mandy Kretzschmar. Rezension vom 11.04.2023 zu: Irene Bopp-Kistler (Hrsg.): Demenz. Fakten, Geschichten, Perspektiven. rüffer & rub Sachbuchverlag (Zürich) 2022. 3 Auflage. ISBN 978-3-907351-12-3. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/29997.php, Datum des Zugriffs 30.09.2023.


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