Toni Faltermaier, Bernd Leplow u.a. (Hrsg.): Gesundheitspsychologie
Rezensiert von Dr. Lorenz Grolig, 17.03.2023

Toni Faltermaier, Bernd Leplow, Maria von Salisch, Herbert (Sonstige) Selg, Dieter (Sonstige) Ulich (Hrsg.): Gesundheitspsychologie.
Verlag W. Kohlhammer
(Stuttgart) 2022.
3., aktualisierte Auflage.
440 Seiten.
ISBN 978-3-17-041182-1.
39,00 EUR.
Reihe: Grundriss der Psychologie - 21.
Thema
Durch epidemiologische und Längsschnitt-Studien wurden seit den 1950er Jahren zunehmend Belege gewonnen, dass es eine Vielzahl von Risikofaktoren gibt, welche das Auftreten von chronischen Krankheiten wie koronarer Herzerkrankung und Diabetes begünstigen. Das Auftreten dieser ‚Zivilisationskrankheiten‘ kann zu einem erheblichen Anteil auf Risikoverhalten (z.B. Tabak- und Alkoholkonsum, bewegungsarmer Lebensstil, einseitige Ernährungsgewohnheiten) zurückgeführt werden. Das Zusammenspiel biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren (biopsychosoziales Krankheitsmodell) ist jedoch in der Regel komplex, sodass neben der Medizin zahlreiche weitere Disziplinen an der Erforschung dieser Zusammenhänge und an der Erarbeitung effektiver Präventionskonzepte beteiligt sind.
Seit den 1980er Jahren hat sich die Gesundheitspsychologie als eine Disziplin und Profession der angewandten Psychologie auch im europäischen und deutschsprachigen Raum etabliert. Sie ist damit eine vergleichsweise junge Fachdisziplin, deren Verankerung in universitären Psychologie-Studiengängen durch die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen in den letzten 20 Jahren deutlich stärker geworden ist.
Autorinnen
Prof. i. R. Dr. Toni Faltermaier lehrte und forschte in Gesundheitspsychologie, Entwicklungspsychologie und Gesundheitswissenschaften an den Universitäten Augsburg und Flensburg.
Aufbau und Inhalt
Da der Aufbau des Buchs seit der ersten Auflage nicht grundlegend verändert wurde, sei an dieser Stelle auf die Rezension zur ersten Auflage von 2006 verwiesen. Das Inhaltsverzeichnis ist zudem über die Verlagsseite einsehbar.
Das Buch führt in acht Kapiteln in zentrale Fragestellungen und Konzepte der Gesundheitspsychologie ein. Zunächst wird Gesundheitspsychologie von verwandten Disziplinen wie der Medizinischen Psychologie, Psychosomatik und Verhaltensmedizin abgegrenzt. Dann wird das Paradigma der Salutogenese (Gesundheit als Prozess, an dem Schutzfaktoren beteiligt sind) von Aaron Antonovsky kontrastiert mit dem traditionellen biomedizinischen Krankheitsmodell und dessen Weiterentwicklung, dem biopsychosozialen Krankheitsmodell. Der Autor stellt drei (für die Gesundheitspsychologie) zentrale Modelle vor: das Risikofaktorenmodell von Krankheit, das Modell der psychosozialen Krankheitsätiologie und das Modell von Salutogenese (und Resilienz).
Die Kapitel vier bis acht widmen sich dem Forschungsstand zu anwendungsorientierten Kernthemen der Gesundheitspsychologie:
- Wie hängen Stress, Persönlichkeitsmerkmale und Risikoverhalten mit Krankheit zusammen? Welche psychophysiologischen Zusammenhänge sind hierbei wichtig?
- Und aus salutogenetischer Perspektive: Welche psychosozialen Bedingungen ermöglichen Gesundheit?
- Wie erleben Betroffene ihre Erkrankung und wie gehen sie damit um?
- Welche Schutz- und Risikofaktoren sind in der Lebensspannen-Entwicklung relevant für die Erhaltung von Gesundheit und die Prävention von Krankheit?
- Welche Konzepte für Gesundheitsförderung in Betrieben, Schulen und Kommunen gibt es?
Diskussion
Die Stärken dieser Einführung liegen in der Darstellung der Entstehung und Entwicklung der Gesundheitspsychologie seit etwa der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in der kompakten und anschaulichen Darstellung einflussreicher Modelle (z.B. transaktionales Stressmodell von Richard Lazarus, biopsychosoziales Modell von George L. Engel, transtheoretisches Modell von James Prochaska) und in einer gelungenen Auffächerung verschiedener Facetten gesundheitspsychologischer Fragestellungen und Befunde (s.o.). Wünschenswert wäre ergänzend ein etwas stärkerer Bezug zu neueren gesellschaftlichen Entwicklungen wie Klimawandelfolgen, Migrationsbewegungen und Digitalisierung, die mittlerweile größeren Einfluss auf die Ausrichtung von (gesundheits-)psychologischer Forschung und Praxis haben.
Fazit
Dieses Buch bietet eine gut strukturierte, allgemeinverständliche Einführung in die Gesundheitspsychologie. Die Literaturempfehlungen und Fragen zur Selbstüberprüfung unterstützen bei der Aneigung der Inhalte und bei der Vertiefung von individuell interessierenden Themen.
Rezension von
Dr. Lorenz Grolig
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Es gibt 8 Rezensionen von Lorenz Grolig.
Zitiervorschlag
Lorenz Grolig. Rezension vom 17.03.2023 zu:
Toni Faltermaier, Bernd Leplow, Maria von Salisch, Herbert (Sonstige) Selg, Dieter (Sonstige) Ulich (Hrsg.): Gesundheitspsychologie. Verlag W. Kohlhammer
(Stuttgart) 2022. 3., aktualisierte Auflage.
ISBN 978-3-17-041182-1.
Reihe: Grundriss der Psychologie - 21.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/30024.php, Datum des Zugriffs 01.04.2023.
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