Gerda Graf: Hospiz macht Schule
Rezensiert von Prof. Dr. habil. Gisela Thiele, 30.01.2024
Gerda Graf: Hospiz macht Schule. Ein Kurs-Curriculum zur Vorbereitung Ehrenamtlicher im Umgang mit Tod und Trauer für Grundschulen. der hospiz verlag Caro & Cie. oHG (Esslingen) 2022. 2. Auflage. 86 Seiten. ISBN 978-3-941251-36-6. D: 19,90 EUR, A: 20,90 EUR.
Thema
Es handelt sich um ein Curriculum für das hospizliche Ehrenamt, um in Grundschulen spielerisch den Umgang mit Tod und Trauer zu vermitteln. Das Thema Hospiz gehört in die Schule, weil Verlust und Trauer Teile der Lebenswelt von Kindern sind und es dafür einen offenen Umgang und eine authentische Sprachfähigkeit braucht. Dies muss erfahren, vermittelt und vorgelebt werden.
Dieses Buch bildet mit seinem fachlichen Grundlagenwissen und den konkreten Unterrichtsmaterialien eine perfekte Orientierung für alle Ehren- und Hauptamtlichen in der Hospizarbeit, die in diesem Bildungsbereich tätig werden oder ihr vorhandenes Fach- und Methodenwissen erweitern möchten. Aber auch Lehrkräfte an Schulen, andere Bildungseinrichtungen und alle Interessierte sind herzlich eingeladen, mit diesem Buch zu arbeiten.
Unterschiedliche Perspektiven aus Theorie, Praxis und Erfahrung geben Sicherheit und machen Lust, Kindern einen unverkrampften Zugang zu Fragen des Lebens und Sterbens zu bereiten.
Aufbau und Inhalt
Das Buch hat neben einem Vorwort eine Einleitung und ist in zwei Kapitel unterschiedlicher Länge gegliedert. Im „Vorwort“ von Gerda Graf, der Ehrenvorsitzenden des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes wird betont, dass sich in allen Bundesländern das Projekt „Hospiz macht Schule“ etabliert habe, das eine Orientierungshilfe zur Entwicklung weiterer Module für andere Schulformen bis hin zu Kindergartenprojekten darstellt, sodass ein überarbeitetes Curriculum für die Grundschule jetzt vorliege.
In der „Einleitung“ wird hervorgehoben, dass die Hospizbewegung schon immer ihre Kraft aus ihrer Unabhängigkeit, ihrem ganz eigenen Selbstverständnis und dem befähigten Ehrenamt als wichtige Säule dieser Bewegung gezogen habe.
Teil I „Basiswissen“ beginnt mit einem Erfahrungsbericht von Checker Tobi, der gelernt habe, dass es trauernden Menschen guttut, wenn man über das Thema Tod spricht sowie Fragen stellt und einfach mitfühlt. Es folgt eine Außenperspektive zu Sterben und Gesellschaft von Prof. Dr. Dr. Gronemeyer, die davon ausgehe, dass es immer noch ein Schweigen zum Thema Sterben und Tod in unserer modernen Gesellschaft gäbe. Früher starben die Menschen in der Regel zu Hause, während man heute um Krankenhaus, im Pflegeheim oder im Hospiz sein Leben beende. Was wir brauchen sei „Konvivialität“, was heiße: Gemeinschaftlichkeit, Wärme, soziale Teilhabe bis zuletzt. Es ist eine Aufgabe, die Sorge, Empathie, ja, im Grunde Liebe Brauche. Danach wird über die Lebenswelt der Kinder und über Todeskonzepte debattiert. Es wird herausgearbeitet, wie es ist, wenn man ein Geschwisterkind oder einen Mitschüler verliert und dass es zudem ratsam wäre, einen Suizid nicht zu verheimlichen. Meist spricht niemand mit den Kindern über dieses Thema, so dass sie die Erfahrung unvorbereitet trifft und sie sind allein auf sich gestellt. Durch den Projektunterricht in der Schule erhalten Kinder in einem geschützten Raum die Möglichkeit, unter ihresgleichen und mithilfe unterschiedlichster Methoden, individuelle Handlungsstrategien bezogen auf das Thema Sterben und Tod zu erarbeiten. Grundsätzlich bedarf eines methodisch-didaktischen Fingerspitzengefühls, um diese Aspekte im rechten Maß am rechten Ort in den Lernprozess zu integrieren.
Teil II ist der „Praktischen Umsetzung“ gewidmet. An fünf aufeinanderfolgenden Tagen, die alle ein Tagesthema und einer Fare zugeordnet sind, kommen mindestens fünf Ehrenamtliche aus der Sterbe- und Trauerbegleitung des örtlichen Hospizdienstes in die Schule, um mit einer 3. Bis 4. Klasse im Plenum und in Kleingruppen mit ca. fünf Kindern zu arbeiten. Wenn die Vorbereitungen im Elternabend und die Absprachen mit der Schule abgeschlosssen sind, geht es mit Tag 1 „Veränderungen im Leben“ weiter. Es folgt Tag 2 “Vom Kranksein und Wehtun“, Tag 3 „Vom Sterben und dem Tod“, Tag 4 „Vom Traurigsein und Hoffen“ und letztlich Tag 5 „Vom Trösten und Feiern“. Danach werden Erfahrungsberichte von Eltern und Kindern vorgestellt.
Diskussion
Es ist eine Publikation, in der ein spezifisches, bisher relativ seltenes wissenschaftliches Thema aufgegriffen und bearbeitet wird – ein Curriculum zum Thema Sterben und Tod speziell für die Grundschule. Es ist äußerst interessant, wissenschaftlich und theoretisch komplex abgefasst und doch für viele Betroffene gut les- und verstehbar. Vielleicht vermag das Buch auch die Scheu der meisten Eltern zu überwinden, sich diesem doch komplexen Thema zu nähern.
Fazit
Es ist ein Büchlein, kurz und bündig geschrieben, das mit Lust und ohne Scheu gelesen werden kann. Es gibt wichtige Ratschläge für Eltern und Erziehungsberechtigte, wie am besten mit dem sensiblen Thema Sterben und Tod umzugehen ist.
Rezension von
Prof. Dr. habil. Gisela Thiele
Hochschule Zittau/Görlitz (FH)
Berufungsgebiete Soziologie, Empirische
Sozialforschung und Gerontologie
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Zitiervorschlag
Gisela Thiele. Rezension vom 30.01.2024 zu:
Gerda Graf: Hospiz macht Schule. Ein Kurs-Curriculum zur Vorbereitung Ehrenamtlicher im Umgang mit Tod und Trauer für Grundschulen. der hospiz verlag Caro & Cie. oHG
(Esslingen) 2022. 2. Auflage.
ISBN 978-3-941251-36-6.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/30119.php, Datum des Zugriffs 08.09.2024.
Urheberrecht
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