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Bruno W. Nikles, Sigmar Roll et al.: Kinder- und Jugendschutz

Rezensiert von Maria Wolf, 29.08.2023

Cover Bruno W. Nikles, Sigmar Roll et al.: Kinder- und Jugendschutz ISBN 978-3-8252-5950-1

Bruno W. Nikles, Sigmar Roll, Klaus Umbach: Kinder- und Jugendschutz. Prävention, Regulierung und Intervention. Eine Einführung. Verlag Barbara Budrich GmbH (Opladen, Berlin, Toronto) 2022. 2. vollst. überarbeitete u. erweiterte Auflage. 230 Seiten. ISBN 978-3-8252-5950-1. D: 26,00 EUR, A: 26,80 EUR, CH: 33,40 sFr.

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Thema

Nicht nur die Vernachlässigung und der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, sondern auch der Umgang mit Medien sowie die Frage nach physischer und psychischer Überforderung durch Talentförderung im weitesten Sinne berühren den Kinder- und Jugendschutz. So ist dieses Thema gleichermaßen beachtenswert, in familialen wie in institutionellen Kontexten, im privaten wie im öffentlichen Bereich.

Autoren

Bruno W. Nikles ist Soziologe und emeritierter Professor der Universität Duisburg-Essen.

Sigmar Roll ist Diplom Psychologe, Volljurist und Richter am Landessozialgericht Schweinfurt.

Klaus Umbach ist Diplom Sozialpädagoge, Lehrbeauftragter und Geschäftsführer der evangelischen Jugendsozialarbeit Bayern e.V.

Entstehungshintergrund

Bei dem vorliegenden Einführungsband handelt es sich um die 2. überarbeitete Auflage einer bereits 2013 unter dem Titel „Kinder- und Jugendschutz. Eine Einführung in Ziele, Aufgaben und Regelungen“ veröffentlichten Publikation. Eingang fanden die Novellierungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und des Jugendschutzgesetzes. Ebenso erfolgte eine Erweiterung des Kinderschutzes.

Aufbau

Die Veröffentlichung teilt sich in zwei größere Abschnitte.

  • Teil A erläutert den Kinder- und Jugendschutz in seinen Grundzügen,
  • Teil B vertieft ausgewählte Regelungsbereiche anhand einer fallorientierten Darstellung.

Hinzu kommt ein als Teil C benannter Anhang, der weiterführende Hinweise gibt.

Inhalt

Den zwei Schwerpunkten wird in Kapitel 1 eine Einleitung vorangestellt, die den Zusammenhang zwischen den (gesellschaftlichen) Herausforderungen von Kindheit und Jugend und den daraus resultierenden Konsequenzen für den Kinder- und Jugendschutz darzulegen versucht.

Teil A beginnt mit einem Kapitel zum Kinder- und Jugendschutz als gesellschaftlichem Auftrag. Hier werden historische Entwicklungen, ausgehend von einem funktionalen Schutzgedanken hin zu einem Kinder- und Jugendschutz nachgezeichnet, der um die Prinzipien Prävention, Regulierung und Intervention innerhalb eines Gesamtkonzepts die Entwicklung junger Menschen flankieren soll.

Das dritte Kapitel thematisiert Funktionen und Handlungsoptionen. Die zentrale Funktion der Bewahrung junger Menschen vor schädigenden Einflüssen wird ausführlich durch einen Exkurs zum Kindeswohl- und seiner Gefährdung gerahmt. Die Charakteristiken der Handlungsoptionen werden übersichtlich dargelegt und in einem Unterkapitel auch in ihrer historischen und begrifflichen Genese dargestellt.

Kapitel 4 Rechtliche Entwicklungen und Grundlagen greifen den Kinder- und Jugendarbeitsschutz, strafrechtliche Bestimmungen mit Bezug zum Kinder- und Jugendschutzgesetz, den Erzieherischen Kinder- und Jugendschutz und den Schutz durch und in der Kinder- und Jugendhilfe auf. Der Einführung des Jugendschutzgesetzes und des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags 2003 wird Rechnung getragen, ebenso dem darin aufgegangenen Schutz vor Gefahren im öffentlichen Raum und dem Schutz vor jugendgefährdenden Schriften und Medien.

Teil B beginnt in Kapitel 5 mit Zentralen Bestimmungen und Regelungen im Jugendschutz, worunter Alterskennzeichnungen, Regulierungen im öffentlichen Raum, Elternverantwortung, Verantwortung in Gewerbe und Handel, Mediennutzung und der Schutz vor Überforderung fallen. Es wird jeweils der rechtliche Rahmen erläutert, zudem werden vielfältige Praxishinweise gegeben. Fallbeispiele dienen der Veranschaulichung.

Das sechste Kapitel Zentrale Regelungen und Vorgehensweisen im Kinderschutz ist ähnlich aufgebaut und thematisiert Gewaltfreiheit in der Erziehung und diesbezügliche niederschwellige Hilfen, den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung und die Vorgehensweise nach dem Feststellen einer akuten Gefährdung des Kindeswohls.

Kapitel 7 bildet Teil C der vorliegenden Veröffentlichung. Als Informationen und Weiterführendes entspricht sein Charakter einem Anhang, der umfangreich beginnend mit allgemeinen Hinweisen zur Recherche, rechtlichen Kommentaren und Quellensammlungen über Zeitschriften und institutionelle Strukturen bis hin zu Informationen zu ausgewählten Themenfeldern eine gute Ausgangslage für eine zielgerichtete Weiterarbeit am Thema bietet.

Diskussion

Insbesondere die praktische und strukturelle Umsetzung des Kinder- und Jugendschutzes wird anhand ihres Grundgedankens kritisch betrachtet. So wird beispielsweise die unzureichende Ausstattung der Schutzsphäre der Erziehungs- und Bildungseinrichtungen bemängelt (S. 37). Hier drängt sich die Frage auf, ob sich Kinder- und Jugendschutz zum vernachlässigten Thema entwickelt, sobald es im Zusammenhang mit der Stärkung und der Entwicklung junger Menschen gesehen wird? Und noch wichtiger: Woran das liegt, wird doch zu recht darauf hingewiesen, dass sowohl die Entwicklungsförderung als auch der Schutzgedanke unweigerlich zueinander gehören. Dieses Spannungsfeld zwischen rechtlichen Schutzgrenzen und dem Recht auf Förderung der Entwicklung durchzieht die gesamte Publikation, ohne dass es wirklich befriedigend aufgelöst wird.

Diese Ungereimtheiten lassen sich jedoch auch als Stärke der Veröffentlichung lesen, verweisen Sie doch auf einen Entwicklungsbedarf der Institutionen, der auch die Heterogenität der Lebenswelten und die Folgen des gesellschaftlichen Wandels berücksichtigen muss, wird dadurch doch einer der vorgestellten Grundgedanken des Kinder- und Jugendschutzes, nämlich das Ineinanderspielen und einheitliche Wirken der unterschiedlichen Schutzsphären (S. 38), erschüttert.

Die vielen Exkurse bieten die Möglichkeit zur themenspezifischen Vertiefung, gleichzeitig werden insbesondere in Teil A immer wieder Andeutungen auf Lücken in der praktischen Ausgestaltung oder weitere strittige Felder (z.B. die Einhaltung der Kinderrechtskonvention) eingestreut, die den oder die Leser:in auf die eigene Rechercheleistung verweisen.

Teil B erinnert in seiner Gestaltung an ein Rechts-Lehrbuch: Die einzelnen Kapitel weisen jeweils eine pädagogische und eine rechtliche Bewertung auf, die in Bezug zu einem Fallbeispiel gesetzt werden. Dabei ist es die rechtliche Einordnung, der sich das pädagogische Handeln unterzuordnen hat. Gerade dann, wenn das pädagogische Handeln als wesentlichen Hinweis Internetlinks zur Vertiefung der Thematik aufweist, erscheint diese Bearbeitungsweise doch etwas einseitig und unbefriedigend, insbesondere, da in Teil A in die Komplexität des Kinder- und Jugendschutzes breit eingeführt wurde.

Und genau hier liegt die Schwäche der Veröffentlichung: Die einzelnen Teile stehen relativ unverbunden nebeneinander, sodass die Wirkung des Bandes verpufft: Studierende können mit dieser Einführung sicherlich gut für eine Prüfung lernen, ob sie jedoch dem ganzheitlichen Verstehen dient, so wie es in Teil A angelegt ist, mag bezweifelt werden.

Fazit

Die Zielgruppe der Praktiker:innen kommt bei diesem Band auf ihre Kosten: Zahlreiche weiterführende Hinweise zum Kinder- und Jugendschutz ermöglichen eine gezielte Recherche zu den fallspezifisch auftretenden Fragestellungen der Praxis. Mitunter braucht es ein ausreichendes Grundwissen, um zu wissen, wo man suchen muss. Die Grundlagen dafür werden hier gelegt.

Rezension von
Maria Wolf
MA Soziale Arbeit
Lehrkraft für besondere Aufgaben, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
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Es gibt 18 Rezensionen von Maria Wolf.

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Zitiervorschlag
Maria Wolf. Rezension vom 29.08.2023 zu: Bruno W. Nikles, Sigmar Roll, Klaus Umbach: Kinder- und Jugendschutz. Prävention, Regulierung und Intervention. Eine Einführung. Verlag Barbara Budrich GmbH (Opladen, Berlin, Toronto) 2022. 2. vollst. überarbeitete u. erweiterte Auflage. ISBN 978-3-8252-5950-1. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/30125.php, Datum des Zugriffs 16.09.2024.


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