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Stefan Günther, Ramon Krüger (Hrsg.): Praxishandbuch zur Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL)

Rezensiert von Prof. Dr. rer. pol. Hildebrand Ptak, 08.04.2024

Cover Stefan Günther, Ramon Krüger (Hrsg.): Praxishandbuch zur Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL) ISBN 978-3-86216-931-3

Stefan Günther, Ramon Krüger (Hrsg.): Praxishandbuch zur Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL). Rahmenbedingungen, Erfahrungen und Umsetzungshilfen. medhochzwei Verlag GmbH (Heidelberg) 2023. 500 Seiten. ISBN 978-3-86216-931-3. D: 89,00 EUR, A: 91,50 EUR.
Reihe: Gesundheitswesen in der Praxis.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.
Inhaltsverzeichnis bei der DNB.

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Thema

Dieses Praxishandbuch Stand 2021 ist ein Standardwerk und besteht aus 42 Fachbeiträgen rund um die Einführung der neuen Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL) sowie die sie beeinflussenden Rahmenbedingungen, die ab 01.01.2020 erhebliche Neuerungen für die einschlägigen Krankenhäuser bringen. Es zeigt die fachspezifischen Herausforderungen und Probleme, jeweils aus unterschiedlichen fachlichen Betrachtungswinkeln, auf. Dabei stehen weiterhin die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Patientenversorgung, die Existenzsicherung sowie die organisatorische und fachliche Weiterentwicklung und Anpassung der bisherigen Klinikbetriebe im Fokus aller Beiträge. 

Die gesellschaftlichen Veränderungen, der sich verschärfende Fachkräftemangel sowie die daraus abzuleitenden personalpolitischen, ökonomischen und organisatorischen Konsequenzen für die Psychiatrie und die Psychosomatik in bundesrepublikanischen Krankenhäusern insgesamt, aber auch für das betroffene Krankenhaus-Management werden dem Leser von den Fachleuten aus ihren jeweiligen beruflichen Blickwinkeln in den Fachbeiträgen dargelegt.

Dabei stellen die Implementierung personeller Mindestvorgaben und deren Umsetzung in den Klinikalltag, die von den Kliniken ab 2024 uneingeschränkt zu erfüllen sind, aus planerischer, fachlicher und aus Management-Sicht die wesentlichen unverrückbaren Eckpunkte dar. Denn eine Nichterfüllung der Mindestanforderungen hat ab 2024 dann in Form von Strafzahlungen erhebliche Konsequenzen für die betroffenen Krankenhausbetriebe und damit auch auf das zukünftige Leistungsangebot.

Die breite Vielfalt der Beiträge verdeutlicht der Leserschaft die heutigen Aufgaben an das Krankenhaus-Managements (Medizin, Pflege, Verwaltung) aller Führungsebenen, aber auch an die staatliche Krankenhausplanung der Zukunft, an die Politik und Fachverbände sowie an die Kostenträger und Krankenhausträger. Das vorliegende Praxishandbuch vereint alle wesentlichen patientenferne und patientennahe Wertschöpfungen im Bereich der klinikbezogenen Psychiatrie und der Psychosomatik.

Herausgeber

Das vorliegende Werk wurde von folgendem zweiköpfigen Team herausgegeben:

Stefan Günther (M.A.) ist als Gesundheitsökonom Referent des Direktors im Geschäftsbereich Wirtschaft und Finanzen sowie Leiter Controlling bei den Medizinischen Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz (Regensburg) und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg tätig,

Ramon Krüger (LL.M) ist Gesundheitsökonom mit Master im Wirtschaftsrecht und leitet das Medizincontrolling sowie die Leistungsabrechnung des LVR-Klinikums Düsseldorf.

Die Autorinnen und Autoren der übrigen 40 Fachbeiträge kommen aus den Bereichen Medizin, Pflege, Verwaltung, Hochschule, Politik und Gewerkschaft, aus dem Verbandswesen sowie aus G-BA und dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen.

Entstehungshintergrund

Dem Vorwort ist zu entnehmen, dass es u.a. ein Ziel des Buches ist, die komplexen Neuerungen und die branchenbezogenen Rahmenbedingungen der seit 01.01.2020 gültigen PPP-RL so zusammenzufassen, damit die Einrichtungen diese zusammenhängend erfassen, beurteilen und dann umsetzen können. Da beide Herausgeber sich in mehreren Arbeitsgruppen mit der Richtlinie befassen und die dortige Unsicherheit der Kollegenschaft im Hinblick auf die umfassende Nachweisführung, die Umsetzung in den unterschiedlichen Arbeits- und Wirkungsebenen sowie den daraus abgeleiteten Risiken feststellten, nahmen sie diese Situation zum Anlass, mit dem Handbuch ein möglichst umfassendes Werk für die praktische Umsetzung zu kreieren. Es soll als eine Arbeitshilfe für den betrieblichen Klinikalltag verstanden werden, aber auch darüber hinaus die komplexen versorgungspolitischen Zusammenhänge innerhalb des bundesdeutschen Gesundheitswesens abbilden. Die dadurch angeschobene Diskussion könnte eine Weiterentwicklung der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung in der Bundesrepublik ermöglichen.

Aufbau

Das Buch umfasst insgesamt 476 Seiten zzgl. 22 Seiten mit Vorwort, Inhalts-, Abbildungs-, Tabellen- und Abkürzungsverzeichnissen. Das vierseitige und übersichtlich gestaltete Inhaltsverzeichnis ermöglicht einen raschen Überblick, das in sieben große Teile (römisch nummeriert) mit insgesamt 26 Kapiteln (arabische Nummerierung) unterteilt ist.

Im Herausgeber- und Autorenverzeichnis stellen sich die beiden Herausgeber und die Autoren am Ende des Buchs persönlich in Kurzform vor. Ein Stichwortverzeichnis ermöglicht gezielte Suche von Stichworten.

Der Buchaufbau

  • Vorwort der beiden Herausgeber (3 Seiten)
  • Inhaltsverzeichnis (4 Seiten)
  • Abbildungsverzeichnis (3 Seiten)
  • Tabellenverzeichnis (1 Seite)
  • Abkürzungsverzeichnis (4 Seiten)
  • Teil I: Zusammenfassende Kommentierung der Regelungsinhalte (10 Seiten)
  • Teil II: Praktischer Umgang mit der Richtlinie aus Sicht der therapeutischen Berufsgruppen und Fachbereiche mit sechs Fachbeiträgen (123 Seiten)
  • Teil III: Praktischer Umgang mit der Richtlinie aus gesundheitsökonomischer Sicht mit vier Fachbeiträgen (101 Seiten)
  • Teil IV: Praktische Implementierung eines Steuerungs-, Planungs- und Nachweissystems mit zwei Fachbeiträgen (29 Seiten)
  • Teil V: Die psychiatrische Versorgungslandschaft, ihre Besonderheiten und Entwicklungsmöglichkeiten mit sechs Fachbeiträgen (81 Seiten)
  • Teil VI: Versorgungspolitische Sichtweisen mit acht Fachbeiträgen (83 Seiten)
  • Teil VII: Ausblick (5 Seiten)
  • Anhang (18 Seiten)
  • Literaturverzeichnis (9 Seiten)
  • Stichwortverzeichnis (3 Seiten)
  • Herausgeber- und Autorenverzeichnis (6 Seiten).

Inhalt

Teil 1 beinhaltet die Kommentierung wesentlicher Passagen der in Kraft getretenen PPP-RL (Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie), beginnend mit § 1 bis § 16 PPP-RL. Die Regelungen von verbindlichen Mindestvorgaben einer Personalausstattung in stationären Einrichtungen sollen der Qualitätssicherung in der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung und einer leitliniengerechten Behandlung dienen. Kern ist dabei die art- und schwerebezogene Zuordnung der Patienten zu Behandlungsbereichen, denen Minutenwerte pro Patient und pro Berufsgruppe zugeordnet sind. Daraus werden dann die Mindestpersonalvorgaben ermittelt. Die organisatorischen und strukturellen Umsetzungen der Mindestvorgaben müssen ab 2024 erfüllt sein. Bei Nichteinhaltung der Mindestvorgaben drohen Vergütungsansprüche gekürzt oder sogar gänzlich gestrichen zu werden. Erwähnenswert bleibt schlussendlich, dass auch Genesungsbegleiter auf den Stationen der Erwachsenenpsychiatrie und Psychosomatik eingesetzt werden sollen.

In Kenntnis drohender Konsequenzen im Falle des Nichteinhaltens, beschäftigt sich der Teil II, bestehend aus drei Fachbeiträgen, mit der Flexibilität der Personaleinsatzplanung, den Problemen des Ausfallmanagements und der geforderten Dokumentationspflicht. Fallbeispiele aus dem Klinikalltag verdeutlichen die Ressourcenplanung. Die Autoren prognostizieren übereinstimmend einen wesentlich höheren Personalbedarf an Fachkräften, aber auch z.T. tiefgreifende organisatorische und strukturelle Änderungen der bisherigen Arbeitsabläufe. Da das tatsächlich anwesende Personal der einzelnen Berufsgruppen den jeweiligen Minutenwerten EDV-gestützt nachweisbar leichter zuzuordnen ist, kann im Rahmen eines operativen Personalcontrollings auf die stations-individuellen Anforderungen schneller reagiert werden.

Ein weiterer Fachbeitrag stellt die Patienteneinstufung dar, die nach der PPP-RL alle zwei Wochen stichtagsbezogen erhoben werden muss. Es gibt nunmehr insgesamt 30 Behandlungsbereiche, aufgeteilt in drei Fachgebiete mit weiteren Untergliederungen. Der Autor gibt Einstufungsempfehlungen und zeigt die Notwendigkeit einer exakten Nachweisdokumentation auf. Die Feststellung des eigenen IST-Erfüllungsgrads kann bei Feststellung einer Personalunterdeckung auch zu Forderungen an die Krankenkassen führen.

Der dritte Fachbeitrag beschäftigt sich mit den betriebswirtschaftlichen Konsequenzen der PPP-RL. Der Verfasser kommt u.a. aufgrund verkürzter Verweildauern, unterschiedlicher Versorgungsformen und Kostenträger sowie anderer Gesundheitsdienstleister zu dem Schluss, dass die neue Richtlinie zu hohen finanziellen Risiken führt, hier insbesondere das Kosten- und Budgetrisiko. Die in der Richtlinie enthaltenen Sanktionsmaßnahmen auf der Grundlage nichterbrachter Leistungen (fällig können Strafzahlungen bis zum Dreifachen der nicht erbrachten Leistungen werden) erhöhen das ökonomische Risiko mit dem Vorwurf, Budgetmittel nicht adäquat verwendet zu haben. Um dem zu entgehen, müsste perspektivisch das Leistungsangebot verringert und Patienten an ein anderes, vermutlich regional weiter entfernteres, Krankenhaus verwiesen werden. Der Autor sieht in den berufsgruppenbezogenen Personalmindestvorgaben der PPP-RL und den damit verbundenen Sanktionsmechanismus keine Modernisierung der Personalbemessung. Die digitale Patientenakte und ein digitales Krankenhausinformationssystem werden von ihm im Zuge der Implementierung der Richtlinie als unverzichtbarer organisatorischer Pfeiler einer erfolgreichen Umsetzung zur Nachweisführung gesehen.

Die Fachbeiträge vier, fünf und sechs widmen sich der controllinggestützten Planung und Steuerung von Leistungen sowie dem Personalbedarf. Es wird dargelegt, welche personalwirtschaftlichen Konsequenzen eine erhöhte und eine verringerte Leistungsmenge hat und wie die notwendigen Gegenmaßnahmen aussehen. Die Notwendigkeit eines dynamischen Leistungscontrollings ist eine Lösung, die jedoch hohe Zeitaufwendungen voraussetzt. Die konsequente Implementierung des Controllings, über ein dynamisches Leistungscontrolling hinaus, z.B. für die Ausfallzeiten und die Dienstplangestaltung, für den Personaleinsatz auf Basis von Vollkräften und die Vorbereitung sowie die Durchführung der Stichtagseinstufungen sind notwendige Instrumente für eine quartalsweise Planung. Gleichwohl gibt es drei Ausnahmetatbestände, die eine Abweichung von den Mindestvorgaben erlauben. Das sind krankheitsbedingte Personalausfälle (kurzfristige Ausfälle oder > 15 % d. vorzuhaltenden Personals), eine erhöhte Patientenzahl in der Pflichtversorgung (Behandlungstage > 110 % des Vorjahreswerts) sowie strukturelle oder organisatorische Veränderungen (z.B. Stationsumstrukturierungen oder -schließung).

Der sechste und letzte Fachbeitrag des Teil II zeigt die nachweisbaren Anrechnungstatbestände, die eine weitere Anrechnung bei Übernahme von Regelaufgaben ermöglichen. Dazu gehören z.B. Mitarbeiter in der Ausbildung, PPP-RL-Berufe, Fachkräfte ohne direktes Beschäftigungsverhältnis, Fach- und Hilfskräfte Nicht-PPP-RL-Berufe).

Im Teil III stehen die personalwirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Umsetzung, die Finanzierung sowie die Nachweisführung im Mittelpunkt der vier Fachbeiträge. Der leistungsbezogene Vergleich soll krankenhausindividuelle Besonderheiten berücksichtigen und dabei den Zusammenhang zwischen Personalausstattung und den erbrachten Leistungen offenlegen.

Diese vier Fachbeiträge beschreiben bei Nichterfüllung der Personalmindestvorgaben nach § 13 PPP-RL die zu erwartenden unterschiedlichen Sanktionen für das gesamte Krankenhaus. Detaillierte Berechnungsbeispiele verdeutlichen dem Leser den abgestuften ökonomischen Sanktionsmechanismus. Da die PPP-RL keine Leistungsmindestvorgaben enthält, bleibt der engmaschige Tätigkeitsnachweis der personellen Stellenbesetzung sowie die Weiterqualifizierung des vorhandenen Personals und die Gewinnung von neuem Personal, neben der Sicherstellung der Finanzierung, eines der wichtigsten Aufgaben aller Führungsebenen. Das gesamte Nachweisführungsverfahren, bestehend aus Nachweisumfang und -inhalten, Berechnung der Mindestpersonalvorgaben, der Abweichungsanalyse, Ermittlung des IST-Personaleinsatzes und den Qualifikationsnachweisen ist genauestens nach den PPP-PL umzusetzen, zusätzlich zu den Psych-Personalnachweispflichten gem. § 18 BPflV. Auch diese Systematik wird in einem Fachbeitrag des Teils III ausgerollt.

Darüber hinaus wird dem Leser der Ablauf von Budgetverhandlungen, unter Berücksichtigung des Personalbereichs und des Budgetbereichs (hier: Berücksichtigung nur der Mindestvorgaben gem. PPP-RL) und den neuen Anforderungen der PPP-RL, dargelegt. Chancen und Risiken für die stationäre psychiatrische Behandlung werden problematisiert.

Der Teil IV besteht aus zwei Fachbeiträgen. Zum Zeitpunkt der Herausgabe des vorliegenden Buchs boten die einschlägigen Krankenhaus-IT-Dienstleister demnach noch keine IT-gestützten Lösungen zur Nachweisführung an. Die beiden Herausgeber des Handbuchs nahmen dies zum Anlass, mit einer eigenen Excel-basierten Datenaufbereitung erste Wege für krankenhausindividuelle Strukturen zu entwickeln, mit deren Hilfe perspektivisch die Anforderungen des Servicemoduls des IQTIG mit den Teilen A und B erfüllt werden können. Teil A beinhaltet quartals- und einrichtungsbezogene Daten. Dazu gehören Stamm-, Leistungsdaten, Daten zur tatsächlichen Personalausstattung, Anrechnungen und Ausnahmetatbestände. Teil B beinhaltet monats- und stationsbezogene Daten, wie im Teil A zzgl. Daten über die Qualifikation der Berufsgruppen und über den pflegerischen Nachtdienst. Ein planungs- und ein kennzahlengestütztes Steuerungssystem sollen ein integriertes Controlling ermöglichen. Die dafür notwendigen Dateninhalte und -umfänge werden in den beiden Fachbeiträgen vorgestellt.

Teil V umfasst insgesamt sechs Fachbeiträge.

Ein Fachbeitrag zeigt aus Trägersicht die Vielfalt der bundesrepublikanischen stationären psychiatrischen Versorgung auf, identifiziert die Chancen und die Risiken der PPP-RL für öffentlich-rechtliche Anbieter, für Universitäts-Kliniken und für private Anbieter. Umsetzungsprobleme werden benannt und Lösungen abgeleitet.

Ein weiterer Fachbeitrag zeigt am Beispiel des Pfalzklinikums Kaiserslautern mit zahlreichen weiteren Standorten auf, wie unter Inanspruchnahme des § 64b SGB V „Modellvorhaben“ eine Neuausrichtung der Versorgung aussieht und welche Überlegungen zur Umsetzung der Modellklausel getätigt wurden. Da hierbei der zu erzielende Nutzen für Patienten (Nutzerseite) und nicht wie bisher eine Organisationseinheit (Station, Bett) im Vordergrund der Planung stand, soll nunmehr die „integrative Gesamtleistung“ gefördert und finanziert werden, was zu einer Stärkung von dezentralen Strukturen führt. Mögliche Konsequenzen dieses Modellvorhabens werden untersucht.

Der Vorteil einer Digitalisierung der Unterstützungs- und Therapiebereiche, eingebettet in einer trägerweiten Digitalisierungsstrategie, werden in dem letzten Fachbeitrag dieses Teils entwickelt. Neben Vorteilen im Aufnahme-, Entlassungs- sowie im Belegungsmanagement sieht der Verfasser dieses Fachbeitrags noch Vorteile in der Therapiebegleitung.

Acht Fachbeiträge umfasst der Teil VI. Zuerst wird die stufenweise historische Entwicklung, beginnend ab den 60er-Jahren bis heute repetiert. Der Psych-PV (Psychiatrie-Personalverordnung) kam in dieser Zeit eine besondere Bedeutung zu, da sie in der Gültigkeitszeit von 1991 bis 2020 zu einer erheblichen Aufstockung des therapeutischen und des psychiatrischen Personaleinsatzes führte und eine Personalausstattung festlegte. Die dann ab 2020 gültige PPP-RL bestimmt bis heute jedoch Mindestvorgaben. Sie orientiert sich an der Psych-PV. So werden Patienten in der PPP-RL in verschiedene Behandlungsstufen eingestuft, die je nach an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen über die Minutenvorgabewerte dann die Personal-Mindestbedarfe auslösten. Ein weiterer Fachbeitrag beleuchtet den Beitrag von Peers, die in den PPP-RL für den Behandlungsprozess eine wichtige Unterstützung sein können, z.B. die Gesundheitsbegleiter.

Im Fachbeitrag von ver.di steht die Mitbestimmung sowie der Schutz der Arbeitnehmerinteressen im Fokus. Eine zuverlässige Dienstplanung, gesunde Arbeitsbedingungen, der Schutz vor Überforderung des Fachpersonals sowie die konstruktive Zusammenarbeit mit der Krankenhausleitung bleiben Eckpunkte des gewerkschaftlichen Handelns. Weitere Fachbeiträge stellen ihre Kritik an den PPP-RL u.a. aus Sicht des Pflegepersonals, aus Sicht des BMG, sowie aus gesundheitspolitischer Sicht des G-BA und der einschlägigen Verbandswelt, dar. Alle Beiträge kritisieren die Höhe des geforderten Nachweisbedarfs, die viel Arbeitszeit verbraucht. Nachweise sind für jeden einzelnen Standort zu führen, also nicht nur für jedes Fachgebiet in einem Krankenhaus, sondern auch in jeder dezentralen Einrichtung, z.B. einer Tagesklinik). Die Besetzung der dadurch errechneten Stellenbruchteile erscheint den Autoren realitätsfern. Weiterhin erhöhen sich die Anzahl der Einstufungen der Patienten von bisher vier auf mindestens 26, was zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand führt. Die Beiträge weisen, jeder aus seinem fachlichen Fokus, darauf hin, dass den Krankenhäusern dafür verantwortlich sind, dass die Überprüfung der Nachweise gem. der MD-Qualifikationskontrollrichtlinie diesen entsprechen. Ansonsten greift der prozentuale Sanktionsmechanismus auf die Quartalserlöse insgesamt. Zum Schluss werden konkrete Weiterentwicklungen des 2020 eingeführten Systems entwickelt.

Diskussion

Das Handbuch mit dem Stand 2021 ist ein umfassendes Sammelwerk zahlreicher Autorinnen und Autoren, die alle fachliche Bezüge zur stationären Psychiatrie und Psychosomatik haben. Der Titel Praxishandbuch zur Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL) Rahmenbedingungen, Erfahrungen und Umsetzungshilfen hält das, was er verspricht. Die Reihenfolge sowie der Aufbau der Kapitel, quasi von „innen“, beginnend z.B. mit den beteiligten Berufsgruppen im Krankenhaus, Budget und Personal, nach „außen“, endend z.B. bei den politischen Rahmenbedingungen), gelangen.

Beim Lesen der Einzelbeiträge wird deutlich, dass dieser wichtige Bereich des bundesrepublikanischen Gesundheitssystems es wert ist, sich noch intensiver damit zu beschäftigen und die Leistungsfähigkeit der stationären Psychiatrie und Psychosomatik allen Interessierten zu verdeutlichen. Dabei gelingt es, die Besonderheiten, in Abgrenzung zum somatischen Krankenhausbereich, klar und verständlich herauszuarbeiten.

Schnell erkennt der Leser, dass es eine Schnittmenge aller Fachbeiträge gibt. Die neue Richtlinie führt in Zeiten des Fachkräftemangels zu einem erheblichen zusätzlichen Dokumentationsbedarf, von dem aber dann auch die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit entscheidend abhängt. Sanktionen wären bei unzureichender Leistungs- und Personaleinsatz-Dokumentation unweigerlich die Folge, eine Abwärtsspirale bei den Einnahmen, ein verringertes Leistungsangebot und ein damit verbundener reduzierter Personalbedarf dann letztlich die Folge. Dies ist politisch in der vorliegenden Fassung der PPP-RL eindeutig gewollt, löst jedoch berechtigterweise viel Kritik aus. Dabei geht es um nichts Geringeres als um die Sicherstellung der stationären psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung auf allen Versorgungs- und Organisationslevels der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Menschen, unabhängig vom Alter und vom Wohnort. Qualitätsgeprüfte medizinische, therapeutische und pflegerische Dienstleistungen werden rund um die Uhr auf hohem Qualitätsniveau benötigt und sind zunehmend teurer. Dafür wird jedoch viel qualifiziertes Personal benötigt, das erst einmal am Arbeitsmarkt vorhanden und entsprechend weitergebildet werden muss. Die von der PPP-RL geforderte Flexibilität im Personaleinsatz sowie die Standortbindung bleiben in dieser vorliegenden Fassung verbesserungswürdige Kritikpunkte. Eine weitere Erhöhung und Intensivierung von Dokumentationspflichten, die Verbesserung der unzureichenden Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen und die damit verbundenen Organisations- und Strukturveränderungen bleiben Dauerbaustellen mit hohen strategischen und operativen Anforderungen an das Management. Dies alles ist controllinggestützt umzusetzen. Auch hierfür muss für eine nachhaltige Anpassung das entsprechende Fachpersonal vorhanden sein oder erst einmal gewonnen und weiterentwickelt werden.

Die einzelnen Fachbeiträge erfordern Vorkenntnisse über die gesundheitspolitischen und -wirtschaftlichen Zusammenhänge, über die Zusammenhänge von Planungsprozessen, aber auch über die Spezifika des Quasi-Markts Gesundheit und Krankenhauswesen. Die jeweiligen Beiträge sind in sich geschlossen verfasst, sodass die Leserschaft entweder nur einen einzelnen Beitrag oder auch mehrere, je nach der zur Verfügung stehenden Zeit der Leserschaft, auswählen kann. Positiv herauszuheben ist die Spezialisierung auf den stationären Sektor sowie die fachlich fundierte Tiefe der jeweiligen Themen. Beispielrechnungen verdeutlichen in einigen Beiträgen die getätigten Aussagen. Das Buch legt der Leserschaft problemorientiert, gut lesbar und basierend auf einer breiten Grundlage einschlägiger Berufserfahrungen der Autorinnen und Autoren die jeweilige IST-Situation sowie die Problematiken mit Lösungen dar.

Das Literatur- sowie das Stichwortverzeichnis sind hilfreich und ermöglichen der Leserschaft weitere Möglichkeiten der vertiefenden Recherche. Geballter Autorenfachverstand in den Disziplinen macht sehr schnell deutlich, dass hier nicht nur Theoretiker schreiben, sondern eine klare Praktiker-, Management- und Lösungsorientierung auf hohem Level vorherrscht.

Insgesamt ein umfassendes Werk, dessen Inhalt eine hohe Relevanz und einen hohen Nutzen für die Leserschaft hat.

Fazit

Das Handbuch ist eine Bereicherung der bisher am Markt angebotenen einschlägigen Literatur. Es gelingt den beiden Herausgebern damit sehr gut, den Übergang von der Psych-PV hin zur PPP-RL ab 2020 problemorientiert verständlich und geordnet darzulegen.

Insofern ist es ein empfehlenswertes Werk und ein fachlich sehr fundiertes Nachschlagewerk für alle im Gesundheitswesen Tätigen und am psychiatrischen und psychosomatischen stationären Gesundheitswesen Interessierte, das den Stand rund um das Veröffentlichungsjahr widerspiegelt.

Rezension von
Prof. Dr. rer. pol. Hildebrand Ptak
Betriebswirtschaftslehre und Management im Gesundheitswesen
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Es gibt 10 Rezensionen von Hildebrand Ptak.

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ISSN 2190-9245