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Thomas Klie, Daniel Binder u.a.: Begegnungen zwischen Hochaltrigen und Vorschulkindern

Rezensiert von Prof. Dr. habil. Gisela Thiele, 13.03.2023

Cover Thomas Klie, Daniel Binder u.a.: Begegnungen zwischen Hochaltrigen und Vorschulkindern ISBN 978-3-932650-70-3

Thomas Klie, Daniel Binder, Birgit Schuhmacher, Christine Moeller-Bruker, Norman Pankratz u.a.: Gestützte Begegnungen zwischen Hochaltrigen und Vorschulkindern zur Verbesserung von Lebensqualität und sozialer Teilhabe. Gerontologische Perspektiven. FEL Verlag Forschung Entwicklung Lehre (Freiburg) 2021. 2. Auflage. 202 Seiten. ISBN 978-3-932650-70-3. D: 15,00 EUR, A: 15,50 EUR.

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Thema und Autoren

Welchen Einfluss haben Begegnungen zwischen Hochbetagten und Kindern aus Kindertageseinrichtungen auf Lebensqualität, auf die persönliche Entwicklung und auf Altersbilder? Wie lassen sie sich in den Alltag von Kindertagesstätten und Einrichtungen der Altenhilfe integrieren? Worauf ist methodisch zu achten? Wie lassen sich die Begegnungen so gestalten, dass die Beteiligten davon profitieren und sie lebendig bleiben.

Mit diesen Fragen beschäftigte sich das Projekt „Begegnungen“, das kindheitspädagogische und gerontologische Perspektiven gleichermaßen berücksichtigt. Ein recht umfangreiches Evaluationsdesign mit speziell entwickelten bzw. adaptierenden Verfahren ermöglichte eine Analyse der Wirkung der Begegnungen. In dieser zweiten Auflage des Berichts wird sowohl die Praxis der Begegnungen anschaulich gemacht, als auch die wesentlichen Forschungsergebnisse referiert.

Autor*innen

Autor*innen des Bandes sind Erziehungswissenschaftler*innen teilweise schon im Ruhestand an der Fachhochschule Dortmund und der Evangelischen Hochschule Freiburg.

Aufbau und Inhalt

Das Buch ist neben einem Vorwort sechs Kapitel mit Unterkapiteln in unterschiedlicher Länge gegliedert.

Im „Vorwort“ wird betont, dass über den 3-jährigen Forschungsprozess intergenerative Begegnungen auf Basis eines interdisziplinären Zugangs untersucht wurden.

Im Kapitel eins „Hintergrund“ das Anliegen des Forschungsprojektes diskutiert.

„Projektziele“ ist die Überschrift von Kapitel zwei wird herausgestellt, dass auf methodologischer Ebene ein Beitrag zur Erfassung komplexer Wirkungszusammenhänge in realen Praxisfeldern geleistet werden könne.

Mit „Projektverlauf“ ist Kapitel drei überschrieben. Es wurden Tandems aus jeweils einer Kindertagesstätte und einer Einrichtung der Altenhilfe gebildet. Kern des Projekts war die Entwicklung und Implementierung von regelmäßig – in der Regel wöchentlich – stattfindenden intergenerativen Begegnungen. Die Begegnungen wurden schriftlich und mittels Foto- und Videografie dokumentiert. Zusätzlich wurden die Begegnungen prozessbegleitend über Hospitationen, viedeogestützte Beobachtungen und leitadengestützte Interviews bzw. Gruppendiskussionen evaluiert.

Das „Methodische Vorgehen“ wurde im Folgenden Kapitel beschrieben. Auf der subjektiven Ebene wurde ein standardisierter Perzeptionsfragebogen über Altersbilder erfasst. So bestehe die Gefahr, dass defizitorientierte Altersbilder verinnerlicht und zu Selbststereotypen würden. Danach folgt eine Populationsbeschreibung. Es wurde festgestellt, dass die emotionale Gefühlslage und die empfundene Lebensqualität eng mit der Gesundheit verknüpft ist. Zudem wurde ein standardisierter Fragebogen aus dem Heidelberger Instrument zur Erfassung der Lebensqualität HILDE als Proxy-Befragung eingesetzt. Mittels eines Kontrollgruppenvergleichs wurden die Ergebnisse bewertet. Die Emotionsskala HILDE ist eine Skala zur Erfassung des emotionalen Ausdrucksverhalten von Menschen mit Demenz und geben Auskunft über Freude, Interesse, Angst, Traurigkeit oder Ärger.

Danach werden in Kapitel fünf die „Ergebnisse“ vor- und eine beispielhafte Begegnung dargestellt. Es gäbe negative Effekte, wenn die Beteiligten mit der Situation überfordert sind. Wegen der eingeschränkten Mobilität fanden die Begegnungen in der Regel in den Alteneinrichtungen statt und pro Schuljahr einmal in der KiTa. Alle fünf bis zehn Wochen fanden gemeinsame Ausflüge statt. Angehörige sind jene, die am vergleichsweise stärksten von negativen Zusammenhängen zwischen dem Alter(n) und defizitären Zuschreibungen ausgingen. Für die Teilnehmer, die regelmäßig an den Begegnungen teilgenommen haben, zeige sich eine leichte Verbesserung der Lebensqualität. Danach folgen empirische Auswertungen, um bestimmte Effekte nachweisen zu können. So zeigten sich eine große Freude bei angeleiteten Aktivitäten und eine deutlich positive Tendenz für die Häufigkeit des Kontakts mit positiven Bezugspersonen, zu denen die Kinder der Einrichtung mitzählen. Danach folgt ein größerer Abschnitt über die Videosequenzanalysen, indem einzelne Situationen mit den alten Menschen nachgezeichnet und hinsichtlich ihrer gezeigten Emotionen bewertet werden.

Dem „Fazit und Ausblick“ ist das letzte, sechste Kapitel vorbehalten. Die Begegnungen erzeugten insbesondere Wohlbefinden und Zufriedenheit, sie seien wesentliche Inseln des kleinen Glücks im Alltag und eine bedeutende, die Lebenslage der Menschen beeinflussende Intervention. Solche Begegnungen sollten zum festen Bestandteil in der Kultur von Institutionen der Langzeitpflege werden, um dem Anliegen lebendiger Generationsbeziehungen gerecht zu werden.

Diskussion

Die Publikation stellt ein Modellprojekt dar, das gestützte Begegnungen zwischen Hochaltrigen und Vorschulkindern zur Verbesserung von Lebensqualität und sozialer Teilhabe ermöglicht. Es ist ein sehr lebendiges Zeugnis von den Begegnungen, die ideenreich und interessant zwischen den Beteiligten gestaltet wurden. Gewinner sind sowohl ältere Menschen als auch die Kinder. Für die Hochbetagten bedeuten diese Treffen Abwechslung und Freude, für die Kinder einen besser verstehenden Zugang für alte Menschen und deren Besonderheiten und nicht zuletzt eine Veränderung ihres Altersbildes.

Ausgezeichnet sind auch die Berechnungen, die trotz der eher qualitativ angelegten Studie erzielt werden konnten. Aufgrund des Instrumentariums der Heidelberger Forschung konnten vielversprechende Effekte nachgewiesen werden, die Aussagen über bestimmte Emotionen bei den Begegnungen zulassen.

Fazit

Dieses Buch zeigt, wie sich die Lebensqualität von Hochaltrigen verbessern kann, wenn zielgerichtete Begegnungen mit Kindern erfolgen und mit wie viel Freude und Begeisterung das erzielt werden kann, und zwar auf beiden Seiten der Beteiligten. Insgesamt ist es ein wirklich gelungenes Projekt, was Anregungen zur Weiterverwendung gibt.

Rezension von
Prof. Dr. habil. Gisela Thiele
Hochschule Zittau/Görlitz (FH)
Berufungsgebiete Soziologie, Empirische Sozialforschung und Gerontologie
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Es gibt 190 Rezensionen von Gisela Thiele.

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Zitiervorschlag
Gisela Thiele. Rezension vom 13.03.2023 zu: Thomas Klie, Daniel Binder, Birgit Schuhmacher, Christine Moeller-Bruker, Norman Pankratz u.a.: Gestützte Begegnungen zwischen Hochaltrigen und Vorschulkindern zur Verbesserung von Lebensqualität und sozialer Teilhabe. Gerontologische Perspektiven. FEL Verlag Forschung Entwicklung Lehre (Freiburg) 2021. 2. Auflage. ISBN 978-3-932650-70-3. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/30159.php, Datum des Zugriffs 01.04.2023.


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