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Caroline Kohlmey: Ich möchte tiergestützt arbeiten!

Rezensiert von Dr. phil. Gernot Hahn, 08.08.2023

Cover Caroline Kohlmey: Ich möchte tiergestützt arbeiten! ISBN 978-3-497-03179-5

Caroline Kohlmey: Ich möchte tiergestützt arbeiten! Einstieg in die pädagogische und soziale Praxis mit Hund. Ernst Reinhardt Verlag (München) 2023. 128 Seiten. ISBN 978-3-497-03179-5. D: 24,90 EUR, A: 25,60 EUR.
Reihe: mensch & tier.

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Thema

Das Arbeitsbuch „Ich möchte tiergestützt arbeiten!“ gibt einen Überblick und damit Orientierung für den Start tiergestützter Arbeit mit dem Hund, nennt Einsatzmöglichkeiten von Jugendeinrichtung über Kita, Wohngruppe, Schule bis hin zu Beratungssettings und bietet u.a. eine Checkliste für den schnellen Überblick, gibt praktische Tipps zu Projekten und bietet praktische Übungen, die in der pädagogischen und sozialen Praxis durchgeführt werden können.

Autorin

Caroline Kohlmey, Dipl. Pädagogin ist Fachkraft für tiergestützte Therapie und Pädagogik in Berlin, leitet langjährig Kinder- und Jugendeinrichtungen. Ihr Wissen gibt sie als Dozentin in Workshops, u.a. an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin weiter.

Aufbau und Inhalt

Der 144 Seiten schmale Band ist in 14 Kapitel gegliedert, bietet Einführung und Grundlagen, geht auf die Wirkungen von Hunden in der sozialen Praxis und dadurch ermöglichte Lernerfahrungen für die Teilnehmenden ein, benennt Voraussetzungen für die Arbeit mit Hunden, beschreibt Einsatzmöglichkeiten und gibt umfangreiche Tipps zum Beginn tiergestützter Arbeit und notwendigen Bedingungen für diese Interventionen. Vier Kapitel geben umfangreiche praktische Hinweise und Anregungen für die pädagogische und soziale Praxis mit dem Hund, die konzeptionelle Arbeit, den Umgang mit Störungen und Problemen und eine Checkliste für den Start. Das Abschlusskapitel führt die einzelnen Aspekte und Inhalte in einem Fazit zusammen. Ein umfangreicher Anhang bietet praktische Übungen für den Einsatz mit Hunden, gibt Hinweise und Adressen zu Organisationen, Weiterbildungen und Informationsmöglichkeiten und beinhaltet das Literaturverzeichnis und ein Register.

Einführung und Grundlagen

Der Einsatz von Tieren ist seit langem in pädagogischen und sozialen Arbeitsfeldern etabliert, das Wissen um tiergestützte Interventionen ist mittlerweile reichhaltig, was den Hintergrund dieses Praxisbuchs darstellt. Caroline Kohlmey definiert gründlich die Grundlagen für tiergestützte Interventionen, von der Auswahl eines Tieres, unterschiedliche Interventionsformen, Theorien der Mensch-Tier-Beziehung bis hin zu Wirkeffekten (z.B. Stressreduktion, Verantwortungsübernahme, Empathieeffekte) solcher Interventionen und deren Nachweis in wissenschaftlicher Forschung. Die Darstellungen werden -grafisch hervorgehoben- durch kurze Fallbeispiele ergänzt, welche die erörterten Inhalte explizieren und durch Fotomaterial aus der Praxis der Autorin illustriert. Am Ende der beiden Kapitel finden sich Hinweise zu weiterführender Literatur.

Wirkungen von Hunden in der pädagogischen und sozialen Praxis

Die beiden Folgekapitel beschreiben die -bis heute- bekannten Wirkeffekte tiergestützter Interventionen (z.B. Förderung der Kommunikation, Offenheit, Zugang zu Emotionen und viele andere) und bieten mit der Triade tiergestützter Sozialpädagogik (Saumweber 2009) ein Modell zur Erklärung und fachlichen Gestaltung des Tiereinsatzes in der professionellen Praxis. Die dadurch evozierten Lernerfahrungen sind umfangreich und berühren Aspekte sozialen Lernens, der Beobachtung, der Wahrnehmungsförderung, des Einfühlungsvermögens und anderer sozialer Kompetenzen. Die Ausführungen auch dieser beiden Kapitel werden mit Praxismaterial und Fallbeispielen ergänzt, ebenso finden sich auch hier weiterführende Literaturhinweise.

Voraussetzungen und Tiereignung

Die Bedingungen für den geglückten Einsatz von Hunden in der pädagogischen und sozialen Praxis sind umfangreich. Aspekte des Tierschutzes, hygienische Aspekte, tiermedizinische Notwendigkeiten, der Hinweis auf Risiken und Nebenwirkungen nebst Hinweisen zum Ausschluss des tiergestützten Einsatzes (z. b. bei schweren Allergien der Klient:innen oder Krankheit des Tieres), rechtliche Voraussetzungen/​Versicherungsaspekte und Hinweise zur Ausbildung von Mensch und Tier werden benannt und in Merkkästen zusammengefasst. Nicht jedes Tier und nicht jede Kombination von Tier und Halter:in sind geeignet, um tiergestützte pädagogische Interventionen durchführen zu können. Grundvoraussetzungen des Tieres und „seines Menschen“, Hinweise zu Eignungs-, Wesens- und Verhaltenstests, Merkmale der Tierkommunikation (z.B. als Ausdruck von Überforderung, Angst, Unwohlsein eines Hundes) werden mit Übungsaufgaben und praktischen Tipps kombiniert und fordern aktiv zur Überprüfung ggf. geplanter Interventionen der Leserschaft auf. Hier finden sich zudem Hinweise zum „Hedonistischen Budget“ (65) von Tieren, also artspezifische und individuelle Bedürfnisse eines Wesens, welche im fachlichen Einsatz berücksichtigt werden sollten. Zudem finden sich auch hier weiterführende Literaturhinweise und Anmerkungen zur Qualitätssicherung tiergestützter Interventionen.

Einsatzmöglichkeiten

Beratungsarbeit, offene Kindereinrichtungen, Jugendarbeit, soziale Gruppenarbeit – die Einsatzmöglichkeiten des Einsatzes von Hunden sind vielfältig. Caroline Kohlmey stellt hier eine Auswahl möglicher Praxisfelder, mit zahlreichen Fallbeispielen und konkreten Interventionsformen vor und beschreibt positive Erfahrungen aus der praktischen Arbeit.

Beginn tiergestützter Arbeit

Die beiden nächsten Kapitel befassen sich mit dem Beginn tiergestützter Interventionen in der pädagogischen Praxis. Team- und Institutionsaspekte, die finanzielle Seite tiergestützter Arbeit, konkrete Vorbereitungsschritte, institutionelle und räumliche Vorbedingungen und Verantwortlichkeiten werden reflektiert und durch Übungsaufgaben und Fallbeispiele vertieft und durch Lesetipps weitergeführt.

Tiergestützte Praxis

Vorbereitung, Durchführung, Aktivitäts- und Pausenplanung, Einsatzkoffer und Notfallutensilien, der Aufbau eines Praxistags, die Planung von Alternativprogrammen (z.B., wenn der Hund ausfällt) – Kapitel zehn enthält eine Fülle von Praxishinweisen und konkreten Tipps sowie Fallbeispielen die deutlich von der umfangreichen Praxiserfahrung der Autorin geprägt sind. Wie schreibe ich eine tiergestützte Kurzkonzeption? Was ist, wenn es nicht funktioniert, welche Aspekte beim tiergestützten Arbeiten sind für den Start zu berücksichtigen? (hier präsentiert die Autorin eine differenzierte und dabei übersichtliche Checkliste) – alle relevanten Aspekte für die konkrete Praxis werden erfasst und durch Fallbeispiele, Übungsaufgaben, Zusammenfassungen und Listen ergänzt, sodass die Übertragung in die eigene Praxis deutlich unterstützt wird.

Fazit

„… Hunde und auch die anderen Tiere haben mir andere Zugänge zu meiner Klientel ermöglicht, die sonst teilweise nur schwer erreichbar gewesen wären … und haben mich und die Jugendlichen, Erwachsenen und Kinder immer wieder zum Lachen gebracht, Situationen entspannt und auch dadurch die Arbeit erleichtert und bereichert“ (118). Das Zitat aus dem Abschlusskapitel zeigt zusammenfassend die Möglichkeiten und Chancen tiergestützter pädagogischer und sozialer Interventionen, welche fachlich begründet, gestaltet und durchgeführt das Interventionsspektrum deutlich erweitern können.

Anhang

Im Anhang finden sich vielfältige praktische Übungen und Aufgaben, Adressen und Links zu Fachorganisationen und Verbänden, sowie das Literaturverzeichnis und ein Sachwortregister.

Zielgruppe des Buches

Fachpersonal in pädagogischen und sozialen Arbeitsfeldern.

Diskussion

Hintergrund für dieses Praxisbuch sind die umfassende Erfahrung tiergestützter Interventionen in der pädagogischen und sozialen Praxis und die umfangreiche Seminartätigkeit der Autorin. Alle Inhalte zeichnen sich durch theoretische Fundierung, hohen Praxisbezug, eine klare Sprache und einen sehr einladenden Erzählstil aus, sodass auf 144 Seiten eine höchst nützliche Einführung tiergestützter Arbeit in den Bereichen Sozialarbeit und Bildung vermittelt wird. Die umfangreiche Berufserfahrung und didaktische Aufbereitung der Inhalte fließen hier in einem höchst praxistauglichen Buch zusammen, das die praktischen Erfahrungen der Nutzer:innen fundiert und absichert. Die vielfältigen Praxistipps, Fallbeispiele und Übungsaufgaben stellen einen umfassenden Fundus an konkreten Gestaltungsmöglichkeiten dar. Ein Buch aus der Praxis für die Praxis, dem eine weite Verbreitung zu wünschen ist. Wer tiergestützt arbeiten möchte sollte den Anfang mit diesem Buch machen!

Fazit

Alle wesentlichen Aspekte tiergestützter pädagogischer und sozialer Arbeit werden benannt und praxisorientiert erschlossen: Tierwohl, Kommunikation, wissenschaftlich gesicherte Wirkeffekte und Lernebenen, konkrete Vorbereitungsschritte und umfangreiche Hinweise und Tipps zur Durchführung in verschiedenen Arbeitsfeldern – Caroline Kohlmey lässt keinen Themenbereich aus und vermittelt eine sichere, praxiserprobte Grundlage für die Praxis. Unbedingt empfehlenswert!

Literatur

Saumweber, K. (2009). Tiergestützte Pädagogik in der stationären Jugendhilfe. Norderstedt: books on demand.

Rezension von
Dr. phil. Gernot Hahn
Diplom Sozialpädagoge (Univ.), Diplom Sozialtherapeut
Leiter der Forensischen Ambulanz der Klinik für Forensische Psychiatrie Erlangen
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Es gibt 177 Rezensionen von Gernot Hahn.

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Zitiervorschlag
Gernot Hahn. Rezension vom 08.08.2023 zu: Caroline Kohlmey: Ich möchte tiergestützt arbeiten! Einstieg in die pädagogische und soziale Praxis mit Hund. Ernst Reinhardt Verlag (München) 2023. ISBN 978-3-497-03179-5. Reihe: mensch & tier. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/30267.php, Datum des Zugriffs 13.09.2024.


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