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Andrea Hendrich, Kati Rode: Wir sind die Kinder!

Rezensiert von Wolfgang Schneider, 15.02.2023

Cover Andrea Hendrich, Kati Rode: Wir sind die Kinder! ISBN 978-3-86321-612-2

Andrea Hendrich, Kati Rode: Wir sind die Kinder! Ein Kinderfachbuch über vertauschte Eltern-Kind-Rollen. Mabuse-Verlag GmbH (Frankfurt am Main) 2022. 91 Seiten. ISBN 978-3-86321-612-2. D: 22,95 EUR, A: 23,60 EUR, CH: 29,10 sFr.

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Thema

Wenn Eltern anfangen, ihre Elternrolle – warum auch immer – zu vernachlässigen, kommt es häufig zu einer Rollenumkehr, im Fachjargon auch Parentifizierung genannt. Plötzlich übernehmen die Kinder Verantwortung für Dinge und Entscheidungen, die eigentlich auf Elternebene geklärt werden. Wie belastend das für junge Menschen ist und wie ihnen geholfen werden kann, zeigt dieses Kinderfachbuch, das sich an Kinder ab acht Jahren richtet

AutorInnen

Andrea Hendrich ist Diplom-Pädagogin und systemische Familientherapeutin und lebt am Starnberger See. Sie berät, unterrichtet und Coacht Eltern und Fachkräfte zu verschiedenen Themen.

Kati Rode ist gelernte Erzieherin und Kunstpädagogin. Sie leitete viele Jahre Kreativkurse für verschiedene Altersgruppen und illustriert heute in farbenfrohen Bildern Kinderbücher, die besonders die Emotionen der Geschichte widerspiegeln. Sie lebt in Bergisch Gladbach.

Aufbau und Inhalt

Die Therapeutin Sofia Morgentau nimmt die beiden Jugendlichen Tange und Ele mit auf ihr Hausboot. Denn beiden geht es nicht gut. Ele hat Angst, das Haus zu verlassen, während Tango seinen Arm nicht bewegen kann. Körperliche Ursachen für die Probleme sind nicht zu finden. Auf dem Hausboot kann die Therapeutin schnell herausfinden, was hinter den Beschwerden ihres/r jungen Patient:in steckt: Sie haben in ihren Familien Eltern-Aufgaben übernommen und sind damit heillos überfordert. Ele sorgt für ihre Geschiwster, und Tango hat die Rolle des Beschützers eingenommen, seit sein Vater ausgezogen ist. Sofia Morgentau hilft den beiden dabei, sich selbst zu finden, und nimmt die Eltern in die Pflicht, damit Tango und Ele wieder Kinder sein dürfen.

Natürlich steht die in liebevollen und detailreichen Bildern erzählte Geschichte der beiden jungen Menschen im Mittelpunkt des Buches, doch auch die ergänzenden Teile sollten nicht vernachlässigt werden. Sie unterteilen sich in drei Bereiche. In einem Fachteil für Jugendliche können die herausfinden, ob sie eventuell selbst betroffen sind und viel zu viel Verantwortung für ihr Altern übernehmen. Wenn dem so sein sollte, erfahren die jungen Leser:innen, was ihnen in dieser Situation gut tun würde und wo sie Hilfe finden können.

Ein zweiter Fachteil richtet sich an Bezugs- und Betreuungspersonen. Hier wird erklärt, was Parentifzierung genau ist und wie es dazu kommen kann. Neben der Beschreibung möglicher Ursachen der innerfamiliären Rollenumkehr wird beschrieben, welche Symptome junge Menschen in dieser Situation eventuell zeigen und welche Probleme letztlich dadurch verursacht werden.

Im abschließenden Serviceteil sind Beratungs- und anlaufstellen aufgelistet, Literaturtipps und Bilder als Download runden dieses Buch ab.

Diskussion

Wer im fachlichen Kontext erlebt hat, wie sehr Kinder und Jugendliche bisweilen aus dem Blick der Eltern geraten und deren Rolle übernehmen, der wird in diesem Buch viele Aha-Momente haben. Mit unglaublich intensiven, die Emotionen der Beteiligten transportierenden Bildern kommt sehr intensiv rüber, was Ele und Tango fühlen und erleben. An mancher Stelle bleibt offen, ob die Geschichte der beiden sichtbar jugendlichen Akteure wirklich auch schon Kinder unter 10 Jahren anspricht. Aber das ist nicht von allzu großer Bedeutung, weil es – obwohl letztlich ein ‚Bilderbuch‘ – durchaus auch Jugendliche ansprechen wird und damit auf jeden Fall Menschen erreicht, die es betrifft. Dafür sorgen alleine die optisch coolen Protagonisten, die so gar nicht in ein ‚Bilderbuch‘ passen wollen. Und gerade damit dürfte es gelingen, auch ältere Kinder und sogar Jugendliche mit diesem Titel anzusprechen. Das Ende der Geschichte mutet zwar etwas sehr happyend-mäßig an, aber damit kann man leben, weil vorher so viel an Informationen und Emotionen transportiert wird, dass es gut gelingen dürfte, junge Menschen über das Thema Parentifizierung aufzuklären. Und mit ein bisschen Glück dürfte das Buch auch dem einen oder anderen Erwachsenen, der es in die Hände bekommt, ein Licht aufgehen lassen. Die Fachteile für Jugendliche und Bezugspersonen können inhaltlich überzeugen, ohne natürlich jeden fachlichen Aspekt der Thematik zu beleuchten. Und so ist dann letztlich ein Buch entstanden, dass in keiner Beratungsstelle, Offenen Ganztagsschule oder anderen Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, fehlen darf.

Fazit

Auch wenn es am Ende vielleicht etwas zu sehr Happyend ist, lohnt sich dieses Buch auf jeden Fall. Es zeigt, wie schnell Kinder in die Verantwortungsübernahme gehen und was nötig ist, damit das wieder rückgängig gemacht werden kann. Und so ist es ein Buch sowohl für die (sozial)-pädagogische Praxis als auch für den Hausgebrauch.

Rezension von
Wolfgang Schneider
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Zitiervorschlag
Wolfgang Schneider. Rezension vom 15.02.2023 zu: Andrea Hendrich, Kati Rode: Wir sind die Kinder! Ein Kinderfachbuch über vertauschte Eltern-Kind-Rollen. Mabuse-Verlag GmbH (Frankfurt am Main) 2022. ISBN 978-3-86321-612-2. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/30299.php, Datum des Zugriffs 28.03.2023.


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