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Ursula Kriesten: Die praktische Pflegeausbildung

Rezensiert von Ingo Planitz, 17.06.2024

Cover Ursula Kriesten: Die praktische Pflegeausbildung ISBN 978-3-8426-0888-7

Ursula Kriesten: Die praktische Pflegeausbildung. Betriebliches Ausbildungskonzept, Arbeits- und Lernaufgaben und Anleitungen. Für Ausbildungsverantwortliche und Auszubildende. Schlütersche Fachmedien GmbH (Hannover) 2023. 400 Seiten. ISBN 978-3-8426-0888-7. D: 49,95 EUR, A: 51,40 EUR, CH: 70,90 sFr.

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Thema

Die Pflegeausbildung wurde durch das neue Pflegeberufegesetz (PflBG), das am 01.01.2020 in Kraft trat, reformiert. Ursula Kriesten bietet mit ihrem Buch „Die praktische Pflegeausbildung“ fachlich fundierte, praxisnahe und damit gut umsetzbare Hilfen zur sicheren Erstellung des gesetzlich geforderten betrieblichen Ausbildungskonzeptes an. Neben einem umfassenden Überblick über die Pflegeausbildung wird mit dem Fokus auf die praktische Ausbildung auf der Grundlage des neuen Gesetzes die Kompetenzentwicklung der Auszubildenden z.B. durch Lernbegleitung, Arbeits- und Lernaufgaben, sowie individuelle Anleitungssituationen bis hin zur Prüfungsvorbereitung und schließlich rechtssicheren praktischen Abschlussprüfung systematisiert.

Autorin

Frau Dr. Ursula Kriesten ist Gesundheits- und Pflegewissenschaftlerin, Lehrerin für Gesundheits- und Pflegeberufe und Krankenschwester. 2009 gründete sie die Akademie Gesundheitswirtschaft und Senioren (AGewiS), die sie als Direktorin bis zu Ihrem Ruhestand 2020 leitete. 2016 erlangte sie den akademischen Grad „Doktor rerum medicarum (Dr. rer. medic.)“ für das Fachgebiet Gesundheits- und Pflegewissenschaften durch ihre Dissertation mit dem Thema: „Altenpflegeausbildung in Deutschland, Diskussion der Prognosen zu einer Integration der Altenpflegeausbildung in eine generalistische Pflegeausbildung“. Sie ist Autorin zahlreicher Publikationen zu relevanten Themen der Pflege und Pflegeausbildung.

Entstehungshintergrund

Zum 01.01.2020 reformierte das neue Pflegeberufegesetz (PflBG) die gesamte Pflegeausbildung in Deutschland. Die klassischen Ausbildungsgänge in der Pflege (Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege) wurden zu einer generalistischen Ausbildung mit dem Berufsabschluss „Pflegefachfrau/​Pflegefachmann“ zusammengeführt. Eine Fachkommission entwickelte dazu für den theoretischen Unterricht den Rahmenlehrplan und für den praktischen Unterricht den Rahmenausbildungsplan. In Verbindung mit der Pflegeausbildungs- und Prüfungsverordnung (PflAPrV) bilden sie eine bundesweit gültige Grundlage für die Erstellung von schulinternen Curricula und einrichtungsspezifischen Ausbildungsplänen. Sowohl die Schulen als auch die ausbildenden Betriebe mussten die Ausbildung grundlegend neu denken, um den neuen gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. So sollen alle Träger der praktischen Ausbildung ein betriebliches Ausbildungskonzept erstellen, aus dem ersichtlich wird, wie jede und jeder Auszubildende geplant und strukturiert angeleitet wird.

Das im PflBG gesetzlich geforderte Ziel ist die selbstständige, umfassende und prozessorientierte Pflege von Menschen aller Altersstufen, die in den verschiedenen Sparten der Pflege, wie Akut- oder Langzeitpflege sowie ambulanten Langzeitpflege, also der Pflege im Krankenhaus, in Pflegeeinrichtungen sowie ambulanten Diensten, versorgt werden müssen. Die erforderlichen fachlichen und personalen Kompetenzen einschließlich der zugrunde liegenden methodischen, sozialen, interkulturellen, digitalen und kommunikativen Kompetenzen müssen im Laufe der dreijährigen Ausbildung erworben werden. Dabei müssen die vorbehaltenen Tätigkeiten, also die Tätigkeiten, die ausschließlich von den Pflegefachfrauen und -männern ausgeübt werden dürfen, sicher beherrscht werden. Diese sind:

  1. die Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs
  2. die Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses
  3. die Analyse, Evaluation, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege

Darüber hinaus sollen ärztlich angeordnete Maßnahmen einschließlich Maßnahmen der medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilitation eigenständig durchgeführt werden, wozu es die Kompetenz braucht, interdisziplinär mit anderen Berufsgruppen fachlich zu kommunizieren und effektiv zusammenzuarbeiten und dabei individuelle, multidisziplinäre und berufsübergreifende Lösungen bei Krankheitsbefunden und Pflegebedürftigkeit zu entwickeln sowie teamorientiert umzusetzen. Außerdem soll ein professionelles, ethisch fundiertes Pflegeverständnis und ein berufliches Selbstverständnis entwickelt und gestärkt werden (vgl. §§ 4 u. 5 PflBG).

Schon dieser kurze Überblick über die gesetzlichen Zielvorgaben zeigt die hohen Anforderungen die die Schulen und die Träger der praktischen Ausbildung zu erbringen haben. Diese schaffen sie am besten gemeinsam in abgestimmten Konzepten, Curricula, Ausbildungsplänen u.v.m. Der Praxis wird in der neuen Pflegeausbildung eine zentrale Funktion zugeschrieben. Hier ist der Ort, an dem die beruflichen Kompetenzen erworben werden, an dem die Komplexität der pflegerischen Versorgung erfahrbar und wo die berufliche Haltung erworben wird. Diese Rolle ist in dieser Ausprägung für die Praxis neu. Diese neue Rolle ist gesetzlich verankert: „Der Träger der praktischen Ausbildung trägt die Verantwortung für die Durchführung der praktischen Ausbildung einschließlich ihrer Organisation“ (§ 8 PflBG) und er ist verpflichtet, „die Ausbildung in einer durch ihren Zweck gebotenen Form auf der Grundlage des Ausbildungsplans zeitlich und sachlich gegliedert so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Zeit erreicht werden kann“ (§ 18 PflBG).

Aufbau

Das Buch umfasst insgesamt 18 Kapitel, die sich in drei große Cluster unterteilen lassen:

  • Einführung in die generalistische Ausbildung, Perspektiven und Rahmenbedingungen der praktischen Ausbildung
  • Betriebliches Ausbildungskonzept (mit 14 Kapiteln der größte Teil)
  • Ausblick und Optimierung nach der Evaluierung des Pflegeberufegesetzes

Jedes Kapitel beginnt mit einleitenden, das Denken und freie Assoziationen anregenden, dichten Gedanken. Dann wird ein Überblick über das jeweilige Thema gegeben und dieses in weiteren Unterkapiteln ausführlich diskutiert. Hilfreiche Tipps für die Praxis werden hervorgehoben. Sie erhellen die dargestellte Thematik mit ganz pragmatischen Anregungen. Wo notwendig, werden wichtige Informationen ebenfalls hervorgehoben, in denen zentrale Aussagen gebündelt werden. Zuletzt zeigen Best-Practice-Beispiele aus der Praxis Wege der Umsetzung. Sie haben allesamt den Charakter des Machbaren, wodurch der Weg zur Erstellung des betrieblichen Ausbildungskonzepts in den Ausbildungseinrichtungen geebnet wird. Ein Check am Ende jeden Kapitels hilft den eigenen Grad der Ausbildungsqualität zu reflektieren und „blinde Flecken“ zu identifizieren und eine kontinuierliche Optimierung anzustreben.

Inhalt

Im ersten Cluster wird die praktische Pflegeausbildung, deren Ziele, Systematik und Handlungsebenen ausführlich vorgestellt. Dabei werden zunächst die gesetzlichen Grundlagen der generalistischen Ausbildung mit dem Fokus auf die praktische Pflegeausbildung dargelegt, um der Erstellung eines betrieblichen Ausbildungskonzeptes ein rechtsicheres Fundament zu geben.

Insgesamt identifiziert Ursula Kriesten sieben Perspektiven zur praktischen Pflegeausbildung, und stellt mit ihnen wesentliche Themen für die praktische Ausbildung zusammen:

  • Praktische Pflegeausbildung
  • Allgemeine Pflege
  • Altersdemografische Entwicklung
  • Pflegeberufegesetz
  • Ausbildungsträgerschaft
  • Lernorte der Pflegepraxis
  • Generelle Kompetenzen, Performanz und exemplarisches Lernen

Diese Perspektiven werden erläutert und ihre Relevanz für die Ausbildung diskutiert. Dabei wird deutlich, dass Perspektiven immer auch die Chance des Perspektivwechsels bieten. Dazu ermutigt Ursula Kriesten ganz bewusst, um verschiedene und sogar neue Sichtweisen zu ermöglichen, die ganz andere Lösungspotenziale bei auftretenden, mitunter neuen Problemlagen haben können.

Schließlich werden die besonderen Charakteristika der unterschiedlichen Einrichtungen dargestellt, in denen Auszubildende ihre Ausbildung absolvieren können: die Langzeitpflege, die ambulante Pflege und die Akutpflege. Dabei werden das jeweilige Grundverständnis zum Menschenbild, die Lebens- und Wohnqualität bzw. Lebenssituation, als auch die Dienstleistungsqualität und Interdisziplinarität sowie Ziele und Aufgaben der genannten Bereiche dargestellt, die aufgrund ihres Versorgungsauftrags unterschiedlich sind.

Der zweite Cluster ist das Herzstück des Buches. Nach grundsätzlichen Überlegungen zur Erstellung eines Ausbildungskonzepts (BAK) werden die Bausteine und Prozesse zu seiner Erstellung in sieben Pakete gepackt, die je nach Komplexität mehrere Kapitel umfassen. Das Ausbildungskonzept legt das unternehmenseigene Verständnis der Ausbildung fest und definiert die Ziele, Strukturen, Abläufe sowie Zuständigkeiten der Ausbildung in der Pflegeeinrichtung. Das Konzept wird in Ausbildungs- und Unterstützungsprozesse unterschieden.

Ausbildungsprozesse

BAK 1: Betriebliche Geschäfts- und Kooperationsprozesse

BAK 2: Beratungs- und Akquise-Prozesse

BAK 3: Lernprozessbegleitung; Ausbildungsabbruch vermeiden; Organisation: Anleitungs- und Planungsprozesse; Arbeits- und Lernaufgaben; geplante Anleitungen und Methoden

BAK 4: Kompetenzorientierte Evaluations- und Prüfungsprozesse; Praktisch rechtssicher prüfen

Unterstützende Prozesse

BAK 5: Bildungsentwicklungsprozesse; Betriebliches Gesundheitsmanagement

BAK 6: Bildungsmarketingprozesse

BAK 7: Qualitätsmanagement- und Fort- und Weiterbildungsprozesse; Qualitätsbereiche, -kriterien und -indikatoren für die praktische Pflegeausbildung in 14 Kategorien

Nachfolgend werden die wesentlichen Themen des betrieblichen Ausbildungskonzepts (BAK) vorgestellt.

Ausbildungsprozesse

BAK 1: Ein dem Ausbildungskonzept vorangestelltes Leitbild stellt über sinnstiftende, komprimierte Leitgedanken die Vision der Einrichtung dar, die einen verbindlichen Orientierungsrahmen für alle Beteiligten gibt. Wenn das eigene Pflege- und Betreuungskonzept der Einrichtung Bestandteil des Ausbildungskonzeptes wird, hilft dies dem/der Auszubildenden, einen vertiefenden Einblick in das Pflegeverständnis zu gewinnen. Das betriebliche Ausbildungsziel kann entlang des § 5 PflBG durchdekliniert werden, das die gesetzliche Vorgabe für die Ziele der Ausbildung darstellt. Das betriebliche Ausbildungsziel darf diesen Zielvorgaben nicht widersprechen. An der Generalistischen Ausbildung sind sehr viele Menschen in den unterschiedlichsten Settings beteiligt, die durch kooperierende Ausbildungsstruktur gefestigt ist. Die Akteure in der Pädiatrie oder Akutpflege sowie in der stationären Langzeitpflege gestalten die Ausbildung entlang eines Ausbildungsplans gemeinsam. Die Generalistik wird prozessual mit Blick auf das lebenslange Lernen gedacht. Der Träger der praktischen Ausbildung ist verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass das Ausbildungsziel erreicht wird. Die Pflegeschule trägt die Gesamtverantwortung für die Ausbildung. Auszubildende haben Mitbestimmungsrecht, und können ihre Stimme im Betriebsrat geltend machen lassen.

Eine besondere Bedeutung kommt den Praxisanleitungen zu. 10 % der praktischen Ausbildungszeit sind Anleitungszeit, die durch Praxisanleitenden durchgeführt werden. Damit wird ihnen die zentrale Aufgabe übergegeben, die Auszubildenden vom Wissen zum Können zu begleiten. Sie haben die verantwortliche Aufgabe, die Komplexität der Ausbildung mit der Vielzahl an Aufgaben und Koordination/​Kooperation aller beteiligten Akteure zu bewältigen. Ergänzend werden im BAK auch Hilfestellung zur Erstellung einer Stellenausschreibung gegeben. Auch das Vertragswesen wird ausführlich besprochen. Dazu zählen die Kooperationsverträge mit den unterschiedlichen Einrichtungen (auch Hochschulen) und der Ausbildungsvertrag mit den Auszubildenden und dessen rechtlichen Vorgaben. Die Ausbildungsvergütung und die Finanzierung der Ausbildung werden umfassend erläutert.

BAK 2: Hier erhält man wertvolle Hinweise und Tipps zum Bewerbermanagement und zu Themen und Inhalten einer Beratung für Menschen, die an einer Ausbildung zur Pflegefachfrau/zum Pflegefachmann interessiert sind.

BAK 3: Die Qualität der Lehr-/​Lernprozesse misst sich an den Rahmenbedingungen also an den Ermöglichungsräumen von Aneignungsprozessen zur Kompetenzentwicklung. Dazu werden kompetente lernbegleitende Personen gebraucht, die günstige Bedingungen dafür schaffen können, dass Lernen gelingen kann. Den dafür notwendige Bezugsrahmen bietet die pflegewissenschaftliche Forschung und die Expertise und Erfahrung der Lernbegleitenden, also die externe und die interne Evidenz. Die Ziele und Vorstellungen des zu Pflegenden wie auch die Ziele und Vorstellungen des Lernenden auf der Grundlage des individuellen Lernstands sowie die fördernden und hemmenden Faktoren der Umweltbedingungen gehören ebenfalls zu den wichtigen Rahmenbedingungen für die Anleitungsprozesse. Es werden hilfreiche Handreichungen gegeben, wie z.B. die Checkliste zur Einführung von neuen Auszubildenden oder Schwerpunkte für betriebliche Informationen, aber zu den Ausbildungsnachweisen und Dokumentation sowie Planung von Anleitungen, Diensten und Urlauben.

Ausbildungsabbrüche belasten die Träger der praktischen Ausbildung und auch die Schulen, weshalb ein besonderes Augenmerk auf die Analyse der Gründe gelegt werden sollte. Dazu werden wertvolle Impulse nicht nur zur systematischen Ergründung gegeben sondern auch Hinweise, wie man den Abbrüchen im Vorfeld wirksam, präventiv begegnen kann. Dazu zählen Optimierung der Ausbildungsstrukturen aber auch Optimierung der betrieblichen Organisation der Ausbildungsprozesse, sowie Überlegungen zur Stärkung der Persönlichkeit und Resilienz als auch die Optimierung der Lehr- und Lernbedingungen.

Ein eigenes Kapitel widmet sich der Planung und Koordination der Ausbildung, die in verschiedene Pflichtpraktika an verschiedenen Ausbildungsorten organisiert werden muss. Die Prozessfolge und Planungsinstrumente werden erläutert.

Der Arbeitsort ist Lernort. Ein arbeitsgebundenes Lernen kann dann in guter Weise gelingen, wenn dieses Lernen mit Arbeits- und Lernaufgaben begleitet wird, die die realen Pflegesituationen und Anleitungssituationen in der Praxis reflektieren. Die verschiedenen Aufgabentypen werden erläutert. Dies hilft sehr dabei, eigene Lernaufgaben zu entwickeln. Ein Exkurs zu Kriterien gelungener Arbeitsbünde und Auftragsklärung zwischen den zu Pflegenden und den Pflegefachpersonen leitet über zu Kriterien für gute Lernaufgaben im Zusammenhang einer kompetenzorientierten Anleitung. Wie Anleitung in der Praxis strukturiert und damit erfolgreich werden kann, welche Methoden sich bewährt haben, welche Bedeutung Scills Labs als gewissermaßen dritten Lernort haben können, wie Anleitung reflektiert und evaluiert werden kann, für dieses und vieles mehr werden viele wertvolle, sehr fundierte Hilfen bereitgestellt.

 BAK 4: Die Ausbildung orientiert sich an Berufssituationen und Handlungskompetenzen. Unter Kompetenzen versteht man die Fähigkeit in neuen, mitunter unvorhersehbaren Situationen Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Einstellungen und Werte abrufen und für Lösungen praktisch nutzen zu können. Die Kompetenzbereiche sind in den Ausbildungsplänen der Fachkommission nach § 53 PflBG aufgelistet und betreffen den Pflegeprozess, die Kommunikation, die Zusammenarbeit mit dem Kollegium und den anderen Professionen, das Recht und die Wissenschaft. Kompetenzorientiert prüfen fokussiert auf die Kompetenzschwerpunkte dieser Bereiche. Dabei geht es um die Gestaltung der notwendigen Prozesse (Performanz), die in Prüfungssituationen aufgetragen werden. Kompetenzentwicklung findet leichter durch die kompetente Begleitung von Praxisanleitungen statt, die den Auszubildenden zeitnah Feedback gibt, mit ihnen reflektiert und sie in Pflegesituationen Wirksamkeit erleben lässt. Auf dieser Basis können dann qualifizierte Beurteilungen gegeben werden, die später dann in die Jahresnoten einfließen werden.

Die praktische Prüfung ist eine staatliche Prüfung. Die Praxisanleitenden sind für die Organisation der praktischen Prüfung verantwortlich. Der Prüfung wird ein ganzes Kapitel gewidmet, in dem es um die Gestaltung einer rechtssicheren Prüfung geht. Von der Vorbereitung, Auswahl der Prüfungsbeteiligten, über die Abnahme der Prüfung bis hin zur fairen Beurteilung der kompetenzorientierten Prüfung und ihrer Dokumentation einschließlich des Reflexionsgesprächs mit den Auszubildenden, all das steht im Kontext der Rechtssicherheit. Einsicht in die Prüfungsunterlagen, Widerspruch gegen das Prüfungsergebnis und eine denkbare Klage brauchen ein solides rechtssicheres Fundament. Auch die Wege bei Nichtbestehen oder die Möglichkeiten des Prüfungsrücktritts werden erläutert. Natürlich werden auch die Wege der Übernahme der Auszubildenden in die Praxis bzw. die Einstellung der neuen Kolleginnen und Kollegen bei Bestehen der Prüfung besprochen. Das ist ja das große Ziel.

Unterstützende Prozesse

BAK 5: Wesentliche Aspekte zu den Bildungsentwicklungsprozessen werden hier dargestellt. Dabei geht es um lerntheoretische Ansätze zur Andragogik, also dem Lernen Erwachsener, zur Entwicklung von adäquaten Lernsituationen in unterschiedlichen Komplexitätsgraden. Ein weiterer unterstützender Prozess ist das Betriebliche Gesundheitsmanagement. Herausfordernde und belastende Situationen im Pflegealltag brauchen gesunderhaltende Strategien, wie Resilienz, Selbstsorge, Zeitmanagement und vieles mehr. Als „Best Practice“ entwickeln Pflegekräfte, Auszubildende BGM-Maßnahmen gemeinsam selber.

BAK 6: Ausbildung ist durch das neue Pflegeberufegesetz in die Aufmerksamkeit der Pflegeeinrichtungen gerückt, weshalb die Träger der praktischen Ausbildung Bildungsmarketing betreiben sollte. Eine gute Ausbildung ist die beste Werbung. Durch Mundpropaganda werden andere Menschen, die in die Ausbildung gehen wollen, aufmerksam und neugierig gemacht. Doch wie betreibt man Bildungsmarketing systematisch? Dazu werden in diesem Kapitel viele wertvolle Hinweise gegeben. Vieles wird in der Praxis schon geleistet. In der systematischen Auflistung aller Prozesse zum Bildungsmarketing können alle die Punkte zusammengeführt und damit deutlich gemacht werden, die die praktische Pflegeausbildung in der Einrichtung abbilden. Das ist in der Regel viel mehr, als es den Akteuren bewusst ist.

BAK 7: Das betriebliche Ausbildungskonzept endet mit dem Prozess des Qualitätsmanagements, der Qualitätsentwicklung und -sicherung, sowie den Prozessen der Einarbeitung sowie Fort- und Weiterbildungsprozesse. Für die Qualitätsentwicklung werden 14 Qualitätsbereiche intensiv diskutiert, die für die berufliche und die hochschulische Pflegeausbildung erarbeitet wurden. Es sind 14 Kategorien, Kriterien und Indikatoren, die Strukturvorgaben zur Weiterentwicklung der Ausbildungsqualität bieten, an denen sich Praxisanleitungen orientieren können und an denen der Erfüllungsgrad einer guten Ausbildungsqualität gemessen werden kann.

Als dritten und letzten Cluster, schließt das Buch mit dem Kapitel „Optimierung des Pflegeberufegesetzes“. Es ist der Aufruf an die Ausbildungsverantwortlichen und die Auszubildenden, sich aktiv an der Abschätzung der weiteren Ausprägungen und Entwicklungsperspektiven des Gesetzes, der Entwicklung der Ergebnisse sowie der Reflexion und Weiterentwicklung des Gesetzes zu beteiligen. In einer Übersicht werden dazu die wesentlichen Ziele des Gesetzes aufgelistet und den daraus jeweils resultierenden Fragen zum jeweiligen Erreichungsgrad der Ziele gegenübergestellt. Die Aufgabe aller an der Ausbildung beteiligten ist es, Optimierungsvorschläge zu unterbreiten, sofern die Ziele bisher nicht erreicht wurden oder auf die Weise, wie es das Gesetz vorsieht, nicht erreicht werden können. So können alle für die Weiterentwicklung des Pflegeberufegesetzes einen produktiven Beitrag leisten.

Diskussion

Ursula Kriesten hat die zentralen Themen zur Erstellung eines betrieblichen Ausbildungskonzeptes zusammengetragen, systematisiert und in fachlich beeindruckender Tiefe diskutiert. Dabei werden stets Positionen vertreten, Richtungen angezeigt und Möglichkeiten zur Anfertigung eines eigenen Konzeptes vorgestellt ohne vereinnahmend zu sein. Man wird als Entwickelnde/r eines Ausbildungskonzeptes an die Hand genommen, in die rechtlichen Rahmenbedingungen der praktischen Ausbildung umfassend eingeführt und gleichzeitig zum aktiven, kritischen und konstruktiven Denken und Gestalten des eigenen Konzeptes eingeladen. Der Aufbau des Buches überzeugt durch seine Struktur und Systematik. Auch wenn es sich einer für manche vielleicht eher trockenen Materie nähert, wird man als Lesende/r nicht durch schwere Sätze ermüdet. Im Gegenteil. Zum Teil hochkomplexe Themen werden in lebendiger und leicht nachvollziehbarer Weise so dargelegt, das man ermutigt wird, selber zu denken und die Themen auf die eigenen, einrichtungsbezogenen Rahmenbedingungen zu übertragen. Dabei wirkt man aktiv an der eigenen Konzeption der praktischen Ausbildung mit, was in der Folge dann zu einem Alleinstellungsmerkmal der Einrichtung werden kann. Nicht nur für die einmalige Entwicklung eines betrieblichen Ausbildungskonzeptes dient das Buch von Ursula Kriesten. Aufgrund der präzisen Checks am Ende jedes einzelnen Kapitels, wird man sich dieses Werk stets bei der Evaluation des eigenen Konzeptes zurate ziehen. Auch Praxisanleitende werden das Buch gerne zur Hand nehmen, um Ausbildungssituationen zu gestalten. Es wird dabei stets auch Raum gegeben, vermittels der praxisnahen und damit wirksamen Impulse zur Reflexion von Ausbildungssituationen, die eigene Haltung zur praktischen Ausbildung stärken und festigen zu können. Auch Lehrkräfte gewinnen über die umfassende, nahezu vollständige Darlegung der Rahmenbedingungen der praktischen Ausbildung ein tiefes Verständnis der praktischen Ausbildung. Zuletzt können auch Auszubildende von diesem Buch profitieren, wenn sie ihre eigene Ausbildung reflektieren wollen.

Fazit

Ursula Kriesten gelingt es, ein grundlegendes, umfassendes, ethisch basiertes und rechtssicheres Verständnis für die praktische Pflegeausbildung zu erzeugen. Damit führt sie alle an der praktischen Ausbildung beteiligten Menschen zusammen und schafft eine strukturierte, tragende Basis zur aktiven, gemeinsamen Entwicklung und Gestaltung eines betrieblichen Ausbildungskonzeptes. Mit diesem Buch wird ein Weg gezeigt, wie der Pflegeberuf attraktiver, die Rahmenbedingungen besser und immer mehr Menschen für die Ausbildung motiviert werden können.

Rezension von
Ingo Planitz
Studium der ev. Theologie und Philosophie sowie Pflegewissenschaften und Erwachsenenpädagogik, Altenpfleger, Fachkraft Gerontopsychiatrie – Leitung Akademie und Schulleitung Pflegeschule
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Es gibt 2 Rezensionen von Ingo Planitz.

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ISSN 2190-9245