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Stefanie Aunkofer: Väter in Elternzeit

Rezensiert von Dr. Kristin Ideler, 08.02.2024

Cover Stefanie Aunkofer: Väter in Elternzeit ISBN 978-3-7799-7154-2

Stefanie Aunkofer: Väter in Elternzeit. (Nicht-) Anerkennung von Familien- und Erwerbsarbeit bei Paaren. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2022. 359 Seiten. ISBN 978-3-7799-7154-2. D: 49,95 EUR, A: 51,40 EUR.

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Thema 

Die Monographie ist eine qualitative empirische Untersuchung der Elternzeitnahme von Vätern.

Autorin

Stefanie Aunkofer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Gleichstellungsbüro der Rhein-Waal Hochschule in Kleeve.

Entstehungshintergrund

Das Buch geht auf die Dissertation der Autorin im Rahmen des Forschungsprojektes „Väter in Elternzeit. Aushandlungs- und Entscheidungsprozesse zwischen Paarbeziehung und Betrieb“ zurück.

Aufbau und Inhalt

Der Aufbau des Buches orientiert sich an den Anforderungen an die Gliederung einer Dissertation. Beginnend mit einem sehr knappen Abriss des Forschungsstandes zu Elternzeitnahme von Vätern folgt ein Kapitel zum annerkennungstheoretischen Fundament der Arbeit. Anschließend werden beide Teile anhand der Dimensionen Staat, Betrieb und Familie verknüpft. Dem folgend wird das Forschungsdesign erläutert. Nun folgt die sehr ausführliche empirische Analyse mit anschließender Verdichtung der Analyseergebnisse sowie Fazit und Ausblick.

Die Grundthese von Aunkofer ist, dass Egalisierungsversuche durch Elternzeit- und Elterngeldinanspruchnahme von Vätern nicht weit genug reichen, um einen grundsätzlichen Wandel von Geschlechterverhältnissen als Anerkennungsverhältnissen hervorzubringen, welche die nach wie vor zugrunde liegende Erwerbszentrierung männlicher Biographien in Frage stellt.

Diskussion

Aufbau und Gliederung sind in sich logisch, die Inhalte fachlich fundiert. In den Ausführungen der Autorin wird deutlich, dass sie wissenschaftlich auf der Höhe der Zeit argumentiert. Sowohl der aktuelle politische status quo zu Elternzeitnahme und Elterngeld sind gut dargestellt, als auch die Methodenwahl und die theoretische Fundierung der Arbeit anhand der feministisch-anerkennungstheoretischen Perspektive.

Sehr ausführlich und akribisch sind die fallbezogenen Beschreibungen und Ergebnisse dargestellt inklusive vieler illustrativer Zitate. Von den sechs dargestellten Paarinterviews fokussieren vier auf Akademiker*innenhaushalte, eins auf einen Arbeiter*innenhaushalt und eines auf einen migrantischen Haushalt mit beiden Hintergründen. Es sticht ins Auge, dass vor allem die Paararrangements im Fokus lagen und weniger die väterliche Elternzeitnahme und ihre Motive an sich. Zudem lag der Schwerpunkt auf der Erkundung der Wechselwirkungen im Paarverhalten und dessen dokumentarischer Deutung. In einem Paarinterview scheint auch eine starke betriebliche Konfliktebene auf, welche im Kontext der Elternzeitnahme gemeinsam gelöst werden musste. Ebenso fällt auf, dass beim migrantisch geprägten Paar andere Konfliktdimensionen bei der weiblichen Übernahme von Care-Arbeit in der Familie existieren, die auch zu einem anderen Betreuungsarrangement für das gemeinsame Kind führen. Es wäre spannend gewesen beide strukturellen Aspekte genauer in die Analyse mit einzubeziehen und dahingehend genauer zu schauen, warum eben vermeintlich gleiche Rahmenbedingungen doch zu verschiedenen Orientierungen, Entscheidungen und Konflikten bei der väterlichen Elternzeitnahme führen können.

Wichtig wäre daher eine größere Varianz im Sample der Paarinterviews gewesen, welches sehr akademiker*innenlasig ist und auch mit großer Mehrheit weiß gelesene Personen umfasst. Zudem wäre es wichtig gewesen, Aspekte von class und race auch analytisch einzubeziehen, da diese paarbezogene Interaktionsmuster und Anerkennungsverhältnisse maßgeblich beeinflussen.

Somit ist unklar, was in der politischen Steuerung von Elternzeit und Elterngeld wie reformiert werden sollte, um eine Egalisierung in den paarbezogenen Geschlechterverhältnissen zu befördern. Da der Fokus der Arbeit aber auf einer empirischen Momentaufnahme mit intersubjektiver Perspektive lag, ist dies ein Aspekt, an dem andere empirische Arbeiten noch produktiv anschließen könnten.

Das Buch legt auf einer fundierten empirischen Basis einen aktuellen Befund dazu vor, welche Anerkennungsverhältnisse in Paarbeziehungen die Elternzeitnahme von Vätern beeinflussen können. Hierbei werden die analytisch herauskristallisierten fallbezogenen Muster nachvollziehbar kondensiert. Allerdings kommen sozialstrukturelle und intersektionale Wirkmächtigkeiten in der Reflexion der Ergebnisse zu kurz. Auch die Wechselwirkungen zwischen Arbeitsplatz- und betriebsbezogenen Hemmnissen und Fördernissen in Verbindung mit den paarbezogenen Entscheidungen hätten etwas mehr beleuchtet werden können.

Fazit

Insgesamt ist die Studie eine hilfreiche Darstellung wo die Geschlechtergerechtigkeit bei der Elternzeitnahme derzeit steht und wo noch Persistenzen von Ungleichheit bestehen, die von politischen Akteur*innen gesellschaftlich angegangen werden müssen.

Rezension von
Dr. Kristin Ideler
promovierte Genderforscherin der Soziologie und Geschäftsführerin Wildwasser Wiesbaden e. V.
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Es gibt 2 Rezensionen von Kristin Ideler.

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Zitiervorschlag
Kristin Ideler. Rezension vom 08.02.2024 zu: Stefanie Aunkofer: Väter in Elternzeit. (Nicht-) Anerkennung von Familien- und Erwerbsarbeit bei Paaren. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2022. ISBN 978-3-7799-7154-2. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/30310.php, Datum des Zugriffs 13.09.2024.


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