Suche nach Titel, AutorIn, RezensentIn, Verlag, ISBN/EAN, Schlagwort
socialnet Logo

Manfred von Bebenburg: Eigenaufträge

Rezensiert von Prof. Dr. Andrea Warnke, 24.03.2023

Cover Manfred von Bebenburg: Eigenaufträge ISBN 978-3-525-40804-9

Manfred von Bebenburg: Eigenaufträge. Eine systemische Navigationshilfe: Erwartungen an sich selbst entschlüsseln und verändern. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2023. 160 Seiten. ISBN 978-3-525-40804-9. D: 23,00 EUR, A: 24,00 EUR.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.
Inhaltsverzeichnis bei der DNB.

Kaufen beim socialnet Buchversand

Thema

Das Buch ist ein praxisorientiertes Hilfsmittel für Personen, die im psychosozialen Bereich tätig sind und sich ihren „Eigenaufträgen“ – jenen Aufträgen, die man sich selbst gibt – beschäftigen möchten. Wer die Erwartungen bzw. Aufträge an sich selbst (besser) kennt, kann adäquater agieren respektive diese verändern und sich damit entlasten.

Autor

Manfred von Bebenburg ist Diplom-Soziologe, systemischer Familien- und Lehrtherapeut (DGSF) und Leiter des Instituts BASiS. Er ist Supervisor in den Bereichen Sozialpsychiatrie, Jugendhilfe und soziale Dienste.

Aufbau

Das rund 160-seitige Buch gliedert sich nach der Einleitung in sieben Kapitel (Eigenaufträge genannt) und schließt mit einem Anhang, der Arbeits- und Zusatzmaterialien umfasst. Die sieben Erkundungsreisen werden stets mit Fallbeispielen dargestellt.

Einführung

  1. Erste Erkundungsreise: Eigenaufträge – worum es sich handelt
  2. Zweite Erkundungsreise: Ein Blick hinter die Kulissen
  3. Dritte Erkundungsreise: Die Entschlüsselung von Eigenaufträgen
  4. Vierte Erkundungsreise: Wie Fremdaufträge zu Eigenaufträgen werden
  5. Fünfte Erkundungsreise: Wie Eigenaufträge identifiziert und verändert werden können
  6. Sechste Erkundungsreise: Interviews und Selbstbefragung – Eigenaufträgen auf der Spur
  7. Siebte Erkundungsreise: Eigenaufträge und Lebenskunst
  8. Zum Schluss: Eigenaufträge und Humor
  9. Dank
  10. Anhang: Arbeits- und Zusatzmaterialien

Literatur

Inhalt

Die Einführung widmet sich dem Begriff „Eigenauftrag“. Der Autor führt aus, dass diese Begrifflichkeit in der Fachdiskussion kaum existent ist und mit „Selbstauftrag“ vergleichbar ist – Aufträge, die man sich selbst gibt. Er selbst ist im Rahmen eines Seminars über das Wort „gestolpert“; ihn hat der Eigenauftrag fortan nicht mehr losgelassen. Gedacht ist das Buch als praxisorientiertes Hilfsmittel für Personen, die im psychosozialen Bereich tätig sind. Manfred von Bebenburg führt aus: „Die Analyse von Eigenaufträgen ist neben ihrem Nutzen für die therapeutische oder beratende Tätigkeit auch eine attraktive Methode in Fallsupervisionen. (…) Wenn einen etwas nervt oder hilflos macht, liegt das meistens an Eigenaufträgen.“ (S. 10 f.) Warum sind die Hauptkapitel mit „Erkundungsreise“ überschrieben? Dazu schreibt von Bebenburg: „Das ist eine Metapher: Sinngemäß lade ich zu Reisen ein, die allerdings nicht an ferne Orte führen, sondern in unsere inneren Landschaften, mit dem Ziel, sich selbst auf diese Weise noch genauer kennenzulernen. Am Beginn der Erkundungsreisen stehen als kurze Zusammenfassungen die Reiserouten. Sie dienen der Hilfe zur Selbsthilfe, die nicht nur unsere Klient*innen brauchen: Es geht uns als Fachkräfte im psychosozialen und pädagogischen Bereich auch um unser eigenes seelisches Wohl (…). Der achtsame Umgang mit Eigenaufträgen kann somit einen Beitrag zur eigenen Gesundheit leisten (…). Die Erkundungsreisen sollen also unsere professionelle Arbeit zum Wohle aller Klient*innen bzw. beteiligten Personen verbessern.“ (S. 13)

Das erste Kapitel – und damit die erste Erkundungsreise bzw. Reiseroute – stellt ein Modell der Entstehung von Eigenaufträgen vor und zeigt erste Möglichkeiten des Umgangs auf.

Der Eigenauftrag steht im Zusammenhang mit der Auftragsklärung als zentrale Methode der systemischen Arbeit. Ziel von Eigenaufträgen ist es, so zu handeln, dass unser Tun einen Sinn ergibt. Dieses eigentlich sinnhafte respektive positive Ziel birgt aber die Gefahr, dadurch in Stress und möglicherweise sogar in eine Überlastung zu geraten. Eigenaufträge sind also Wechselwirkungen innerer Systemprozesse und äußerer sozialer Systeme, so der Autor. Von Bebenburg führt dies anhand eines Beispiels aus der sozialpädagogischen Familienhilfe aus und zeigt dabei, dass sich die Eigenaufträge von „Klaus“ im Fallbeispiel widersprechen. Nicht nur der Widerspruch, sondern auch die Anzahl der Eigenaufträge in der beschriebenen beruflichen Fallsituation führen zu Stress, Überforderung und Hilflosigkeit. Das berufliche Auftragskarussell und die daraus resultierenden Eigenaufträge werden mit Abbildungen dargestellt.

Der Autor konstatiert: „Die Eigenaufträge zu untersuchen und eventuell zu verändern, ist vor allem dann sinnvoll, wenn negative Empfindungen und Belastungen in einer Arbeitssituation entstehen (…)“ (S. 25).

Das zweite Kapitel thematisiert, aus welchen Komponenten Eigenaufträge bestehen und welche Auswirkungen sie haben. Die Entstehung eines Eigenauftragssystems und etwaige Auswirkungen werden in einer Abbildung systematisch dargestellt. Ein Eigenauftrag, so von Bebenburg, umfasst einen Soll-Ist-Vergleich (eigene Werte und Normen) sowie Glaubenssätze. Weiterhin werden ausgeführt, das Konzept der inneren/​psychologischen Antreiber (z.B. Mach's allen recht! Beeil dich, mach schnell!), Modelle zur Beschreibung menschlicher Bedürfnisse sowie das Thema „Ängste und Sorgen“. Das Kapitel schließt mit der Beziehung von Eigenaufträgen und Identität, Lebensentwurf und Lebenssinn sowie den Wechselwirkungen in Eigenauftragssystemen.

Das dritte Kapitel zielt auf die Entschlüsselung von Eigenaufträgen ab. Hier wird der Fokus auf die Sprache gelegt, d.h. dem „Er-Hören“ und dem Erkennen sprachlicher Muster. Im Kontext der Analyse sollen Eigenaufträge notiert, also verschriftlicht werden, „um den jeweiligen inneren Prozessen auf die Spur zu kommen“ (S. 51). Anhand von Tabellen werden zu den in Kapitel 2 aufgeführten Bereichen (z.B. Glaubenssätze, psychologische Antreiber) entsprechende Hinweise gegeben.

Kapitel 4 beschreibt, wie Fremdaufträge zu Eigenaufträgen werden. Von Bebenburg schreibt dazu: „Aufträge von außen werden zu Eigenaufträgen, weil sie einem im Kontext der Arbeit sinnvoll erscheinen und deshalb angenommen werden. Oder es gibt keine Alternative, als sie anzunehmen, weil eine Abhängigkeit vom Auftraggeber besteht.“ (S. 61) Dargestellt werden sodann Auftragsneuverhandlungen (Mit wem müsste ich neu verhandeln, um nicht von vornherein eine Abfuhr zu bekommen? Bei wem hätte ich die besten Erfolgsaussichten?)

In der Erkundungsreise des Kapitels 5 werden Überlegungen zur sprachlichen Form erneut aufgegriffen. Dargestellt wird u.a., was eine sprachliche Veränderung von Eigenaufträgen bewirkt.

Kapitel 6 geht folgenden Fragen nach: „Wann sollen wir überhaupt auf die Reise gehen? Wie lange dauert sie? Durch welches Dickicht müssen wir uns schlagen? Warum lohnt sich das, obwohl es beschwerlich ist? Worin mündet die Reise?“ (S. 95)

Die abschließende Erkundungsreise, das Kapitel 7, führt die vorherigen Reisen zusammen und fokussiert „die Verbindung von Eigenaufträgen mit der Frage nach der eigenen Identität, dem Lebensentwurf und entsprechenden Sinngebungen (…).“ (S. 121)

Arbeits- und Zusatzmaterial (Kapitel 10) finden sich am Ende des Buches.

Diskussion

Das Buch wird seiner Zielsetzung, durch Erkundungsreisen die Eigenaufträge mittels Übungen und Fallbeispielen darzustellen, gerecht. Das Buch ist sowohl systematisch – durcharbeiten der Kapitel in der Reihenfolge – als auch „quer Beet“ – Nutzung einzelner Kapitel – einzusetzen. Für professionell Tätige sozialer Berufe ein geeignetes und gut verständliches Werk, um sich selbst und das eigene Handeln zu betrachten, zu hinterfragen und ggf. zu ändern. 

Fazit

Das Taschenbuch ist eine hervorragende Grundlage und Unterstützung für die Praxis. Der Autor schafft es, das Thema gut verständlich, praxisnah und mit einem Augenzwinkern darzustellen. Die Übungen und Praxisbeispiele sind sehr anschaulich.

Rezension von
Prof. Dr. Andrea Warnke
Professorin für Soziale Arbeit, IU Duales Studium, Campus Bremen
Mailformular

Es gibt 29 Rezensionen von Andrea Warnke.

Besprochenes Werk kaufen
Sie fördern den Rezensionsdienst, wenn Sie diesen Titel – in Deutschland versandkostenfrei – über den socialnet Buchversand bestellen.


Zitiervorschlag
Andrea Warnke. Rezension vom 24.03.2023 zu: Manfred von Bebenburg: Eigenaufträge. Eine systemische Navigationshilfe: Erwartungen an sich selbst entschlüsseln und verändern. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2023. ISBN 978-3-525-40804-9. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/30342.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.


Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt. Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns. Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.


socialnet Rezensionen durch Spenden unterstützen
Sie finden diese und andere Rezensionen für Ihre Arbeit hilfreich? Dann helfen Sie uns bitte mit einer Spende, die socialnet Rezensionen weiter auszubauen: Spenden Sie steuerlich absetzbar an unseren Partner Förderverein Fachinformation Sozialwesen e.V. mit dem Stichwort Rezensionen!

Zur Rezensionsübersicht