Fritz B. Simon: Anleitung zum Populismus oder. Ergreifen Sie die Macht!
Rezensiert von Ronny Noak, 23.04.2024

Fritz B. Simon: Anleitung zum Populismus oder. Ergreifen Sie die Macht! Carl-Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2019. 126 Seiten. ISBN 978-3-8497-0297-7. D: 12,00 EUR, A: 12,40 EUR.
Thema
Der Rechtspopulismus ist in vielen Staaten der Erde auf dem Vormarsch. Sei es in den USA, Ungarn, Frankreich oder in Deutschland. Fritz B. Simon hat eine Monografie vorgelegt, welche die Strategien und Mechanismen des Populismus offenlegt und dabei – durchaus augenzwinkernd – zeigt, welche kommunikativen Techniken dem Populismus Auftrieb beschert.
Autor:in
Der Autor der Monografie ist Universitätsprofessor für Führung und Organisation, Psychiater, Psychoanalytiker systemischer Organisationsberater und bereits Autor von mehr als 300 Fachartikeln und 30 Büchern. Er verfügt damit über umfassende Kenntnisse von Kommunikationsmechanismen und -strategien und projiziert sein Wissen nun auf die Erfolgsstrategien des Populismus.
Aufbau
Das Buch ist in 18 kurze Kapitel gegliedert, welche sich jeweils einer Strategie des Populismus widmen. Dabei werden die Überschriften jeweils im Imperativ formuliert, sodass sie den*die Leser*in direkt adressieren. Als Beispiel seien hier Kapitel 7 „Konstruieren Sie sich einen Feind!“ und Kapitel 14 „Formieren Sie eine effektive Kampfgruppe“ genannt. Damit wird dem Lesenden auf eindrucksvolle wie teils aggressive Weise der anstehende Inhalt prägnant vermittelt.
Inhalt
Der Autor Fritz B. Simon verzichtet für sein Buch auf eine Einleitung. Ohne Umschweife geht es direkt in die Materie. So zeigt er aber im ersten Kapitel wozu dieses Buch dienen soll. Nichts weniger als eine Anleitung „dass Sie den Laden übernehmen“ (S. 7) wird hierbei versprochen. Mit wenig prägnanten Worten will der Autor also eine Gebrauchsanleitung geben, mit welchen Mitteln und Methoden des Populismus es möglich ist in demokratischen Systemen die Macht zu erlangen und an die Regierung zu kommen. Dabei werden in den folgenden Kapiteln Mittel, Wege, Ideologien, Strategien und Erfolgsbedingungen für populistische Bestrebungen deutlich gemacht. So zeigt er unter anderem Kommunikationsmittel und -wege, die Unterteilung in Volk und Nation und deren Gegner, die absichtliche Aggressivität, die Bedeutung von Fake News und deren Einfluss im Diskurs. Letzteres wird trefflich beschrieben, mit den Worten „Sich Methoden der Objektivierung von Wahrheitsfindung zu unterwerfen, ist eine Begrenzung der Macht (…)“ (S. 39). Der Bedeutung von Emotionen, wobei es hier vor allem darum geht den „Mob“ (ausführlicheres hierzu ab S. 79) aufzustacheln und in Bewegung zu versetzen, wird ebenfalls Raum gegeben. Und schließlich nicht zu vergessen, geht es dem Autor auch um Personen und einen Kult darum. Populistische Bestrebungen sehnen sich nach einem Führer (seltener einer Führerin), der oder die vorangeht und die Masse scheinbar hinter sich versammelt. Mit den entsprechend geschulten und ausgebildeten Kadern ist es dann schließlich nur noch ein kleiner Schritt zur Machtergreifung. Befolgen Sie Simons Weg und die Macht ist zum Greifen nah!
Diskussion
Selten war der Weg an die Schalthebel der Macht und Entscheidung so einfach. Social Media, ein erbostes Volk und die Verunglimpfung politischer Gegner*innen sei Dank. Wie simpel und doch erfolgversprechend der Weg der Populist*innen ist, wird im besprochenen Band einmal mehr deutlich. Schonungslos legt der Autor die rassistischen und völkischen Strategien des rechten Populismus offen. So formuliert er „Wer nicht zum Volk gehört, ist gar kein Mensch“ (S. 34). Demzufolge muss er auch nicht human behandelt und kann als Feind deklariert werden. Das mag an Carl Schmitt erinnern, der die Unterscheidung zwischen Freund und Feind vornahm und der auch heute – zumindest für die extreme Rechte in Deutschland – als Nestor gilt. Das mag der einzige offensichtliche Kritikpunkt an Simons Ausführungen sein: linker Populismus lässt sich mit den dargestellten Parametern nicht ganz so treffsicher erklären. Umso besser passt die Anleitung aber zur Erklärung des europäischen und amerikanischen rechten Populismus, der dem Autor offenbar vor Augen stand. Und deutlich wird die Aktualität der Ausführungen von Simon, wenn er im Kapitel „Suggestion“ schreibt „Ganz anders ist die Situation, wenn Ihre Botschaften implizit sind und durch die sprachlichen Bilder, die sie verwenden, als Schmuggelgut transportiert werden.“ (S. 67). Wem käme da nicht die Debatte im deutschen Rechtspopulismus um den Begriff der Remigration in den Sinn, der nicht anderes als Deportation bedeutet und trotzdem verpackt daherkommt. So muss deutlich gesagt werden, dass Simon es auf sympathische Weise versucht, genau diese Strategien aufzudecken und ganz nebenbei ein Lächeln beim Lesenden zu erzeugen. Etwas, das bei dieser tragischen Thematik sicher nur Einzelnen gelingt.
Fazit
Wer nach einem – mit Augenzwinkern zu lesendem – Rezept sucht, wie Populist*innen an die Macht kommen, dem ist der schmale Band von Fritz B. Simon vorbehaltlos zu empfehlen. In kurzen Kapiteln werden die Zutaten illustriert und schonungslos offengelegt, welch simple neuzeitliche Methoden Populist*innen (meist jedoch Männer) gebrauchen, um an die Macht zu kommen. Aber auch Demokrat*innen kann dieser Band Mut machen, auch wenn der Autor die Gegenstrategien nicht so deutlich offenlegt, ist es doch nur ein kleiner Gedankensprung, um effektive Methoden gegen diese antidemokratische Strömung herauszustellen.
Rezension von
Ronny Noak
Doktorand am Lehrstuhl für politische Theorie und Ideengeschichte der Friedrich-Schiller-Universität Jena
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