Anna Dammermann, Marco Sander: Gewaltprävention in der Altenpflege
Rezensiert von Monika Jansen, 11.03.2024

Anna Dammermann, Marco Sander: Gewaltprävention in der Altenpflege. Interventionen und Konzepte. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2023. 120 Seiten. ISBN 978-3-17-042421-0. 20,00 EUR.
Thema
Gewalt in der Pflege ist ein weitverbreiteter, aber hinter vorgehaltener Hand bekanntes Phänomen. Aufgrund der begrenzten und immer enger werdenden Ressourcen im Pflegebereich scheint dies ein nicht vollends vermeidbares Resultat pflegerischer Beziehungen zu sein. Umso mehr gehört dieses Thema an die Öffentlichkeit. Je transparenter und ungeschönter damit umgegangen wird, desto eher kann die derzeit stattfindende Tabuisierung durchbrochen werden. Nur die Veränderung der Rahmenbedingungen und Strukturen in der Pflege können dazu führen Gewalt nicht mehr als systemimmanente zu betrachten oder schlimmer noch hinzunehmen.
Autorin und Autor
Anna Dammermann ist Gesundheits- und Krankenpflegerin mit Abschluss als M.A. Erziehungswissenschaft und als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dozentin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein am Institut für Sozialmedizin tätig.
Marco Sander ist examinierter Altenpfleger mit Abschluss als Master of Arts im Studiengang Pflegewissenschaft und als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Palliativnetz Travebogen in Lübeck tätig.
Entstehungshintergrund
Im Jahr 2018 wurde an der Universität Lübeck in Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse ein Projekt zur Gewaltprävention mit der Bezeichnung „Partizipative Entwicklung und Evaluation eines multimodalen Konzeptes zur Prävention von Gewalt in der stationären Altenpflege“, kurz PEKo genannt, gestartet und wurde erfolgreich in der Praxis umgesetzt. Die Ergebnisse dieses mehrjährigen Projektes zur Gewaltprävention wurden von den beiden Autoren zum Inhalt und zur Basis des vorliegenden Buches gemacht. Anna Dammermann und Marco Sander haben es sich zum Ziel gesetzt, die im Projekt identifizierten Themen und deren Bearbeitungsmöglichkeiten an interessierte Leserinnen und Leser näher zu bringen.
Aufbau und Inhalt
Das vorliegende Werk von Anna Dammermann und Marco Sander gliedert sich insgesamt in neun Kapiteln.
Im 1. Kapitel geht es zunächst um den Aufbau und die Struktur des vorliegenden Handbuches und dessen Beitrag für eine praxisorientierte Umsetzung.
Das 2. Kapitel widmet sich in der Einführung um die Themen Gewalt, Gewalt in der Pflege und der Prävention von Gewalt.
Im 3. Kapitel wird das Projekt PEKo vorgestellt mit seiner Durchführung und der Identifikation von förderlichen und hinderlichen Faktoren bei der Umsetzung von Gewaltprävention.
Das 4. Kapitel beschäftigt sich mit der Überprüfung der Maßnahmen zur Gewaltprävention und den Veränderungsmöglichkeiten im Forschungs- und damit auch im Arbeitsfeld.
Mit dem 5. Kapitel bieten die Autoren den Leserinnen und Leser eine konkrete Hilfestellung für das stufenweise Vorgehen zur Umsetzung in die eigene Praxis und den eigenen Pflegealltag. Die Hilfestellungen reichen von einfachen Informationen, Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit über die Verstetigung der eingeführten Maßnahmen bis hin zur systematischen Erfassung von Gewaltsituationen, in all ihren Stadien. Das alles läuft dann in einen praxisnahmen Leitfaden für die Entwicklung eines Gewaltpräventionskonzeptes über.
Im 6. Kapitel werden Arbeitshilfe in unterschiedlichen Variationen und zu unterschiedlichen Themen vorgestellt, z.B. zur Sensibilisierung, Teamzusammenhalt, Handlungssicherheit, Nachhaltigkeit und Qualitätssicherung. Zu allen Arbeitshilfen finden sich dort auch konkrete Beispiele aus und für die Praxis.
Das 7. Kapitel führt zu einem Gesamtfazit des Projektes und seiner Umsetzbarkeit in die pflegerische Praxis. Die Autor_innen sind sich einig und sicher, das eine Adaption auch auf andere pflegerische Bereiche erfolgen kann und sinnvoll sein werden.
Mit dem 8. Kapitel schließt sich eine kurze Übersicht über die Struktur des Projektes und einer Aufwandseinschätzung für die Umsetzung in der Praxis an.
In den Kapiteln 2 bis 5 finden sich Lernkontrollfragen, die im 9. Kapitel aufgelöst werden. Durch weitere Hinweise zu weiterführenden Dokumenten, Literatur und Links für die Arbeit vor Ort und in der eigenen pflegerischen Praxis wird das Thema abgerundet.
Diskussion
Erst durch genügend Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, vor allem aber die Kenntnis über Möglichkeiten Gewalt im Vorfeld zu erkennen und zu durchbrechen kann dieses Thema sinnvoll bearbeitet und alle Beteiligten und Betroffenen sensibilisiert und dadurch entlastet und geschützt werden. Gewaltprävention kann nur so gut sein wie die Transparenz und die Sensibilität bei allen Beteiligten für das Thema Gewalt in einer Pflegeeinrichtung herrscht. Dabei geht es nicht um die Verurteilung der Täter und die Identifizierung und den wirksamen Schutz der Opfer, sondern vor allem geht es darum, was im Vorfeld von Gewalt erkannt, gesehen und aktiv verändert werden kann.
Fazit
Das vorliegende Buch kann dazu verhelfen durch neue Informationen, Impulse, Ideen und konkreten Lösungsansätze eine gewaltminimierte und bestenfalls gewaltbefreite Praxis zu gestalten. Die Grundlage für die Sensibilisierung und die Beschäftigung mit dem Thema Gewalt in der Pflege wird damit auf jeden Fall gelegt.
Rezension von
Monika Jansen
Erziehungswissenschaftlerin (M.A.) und Master of Organizational Management (MoM), ist tätig als Referentin für ambulante Dienste, Bereich Wirtschaft und Statistik eines großen Wohlfahrtsverbandes. Langjährige Berufserfahrung in Führungspositionen der unterschiedlichen Arbeitsfelder der Altenhilfe. Herausgeberin der beiden Werke „Pflege & Management“ und Pflegehandbuch des DUZ-Verlages.
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