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Wulf Hopf: Bildung, bürgerlicher Staat und soziale Ungleichheit

Rezensiert von Erik Weckel, 08.02.2024

Cover Wulf Hopf: Bildung, bürgerlicher Staat und soziale Ungleichheit ISBN 978-3-7799-7062-0

Wulf Hopf: Bildung, bürgerlicher Staat und soziale Ungleichheit. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2023. 200 Seiten. ISBN 978-3-7799-7062-0. D: 30,00 EUR, A: 30,90 EUR.

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Thema

Mit dem Titel „Bildung, bürgerlicher Staat und soziale Ungleichheit“ setzt Wulf Hopf drei große gesellschaftliche Felder in Beziehung. Hopf fokussiert den staatlichen Anteil am Fortbestand sozialer Ungleichheit mit der ihn seit über zwanzig Jahren beschäftigenden Frage: „Wie kann man sich den Eigenanteil der staatlichen Bildung an der Erzeugung herkunftsbedingter Bildungsungleichheit vorstellen?“.

Autor

Wulf Hopf, Emeritus, lehrte Bildungssoziologie an der Universität Göttingen. Seine Themen sind soziale Ungleichheiten, Bildung und politische Sozialisation. Er veröffentlichte viele Bücher, Aufsätze und Rezensionen. Hopf kann auf eine über 50-jährige Publikationsgeschichte verweisen.

Benjamin Edelstein und Martin Kronauer sind Koautoren dreier Artikel und langjährige Diskussionspartner. Edelstein ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und Kronauer emeritierter Soziologe, der zuletzt einen Lehrstuhl an der Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin, prägte.

Aufbau

Die Aufsatzsammlung (7) mit aktueller Rahmung, umfasst 15 Kapitel, die Literatur und einen Nachweis über die bereits zuvor veröffentlichten Artikel dieser Zusammenstellung in Zeitschriften, Sammelbänden und online-Publikationen. Der Einleitung folgen zwei Blöcke mit je sieben Artikeln: I. das Ist der sozialen Beschränkungen der Bildung und II. das Soll der Aufhebung der Beschränkung. Die Einleitung, das Schlusskapitel des ersten Blocks (Ist) und das Schlusskapitel des 2. Blocks (Soll) sind Erstveröffentlichungen und klammern die wiedervorgelegten Artikel, deren ältester aus dem Jahre 2000 datiert. Zwei Artikel sind bereits im Netz auffindbar, im Rahmen einer Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB), im Dossier Bildung. Den zweiten Block einleitend finden sich die beiden geringfügig gekürzten, mit Benjamin Edelstein verfassten Artikel, die im Dossier der BpB online publiziert sind. Sie blicken auf „Chancengleichheit zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ (Kapitel 9) und „Strategien für mehr Chancengleichheit. Ein Blick in die Geschichte“ (Kapitel 10). Der vorletzte Artikel (14) fragt nach „Welche Inklusion?“, in Koautorenschaft mit Martin Kronauer. Die Einleitung, die einen guten Überblick über den Aufbau des Sammelbandes gibt, und die Abschlussartikel der beiden Blöcke (Artikel 8 und 15) rahmen die Sammlung aktuell und ziehen den roten Faden über die langjährigen Diskussionen des Autors.

Inhalt

Die Einleitung, mit ihrem Titel „Institutionssoziologische Analysen der Bildungsungleichheit“ verweist bereits auf eine meso-soziologische Ebene. Sie erfasst die Fragestellung, den theoretischen Rahmen des Bandes und zieht den roten Faden zwischen den einzelnen Aufsätzen der Sammlung. So bedeutsam Hopf die Zusammenhänge dieser Trinität von Bildung – bürgerlichem Staat und sozialer Ungleichheit hält, so konzentriert er sich hier auf den Teilaspekt der Frage nach dem Anteil der staatlichen Bildung an der Erzeugung herkunftsbedingter Bildungsungleichheiten (7). Hopf sieht dies als praktische, pädagogische und politische Frage. Der Autor nimmt drei theoretische Konzepte ins Visier: das Laufbahnmodell Boudons, das Konzept der institutionellen Diskriminierung von Gomolla und Radtke und schließlich, mit größerer Zustimmung, die „Illusionen“ nach Bourdieu/​Passeron.

Bezüglich der Institutionalisierung zeigen sich drei Grundprinzipien, die die in den PISA-Studien belegten sozialen Ungleichheiten stabilisieren: Die Freiheit der Wahl von Ausbildungsgängen, das Gleichheits- und das Leistungsprinzip. Veränderungen zugunsten unterer Schichten werden blockiert und die Wirkungen dieser Prinzipien verborgen (12 f.).

Die Aufsätze schließen an den 2010 erschienen Band „Freiheit – Leistung – Ungleichheit. Bildung und soziale Herkunft in Deutschland“ des Autors an, der die drei Grundprinzipien bereits aufnahm.

Das Kapitel 2 „Selektion im Bildungssystem“ (Erstveröffentlichung 2012) unterscheidet zwischen pädagogischer und sozialer Selektion. Pädagogische Selektionen verdichten sich in sogenannten Zensuren, die Basis zu Wahlen und Verbleib im ungleichen Bildungssystem entscheiden. Nicht-Erfüllungen von Erwartungen können zu sogenannter Risikoschülerschaft führen oder zu Schulabbrüchen. Soziale Selektionen nach Schicht, Geschlecht, Nationalität oder Behinderung sind erst ex post feststellbar, Ausübung von Herrschaft und Ausdruck einer Entscheidung des „dazugehörens“ – „nicht-dazugehörens“ (23). Die Selektionen führen zu Korrekturversuchen, die bis heute unbefriedigend sind.

Das dritte Kapitel bearbeitet die „Bildungsexpansion und der Wandel des 'Regimes' sozialer Selektion“ (2014) seit den 1960er Jahren. Hopf erschließt das Bild einer „verteilten Selektion“, die nach der Primarstufe weitere Chancen der Bewährung und damit Platz bieten für geringe Verbesserungen (16). Dennoch bleiben die sozialen Selektionen zugunsten der Herkunft erhalten und weitere Hürden sind eingebaut, wie die Differenzierung in Bachelor- und verknappte Masterstudiengänge, die die zuvor allgemeinen Studienabschlüsse (Magister, Diplom, Ingenieur) hierarchisch mit neuen Übergangsbarrieren unterscheiden oder auch die Hochschulen insgesamt über die sogenannten „Exzellenz“-Initiativen abscheiden (39). Dass diese sozialen Selektionen nicht unmittelbar sichtbar sind, sogar explizit verborgen bleiben, ist kein Zufall, ungerecht und änderbar (37 f.)! Insgesamt zeigen sich Desintegrationsprozesse auch mit den gewonnen Flexibilisierungen, die zu politischem Handeln zwingen (59).

Das 4. Kapitel nimmt „Bildung, Ungleichheit und Sozialisation“ (2015) auf. Hopf beschreibt verschiedene gesellschaftliche Mechanismen, die zu herkunftsbedingten Ungleichheiten führen. Anschließend prüft der Autor unterschiedliche Erklärungsansätze der Sozialisationsforschung auf ihre Analysekraft (60). Hier zeigt sich, dass die aufgegriffenen Theorien stärken in der Erklärung primärer Herkunftseffekte aufweisen. Die Funktion von Bildungswahlen und Schulzuweisungen im System werden erst in großen quantitativen Untersuchungen sichtbar (77).

„Erziehungsstile unterschiedlicher Klassen, Schichten und Milieus“ (Kapitel 5, 2015) beleuchtet Hopf. Dabei beschreibt er Erziehung als Weg zur Lösung von Konflikten zwischen Eltern und ihren Kindern (80). Hopf betont die „Tatsache schichtbedingter Unterschiede des Bildungserfolgs“ (78). Diese prüft er anhand verschiedener Studien zu Erziehungsstilen in Abhängigkeit zu Klassen-, Schicht- oder Milieumodellen und umgekehrt. Die Diskussionen werden komplexer, Klarheiten bringen sie nicht wirklich.

Das 6. Kapitel, „Bürgerlicher Staat und soziale Selektion im Bildungssystem“ (2021), versteht Hopf als „kompakteste Darstellung seines eigenen institutionssoziologischen Ansatzes zur Rolle des Staates bei der sozialen Selektion“ (16). Die Konfrontation der drei Handlungsprinzipien (Gleichheit, Wahlfreiheit und Leistung) mit empirischen Erkenntnissen und ihren Folgen kulminieren in der Wahrnehmung, dass „durch eine bestimmte Art der (Hervorhebung im Original, E.W.) Institutionalisierung dieser Prinzipien die soziale Ungleichheit der Bildung“ (16) miterzeugt wird. Die Chancengleichheit im Bildungssystem ist nicht erreicht, was Hopf als unfair gegenüber den Kindern unterer sozialer Schichten bewertet (95).

Einen Text noch mal oder wiederholt zu lesen erinnert nicht nur, es erschließt auch bisher weniger wahrgenommenes. Im 7. Kapitel unterzieht Hopf Bourdieu/​Passerons Illusion der Chancengleichheit einer Relektüre. Mit „dieses Meisterstück an sozialer Mechanik“ (Bourdieu/​Passeron, 2022) verbindet der Autor einen Beitrag der Bildungsinstitution zur sozialen Selektion. Hier sind Begriffe wie „kulturelles Kapital“ bedeutsam, „Habitus“, „Transformation“ oder „Reproduktion“ von sozialer Ungleichheit durch und mit der Bildungsinstitution. Die „innere Logik“ des Systems ist hier zentral (126). In dialektischer Weise arbeiten Bourdieu/​Passeron von der Ebene der Interaktion, über die Ebene der Organisation bis zur Systemebene. Exemplarisch steht das Examenssystem im Mittelpunkt, dass heute stärker ausdifferenziert ist als je zuvor.

Das 8. Kapitel ist eines der extra für diesen Band verfassten und den ersten Teil abschließende: Mit „Funktionale Differenzierung, soziale Ungleichheit und Bildung“ nimmt Hopf den „Beitrag der Systemtheorie“ in den Fokus, besonders mit Luhmann und Schorrs Gedanken zur pädagogischen und gesellschaftlichen Selektion (Strukturachsen). Diese konfrontiert der Autor mit Thomas Schwinns, der die beiden Strukturachsen zu verbinden sucht. Hopf sieht diese nicht hinreichend vermittelt (162).

Der zweite Teil beschäftigt sich mit dem Soll der Aufhebung der Beschränkung. Er diskutiert normative Konzepte der Chancengleichheit und -gerechtigkeit und nimmt politische und sozialphilosophische Ideen auf.

Die Kapitel neun und zehn sind mit Benjamin Edelmann gemeinsam verfasst und nehmen „Chancengleichheit zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ (Kapitel 9) und „Strategien für mehr Chancengleichheit. Ein Blick in die Geschichte“ auf, die bereits im Dossier Bildung der Bundeszentrale für politische Bildung 2018 erschienen.

Einig sei man sich, dass alle Kinder und Jugendlichen die gleichen Bildungschancen haben sollten, so Hopf und Edelmann. Einführend beschreiben beide, was unter Chancengleichheit zu verstehen sei. Was heißt sie in Bildung und Beruf, wie steht es um sie in Deutschland, was bedeuten Verteilungs- und Teilhabegerechtigkeit, wie geht das deutsche Schulsystem damit um und sie gewähren einen kurzen Ausblick.

Im 10. Kapitel zeigen die Hopf und Edelmann wie sich die Strategien zu mehr Chancengleichheit über die Jahre veränderten. Von der „Nicht-Diskriminierung sozialer Gruppen“, zur „Sicherung gleicher Bildungsangebote“, als „Ausgleich sozio-kultureller Benachteiligung“ zur „gezielten Förderung besonders Benachteiligter“.

Gedachte Chancengleichheit wurde mit ihrem Denken kritisiert. In den letzten 15 Jahren wurden ihr Konzepte der Chancengerechtigkeit, der Teilhabe- oder Anerkennungsgerechtigkeit ergänzend oder ersetzend gegenübergestellt. Die Kapitel 11 bis 15 betrachten entsprechende Konzepte.

Kapitel 11 skizziert „Chancengleichheit und Individualisierung. Zur Revision eines bildungspolitischen Ziels“. Es ist der älteste Aufsatz dieser Sammlung, aus dem Jahre 2000. Hopf stieg hier mit der bekannten Karikatur von Hans Traxler (1975) ein – unterschiedliche Tiere, vom Fisch über den Affen zum Elefanten, bekommen alle dieselbe Aufgabe: Klettere bitte auf einen Baum – und verdeutlichte die Kritik, dass es nicht zur Chancengleichheit beiträgt, wenn unterschiedliche Fähigkeiten mit gleichen Fragestellungen geprüft werden. Ebenso auch der „Hürdenlauf“, wie ihn Andreas Fliedner (1985) beschreibt (179). Der Begriff der Chancengleichheit wird entfaltet, Möglichkeiten seiner Messung aufgezeigt. Chancengleichheit wird im Vergleich zur -gerechtigkeit wahrgenommen. Hopf unterstreicht die weitere Bedeutung der Chancengleichheit.

Kapitel 12, „Bildung, chancengleiche Konkurrenz und gleiche gesellschaftliche Teilhabe“ (2011), geht den Widersprüchlichkeiten zwischen angeblicher Leistungsgerechtigkeit und Teilhabegerechtigkeit nach und ihrer Institutionalisierung im deutschen Bildungssystem. Der Autor verdeutlicht wiederholt das Chancengleichheit möglich ist. Hier schließt er mit fünf Aufgaben, die zu tun wären.

Das Kapitel 13, „von der Gleichheit der Bildungschancen zur Bildungsgerechtigkeit für alle. Ein Abschied auf Raten vom Gleichheitsideal?“ (2016) nimmt weitere Diskussionen um Bildungs- und Teilhabegerechtigkeit auf, wie beispielsweise nach Amartya Sen, und der Anerkennungsgerechtigkeit nach Axel Honneth. Vorschläge, dass diese Begriffe den der Chancengleichheit aktualisieren, weist Hopf eindeutig zurück.

Gemeinsam mit Martin Kronauer fragt Wulf Hopf im Kapitel 14 nach „welche Inklusion?“ (2016). Die Grundlage hierfür ist die Behindertenrechtskonvention (2008), wobei zu Recht, Kronauer und Hopf einen weiten oder wie sie schreiben, „starken“ Begriff der Inklusion aufnehmen, der alle Menschen umfasst.

Das abschließende, hier erstmals veröffentlichte 15. Kapitel bearbeitet „Sackgassen in der Suche nach 'Chancengerechtigkeit'. Die 'Chancenspiegel' der Bertelsmann Stiftung“ führt die Kritik an der Abschaffung der Chancengleichheit weiter und unterstreicht das bisherige Plädoyer der Beibehaltung.

Der umfassende Literaturkörper ermöglicht die eigene Vertiefung der vorgestellten Thesen. Abschließend führt Hopf den Nachweis über die Orte der zuvor veröffentlichen Artikel. Das ist sehr hilfreich.

Diskussion

Wulf Hopf zeigt sich als ein langjähriger engagierter Streiter für die bisher unerfüllte Chancengleichheit. Dabei setzt er sich sowohl mit den Grundlagen und Voraussetzungen zur Erlangung auseinander als auch mit den Veränderungen der Diskussionen seit den 1970er Jahren bis heute. Hopf ist ein Verteidiger. Er stellt Vorschläge anderer Begrifflichkeiten vor, wie Chancengerechtigkeit, Teilhabe oder 'chancengleiche Konkurrenz'. Gleichwohl erreichen diese nicht die tiefe der Potenziale der Gleichheit, für die er weiter streitet. Der erste Teil nimmt einen Blick auf gesellschaftliche Beschränkungen, im zweiten Teil orientiert Hopf auf die Potenziale ihrer Überwindung.

Die Differenzierte Darstellung des entwickelten Bildungssystems (vgl. Kapitel 3) dürfte um die Möglichkeiten eines „Studiums ohne Abitur“ ergänzt werden. Eine Bildungsmöglichkeit, die noch sehr viel bekannter werden muss. Die Merkmale der „Scholarisierung“ könnten um die geforderte berufliche Einbindung möglichst vieler Menschen in die Produktionsprozesse ergänzt werden. Vollzeitarbeit erfordert die Betreuung der Kinder in frühkindlichen, vorschulischen und schulischen Einrichtungen im Ganztag (vgl. Kapitel 3, 46 f.). Spannend ist, dass Hopf die politisch geplante Reduktion der Teilnahme (restriktiv) in einem Masterstudiengang im Vergleich zum Bachelor, für nicht aufrechterhaltbar einschätzt. Die kalkulierenden Berechnungen der Planenden in den 1990er Jahren zur (Bildungs-)Reduktion [1] (HRG 1997, 22) mit um ca. 2/3 weniger Masterstudienplätzen im Vergleich zur Vorstufe Bachelor scheinen nicht aufzugehen. Der „Expansionsdruck der Nachfragenden“ würde zu groß werden. Die Zauberlehrlinge wollen offensichtlich das volle Studium inklusive Promotionsberechtigung und -möglichkeit. Das ist im Sinne einer emanzipatorischen Bildung konsequent und berechtigt. Eine wünschenswerte Perspektive, die der Idee einer möglichst langen formalen Bildung, die die lebensentfaltende Bildung ein- und zu ihr hinführt, auch aus gesellschaftspolitisch mündigen Teilhabeperspektiven zur Entwicklung der Demokratie bedeutsam wäre.

„Die Prüfung kombiniert die Techniken der überwachenden Hierarchie mit denjenigen der normierenden Sanktion“ schrieb Foucault in „Überwachen und Strafen“ (1977, 238). Die Prüfung ist ein Mechanismus der Machtausübung (241). Damit sind die Selektionsziele von Prüfungen und Examen sichtbar, die beispielsweise mit den Bologna-Reformen in Bachelor- und Masterstudiengängen inflationär anwuchsen.

Der Stil der Aufsatzsammlung lässt Wiederholungen nicht vermeiden. Diese können als Erinnerungen und Vertiefungen wahrgenommen werden, wie beispielsweise die Bezüge auf die Studien, PISA et al oder Boudons, Gomolla/​Radtkes oder auch Bourdieu/​Passerons.

Nach dem 15. Kapitel scheint der Band abrupt zu enden. Hier hätte ein abrundender Schluss die weiteren Perspektiven zu mehr Chancengleichheit öffnen können.

Wer sich mit den aktuellen PISA-Ergebnissen 2023 auseinandersetzt findet in diesem Band eine grundlegende Reflexion als Basis eigener Analyse.

Wulf Hopf votiert eindeutig für die weitere Öffnung des Bildungssystems mit einer Verlängerung der Grundschulzeit als Einheitsschule und der Einführung einer integrierten Gesamtschule. Diese politische Alternative könnte eine deutliche Reduktion derzeitiger sozialer Selektionen ermöglichen (55).

Fazit

Seine kritische Reflexion von Bildung, Staat und Ungleichheit mit seinem tiefen Plädoyer für die Chancengleichheit ist wohltuend. Er sortiert im Gestrüpp gleichscheinender Begriffe und orientiert in republikanischem und demokratischem Sinne. Die Anthologie ist zur Lektüre empfohlen.


[1] „Außerdem scheint die Annahme realistisch, dass ein erheblicher Teil der Studierenden in Zukunft nach Erlangung eines Bachelorgrades die Hochschule verläßt und dass nur ein Teil der Absolventen die Option, nach einer Phase der Berufstätigkeit einen Master zu erwerben auch tatsächlich einlöst. In angelsächsisch geprägten Ländern verlassen 2/3 der Studierenden die Hochschulen mit einem Bachelor“ (HRG (1997): Deutscher Bundestag: Entwurf eines vierten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes, Gesetzentwurf der Bundesregierung, Drucksache 13/28796, Bonn, 20.10.1997, S. 22, zit. nach Weckel, Erik (1998): „Autonomie“ versus Autonomie. Gesellschaftliche Interessen und Hintergründe derzeitiger bundesdeutscher Hochschul- und Bildungspolitik, in: HerausgeberInnengruppe „Lucky Streik“: Lucky Streik. Ein Kampf um Bildung. Gießener Studierende berichten, Gießen, S. 13-32, hier, S. 26-27)

Rezension von
Erik Weckel
M.A., Politikwissenschaftler, Dozent an verschiedenen Hochschulen, u.a. an der HAWK Hildesheim in der Sozialen Arbeit, Erwachsenenbildner
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Es gibt 14 Rezensionen von Erik Weckel.

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Zitiervorschlag
Erik Weckel. Rezension vom 08.02.2024 zu: Wulf Hopf: Bildung, bürgerlicher Staat und soziale Ungleichheit. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2023. ISBN 978-3-7799-7062-0. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/30542.php, Datum des Zugriffs 20.09.2024.


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