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Michael Häußler: Sachunterricht im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung planen und gestalten

Rezensiert von Dr. Karoline Klamp-Gretschel, 19.04.2023

Cover Michael Häußler: Sachunterricht im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung planen und gestalten ISBN 978-3-17-039854-2

Michael Häußler: Sachunterricht im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung planen und gestalten. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2023. 171 Seiten. ISBN 978-3-17-039854-2. 34,00 EUR.

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Thema

Sachunterricht im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung stellt Lehrkräfte vor besondere Herausforderungen, wenn unterschiedliche Lernvoraussetzungen berücksichtigt und eine Auswahl von Lerninhalten/​-aktivitäten getroffen werden muss. Mit Hilfe des Plan-Quadrats formuliert Michael Häußler ein Planungsmodell für den Sachunterricht, das „als Ideengenerator, aber auch als Auswahlinstrument und Entscheidungshilfe bei der Erstellung vielperspektivischer Unterrichtssequenzen für eine heterogene Schülerschaft mit besonderen Lernbedürfnissen“ (Klappentext) dienen soll.

Autor

Dr. Michael Häußler ist Seminarrektor und Leiter des Studienseminars für das Lehramt für Sonderpädagogik (Förderschwerpunkt geistige Entwicklung) in Nürnberg.

Entstehungshintergrund

Sachunterricht ist ein Unterrichtsfach mit einem besonderen Potential, es lässt Raum, um vielfältige Phänomene aus Natur und Gesellschaft altersgerecht zu thematisieren. Insbesondere aufgrund des sehr heterogenen Leistungsniveaus im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung ist es aber umso schwieriger, eine Auswahl relevanter Unterrichtsthemen zu treffen und diese wiederum so aufzubereiten, dass sie für alle Schüler_innen verständlich sind. Dementsprechend können alle Themen zu Unterrichtsthemen werden (in Abhängigkeit natürlich vom jeweiligen Lehrplan/​Curriculum), Michael Häußler betont deshalb die Wichtigkeit eines Planungsinstruments, das ein hilfreiches Mittel zur zielgruppenspezifischen Unterrichtsvorbereitung im Sachunterricht sein soll.

Aufbau und Inhalt

Die vorliegende Publikation beginnt mit einer Vorbemerkung (Kap. 1), in der die Bedeutung der Skulptur ‚Perspektiven‘ von Andreas Kuhnlein für das Buch erläutert und dessen Aufbau skizziert wird.

In Kapitel 2 werden die Grundlagen des Sachunterrichts als Unterrichtsfach, aber auch als Kompetenzbereich, erörtert. Zusätzlich werden die veränderte Schüler_innenschaft im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung wie auch die Umsetzung im inklusiven Unterricht beleuchtet.

Die konkrete Gestaltung von Sachunterricht steht in Kapitel 3 im Mittelpunkt, indem die Prinzipien Strukturierung, Veranschaulichung und kognitive Aktivierung eingeführt und die letztere detaillierter beschrieben wird.

Daran anschließend werden Lerninhalte und Lernaktivitäten im Sachunterricht erläutert (Kapitel 4), indem Kriterien für die Auswahl von Inhalten hinsichtlich der Differenzierungsmöglichkeiten für Schüler_innen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung skizziert und Lernaktivitäten anhand des ‚Perspektivrahmen Sachunterricht‘ der GDSU (2013) aufgegliedert.

Den Schwerpunkt der Publikation stellt Kapitel 5 mit einer ausführlichen Darlegung des Plan-Quadrats für den Sachunterricht im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung dar. Dazu erläutert Häußler zunächst die Grundgedanken des Modells (Kapitel 5.1), um anschließend die Ebene des basalen Lernens (Kapitel 5.2) und die des aufbauenden Lernens (Kapitel 5.3) anzusprechen. Da es im Sachunterricht um verschiedene Ebenen des fachbezogenen Lernens geht, werden diese differenziert vorgestellt: die sozialwissenschaftliche Perspektive (Kapitel 5.4), die naturwissenschaftliche Perspektive (Kapitel 5.5), die geographische Perspektive (Kapitel 5.6), die historische Perspektive (Kapitel 5.7) und die technische Perspektive (Kapitel 5.8).

In Kapitel 6 werden die zuvor vorgestellten Hinweise zur Unterrichtsplanung und -gestaltung im Sachunterricht des Förderschwerpunkt geistige Entwicklung anhand der Sequenzplanung ‚Die Kartoffel‘ zusammengeführt.

Die Publikation schließt mit einem Schlusswort (Kapitel 7). Es folgen Verzeichnisse zu Literatur, Lehrplänen und Verordnungen, Abbildungen, Online-Quellen für den Sachunterricht sowie ein Sachregister.

Diskussion

Sachunterricht bietet einen Raum vielfältige, lebensweltbezogene Erfahrungen zu erwerben und für das Leben zu lernen. Es braucht allerdings genug Zeit und Raum dafür, Häußler formuliert mit der Publikation ein Plädoyer für einen höheren Stellenwert des Sachunterrichts, denn „Lernen braucht Muße, Geduld und offene Zeitressourcen, wenn es nicht zum Lernen von Einzelheiten und unzusammenhängendem Faktenwissen verkommen, sondern den Eigengesetzlichkeiten eines Sachverhalts nachgespürt werden soll oder ein Problem bewältigt werden muss“ (S. 158).

Insbesondere im Sinne inklusiver (Bildungs-)Bemühungen ist es unumgänglich, Schüler_innen im Förderschwerpunkt geistige Behinderung Zugang zu sozialwissenschaftlichen, naturwissenschaftlichen, geographischen, historischen und technischen Sachverhalten zu gewähren und ihnen den Umgang damit zu vermitteln.

Die Publikation kann allen Lehrkräften in Förderschulen und im inklusiven Unterricht, Forschenden aus den beteiligten Fachdisziplinen und Studierenden sowie weiteren interessierten Leser_innen uneingeschränkt empfohlen werden.

Während insbesondere durch die Uneinheitlichkeit der Lehrpläne im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung viel Offenheit bzw. Unklarheit bezüglich der konkreten Gestaltung und Umsetzung von Unterricht im Allgemeinen und konkreter im Sachunterricht besteht, braucht es eine stärkere und vor allem konkretere Handreichung zur Konzeption und Planung. Einen hilfreichen Beitrag dazu leistet Häußler mit seiner Publikation. Aufgabe des rezipierenden Fachpublikums ist es, diese in die Praxis zu übertragen und zu nutzen, um ihren Schüler_innen einen Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe zu bereiten.

Problematisch kann hierbei vor allem die Heterogenität der Schüler_innenschaft im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung sein, wie von Häußler beschrieben (S. 21). Auch wenn er argumentiert, dass es Verhaltensprobleme schon immer gab, weist er auf die Veränderung hinsichtlich der kognitiven Leistungsniveaus hin: bei der Unterrichtsgestaltung soll das in Teilen große kognitive Lernniveau Berücksichtigung finden. Gleichzeitig gibt es aber auch Schüler_innen mit „einer schwere[n] bzw. schwerste[n] Intelligenzminderung“ (S. 21), die einzubeziehen sind.

Ein Stück weit offen bleibt hierbei wieder der Einbezug von Schüler_innen, die nicht nicht-lautsprachlich kommunizieren Schüler_innen oder Schüler_innen, die nicht lesen und/oder schreiben können. Hier sind Gestaltungsmöglichkeiten zu differenzieren und Teilhabegelegenheiten zu schaffen. Genau diese Gruppen können aber sinnvoll in Anschlusspublikationen in den Blick genommen werden.

Hilfreich ist dabei auch die differenzierte Auseinandersetzung mit dem ‚Plan-Quadrat‘ in Kapitel 5, die die Nachvollziehbarkeit von Häußlers Gedanken dazu erleichtert, aber auch sehr viele Details bietet, die zur leichten Überforderung beim ersten Lesen führen können. Allerdings bietet dieses Kapitel eine langfristige Anleitung zur Unterrichtsgestaltung, in der immer wieder nachgelesen und nach Orientierung gesucht werden kann.

Das Beispiel, der Sequenzplanung zum Thema Kartoffel, stellt eine konkrete Anleitung dar, nach der weitere Einheiten geplant werden können. Wünschenswert wäre ein weiteres Beispiel zu einem komplexeren Sachverhalt aus den Bereichen Geschichte, Politik oder Technik gewesen.

Das Schlusswort hätte stellenweise noch ausführlicher sein können, bietet aber wesentliche Impulse, um die Wichtigkeit der Publikation zur weiteren Erarbeitung von Planungsinstrumenten zur Unterrichtsgestaltung zu unterstreichen. Darüber hinaus weist Häußler daraufhin, dass es mit der Erfahrung einer Pandemie eine Rückbesinnung geben muss, der „eigentliche[] Auftrag [der Schulart] ist, Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung ins Lernen zu bringen, sie mit der Welt vertraut zu machen, ihnen ihre Vielfalt zu zeigen und sie zu ertüchtigen, mit ihren Herausforderungen fertig zu werden“ (S. 159).

Fazit

Es ist Häußler gelungen, einen notwendigen und innovativen Blick auf die Gestaltung von Sachunterricht im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung zu werfen. Durch die fachliche Expertise und die detaillierte Darlegung des Plan-Quadrats bieten sich vielfältige Möglichkeiten, den eigenen Unterricht zu planen und ihn argumentativ zu begründen. Darüber hinaus bieten sich vielfältige Anschlussmöglichkeiten für weitere Instrumente oder Modifikationen zur Unterrichtsgestaltung im Sachunterricht.

Rezension von
Dr. Karoline Klamp-Gretschel
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Es gibt 20 Rezensionen von Karoline Klamp-Gretschel.

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Zitiervorschlag
Karoline Klamp-Gretschel. Rezension vom 19.04.2023 zu: Michael Häußler: Sachunterricht im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung planen und gestalten. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2023. ISBN 978-3-17-039854-2. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/30568.php, Datum des Zugriffs 10.10.2024.


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