Peter Cloos, Melanie Jester et al. (Hrsg.): Kontinuität und Wandel in der Pädagogik der frühen Kindheit
Rezensiert von Prof. Dr. Stephan Otto, 25.05.2023

Peter Cloos, Melanie Jester, Jens Kaiser-Kratzmann, Thilo Schmidt, Marc Schulz (Hrsg.): Kontinuität und Wandel in der Pädagogik der frühen Kindheit. Handlungsfelder, pädagogische Konzepte und Professionalisierung.
Beltz Juventa
(Weinheim und Basel) 2023.
274 Seiten.
ISBN 978-3-7799-7100-9.
D: 38,00 EUR,
A: 39,10 EUR.
Schriftenreihe der DGfE-Kommission Pädagogik der frühen Kindheit.
Thema
Das Werk „Kontinuität und Wandel in der Pädagogik der frühen Kindheit. Handlungsfelder, pädagogische Konzepte und Professionalisierung“ diskutiert die Entwicklung der Kindheitspädagogik von einer kleinen Sparte zur eigenständigen Teildisziplin innerhalb der Pädagogik in den vergangenen zwanzig Jahren. Hierbei werden die im Titel benannten Schwerpunkte anhand theoretischer und empirischer Beiträge beleuchtet.
Herausgeber:innen
Prof. Dr. Peter Cloos ist Professor für die Pädagogik der frühen Kindheit an der Universität Hildesheim. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen u.a. im Bereich der Erziehung und Bildung in Kindertageseinrichtungen und der qualitativen Forschung in der frühen Kindheit.
Prof. Dr. Melanie Jester ist Juniorprofessorin im Arbeitsbereich Pädagogik der frühen Kindheit an der Universität Koblenz-Landau. Ihre Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte liegen u.a. in der Sprachförderung und der kindlichen Spielentwicklung.
Prof. Dr. Jens Kaiser-Kratzmann ist Professor für Pädagogik mit dem Schwerpunkt frühe Kindheit an der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Seine Arbeitsschwerpunkt liegen u.a. in den Bereichen der Professionalisierung der Arbeitsfelder der Kindheitspädagogik sowie der sozialen und migrationsbedingten Ungleichheit der frühen Kindheit.
Dr. Thilo Schmidt ist akademischer Oberrat am Institut für Bildung im Kindes- und Jugendalter im Arbeitsbereich für Pädagogik der frühen Kindheit an der Universität Koblenz-Landau. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen u.a. in der Professionsentwicklung und dem beruflichen Verbleib in pädagogischen Berufen.
Prof. Dr. Marc Schulz ist Professor für Kindheits- und Jugendsoziologie an der TH Köln. Seine Forschungsschwerpunkte liegen u.a. in der Kindheits- und Jugendforschung sowie der Pädagogik der Kindheit als Praxiszusammenhang.
Entstehungshintergrund
In den vergangenen zwanzig Jahren, insbesondere durch die Befunde der ersten PISA-Studien, die auf die besondere Bedeutung der frühkindlichen Bildung für die weitere Bildungslaufbahn verwiesen haben, hat sich die Kindheitspädagogik von einer „kleinen Forschungssparte zu einer relativ forschungsintensiven und anerkannten erziehungswissenschaftlichen Teildisziplin gewandelt“ (Cloos, Jester, Kaiser-Kratzmann, Schmidt & Schulz, 2023, 7), welche sich durch ein spezifisches Profil in der pädagogischen Forschungslandschaft auszeichnet.
Die Herausgeber:innen des Sammelbandes nehmen diese vielfältigen und heterogenen Entwicklungen zum Anlass, um ein Zwischenfazit zu ziehen und das Verhältnis von Kontinuitäten und Wandlungsprozessen bis in die Gegenwart zu beleuchten. Hierbei beziehen sie sowohl Entwicklungen in der sich immer noch institutionalisierenden Forschungspraxis ein als auch Entwicklungen der frühpädagogischen Handlungsfelder.
Aufbau und Inhalt
Die Einleitung besteht zunächst aus einer knappen Darstellung der Expansion der Kindheitspädagogik in den vergangenen zwanzig Jahren, bevor die einzelnen Beiträge des Sammelbands prägnant einzeln vorgestellt werden.
Ausgehend von dieser Einführung sind die Beiträge dann insgesamt drei Oberkapiteln zugeordnet (Ordnungsbildungen der Pädagogik der Frühen Kindheit und ihre(r) Handlungsfelder, (Früh-)pädagogische Konzepte, Professionsentwicklung- und Professionalisierung).
Die Beiträge des Oberkapitels „Ordnungsbildungen der Pädagogik der Frühen Kindheit und ihre(r) Handlungsfelder“ vereint die Betrachtung handlungsfeldbezogener Forschungsfelder der Frühpädagogik. Hierbei werden dann neben berufskulturellen Veränderungen insbesondere spezifische Handlungsfelder wie die Nachmittagsbetreuung von Kindern vor der zentralen Problemstellung des Sammelbandes nach Kontinuität und Wandel befragt. Konkret widmen sich die Artikel nach einem theoretisch-reflexiven Beitrag zur Genese der Kindheitspädagogik als sich institutionalisierendes Feld (Farrenberg, 2023) etwa der Frage danach, wie sich die konkrete Berufskultur für Fachkräfte in Praxiseinrichtungen durch diese zunehmende Etablierung der Kindheitspädagogik als Disziplin wandelt. Die empirischen Beiträge zur Kooperationspraxis sowie zu Teambesprechungen in Kindertageseinrichtungen ermöglichen einerseits einen Einblick in die konkrete Berufspraxis von Pädagog:innen und verweisen zum anderen auf aktuelle Forschungsfelder in der Pädagogik der frühen Kindheit.
Der zweite Teil des Sammelbandes umfasst dann Beiträge zu konkreten pädagogischen Handlungskonzepten der Frühpädagogik. Die Autor:innen arbeiten jeweils differenziert den Forschungsstand zu den jeweiligen Konzepten aus und stellen aktuelle Entwicklungen und Forschungsdesiderata zu den jeweiligen Konzepten dar. Wiederum beginnt auch dieser Teil mit einem Überblicksartikel, der generell in frühpädagogische Handlungskonzepte einführt und prägnant den bestehenden Forschungsstand und sich hieraus ergebende Forschungsdesiderata darstellt. Die nachfolgenden Artikel befassen sich dann mit konkreten Handlungskonzepten der Kindheitspädagogik wie ethischen Fragen der Mensch-Tier-Beziehung, der Erlebnispädagogik und offenem Arbeiten in Kindertageseinrichtungen. Ergänzt wird dieser Teil des Sammelbandes zudem durch eine empirische Studie zur Didaktik der Frühpädagogik, welche die Notwendigkeit einer spezifischen Didaktik der Frühpädagogik in Abgrenzung zu einer schulischen Didaktik belegen kann.
Der dritte Teil des Sammelbandes besteht aus Beiträgen zu Professionsentwicklung und Professionalisierung, wobei bei den Beiträgen insgesamt ein Fokus auf der Professionsentwicklung der Fachkräfte in konkreten Arbeitskontexten gelegt wird. Einleitend in diesen Teil werden die Potenziale einer evidenzbasierten Praxis in der Frühpädagogik diskutiert und insgesamt kann diesbezüglich aufgezeigt werden, dass evidenzbasierten Handeln ein Teilaspekt von professionellem Handeln für Fachkräfte darstellen kann, wobei ein solches Handeln immer im Kontext des konkreten Praxissettings hinsichtlich der Passung von den Fachkräften reflektiert werden sollte. Die nachfolgenden Beiträge untersuchen dann konkrete Professionalisierungsgelegenheiten wie etwa die der Zusammenarbeit von Fachkräften und Eltern sowie die Arbeit in mehrsprachigen Gesellschaften und erarbeiten Möglichkeiten der Relationierung der Befunde und der Berufspraxis, um diese für Fachkräfte nutzbar machen zu können.
Diskussion
Die Herausgeber:innen legen insgesamt ein Werk vor vor, welches verschiedene Facetten der Entwicklung der Kindheitspädagogik hin zu einer eigenen Disziplin beleuchtet. Hierbei werden sowohl empirische und theoretische Perspektiven aufgemacht als auch praxisbezogene Entwicklungen des Berufsfeldes.
Die Zuordnung der einzelnen Beiträge zu den drei Oberkapitels erscheint gut nachvollziehbar und erlaubt den Leser:innen eine gezielte Auswahl der für sie relevanten Beiträge.
Zudem gelingt es den meisten Beiträgen entsprechend des Titels des Werkes die jeweils behandelten Themen in einen Gesamtzusammenhang der Entwicklungen Kindheitspädagogik im Spannungsfeld von Kontinuität und Wandel einzuordnen und nicht nur die Ergebnisse von Forschungsprojekten vorzustellen, sondern diese entsprechend der Diskurslinien darzustellen. Diese inhaltliche Ausdifferenzierung macht das Werk für einen insbesondere für Forschende interessant, die einen guten Einblick in den Diskurs in einem spezifischen Forschungsfeld erhalten können bzw. auch für Studierende, die einen differenzierten Überblick über den Forschungsstand benötigen.
Fazit
Die Herausgeber:innen schaffen es mit dem Sammelband einen umfassenden Einblick in die Disziplinentwicklung der Kindheitspädagogik der vergangenen zwanzig Jahren zu bieten.
Besonders bereichernd ist das Werk deshalb für Leser:innen, die einen vertieften Einblick in die Entwicklungen der Kindheitspädagogik als „Disziplin im Werden“ (Hechler, Heikel & Pasternak, 2021, 80) erlangen wollen und sich für die zukünftigen Perspektiven und offenen Fragen der Disziplin interessieren.
Literatur
Cloos, P.; Jester, M.; Kaiser-Kratzmann, J.; Schmidt, T.; Schulz, M. (2023): Kontinuität und Wandel in der Pädagogik der frühen Kindheit. Handlungsfelder, pädagogische Konzepte und Professionalisierung. Weinheim. Beltz Juventa.
Farrenberg, D. (2023): Ordnungsbildungen in der frühen Kindheit. Kartographierungsversuche eines sich zunehmend institutionalisierenden Feldes. In: Cloos, P.; Jester, M.; Kaiser-Kratzmann, J.; Schmidt, T.; Schulz, M. (2023): Kontinuität und Wandel in der Pädagogik der frühen Kindheit. Handlungsfelder, pädagogische Konzepte und Professionalisierung. Weinheim. Beltz Juventa. S. 20–34.
Hechler, D., Hykel, T. Pasternak, P. (2021): Disziplinentwicklung der Kindheitspädagogik. Eine empirische Bestandsaufnahme anderthalb Jahrzehnte nach Einrichtung der neuen Studiengänge. Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte, WiFF Studien, Band 34. München
Rezension von
Prof. Dr. Stephan Otto
Professor für Kindheitspädagogik
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ORCID: https://orcid.org/0000-0002-1313-8768
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