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Carmen C. Unterholzer, Herbert Gröger (Hrsg.): Handbuch der systemischen Gruppentherapie

Rezensiert von Ortrud Aden, 10.09.2024

Cover Carmen C. Unterholzer, Herbert Gröger (Hrsg.): Handbuch der systemischen Gruppentherapie ISBN 978-3-8497-0437-7

Carmen C. Unterholzer, Herbert Gröger (Hrsg.): Handbuch der systemischen Gruppentherapie. Ansätze, Methoden, Zielgruppen, Störungsbilder. Carl-Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2022. 422 Seiten. ISBN 978-3-8497-0437-7. D: 59,00 EUR, A: 60,70 EUR.
Reihe: Systemische Therapie und Beratung.

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Herausgeber:innn:

Beide Herausgeber:innen sind Psychotherapeut:in (Systemische Einzel-, Paar-, Familien- und Grupppenpsychotherapie), Supervisor:in und Coach:in am Institut für Systemische Therapie (IST, Wien).

Carmen C. Unterholzer, Dr. phil. ist außerdem Lehrtherapeutin und Lehrsupervisorin bei der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Systemische Therapie und Studien (ÖAS, Wien). Sie absolvierte Weiterbildungen in Bibliotherapie und Hypnotherapie. Außerdem übt sie eine Lehrtätigkeit an verschiedenen Universitäten aus.

Herbert Gröger, Dr. phil. ist Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut (VPA, ÖAS), Lehrbeauftragter für Einzellehrselbsterfahrung in systemischer Familientherapie der Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Systemische Therapie und Studien (ÖAS, Wien) an der Sigmund Freud Privatuniversität (SFU, Wien); Langjährige Lehrtätigkeit an verschiedenen Fachhochschulen sowie Gesundheits- und Krankenpflegeschulen, Kommunikationstrainer und Organisationsberater.

Thema

Es geht um systemische Gruppentherapie, die trotz der reichen Erfahrung systemischer Therapeut:innen mit Mehr-Personen-Settings bisher vor allem im ambulanten Bereich verhältnismäßig wenig zur Anwendung kommt. Die Herausgeber:innen stellten fest, dass es nur wenige Veröffentlichungen und Fortbildungen zu diesem Thema gab. Daraufhin fingen sie an, zu publizieren und entsprechende Weiterbildungen zu konzipieren und zu organisieren.

Der vorliegende Band soll ein weiterer Baustein sein, diese Lücke zu verkleinern.

Aufbau und Inhalt

Im Teil 1 geht es um Grundlagen systemischer Gruppentherapie.

Zunächst kommt eine Einleitung der Herausgeber:innen: „Viel Praxis, wenig fachlicher Diskurs – Einleitung“. Die Gruppe ist in der Systemischen Therapie erst relativ spät zum Thema geworden. Die Autor:innen zeigen auf, dass die theoretischen Ansätze ebenso wie die Haltungen und Methoden der Systemischen Therapie sich besonders gut für Gruppen eignen.

Haja Molter und Christopher Klütmann stellen im ersten Kapitel „Eine diskursive Annährung: Zur Theorie systemischer Grupentherapie“ vor. Sie stellen „vermittelbare Praxistheorie“ dar, wobei sie die Theorie immer wieder auf ihre praktischen Umsetzungsmöglichkeiten herunterbrechen.

Im Teil 2 geht es um Ansätze systemischer Gruppentherapie.

Gunther Schmidt beschreibt in Kapitel 2 „die Gruppe als Kompetenztreibhaus – Zur hypnosystemischen Gruppentherapie“. Über die theoretischen Prämissen dieses Ansatzes (u.a. systemtheoretische und konstruktivistische Perspektiven) folgen Implikationen für die praktische Arbeit und Anregungen für die Arbeit der Gruppenleitungen.

In Kapitel 3 schreibt Axel Gerland: „Daraus werden Geschichten – Eine narrative Perspektive auf die systemische Gruppentherapie“. Ihm geht es hier vor allem um „die Wahrung von Kohärenz und Vielstimmigkeit, um die Anwaltschaft für Ambivalenz und für reflexive Positionen“.

In Kapitel 4 schreibt Cornelia Hennecke über „Ein inspirierendes Wir – Systemisch-lösungsorientierte Gruppenpsychotherapie als Ressource für persönliche Entwicklung“. Beginnend mit theoretischen Aspekten und die daraus hervorgehenden systemischen Haltungen schließt die Autorin mit einem „Spickzettel“ mit praktischen Anregungen.

Corinna Ahlers setzt sich in Kapitel 5 auseinander mit dem Thema „Gruppendynamik und systemische Gruppentherapie – wie hängen sie zusammen?“ Sie arbeitet heraus, welche Veränderungen die „konstruktivistische Wende“ für die Arbeit mit Gruppen hervorgebracht hat, vor allem im Hinblick darauf, dass die Dynamik in Gruppen nicht mehr als etwas objektiv Beobachtbares betrachtet wird, sondern eher als subjektive Hypothese.

Im Teil 3 geht es um Methoden systemischer Gruppentherapie.

Günter Schmidt beschreibt im sechsten Kapitel „Produktinformationen und Fokus auf Muster des Gelingens – Typische Interventionsschritte hypnosystemischer Gruppenarbeit“. Verbunden mit theoretischer Rahmung stellt er verschiedene Interventionsmöglichkeiten vor und erörtert Möglichkeiten, mit problematischen Dynamiken und Konflikten konstruktiv umzugehen.

Annika Jaffe geht im siebten Kapitel auf die Möglichkeiten der Musiktherapie ein: „Unerhörtes hörbar machen – Musik als Resonanzraum in der hypno-systemischen Gruppenmusiktherapie“.

In den folgenden drei Kapiteln stellen zunächst Michael Krämer und Alexander Herr „(…) Körperpsychotherapeutische Gruppen im hypnosystemischen Kontext“ vor. Es folgt Alexandra Mesenskys Aufsatz über „(…) Kunsttherapie in der systemischen Gruppentherapie“ und Petra Rechenberg-Winter Ausführungen über „(…) Systemische Gruppentherapie und Schreiben“.

Im elften Kapitel erörtert Carmen C. Unterholzer den „(…) Einsatz narrativer Methoden in der systemischen Gruppentherapie“ und zeigt, wie diese Methoden in die Arbeit mit ambulanten Gruppen integriert werden kann.

In den nächsten beiden Kapiteln beschreibt zunächst Ilke Crone „(…) Familienrekontruktion als gruppen-therapeutisches Format“, bevor Katja Scholz über ihre Erfahrungen mit „Multifamilientherapie (…)“ berichtet.

In Teil 4 (Kapitel 14 bis 17) geht es um die Arbeit mit bestimmten Zielgruppen.

Die Autoren gehen auf die Bedürfnisse bestimmter Zielgruppen ein: Manfred Vogt beschreibt „(…) Systemisch-lösungsfokussierte Gruppentherapie mit „Kindern und Jugendlichen“; Bruno Enno Hermans geht auf die besonderen Schwierigkeiten und Möglichkeiten der „(…) systemische(n) Gruppentherapie mit Jugendlichen ein; Bettina Wilms erörtert die Besonderheiten „(…) Systemische(r) Gruppentherapie mit Angehörigen“; Herta Schindler berichtet über „(…) Systemisch-gruppentherapeutisch orientierte Biografiearbeit mit älteren Menschen“.

Im Teil 5 (Kapitel 18 bis 23) geht es um Störungsbilder.

Vanja Poncioni-Rusnov, Markus J. Daimel und Hannah Bischof setzen sich mit der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit störungsspezifischer Gruppen auseinander, denn traditionell lehnen Systemiker:innen es ab, Menschen mit Diagnosen zu klassifizieren. Sie betonen, wie wesentlich es ist, dass in der Gruppentherapie neben den Diagnosen auch andere Kategorien wie beispielweise soziale oder existentielle Faktoren eine wesentliche Rolle spielen.

Kornelia Koffer und Agnes Burghardt-Distl beschreiben „Kluge Synergien – Systemische Psychotherapie und Musiktherapie in der Gruppentherapie mit sozial ängstlichen Kindern und deren Familien“.

Dagmar Pauli geht auf „(…) Systemische Behandlungen für Jugendliche mit Essstörungen“ ein, sie befürwortet zunächst Familientherapie und erst dann Gruppentherapie.

Nina Schöninkle beschreibt „(…) Gruppentherapie mit drogenabhängigen Menschen“, wobei sie auch auf „Grenzen und Chancen“ eingeht sowie auf verschiedene Möglichkeiten, die Gruppen zusammenzustellen.

Patrick Burkhard erörtert „(…) Systemische Gruppentherapie mit alkoholsüchtigen Menschen“. Er betrachtet die Gruppe als ein „Experimentierfeld zu autonomem Denken und Handeln“ und geht auch auf „Ziele und Zielkonflikte in der stationären Suchttherapie“ sowie auf „Ambivalenzkonflikte“ ein.

Esther Strittmatter schreibt das Kapitel: „Geschlechtsidentitäten erkunden, lebbare Geschlechtsrolle finden – Multifamilientherapie für geschlechtsdysphorische Kinder, Jugendliche und ihre Familien“.

Im Teil 6 geht es um Forschung.

Im Kapitel 24 beschreibt Kirsten von Sydow zunächst die „(…) Forschung zur Wirksamkeit systemischer Gruppentherapie“. Sie beschreibt verschiedene Studien und kommt zu dem Schluss, dass meist signifikante positive Effekte zu verzeichnen sind.

In Kapitel 25 stellen Herbert Gröger und Carmen C. Unterhölzer die Frage: „(…) Welche Wirkfaktoren sind für die systemische Gruppentherapie relevant?“

Das Buch endet mit „(…) Schlussbemerkungen und Anregungen“ von Carmen C. Unterholzer und Herbert Gröger. Die Autoren stellen fest, dass es in diesem Bereich viel praktische Erfahrung gibt, aber weniger Theorie und Forschung. Sie wünschen sich mehr Forschung zu einzelnen Themen, beispielsweise über die Wirkfaktoren in speziellen Gruppen. Sie schließen ab mit der Feststellung, dass „in Zeiten, in denen sich Familien immer häufiger auflösen und Menschen zu vereinzeln drohen, systemische Gruppentherapie ein zeitgemäßes Format“ sein kann.

Diskussion

Wer sich bereits mit systemischer Therapie und Beratung beschäftigt hat, kann vor allem im ersten Teil (Grundlagen systemischer Gruppentherapie) und zweiten Teil (Ansätze systemischer Gruppentherapie) die Theorie auffrischen und teilweise neu entdecken. Außerdem findet man hier eine Fülle von sofort umsetzbaren Anregungen.

Im dritten Teil (Methoden) kann man sich einem Überblick über die Vielfalt der systemischen Methoden annähern, die sich mittlerweile entwickelt hat. Allerdings braucht man hier aus meiner Sicht an einigen Stellen noch mehr Weiterbildung, um die Anregungen umzusetzen, beispielsweise bei den Ausführungen über Musiktherapie und anderen.

Die nächsten beiden Teile (Arbeit mit bestimmten Zielgruppen; Arbeit mit bestimmten Störungsbildern) können auch dem Überblick dienen, sie sind vor allem für diejenigen interessant, die mit den entsprechenden Zielgruppen arbeiten.

Der letzte Teil über die Forschung zeigt einige interessante Studien auf und fasst die aus heutiger Sicht wahrscheinlichen wesentlichen Wirkfaktoren zusammen; eine interessante Erweiterung der eigenen Perspektive.

Fazit

Das Buch ist interessant für alle, die sich vertieft mit den vielfältigen Möglichkeiten der systemischen Gruppentherapie auseinandersetzen wollen.

Rezension von
Ortrud Aden
M. A. Sonderpädagogik und Rehabilitationswissenschaften, zur Zeit tätig in einer Autismusambulanz
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Es gibt 20 Rezensionen von Ortrud Aden.

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ISSN 2190-9245