Gerhard Timm, Michael Vilain (Hrsg.): Freie Wohlfahrtspflege und Klimawandel
Rezensiert von Dr. Thomas Kowalczyk, 25.07.2023

Gerhard Timm, Michael Vilain (Hrsg.): Freie Wohlfahrtspflege und Klimawandel. Ein Beitrag zur sozial-ökologischen Transformation. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) 2023. 210 Seiten. ISBN 978-3-8487-8886-6. 48,00 EUR.
Thema
Der Klimawandel beschäftigt viele Menschen in der freien Wohlfahrtspflege. Dabei wechseln neuere Veröffentlichungen zusehends vom Appellativen und Warnenden in Richtung eines Realismus, der sich mit der anstehenden und z.T. begonnenen sozial-ökologischen Transformation beschäftigt. Dazu gehört auch dieses Buch.
Herausgeber
Dr. Gerhard Timm ist seit 2009 Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) e.V., davor war er u.a. Bundesgeschäftsführer des BUND für Umwelt und Naturschutz e.V. Er hat Politikwissenschaft und Soziologie studiert und promoviert zur wissenschaftlichen Beratung der Umweltpolitik.
Prof. Dr. Michael Vilain, ist Professor an der Evangelischen Hochschule Darmstadt; dort Vizepräsident für Forschung und Internationales sowie Geschäftsführender Direktor des Instituts für Zukunftsfragen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft (IZGS). Er hat Betriebswirtschaftslehre, Politikwissenschaft und Wirtschaftspolitik studiert.
Aufbau
Die Herausgeber haben in diesem Band 15 Beiträge von 21 Autor:innen zusammengefasst. Sie gliedern diese Beiträge in zwei Gruppen, die sie mit
- I Rahmenbedingungen und
- II Verbandliche Perspektiven und Handlungsansätze
überschreiben. Daraus wird bereits sichtbar, dass der Band kein gemeinsames Werk der Freien Wohlfahrtsverbände darstellt. Dem Ganzen stellen Timm und Vilain eine orientierende Einleitung am Anfang und ein Fazit am Ende des Buches zur Seite und ergänzen mit einem Interview, dass sie mit der aktuellen Bundesministerin Lisa Paus geführt haben.
Nachfolgend werden beispielhaft einzelne Beiträge besprochen.
Inhalt
I Rahmenbedingungen
Einleitung
Timm und Vilain betonen zu Beginn ihrer Einleitung, welche Bedeutung das Thema hat: „Die nächsten Jahre, vielleicht nicht einmal mehr Jahrzehnte, werden maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung unserer Zukunft haben. Die Frage ist, ob es gelingt, den Klimawandel auf ein beherrschbares Niveau abzubremsen oder ob dies nicht gelingt. Alle anderen Krisen – ausgenommen das Risiko eines Atomkrieges mit ähnlich zerstörerischer Wirkung – verblassen vor diesem Hintergrund.“ (S. 7) Sie skizzieren dann die Bedeutung der Freien Wohlfahrtspflege, ihren Einfluss und die verschiedenen Rollen, die sie übernimmt und setzen sie in Zusammenhang zu diesem Menschheitsthema. Sie betonen, dass die Freie Wohlfahrtspflege mit ihren rund 122.000 Einrichtungen und Diensten und ca. 1,9 Mio. Mitarbeitenden eine enorm breite Basis und zugleich Verantwortung für dieses Thema haben. Da die Spitzenverbände allerdings das Thema bisher nicht wesentlich gemeinsam angehen, ergibt sich das Bild „Die Freie Wohlfahrtspflege ist ein ökonomischer Riese, aber ein politischer Zwerg.“ (S. 11) Die Autoren kommen zum Schluss: „Fasst man diese Überlegungen zum Handlungsfeld Klimaschutz zusammen, so ergibt sich für die Freie Wohlfahrtspflege erheblicher Handlungsbedarf und Spielraum. Der vorliegende Band ist der Versuch, die Dringlichkeit des Handelns und die Spezifika der Freien Wohlfahrtspflege in diesem Handlungsraum aufzuzeigen. Wir würden uns wünschen, wenn er ein Anstoß sein könnte, die gemeinsamen politischen Anstrengungen zu intensivieren, um im Ergebnis die Potentiale, die die Freie Wohlfahrtspflege tatsächlich hat zum Wohle aller auch wirklich auszuschöpfen.“ (S. 15)
Die (un)sozialen Wirkungen eines ungebremsten Klimawandels
Vinzenz Grahl, Ann-Cathrin Beermann und Johannes Clausecker stellen in ihrem Beitrag Erkenntnisse einer BMAS-Studie von 2021 vor: „Verteilungswirkungen eines fortschreitenden Klimawandels“. Anhand der Bedürfnisfelder Wohnen, Ernährung und Landwirtschaft, Verkehr und Mobilität sowie Gesundheit schätzen sie Kosten aus den zwei Bereichen Schadensbeseitigung sowie Schadensvermeidung bzw. Anpassung ab. Sie kommen zum einheitlichen Ergebnis: „Abschließend lässt sich sagen, dass vor allem sozial benachteiligte Menschen mit geringem Einkommen die Folgen des Klimawandels in den genannten Bedürfnisfeldern zu spüren bekommen werden.“ (S. 30)
Sustainable Development Goals: Was gehen sie die Freie Wohlfahrtspflege an?
Rupert Graf Strachwitz nimmt in seinem Beitrag einen konsequent zivilgesellschaftlichen Blick ein. In dieser Haltung beschreibt er zunächst die Entwicklung der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Zivilgesellschaft und ihre Funktionen. Er vermutet, dass die Freie Wohlfahrtspflege und ihre Mitarbeitenden „…zwischen den Anforderungen ihrer staatlichen Vertragspartner, die ihnen ein behördenähnliches Verhalten aufgezwungen haben und den wirtschaftlichen Zwängen zerrieben worden sind, die sie zu am Markt operierenden Unternehmen gemacht haben.“ (S. 47). Dies führt dazu, dass die Wohlfahrtsverbände „in der wissenschaftlichen Diskussion zur Zugehörigkeit zur Zivilgesellschaft andererseits nicht selten eher als Marktteilnehmer denn als Produzenten sozialer Dienstleistungen gesehen werden; ihre Zugehörigkeit zur Zivilgesellschaft wird bezweifelt.“ (S. 51) Der Autor konstatiert anhand von Literatur aus der Wohlfahrtspflege, dass diese im Kern auch aktiv ein ökonomisches Narrativ entwickelt hat, in dem dann Themen wie Klimawandel, Nachhaltigkeit und soziale Ungleichheit in einen Ausdruck von Corporate Social Responsibility (CSR) mutiert sind – wie bei großen Wirtschaftsunternehmen. Strachwitz begreift im Weiteren die Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen von 2015 als umfassendsten Ansatz für Zivilgesellschaftliche Organisationen, denen er die Freie Wohlfahrtspflege entgegen dem o.g. Marktverständnis zuordnet. Aus diesem theoretischen Hintergrund heraus kommt Strachwitz zum Fazit: „Sie [die Freie Wohlfahrtspflege] hat nur die Option, sich für das Gesamtpaket der SDG zu engagieren oder sich aus der gesellschaftlichen Relevanz zu verabschieden. Die pro-aktive Mitwirkung an der Bewältigung des Klimawandels bietet ihnen die Chance, sich wieder in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Debatte zu katapultieren…“ (S. 61)
Gesellschaftliche Verantwortung in Organisationen der Sozialwirtschaft
Michael Batz konzentriert sich in seinem Beitrag auf das Thema Verantwortung. Er zeichnet zunächst die große Linie der aktuellen Nachhaltigkeitsdiskussion vom Brundtland-Bericht 1987 bis zu den Sustainable Development Goals (SDGs) und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. „Ausgehend vom Brundtland-Bericht und dessen Verständnis von nachhaltiger Entwicklung konnte sich zur näheren Bestimmung dieses Verständnisses das sogenannte Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit etablieren, mit dem Ökonomie, Ökologie und Soziales und die zwischen diesen Dimensionen bestehenden Wechselbeziehungen als gleichrangige und gleichwertige Säulen einer nachhaltigen Entwicklung verstanden werden.“ (S. 109) Es gibt aber auch Kritiker:innen, die formulieren, dass eine Gleichrangigkeit nicht wirklich gegeben ist, da „…die natürlichen Ressourcen im Sinne eines limitierenden Faktors die Grundlage jeder weiteren Dimension darstellen würden, weshalb die ökologische Dimension stärker als die anderen beiden Dimensionen gewichtet werden müssen.“ (S. 109) Schließlich setzt sich Batz mit dem Konzept der Corporate Social Responsibility auseinander und zitiert weitere Autoren, die zum Schluss kommen, dass das CSR-Konzept bzw. die Begrifflichkeit zu unkonkret bleibt und nicht festlegt „…für was und wen und wem gegenüber Unternehmen Verantwortung…“ (S. 113) tragen. Darüber hinaus kommt er zum Ergebnis, dass Social Responsibility – also SR im Sinne von gesellschaftlicher Verantwortung – aller Organisationen (und in Bezug auf die DIN von 2021: Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung) die Verantwortungssituation besser beschreibt als CSR. Der Autor fasst dann in einem Unterkapitel „Nachhaltigkeit als Leitziel in der Sozialwirtschaft“ herausragende Ansätze der Wohlfahrtsverbände zusammen. Diese werden aber in Teil II dieses Sammelbandes noch beschrieben. Er skizziert hemmende und förderliche Einflussfaktoren auf die Nachhaltigkeitsleistung in Organisationen der Sozialwirtschaft. Batz endet mit der Formulierung von Ansatzpunkten für die Ausrichtung einer Organisation auf Nachhaltigkeit.
II Verbandliche Perspektiven und Handlungsansätze
Klimaschutz und Klimapolitik im Paritätischen
Rolf Rosenbrock und Jonas Pieper beschreiben die Klimaschutzpolitik des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPW). Auf Grundlage der 2019 verabschiedeten Paritätischen Grundsätze „Sozial-Ökologische Wende“ fassen sie das Engagement unter die drei Überschriften: Klimapolitisches Engagement, Bündnisarbeit, Betrieblicher Klimaschutz.
Leitspruch für das Klimapolitische Engagement ist das Motto „es geht nicht alleine ökologisch und es geht auch nicht nur sozial – es geht nur ökosozial.“ (S. 156) Dementsprechend gilt „Was an Belastungen des notwendigen massiven Klimaschutzes auf arme Menschen zukommt, muss durch wirksamen sozialen Ausgleich begleitet werden. Das ist nicht nur eine Frage der Solidarität, sondern angesichts der ungleich größeren Beiträge reicher Menschen zur Eskalation der Klimakrise auch eine Frage der Gerechtigkeit.“ (S. 157)
Die Intensivierung der Bündnisarbeit kann man in drei Schritten nachzeichnen: 2019 die Initiative zur Gründung der Sozialplattform Klimaschutz gemeinsam mit anderen Verbänden, Gewerkschaften und Organisationen des Sozialen, 2020 Beitritt zur Klima-Allianz Deutschland und die bereits 2019 begonnene weitreichende Kooperation mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Diese Kooperation fußt auf wesentlichen Gemeinsamkeiten in der Analyse und der Lösung der Klimakrise. „In beiden Verbänden war es zuvor insofern zu einer Erweiterung der Problemwahrnehmung gekommen, als dass im Paritätischen die Lösung ökologischer Probleme zunehmend in den Blick geriet, während sich im BUND die Überzeugung durchsetzte, dass eine anspruchsvolle Umweltpolitik nicht ohne soziale Rahmung auskommt. Darüber hinaus stellte sich rasch heraus, dass beide Verbände auch eine gemeinsame Analyse teilten, die nahelegt, das Soziale und das Ökologische nicht als getrennte Sphären zu betrachten.“ (S. 159) Aus dieser Kooperation folgen dann weitreichende direkte politische Handlungsansätze, die in diesem Beitrag ausführlich beschrieben und begründet werden.
Im Rahmen des Betrieblichen Klimaschutzes ist unter dem Motto “Klimaschutz in der Sozialen Arbeit“ ein erstes größeres Projekt in Gang gesetzt.
Als größtes Hindernis bzw. als größten Bedarf sehen die Autoren: „Es braucht daher dauerhafte politische Lösungen zur Refinanzierung von Klimaschutz in der Freien Wohlfahrtspflege, die die Vielfalt der Kostenträger und Finanzierungsmodelle in den einzelnen Fachbereichen beachten.“ (S. 164)
Die ökologische Transformation sozial gestalten. Die Diakonie als strategische Akteurin im Klimawandel
Maria Loheide beginnt ihren Beitrag auf der Ebene eines Vor-Ort-Beispiels. Die Herzogsägmühle hat sich der Gemeinwohlökonomie angeschlossen und dementsprechend umfassend zertifizieren lassen. Dann beschreibt sie die strategischen Setzungen des Bundesverbandes anhand der drei Überschriften: Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Konkurrenz von ökologischen und sozialen Zielen sowie Kosten des Klimawandels. Im Ergebnis vergleichbar zu den anderen Verbänden soll die soziale und ökologische Transformation auf Basis ihrer christlichen Grundüberzeugungen und der Bewahrung der Schöpfung vorangetrieben werden. Die Diakonie Deutschland strebt Klimaneutralität bis 2035 an. „Gemeinsam mit dem Deutschen Caritasverband, KATE Umwelt und Entwicklung und dem Ökoinstitut haben wir ein Projekt „Klimaschutz in Caritas und Diakonie“ bei der Nationalen Klimaschutzinitiative beantragt. An 100 Standorten … soll … von 2025 – 2030 ein Klimamanagement eingeführt werden.“ (S. 170) Dabei sollen konkrete Handlungsleitlinien für die Bereiche Gebäude, Mobilität und Beschaffung erarbeitet werden, die in eine Klimaschutzstrategie der beiden Verbände münden sollen.
2022 hat die Diakonie den Beitritt zur Klimaallianz beschlossen, darüber hinaus zum Diakonie Netzwerk Europa, um an EU-Förderungen im Rahmen des European Green Deal zu partizipieren.
Auf der örtlichen Ebene kooperiert die Diakonie mit dem NABU in Baden-Württemberg, u.a. im Projekt „Blühende Gärten“, in welchem die eigenen Grünanlagen von 30 Altenhilfe-Trägern gemeinsam mit den Bewohner:innen naturnah gestaltet werden, um die Artenvielfalt zu erhöhen. Auch die Diakonie kommt zum Fazit: „Durch gute finanzielle und rechtliche Rahmenbedingungen und Anreize sollte der Staat sicherstellen, dass sich nachhaltiges Arbeiten und Wirtschaften für die Akteure der Sozialwirtschaft lohnt.“ (S. 174)
Die Freie Wohlfahrtspflege und die sozialökologische Transformation. Der Anfang ist gemacht …
Michael Vilain und Gerhard Timm skizzieren in ihrem Fazit zunächst die großen internationalen Schritte der Nachhaltigkeitsdebatte vom Club of Rome bis zur CSRD-Richtlinie der EU, welche ab 2024 die größeren und ab 2026 auch die klein- und mittelständischen Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auf betrieblicher Ebene verpflichten wird. Die Autoren fassen zusammen, dass die Freie Wohlfahrtspflege einen dreifachen Auftrag hat: die Neuausrichtung des eigenen Handelns, dort wo sie als Dienstleisterin auftritt, das Mitgestalten als gesellschaftliche Akteurin und als Mittlerin bei der Bewältigung bereits bestehender Klimaeffekte.
Zusammengefasst: „Die Bedeutung des Themas wird in der spitzenverbandlichen Wohlfahrtspflege klar erkannt und benannt. Handlungsimpulse setzten sich bereits vielerorts in konkrete Maßnahmen um. Zugleich schließen die Verbände sich in einer neuartigen Bündnisarbeit mit anderen Sozial- und Umweltverbänden, Gewerkschaften, Hilfsorganisationen und Entwicklungsorganisationen zusammen. Der dreifache Auftrag wird angenommen. Doch Vieles hat den Charakter des Modellhaften … ist abhängig von Projektförderungen und dem guten Willen vor Ort. Die wirklich harte Nuss ist noch nicht geknackt. Dort wo die Arbeit mit den Zielgruppen stattfindet, zeichnet sich ein anderes Bild. Gespräche mit Geschäftsleitungen kleinerer oder auch größerer Einrichtungen künden von Sorgen rund um Finanzierung und Personalmangel. In die staatlichen Vergütungssätze für erbrachte Dienste sind Beiträge zur Nachhaltigkeit, beispielsweise in Form teuerer, nachhaltiger Lebensmittel oder Textilien, nicht eingepreist. Vieles, was für Klienten sinnvoll wäre, kann schon jetzt angesichts starrer Leistungskataloge und enger Finanzierung nicht erbracht werden. Gemeinnützigkeitsrecht erschwert die Rücklagenbildung für unspezifische Nachhaltigkeits- und Zukunftsprojekte erheblich …“ (S. 204) Timm und Vilain sehen Lösungsmöglichkeiten für die vorgenannten Erschwernisse vor allem darin, Schnittmengen „… zwischen Ökologie, Sozialem und Wirtschaft in einem vorparteipolitischen Raum mit Akteuren unterschiedlichster Couleur zu artikulieren und Gegensätze zu bearbeiten [um damit] die Erfolgsaussichten für ein mehrheitlich getragenes Handeln im parlamentarischen Prozess [zu erhöhen].“ (S. 206)
Diskussion
Im vorliegenden Band werden die unterschiedlichen Ansätze der Freien Wohlfahrtsverbände sowie Außenansichten aus Zivilgesellschaft und Politikwissenschaft ausführlich dargestellt. Die Sichtweisen der verschiedenen Verbände sind zwar durch die Herleitung aus den eigenen Wurzeln sehr unterschiedlich pointiert, allerdings ist die Schnittmenge zwischen ihnen wesentlich größer als das Trennende. Der dreifache Auftrag (siehe vorigen Abschnitt) ist allen bewusst, ebenso die Schwierigkeiten, die aus diesen drei Rollen erwachsen. Auffällig ist die Lücke zwischen Analyse sowie strategischen Überlegungen zur tatsächlichen Handlung in den Mitgliedsorganisationen. Die komplexe Problematik wird in seiner Tragweite sehr genau erkannt und der Lösungsbedarf ebenso klar formuliert. Auf der Handlungsebene landen dann aber alle Verbände mit ihren Mitgliedsorganisationen im Beispiel- und Modellhaften bzw. in der Formulierung von Umsetzungsproblemen: geradezu ein Spiegelbild unbefriedigender Politik. Angesichts dieser Sachlage sind die Ansätze von Strachwitz ebenso wie von Timm und Vilain (in der Zusammenfassung) wesentlich, dass sich die Freien Wohlfahrtsverbände in erster Linie ihrer Zugehörigkeit zur und ihrer Rolle als Akteurin der Zivilgesellschaft bewusst werden müssen, um den Mut zu finden, die o.g. Lücke zwischen Analyse bzw. Bedarf und eigener Handlung zu schließen. Die Zivilgesellschaft wiederum könnte diese dann mächtige Akteurin gut als Mitstreiterin gebrauchen.
Fazit
Der vorliegende Band gibt einen umfangreichen Überblick über die Freie Wohlfahrtspflege und ihre Haltung zum Klimawandel. Durch die unterschiedlichen Beiträge aus allen Verbänden (mit Ausnahme der ZWST) können sich die Leser:innen ein eigenes, detailliertes Bild über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Auffassungen machen. Aufsichten und Bewertungen aus der Zivilgesellschaft und Politikwissenschaft erweitern dieses Bild ganz wesentlich. Als Rezensent teile ich das Fazit der Herausgeber „ein Anfang ist gemacht“, aber dabei darf es keineswegs bleiben.
Rezension von
Dr. Thomas Kowalczyk
Geschäftsführer COMES e.V., Berlin
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