Nadine Schulz: Peace, Love & Party
Rezensiert von Dr. Franziska Sophie Proskawetz, 15.11.2024
Nadine Schulz: Peace, Love & Party. Bewegende Einblicke aus einem Kinder- und Jugendhospiz. der hospiz verlag Caro & Cie. oHG (Esslingen) 2024. 244 Seiten. ISBN 978-3-946527-62-6. D: 24,90 EUR, A: 25,60 EUR.
Thema und Entstehungshintergrund
Das Buch widmet sich dem Bergischen Kinder- und Jugendhospiz Burgholz in Wuppertal und stellt dieses umfassend vor. Führungen im Hospiz sind für Externe nur selten möglich, so nutzt die Autorin die Gelegenheit, Interessierten das Hospiz, sein Konzept und seine beruflichen Akteur*innen und Gäste umfassend zu beschreiben. Es beinhaltet eine Vorstellung des Hauses, seiner Entstehungsgeschichte, seiner Architektur, seiner räumlichen Ausgestaltung und seiner Mitarbeiter*innen, widmet sich aber vor allem den persönlichen Geschichten seiner Gäste, der Kinder und Jugendlichen, deren Eltern sowie weiteren Angehörigen. Die Autorin Nadine Schulz ist selbst Mitarbeiterin im Burgholz und hat über die Jahre hinweg sehr persönliche Geschichten gesammelt, die sie im Buch präsentiert.
Autorin
Nadine Schulz (*1989)ist Erzieherin, Sozialpädagogin, Trauerbegleiterin und Traumapädagogin und arbeitet seit der Eröffnung des Bergischen Kinder- und Jugendhospizes Burgholz in Wuppertal im Jahr 2015 dort. Sie lebt mit ihrer Familie in Düsseldorf.
Aufbau und Inhalt
Im Folgenden werde ich eine Übersicht über die einzelnen Kapitel des Buches geben, das insgesamt 240 Seiten umfasst und im Hospiz Verlag erschienen ist. An ausgewählten Stellen werde ich auf die Inhalte einzelner Kapitel genauer eingehen.
Das Fundament
In diesem Kapitel geht die Autorin auf allgemeine Hintergründe der Hospizarbeit ein. Es werden Fragen danach geklärt, was ein Kinder- und Jugendhospiz ist, was es ausmacht, für welche Ziel- und Altersgruppe es gedacht ist, wie es finanziert wird. Hier wird u.a. knapp auf lebensverkürzende Erkrankungen eingegangen, die bei den Kindern und Jugendlichen, die sich für einen Hospizaufenthalt entscheiden, vorliegen.
Unser Haus
Die Autorin beschreibt die besonders schöne und idyllische Lage des Hospizes mitten im Wald und geht dann zu einer „exklusiven Hausführung“ (S. 25) über. Es werden Räume vom Empfang über den Aufenthaltsraum bis hin zu besonders gestalteten Räumen wie dem Snoezelenraum, dem Entspannungsbereich und dem Aktivraum vorgestellt.
Unser Team
In diesem kurzen Kapitel werden die Mitarbeiter*innengruppen des Hauses vorgestellt. Vom Hausmeister über das Verwaltungsteam bis hin zur Armomaexpertin und Ehrenamtskoordinatorin.
Unsere Gäste, das Herz des Hauses
Das Kapitel widmet sich Kindern und Jugendlichen mit lebensverkürzenden Krankheiten sowie deren Geschwistern und Eltern. Nadine Schulz betont die Heterogenität der Kinder, die zwischen 0 und 27 Jahre alt sind und ganz unterschiedliche Krankheitsbilder aufweisen. Was die Kinder und Jugendlichen in den meisten Fällen eint, ist die Vorfreude auf ihren Aufenthalt im Burgholz – vor allem aufgrund der zahlreichen Aktivitäten und Spielmöglichkeiten. Dies gilt auch für die Geschwisterkinder. Die Autorin beleuchtet in diesem Zusammenhang besonders die Lebenswelt der Geschwisterkinder. Anschließend widmet sie sich den Eltern und gibt durch Erlebnisberichte persönliche Eindrücke wieder.
Aus dem Alltag
Nadine Schulz beschreibt den Alltag im Hospiz, also zunächst den regulären Tagesablauf mit Zeitplan und geht dann auf Feiertage und zahlreiche spezielle Themenwochen ein: Sturmfreitage für die Jugendlichen, Vätertage, Muttertage und Großelterntage, um nur eine wenige Thementage zu nennen.
Unsere Gäste berichten
Dieses Kapitel beinhaltet eine Sammlung von Erfahrungsberichten und Erzählungen der Gäste. Hier berichten Eltern, Geschwister und erkrankte Jugendliche selbst von ihren Aufenthalten im Hospiz. Insgesamt wird davon berichtet, wie gut den Gästen der Aufenthalt im Burgholz tut. Die pflegenden Angehörigen werden entlastet, da die Pflege übernommen wird und können durch- und ausschlafen, spazieren gehen oder einfach Zeit mit dem erkrankten Kind genießen.
Unsere Haltung als Geschenk
Hier wird die Grundhaltung der Hospizarbeit im Burgholz beschrieben. Im Mittelpunkt steht, die Gäste willkommen zu heißen, ein guter und liebevoller Gastgeber zu sein, Trost zu spenden und die Gäste so anzunehmen, wie sie sind. Werte wie Menschlichkeit und Verbundenheit stehen dabei im Fokus. Die Autorin hebt den Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl hervor und betont insbesondere die Bedeutung des Zuhörens, das weit hilfreicher sein kann als Beileidsbekundungen oder gut gemeinte Ratschläge.
Burgholzmomente
In diesem Kapitel erzählt die Autorin von berührenden und lustigen Momenten im Kinder- und Jugendhospiz, die ihr prägend in Erinnerung geblieben sind. Hier kommen u.a. auch weitere Mitarbeiter*innen und Ehrenamtliche zu Wort.
Wenn ein Kind stirbt …
Die Autorin beschreibt den Ablauf nach dem Tod eines Kindes oder Jugendlichen. Auch wenn die Person nicht im Hospiz, sondern beispielsweise im Krankenhaus, verstirbt, haben die Angehörigen die Möglichkeit, die Dienste des Hospizes in Anspruch zu nehmen. Dafür verfügt das Hospiz über einen großen Abschiedsbereich, eine eigene liebevoll eingerichtete kleine Wohnung mit Geschwisterraum, Besprechungszimmer, Aufbewahrungsraum inkl. Kühlbett. Die Angehörigen haben die Möglichkeit, sich hier in Ruhe vom Kind zu verabschieden, wenn gewünscht bis zu 7 Tage lang. Das Kapitel behandelt auch die Rituale, die nach dem Tod in Anspruch genommen werden wie z.B. die Gestaltung eines Abschiedsbuchs, das Bemalen des Sarges oder das Nehmen von Fuß- und Handabdrücken.
Unsere Gäste berichten
Das Kapitel gibt den Angehörigen eine Stimme, die ein Kind oder Familienmitglied verloren haben. Sie berichten von ihrer Erlebnis- und Gefühlswelt sowie vom Abschiednehmen im Hospiz.
Meine Burgholzmomente
Anschließend berichtet Nadine Schulz auf wenigen Seiten von besonderen Momenten, die sie insbesondere während der Zeiten des Abschiednehmens im Hospiz erlebt hat. So erzählt sie beispielsweise von einem Geschwisterkind mit frühkindlichem Autismus, das im Sarg des Bruders probeliegen wollte, um sicherzustellen, dass der Sarg für den Bruder auch wirklich groß genug sei.
Die anderen Gäste im Haus
Wenn ein Kind stirbt, betrifft dies auch die Angehörigen noch nicht verstorbener Kinder im Hospiz. Erfahrungsberichten, wie Eltern damit umgehen, ist dieses Kapitel gewidmet.
Die Beerdigung
Auf diesen zwei Seiten geht es vor allem um die Frage, ob auch jüngere Geschwisterkinder mit zur Beerdigung gehen sollten. Nadine Schulz spricht sich dafür aus und begründet dies.
Die Zeit danach
Hier geht die Autorin besonders auf zwei Rituale nach dem Tod eines Kindes oder Jugendlichen ein, die vom Hospiz gestaltet und ausgerichtet werden: Die Sternengestaltung sowie die Sternniederlegung beim Sommerfest.
Unsere Trauergruppen
Daran anschließend, stellt Nadine Schulz die Elterntrauergruppe vor und gibt einen Einblick in eine bereits abgeschlossene Kindertrauergruppe.
Was bleibt …
Das letzte Kapitel (Achtung, die falsche Formatierung der Überschrift auf S. 213 kann irritieren) ist inhaltlich schwer zusammenzufassen, da es verschiedene Gedanken der Autorin vereint sowie noch einige abschließende Anekdoten und Gedanken Angehöriger und Mitarbeiter*innen des Hospizes wiedergibt. Am Ende des Kapitels klärt die Autorin auf, wie der Titel des Buches zustande gekommen ist.
Fragen/​Aussagen und meine Sicht darauf
Abschließend beantwortet Nadine Schulz noch Fragen, die ihr in Bezug auf ihre Arbeit immer wieder gestellt werden und teils einen sehr persönlichen Charakter aufweisen. Dazu gehören u.a. „Wie kommt man denn darauf, in einem Kinderhospiz arbeiten zu wollen?“, „Stumpft man da nicht irgendwann ab?“ und „Wie schaffen Sie das?“.
Diskussion
Wer ein Buch mit traurigem, belastendem Inhalt erwartet, wird enttäuscht werden. Vielmehr schafft es die Autorin, durch zahlreiche erheiternde und schöne Geschichten, Lebendigkeit und Leichtigkeit in das Thema zu bringen und den Lesenden das ein oder andere Schmunzeln hervorzulocken. Das Buch ist bunt gestaltet, mit vielen Fotos und Bildern versehen und leicht zu lesen, sodass eine sehr breite Zielgruppe angesprochen wird. Zur Abwechslung beim Lesen tragen auch die vielen persönlichen Geschichten und Erfahrungsberichte von Gästen des Hospizes sowie Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen bei. Das Buch eignet sich besonders für Personen, die bislang mit dem Thema Hospiz und Hospizarbeit keine oder wenig Berührungspunkte hatten, da es auch eine Einführung in diesen Bereich gibt. So habe ich beispielsweise gelernt, dass Kinder und Jugendliche nicht unbedingt zum Sterben ins Hospiz kommen, sondern dort auch „Urlaube“ verbringen, damit sich Angehörige von der Care Arbeit erholen können. An einigen Stellen liest sich das Buch ein wenig zäh, zum Beispiel, wenn es um die verschiedenen Mitarbeiter*innengruppen geht. Dennoch möchte ich insgesamt eine ausdrückliche Leseempfehlung aussprechen.
Fazit
Das Buch bietet einen eindrucksvollen Einblick in die Arbeit des Bergischen Kinder- und Jugendhospizes Burgholz, indem es nicht nur die Einrichtung selbst, sondern vor allem die persönlichen Geschichten von Gästen und Angehörigen in den Mittelpunkt stellt. Nadine Schulz schafft es, ein schwieriges Thema mit Leichtigkeit und Menschlichkeit zu vermitteln, was das Buch auch für Menschen zugänglich macht, die bisher wenige Berührungspunkte mit der Hospizarbeit hatten.
Rezension von
Dr. Franziska Sophie Proskawetz
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Es gibt 5 Rezensionen von Franziska Sophie Proskawetz.
Zitiervorschlag
Franziska Sophie Proskawetz. Rezension vom 15.11.2024 zu:
Nadine Schulz: Peace, Love & Party. Bewegende Einblicke aus einem Kinder- und Jugendhospiz. der hospiz verlag Caro & Cie. oHG
(Esslingen) 2024.
ISBN 978-3-946527-62-6.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/30829.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.
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