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Melanie Göb, Carolin Rustemeier: Nachwuchskräfte in der KiTa - als Tandem zum Erfolg

Rezensiert von Prof. Dr. Veronika Verbeek, 10.11.2023

Cover Melanie Göb, Carolin Rustemeier: Nachwuchskräfte in der KiTa - als Tandem zum Erfolg ISBN 978-3-8029-8409-9

Melanie Göb, Carolin Rustemeier: Nachwuchskräfte in der KiTa - als Tandem zum Erfolg. Ansätze des Mentorings nachhaltig nutzen und schon im Praktikum für den Beruf begeistern. WALHALLA Fachverlag /metropolitan Verlag (Regensburg) 2023. 191 Seiten. ISBN 978-3-8029-8409-9. 34,95 EUR.

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Thema

Die Publikation soll pädagogische Fachkräfte in der Kindertagesstätte, die die Anleitung und Begleitung von Berufspraktikant:innen übernehmen, durch Ansätze des Mentoring unterstützen. Laut Klappentext geht es um die Vermittlung konkreter Methoden für die mit Praxisausbildung assoziierten Themenfelder Qualität, Lernort Kita, Rolle und Haltung der Praxisanleitung, aber auch um Psychohygiene.

Autorinnen

Melanie Göb ist zertifizierte Coachin und Supervisorin, QM-Auditorin, Trainerin und Herausgeberin eines Kita-Fachmagazins im Walhalla-Verlag. Carolin Rustemeier ist Diplom-Pädagogin, Coachin, Dozentin und Trainerin im Kontext Kita und Schule. Beide Autorinnen haben eine eigene Internet-Präsenz mit weiteren Informationen.

Entstehungshintergrund

Dem Vorwort ist zu entnehmen, dass die Autorinnen ihre Coaching-Erfahrungen, besonders ihre Erfahrungen aus Praxisbegleitungen, an Kita-Fachkräfte weitergeben möchten. Die theoretischen und praktischen Impulse sollen dazu beitragen, trotz üblicher Arbeitsbelastung die Praxisanleitung innovativ zu gestalten.

Aufbau

Nach einem kurzen Vorwort gliedert sich das Buch in drei inhaltliche Kapitel: „Führung und Leitung“ (50 Seiten), „Mentorenposition in der Praxis entwickeln – einführen – etablieren“ (78 Seiten) und „Als Unternehmen begeistern“ (46 Seiten). Diese Kapitelüberschriften werden in einem Inhaltsverzeichnis („Schnellübersicht“, S. 5) gelistet, zu Beginn eines jeden Kapitels wird auf der ersten Seite dann ein Überblick über die Unterkapitel ermöglicht, zwei weitere Gliederungsebenen erscheinen nur im Textverlauf. Ein Literaturverzeichnis (5 Seiten) und ein Stichwortverzeichnis (3 Seiten) schließen die Publikation mit einem Gesamtumfang von 191 Seiten ab.

Inhalt

Das erste Kapitel „Führung und Leitung“ thematisiert in drei Unterkapiteln Wirksamkeit, professionelle Anleitung und eine angemessene Haltung der Praxisanleitung (S. 9). Kurze Ausführungen zu Praxisstelle und Träger, Anleiter:in, Auszubildende:r, Schule, längere Ausführungen zu den Ausbildungsphasen in der Praxisanleitung beschreiben den Bildungskontext, in dem Mentoring eingeführt werden soll. Allgemeine Betrachtungen zu Themen wie Haltung, Theorie-Praxis-Transfer, Persönlichkeit und Schlüsselkompetenzen wechseln sich mit selbstreflexiven Übungen ab. Die Impulse zu Reflexionen betreffen beispielsweise die Rahmenbedingungen der Anleitung, Rückblicke auf die eigene Kita- oder Ausbildungszeit, aber auch tradierte Methoden wie ‚Fünf Säulen der Identität‘.

Das zweite Kapitel „Mentorenposition in der Praxis entwickeln – einführen – etablieren“ gliedert sich in 6 Unterkapitel (S. 59), die sich jeweils mit der konstruktiven Feedbackkultur, Resilienz, Selbstbewusstsein, Stressprävention und Stressabbau sowie Mentoring-Tools beschäftigen. Zahlreiche Kommunikations-, Feedback- und Konfliktkonzepte werden im ersten Unterkapitel ausgeführt. Die beiden Unterkapitel über Resilienz und über Selbstsicherheit sind mit verschiedenen stärkenreflektierenden Übungen verbunden. Dies sind zum Beispiel eine ‚Fünf-Finger-Methode‘, ‚Wie möchten Sie sein?‘ oder ‚Tägliches Innehalten‘. Methoden zur Stressprävention wie ‚Waldbaden (Shinrin Yoku)‘ und ‚Aus dem ‚Mental Load in die eigene Energie zurückfinden‘ sind zwei ausführliche Unterkapitel gewidmet. Die weiteren Mentoring-Tools im letzten Unterkapitel ermöglichen gemäß den Autorinnen „den gelingenden Umbruch“ (S. 126). Sie gliedern sich in Standortbestimmung, helfen bei der Unterscheidung von ‚wollen‘, ‚können‘ und ‚müssen‘, ermöglichen den „Mutausbruch“ (S. 129), das Erkennen der eigenen Haltung, stärken den Selbstwert und erlauben, das Potenzial im Team zu erkennen und zu nutzen.

Das dritte Kapitel „Als Unternehmen begeistern“ ist in zwei Unterkapitel unterteilt, die Beratungskonzepte und Leitungsmodelle thematisieren (S. 137). Coaching, Supervision und Mediation werden ausführlich unter Einbezug von Abbildungen – vermutlich aus der Coaching-Praxis der Autorinnen – und anhand eines Falls erläutert. Im Zusammenhang mit den Ausführungen zu Meditation werden erneut recht ausführlich Konflikttheorien aufgegriffen. Das Unterkapitel über „Doppelleitung“ (S. 165) im Sinne einer Leitung von zwei kleinen Kindertagesstätten wird in erneuten Ausführungen zu Führung und Leitung eingebettet und am Beispiel einer Kommune konkretisiert.

Diskussion

Die Autorinnen widmen sich einem vernachlässigten professionsbezogenen Thema: Über die Kita als Ort der Ausbildung angehender pädagogischer Fachkräfte gibt es nur eine umrissene Zahl anwendungsbezogener Publikationen. Auch das Vorhaben im Untertitel, das Konzept des Mentoring in der Praxisanleitung zu nutzen, mutet ambitioniert an. Zur Umsetzung tragen die Autorinnen ein buntes Potpourri an Themen, Theorien, Konzepten, Ideen, Tools und Zitaten zusammen, die in diesem Ausbildungs- und Betreuungskontext hilfreich sein sollen. Die theoretischen Bausteine und die Übungen in den Themenfeldern Qualität, Lernort Kita, Rolle und Haltung der Praxisanleitung, Psychohygiene werden oft nur kurz ausgeführt, mit Material aus der Coaching-Praxis illustriert, der Schreibstil ist erzählend, assoziativ, teilweise werden Leser:innen auch direkt angesprochen. Diese Tonalität könnte Praktiker:innen, die sich ökonomisch Wissen aneignen wollen, ansprechen.

Leser:innen mit dem Bedürfnis nach thematischer Einführung (Nehmen wir nur den Titel: Was ist Mentoring? Was meint Tandem?) oder Leitung durch die Kapitel und Unterkapitel, Leser:innen mit dem Bedürfnis nach vertieften Betrachtungen oder einer systematischen Kontextualisierung des Gesagten in der pädagogischen Praxis (mit ihren verschiedenen Kita-Konzepten), in der Lernortkooperation (mit verschiedenen Ausbildungsstätten und Ausbildungsformaten), in der Beziehung zwischen Mentor:in und Mentee (mit unterschiedlicher Motivation und Persönlichkeit) – Leser:innen mit diesen nachvollziehbaren Erwartungen bleiben auf sich allein gestellt. Kapiteleinführungen (Das erwartet Sie in diesem Kapitel) und Formen des Fazits auf Unterkapitelebene sind wohl formale Textelemente, die einen roten Faden erkennen lassen sollen, inhaltlich erfüllen sie ihre Funktion nicht, weil der Bezug zum nachher oder vorher Gesagten nicht gelingt.

Interessierte an der Professionalisierung der Kindheitspädagogik werden schnell erkennen, dass die vielen Theorien und Konzepte völlig unzureichend mit Literatur belegt sind. Stattdessen erfolgt ein Rückgriff auf programmatische Internetseiten. Der Einsatz einer großen Zahl an Sinnsprüchen ohne pädagogischen Bezug, die unsystematisch eingestreuten Ermutigungen, sich etwas zu trauen, erinnern eher an die Ratgeberliteratur und Sinnsuche. Hier werden Mindeststandards an ein Fachbuch in der Kindheitspädagogik nicht erfüllt.

Das Lektorat des Verlags hätte die Autorinnen dahingehend beraten sollen, dass ein sehr unruhiges Layout den Zugang zum Inhalt auch versperren kann: Überstrukturierung des Fließtextes, expansiver Gebrauch von Aufzählungen, die zudem in den Formaten variieren, Grafiken im gesamten Spektrum der Designvorlagen des Textverarbeitungsprogramms, zahllose Tabellen unterschiedlicher Gestaltung. Auch das Buch als Druckprodukt bleibt hinter den Erwartungen zurück: Es erstaunt, dass ein Buch mit weniger als 200 Seiten, in denkbar einfachster Ausführung, also eher Broschüre als Buch, tatsächlich 34,95 € kosten soll.

Fazit

Die Publikation füllt eine inhaltliche Lücke in der kindheitspädagogischen Literatur, da selten die Aufgaben von Ausbilder:innen in der Praxis in die Professionalisierungsdebatte einbezogen werden. Die Unterstützung von Anleitung und Mentoring wird von den Autorinnen vor dem Hintergrund ihrer praktischen Erfahrungen vielfältig mit relevanten Themen wie Kommunikation und Konflikt, Rolle und Haltung, Selbstreflexion und Psychohygiene verbunden und mit vielen Übungen vertieft. Stolpersteine auf dem Weg hin zu einer „guten Mischung aus Theorie und Praxis“ und einer „Manageability“ (S. 7 im Vorwort) sind eine geringe Ordnung der Inhalte, eine mangelnde Einhaltung von Standards an Fachlichkeit und Textgestaltung sowie eine wenig vertiefte und nicht durchgehend erfolgte Kontextualisierung in Ausbildungssituationen und in der Beziehung zwischen Mentor:in und Mentee.

Rezension von
Prof. Dr. Veronika Verbeek
Dipl.-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin, Fach- und Hochschullehrerin, Professorin für Soziale Arbeit an der IU Internationale Hochschule (Duales Studium)
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Es gibt 5 Rezensionen von Veronika Verbeek.

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Zitiervorschlag
Veronika Verbeek. Rezension vom 10.11.2023 zu: Melanie Göb, Carolin Rustemeier: Nachwuchskräfte in der KiTa - als Tandem zum Erfolg. Ansätze des Mentorings nachhaltig nutzen und schon im Praktikum für den Beruf begeistern. WALHALLA Fachverlag /metropolitan Verlag (Regensburg) 2023. ISBN 978-3-8029-8409-9. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/30862.php, Datum des Zugriffs 12.09.2024.


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