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Dian Gohring: Ching Chang Stop

Rezensiert von Prof. Dr. Matilde Heredia, 29.04.2024

Cover Dian Gohring: Ching Chang Stop ISBN 978-3-96843-026-3

Dian Gohring: Ching Chang Stop. Carl-Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2022. ISBN 978-3-96843-026-3. D: 19,95 EUR, A: 20,60 EUR.
Reihe: Carl-Auer Kids.

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Thema

Welche Formen kann Rassismus annehmen und wie erleben davon betroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene rassistische sowie diskriminierende Situationen? Die beeindruckende Graphic Novel von Dian Gohring zeigt, wie sich Erfahrungen mit Rassismus im Laufe ihres Lebens durchgängig gezeigt und angefühlt haben. Die Autorin teilt mit den Leser:innen die eigene Perspektive und bietet ihnen Tipps, um mit rassistischen und diskriminierenden Situationen (besser) umzugehen.

Die Autorin und Illustratorin Dian Gohring ist im tiefsten Bayern aufgewachsen und wegen ihres Aussehens seit jeher immer wieder mit diskriminierenden sowie exotisierenden Aussagen und Situationen konfrontiert. Sich immer wieder erklären zu müssen, führt laut ihr dazu, dass man sich fremd fühlt und diesbezüglich gemischte Gefühle hat. Über diese Erfahrungen wird von der Autorin über verschiedene Lebensabschnitte einfühlsam erzählt und dies wird von aussagekräftigen Illustrationen begleitet. Dadurch wird deutlich, wie hartnäckig Rassismus ist und wie belastend dies für die Betroffenen im Laufe ihres Lebens sein kann.

Das vorliegende Buch bietet eine qualitativ hochwertige Grundlage, um rassistische, exotisierende und diskriminierende Strukturen im Alltag von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu erkennen sowie zu thematisieren. Insbesondere durch die ausdrucksstarken Illustrationen wird Rassismus anhand von konkreten Erfahrungen und Emotionen sichtbar gemacht. Gefühle, wie Wut, Enttäuschung, Verzweiflung und Ohnmacht, die Dian Gohring im Laufe ihres Lebens erfährt, sind dadurch deutlich zu erkennen. Wie unterschiedlich rassistische und diskriminierende Situationen von Kindern oder Erwachsenen in verschiedenen Lebensphasen wahrgenommen werden können, steht hierbei im Mittelpunkt. Diese Erfahrungen werden auch anhand von altersgerechten Empfehlungen begleitet, die dazu verhelfen können, (besser) mit rassistischen und diskriminierenden Erfahrungen umzugehen. Dies ist eine ausdrucksstarke Graphic Novel mit einer Einladung an alle, gegen Rassismus aktiv zu werden.

Autor:in

Dian Gohring ist Kommunikationsdesignerin, kommt aus Bayern und hat wegen ihres Aussehens oft Alltagsrassismus erlebt. In ihrer Arbeit setzt sie sich daher gezielt damit auseinander und liefert gute Ideen, um diesen zu stoppen.

Entstehungshintergrund

Dian Gohring ist gleichzeitig Autorin, Illustratorin und Hauptdarstellerin dieser Graphic Novel. Es ist ein autobiografisches Werk, in dem sie sowohl ihre Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung als auch ihre Strategien, um damit umzugehen, in sehr gelungener Art und Weise darstellt und illustriert. Dian Gorhing hätte nach eigener Aussage lieber ein Kochbuch geschrieben, aber Rassismus sei immer noch allgegenwärtig und daher müsse mehr darüber geschrieben, gelesen und vor allem gesprochen werden. So beschreibt sie den Entstehungshintergrund dieses Werkes.

Aufbau

Die Graphic Novel „Ching Chang Stop“ ist in drei Lebensphasen unterteilt: Kindheit, Jugend und Erwachsensein. Anhand von fünf Kapiteln werden in diesem Buch sowohl theoretische Aspekte von Rassismus als auch konkrete Empfehlungen speziell für die genannten drei Altersgruppen dargestellt, um eine Haltung gegen Rassismus zu entwickeln und handlungsfähig zu sein.

In der Einleitung stellt sich Dian kurz vor: Sie wohnt demnach in Trier, zeichnet und liest gern, hört viel Musik und trifft sich mit Freund:innen. Sie sieht sich selbst als normal an und hat zugleich oft das Gefühl, dass viele Menschen das anders sehen. Anhand der Frage „Woher kommst du?“ wird mehrmals hinterfragt, wo sie bzw. ihre Vorfahren ursprünglich herkommen. Das tut Dian weh. Fragen und Aussagen, die sie oft gehört hat, wie „Isst du Katzen oder Hunde?“ oder „Ich wünschte, ich sähe so exotisch aus wie du!“, zeigen deutlich, wie verletzend solche Situationen für sie waren bzw. immer noch sind. Mit diesem Buch möchte Dian zeigen, dass die Leser:innen nicht allein sind, falls sie Ähnliches erlebt haben bzw. erleben. Dies lädt die Leserschaft dazu ein, in dieser Erzählung die Perspektive von Dian einzunehmen.

Im Kapitel zur Kindheit steht das unangenehme Gefühl, nicht dazuzugehören, im Mittelpunkt. Sprüche, auch wenn diese harmlos gemeint waren, rassistische Bemerkungen wie „Schlitzauge“ oder rassistisch konnotierte Spielnamen wie „Ching Chang Chong“ anstelle von „Schere, Stein, Papier“ haben bei Dian das belastende Gefühl, nicht dazuzugehören, verursacht – ein Gefühl, das schwer abzulegen war. Als Kind wollte sie einfach nur dazugehören. Sie fühlt sich deutsch und stellt sich daher die folgenden Fragen: „Fühle ich falsch?“ und „Wo gehöre ich dazu?“.

Im Kapitel über die Jugend steht das Thema Exotisierung im Mittelpunkt. Dian ist älter geworden und hat durch rassistische Erfahrungen weiterhin Diskriminierung erlebt, was ihr das Gefühl gegeben hat, anders zu sein. Typische Merkmale der Pubertät, wie Zahnspange oder Pickel, haben dieses Unwohlsein oder das Gefühl, fremd zu sein, verstärkt. Dian hat in der Zeit Situationen erlebt, die bei ihr zu Zweifeln geführt haben; wenn ein Bekannter zu ihrer Mutter sagte: „Ich dachte, ich probiere es jetzt mal mit einer Chinesin“, und Dian doppeldeutig umarmte, wenn Dians Vater im Schwimmbad gefragt wurde, ob Dian seine neue Frau sei, oder wenn ein Englischlehrer sie regelmäßig „Lotusblume“ nannte. Ausdrucksstarke Illustrationen zeigen die tiefe Verzweiflung und Ohnmacht, die Dian als Minderjährige dadurch gefühlt hat.

Im Kapitel über das Erwachsensein zeigt Dian als erwachsene junge Frau, wie sie in rassistischen und diskriminierenden Situationen für sich einsteht und negative Emotionen nicht mehr so nah an sich heranlässt. In diesem Kapitel unterscheidet Dian zwischen Menschen, die unbewusst rassistisch handeln, und Menschen, die absichtlich rassistisch sind und sich stark fühlen, wenn sie jemanden beleidigen (können). Auf der Straße werden Dian „Nihao“ (Guten Tag auf Chinesisch) oder „Konnichiwa“ (Guten Tag auf Japanisch) hinterhergerufen. Bekannte von ihr werden vom Arzt bzw. der Ärztin gebeten, nicht in die Sprechstunde zu kommen, weil sich deren Name so anhört, als könne er ein Virus übertragen. Die zentrale Frage in diesem Kapitel ist die folgende: Wie geht man mit (den daraus resultierenden) negativen Gefühlen um? Dian gibt dazu Tipps: jemanden anzurufen, der eine:n sofort versteht und mit dem man über die Situation sprechen kann, sich eine passende Community, auch online, zu suchen und sich zu vernetzen. Das Wichtigste ist laut Dian jedoch, etwas zu sagen, was sie wie folgt formuliert: Sag etwas, wenn du gerade die Kraft dazu hast. Es ist oft schwer, aber wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass man in solchen Situationen nicht nur für sich selbst einsteht, sondern auch für all diejenigen, die sich nicht selbst verteidigen können. In diesem Kapitel wird auch auf die Gefahr hingewiesen, sich in Situationen, die gefährlich sind, zu äußern und stark zu machen. In diesen Fällen, wenn jemand wirklich eine Auseinandersetzung sucht, ist es wichtig, sich zu schützen und Hilfe zu suchen.

Abschließend zeigt Dian im Kapitel über das Erwachsensein den langen Weg auf, den die Gesellschaft noch vor sich hat, bis das Verständnis füreinander größer wird bzw. groß genug geworden ist. Wichtig ist dabei aus Dians Sicht Folgendes: Wir sind viele und wir sind nicht allein!

Diskussion

Dian Gohring zeigt mithilfe ihrer Graphic Novel, wie sich Rassismus, Exotisierung und Diskriminierung im Leben der davon betroffenen Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen anfühlen. Die entsprechenden Erzählungen, begleitet von kraftvollen und bunten Illustrationen, laden die Leser:innen dazu ein, genau diese Emotionen, wie Wut, Traurigkeit und Machtlosigkeit, zu spüren bzw. nachzuvollziehen. Beim tieferen Einblick in die Materie wird deutlich, dass sich Rassismus und Diskriminierung im Alltag in verschiedenen Formen zeigen und alle aktiv dagegenhalten sollten. Rassistischen Aussagen sowie unüberlegten Witzen, Sprüchen und Kommentaren sollten angemessene Reaktionen entgegengesetzt werden. Die von Rassismus und Diskriminierung betroffenen Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen sollten dabei zugleich nicht allein gelassen werden. Der Weg gegen Rassismus und Diskriminierung sollte vielmehr gemeinsam beschritten werden.

Fazit

Diese ausdrucksstarke Graphic Novel zeigt feinfühlig auf, wie Rassismus und Diskriminierung von den davon betroffenen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen erfahren werden und was sie dabei empfinden. Kraftvoll wird gezeigt, wie konkret (gemeinsam) gegen Rassismus und Diskriminierung vorgegangen werden kann und sollte. Der Text und die Illustrationen verdeutlichen, dass Rassismus und Diskriminierung letztlich alle Menschen betreffen.

Rezension von
Prof. Dr. Matilde Heredia
Professur für Kindheitspädagogik
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Es gibt 10 Rezensionen von Matilde Heredia.

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ISSN 2190-9245