Eckhard Roediger: Raus aus den Lebensfallen
Rezensiert von Andrea Voermann, 23.02.2024
Eckhard Roediger: Raus aus den Lebensfallen. Das Schematherapie-Patientenbuch. 3., überarbeitete Auflage. Junfermann Verlag GmbH (Paderborn) 2023. 150 Seiten. ISBN 978-3-7495-0480-0. D: 20,00 EUR, A: 20,70 EUR.
Thema
In der 3. überarbeiteten Auflage wird das aktuelle Modell sowie der Ablauf der Schematherapie dargestellt. Eine Schematherapie macht unbewusste Erlebens- und Verhaltensmuster bewusst. Diese sogenannten Lebensfallen prägen uns seit der Kindheit und Jugend und verzerren unser Bild von der Welt. Ein Bewusstmachen dieser Fallen löst alte Knoten und ermöglicht eine neue Sicht auf die Dinge.
AutorIn oder HerausgeberIn
Dr. med. Eckhard Roediger ist Neurologe, Psychiater und Arzt für psychotherapeutische Medizin. Er leitet das Institut für Schematherapie Frankfurt.
Entstehungshintergrund
Das Buch erklärt das mögliche Vorgehen einer Schematherapie. Der Autor weist darauf hin, dass es in erster Linie kein Selbsthilfebuch ist, sondern dient der Therapievorbereitung und -begleitung. In der dritten Auflage wird der aktuelle Stand der Schematherapie vorgestellt. Die anregenden Fragen und Antworten von Behandelten, Kolleg:innen in der Supervision sowie Teilnehmende in Fortbildungskursen haben zu der Aktualisierung des Buches beigetragen.
Aufbau
Das Buch gliedert sich in 12 Kapitel. Es besteht zudem die Möglichkeit, das Buch gratis zusätzlich als E-Book zum Download zu bekommen. Im Anhang finden sich die vorgestellten Arbeitsblätter sowie eine umfangreiche Liste weiterführender Literatur mit entsprechenden Anmerkungen.
Inhalt
Das Buch beginnt mit einem Vorwort, in dem der Autor die Entstehung dieses Buches beschreibt und darauf hinweist, dass es sich hier nicht in erster Linie um ein Selbsthilfebuch handelt.
In den folgenden zwei Kapiteln (Einleitung und Grundlagen) wird die Schematherapie näher erläutert und wie Schemata entstehen. Des Weiteren wird die Beispielpatientin Susanne eingeführt, die im weiteren Verlauf des Buches die einzelnen Therapieschritte veranschaulichen soll.
Der Autor erläutert die Besonderheit der Schematherapie, bei der es sich um einen integrativen Ansatz handelt (S. 17), bei dem „bewährte Techniken aus verschiedenen Psychotherapieansätzen in ein stimmiges Konzept zusammengeführt werden“. Roediger geht davon aus, „dass die frühen Beziehungserfahrungen die Menschen für ihr ganzes Leben prägen“ (S. 18).
Werden bestimmte Grundbedürfnisse von Kindern nicht befriedigt, geraten sie in einen unangenehmen emotionalen Anspannungs- bzw. Stresszustand (S. 18). Eine unbewusste Bewältigungsreaktion entsteht. Geschieht diese Anspannung häufiger und langanhaltend, entstehen sogenannte Schemata. Diese werden in der Regel von den betroffenen Menschen gut bewältigt. Machen sich die Bewältigungsreaktionen negativ bemerkbar, steigt die innere Anspannung und es können sich Krankheitssymptome zeigen, die eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich machen (S. 19).
Im Kapitel 3 wird das Schematamodell ausführlich beschrieben und erläutert.
Die 18 wichtigsten Schemata sind in fünf Themen (auch Domäne genannt) geordnet. Die Frustration eines bestimmten Grundbedürfnisses ist das Thema jeder Domäne.
Die fünf Domänen lauten wie folgt (S. 28ff)
- Abgetrenntheit und Ablehnung (entstanden durch die Frustration des kindlichen Bedürfnisses nach Bindung)
- Beeinträchtigung von Autonomie und Leistung (entstanden durch die Frustration des kindlichen Bedürfnisses nach Selbstbehauptung)
- Beeinträchtigung im Umgang mit Begrenzung (entstanden durch die mangelnde Erfahrung des Kindes mit Grenzsetzung)
- Fremdbezogenheit (führt zu Frustration des Bedürfnisses nach Selbstbehauptung)
- Übertriebene Wachsamkeit und Gehemmtheit (führt zu geringem Einlassen auf andere Menschen und dadurch zu einer Unterdrückung des Bindungsbedürfnisses)
An die Beschreibung schließt sich eine Übersicht an, in der der Autor Schemata und Bewältigungsreaktionen aus seiner Sicht aufführt. Die Lesenden sind eingeladen, zu markieren, welche Merkmale auf sie zutreffen.
Das folgende Kapitel 4 definiert das Modusmodell. Als Modus bezeichnet der Autor „vorübergehende Zustände des Erlebens, die durch Schemata ausgelöst werden“ (S. 51). Theoretisch sind die Möglichkeiten menschlicher Reaktion auf Situationen unbegrenzt vorhanden, praktisch reagieren sie jedoch relativ ähnlich. Die Bewältigungsmodi lassen sich unterscheiden zwischen Kindmodi, Erwachsenenmodus, sowie innerer Kritiker bzw. Elternmodi.
„Wichtig für die Therapie sind die Erlebenszustände, in denen Menschen anders bzw. stärker reagieren, als man es in der Situation eigentlich erwarten würde“ (S. 51).
Wann welcher Bewältigungsmodi gewählt wird, „hängt ab vom angeborenen Temperament sowie dem aktuellen Kraftzustand und der emotionalen Verfassung“ (S. 58). Auch die Bewältigungsmodi werden bereits in der frühen Kindheit angelegt.
„Die schnelle Zuordnung des Erlebens zu den Modi hilft uns, den Kopf über den Wellen der Emotionen zu halten und nicht in die Emotionen hineinzusinken“ (S. 63).
Nach dieser ausführlichen theoretischen Einführung widmen sich die nun folgenden Kapitel der therapeutischen Beziehungsgestaltung (5), der Fallkonzeption (6) sowie dem Ablauf einer Schematherapie (7).
Die Kapitel 8, 9 und 10 beschreiben konkrete Techniken, die im Rahmen der Schematatherapie eingesetzt werden können. Es werden emotionsaktivierende Techniken, wie beispielsweise eine Imaginationsübung beschrieben. Techniken, die zur Klärungsorientierung oder zur Veränderungsorientierung beitragen, werden ebenfalls beschrieben. Anhand der Beispielpatientin Susanne werden diese Techniken anschaulich und nachvollziehbar erläutert.
Das elfte Kapitel widmet sich der Beibehaltung des neuen Verhaltens und stellt Methoden vor, die als Hilfsmittel dienen können, die veränderten Verhaltensweisen beizubehalten.
Die im Buch vorgestellten Arbeitsblätter finden sich als Blankovorlage im Buch bzw. stehen im E-book zum Ausdrucken zur Verfügung.
Diskussion
Die Erstauflage des Buches erschien bereits 2010, die überarbeitete Neuauflage des Autors erschien 2023. Zu Beginn wird darauf hingewiesen, dass es sich hier um kein Selbsthilfebuch handelt. Es soll Therapierenden einen Überblick und Informationen über die Schematatherapie bieten. Die leicht verständliche Schreibweise ermöglicht auch Laien einen guten Zugang zum Thema und bietet einen sehr guten Einstieg ins Thema. Auch der Frage, wie gute Therapeut:innen gefunden werden können, geht dieses Buch nach.
Fazit
Ich würde das Buch uneingeschränkt empfehlen, da es einen sehr guten ersten Einblick in die Schematatherapie bietet. Zur Weiterbeschäftigung mit dem Thema empfiehlt der Autor weiterführende Literatur, die er mit kurzen Hinweisen auf den jeweiligen Inhalt versehen hat, auch wenn das Buch kein Selbsthilfebuch sein will, bietet es den interessierten Lesenden doch die Möglichkeit verschiedene Übungen und Techniken auszuprobieren und stellt entsprechende Arbeitsblätter zur Verfügung.
Literaturverzeichnis
Roediger, Eckhard (2023). Raus aus den Lebensfallen! Das Schematherapie-Begleitbuch. 3. überarbeitete Auflage. Paderborn: Junfermann Verlag
Rezension von
Andrea Voermann
Erzieherin und Kindheitspädagogin, Humortrainerin HHH, SAM-Trainerin, Studentin „Kindheits- und Sozialwissenschaften“ (M.A.)
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Es gibt 2 Rezensionen von Andrea Voermann.
Zitiervorschlag
Andrea Voermann. Rezension vom 23.02.2024 zu:
Eckhard Roediger: Raus aus den Lebensfallen. Das Schematherapie-Patientenbuch. 3., überarbeitete Auflage. Junfermann Verlag GmbH
(Paderborn) 2023.
ISBN 978-3-7495-0480-0.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31018.php, Datum des Zugriffs 18.01.2025.
Urheberrecht
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